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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 203 - 228 (1. September 1898 - 30. September 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0242
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Nachtkeile überwiegen; sie habe daher das Vorgehen der preuß.
Staatsbahnen für unerwünscht gehalten und würde gern den
Anschluß au die Maßregel ablehnen, wenn dies nach Lage der
Verhältnisse angängig erschiene. Allein in Folge der Annahme
des Staffeltarifs auf den linksrheinischen Bahnen ergebe sich für
die rechtsrheinischen Bahnwege die Nothwendigkeit, denselben
ebenfalls einzuführen. Unter diesen Verhältnissen sei der bad.
Eisenbahnverwaltung nur übrig geblieben, sich bereit zu erklären,
auf 1. Oktober 1898 den Staffeltarif für Eil- und Frachtstück-
güter im inneren badischen Verkehr und im direkten Verkehr mit
allen Bahnen einzuführen, die sich dem preußischen Vorgehen
anschließen. Die gleiche Erklärung haben bis jetzt die Verwal-
tungen der sächsischen, bayrischen und württembergischcn Staats-
bahnen, sowie der pfälzischen Eisenbahnen und der Main-Neckar-
Bahn abgegeben. Die Verwaltung der Reichseisenbahncn in
Elsaß-Lothringen werde die Maßnahme ebenfalls auf 1. Oktober
l. I. durchführen.
Herr Baum bezeichnet das einseitige Vorgehen der preußi-
schen Staatsbahnen, die trotz des Widerspruchs der Mehrzahl
der Handelskammern und sonstiger Körperschaften einen Staffel-
tarif für Eil- und Frachtstückgüter einführen, als sehr bedauer-
lich. Die badische Eisenbahnverwaltung stehe hier vor einer nicht
zu ändernden Thatsache und müsse der Maßregel nothgedrungen
folgen.
Herr Frank hält die Einführung des Stückgutstaffeltarifs für
sehr unerwünscht. Weit bedenklicher aber sei es, wenn die preuß.
Staatsbahnverwaltung auch zur Staffelung der Wagenladungs-
frachtsätze übergehen sollte. Die Mißstände, die der inzwischen
aufgehobene Getreidestaffeltarif für Süddeutschland hervorgebracht
habe, seien noch gut in Erinnerung. Viel schlimmer noch würde
es für Süddeutschland sein, wenn die Frachtsätze für alle Wagen-
ladungsgüter gestaffelt würden. Im übrigen sei er gleichfalls
der Ansicht, daß die badische Bahn unter den obwaltenden Ver-
hältnissen den Stückgutstaffeltarif auch einführen müsse.
Seine Excellenz der Herr Minister erklärt, daß jetzt zwar noch
Niemand wissen könne, was in Zukunft geschehen werde; jedoch
sei die von dem Herrn Vorredner gehegte Befürchtung wegen der
Ausdehnung des Staffeltarifsystems auf Wagenladungen zur Zeit
nicht begründet. 'EE
Herr Klein findet die Maßnahme der preuß. Staatsbahn
formell für berechtigt, doch sei bedauerlich, daß dieselbe gegen
das Gutachten aller Fachkreise durchgeführt werde. Redner ver-
mag sich auch nicht der für die badische Bahn aus dem preußischen
Vorgehen sich ergebenden Schlußfolgerung zu entziehen. Er halte
ebenfalls eine Herabsetzung der Stückgutfrachten für wünschens-
werth, jedoch solle diefe durch eine allgemeine Ermäßigung und
nicht im Wege der Staffelung herbeigeführt werden; durch die
letztere träten Verhältnisse ein, welche den natürlichen Produk-
tionsbedingungen widersprächen.
Herr Pfeilsticker drückt ebenfalls sein lebhaftes Bedauern
aus, daß eine Tarifmaßnahme eingeführl und dadurch ein Zu-
stand im wirthschaftlichen Erwerbsleben geschaffen werde, über
dessen Wirkung die betheiligten Kreise noch so im Unklaren seien.
Die von der preuß. Staatsbahnverwaltung erhoffte Wirkung für
die Kleinbetriebe halte ec für badische Verhältnisse für illusorisch.
Weit populärer als der Staffeltarif wäre eine gleichmäßige all-
gemeine Verbilligung der Stückgutfrachten gewesen, die man er-
streben solle.
Seine Excellenz der Herr Minister faßte das Ergebniß der
Berathungen dahin zusammen, daß der neue Stückgutstaffeltarif
im Eiseubahnrath zwar keine Freunde gefunden habe, daß man
aber allseitig mit der badischen Eisenbahnverwaltung darin einig
sei, daß mau unter den gegebenen Verhältnissen aüch badischer-
seits den neuen Tarif annehmen müsse.
Württemberg. Schwaikheim, 3. Sept. Während
des heute Vormittag zwischen hier und Winnenden abge-
haltenen Brigademanövers von zwei Infanterie- und
zwei Kavallerie-Regimentern kamen bedauerliche Un-
gl ü ck s f ä l le vor. Bei einer Reiterattacke über einen Ab-
hang herunter auf Infanterie stürzte ein Dragoner mit
seinem Pferde, wodurch noch etwa 20 Reiter zu Falle
kamen, sodaß Pferde und Mannschaften einen wirren Knäuel
bildeten. Von den Gestürzten erlitten mehrere Beinbrüche
und Quetschungen; andere wurden durch Lanzenstiche ver-
letzt. Zwei Reiter sollen tödtlich verwundet worden sein.
Auch verschiedene Pferde wurden verletzt; eines blieb todt
am Platze.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großberzog haben
den uachgenannten Königlich Preußischen Offizieren und
Sanitätsosfizieren den Orden vom Zähringer Löwen
verliehen und zwar: das Ritterkreuz 2-Klasse mit Eichen-
laub: dem Hauptmann und Batteriechef im Nassauischen Feld-
Artillerie-Regiment Nr. 27 Karl Ernst von Ern st Hausen
und dem Oberstabsarzt 2. Klasse und dem Regimenlsarzt des
3. Oberschlesischen Infanterie-Regiments Nr. 62 Dr. Martin
Friedrich Johannes Haase; d. das Ritterkreuz 2. Klasse:
dem Premterlieutenant im Magdeburgischen Dragoner-
Regiment Nr. 6 Franz Holop.
— Seine Königliche Hoheit derGroßherzog haben dem
Vice-Oberkammerherrn Seiner Königlichen Hoheit des Groß-
herzogs von Oldenburg Baron von Friesen das Großkreuz
des Ordens vom Zähringer Löwen verliehen; den Postsekreiär
Julius Kru m mel ausEberftadt zum Oberpostkassenbuchhalter
bei der Kaiserlichen Oberpostkasse in Karlsruhe, den
Revisor 1. Klasse bei der Direktion der Mam-Neckar-Eisen-
bahn in Darmstadt Heinrich Bender zum RechnungSrath
ernannt.
— Mit Entschließung Großh. Oberdireklion des Wasser-
und Straßenbaues ist Geometer Anton Streck fuß in Mos-
bach zum etatmäßigen Katastergeometer ernannt worden.
Karlsruhe, 3. Sept. Am Freitag den 2. Sept.,
Nachmittags, ist der Prinz Ferdinand von Savoyen-Genua,
Enkel der auf Schloß Mainau anwesenden Herzogin von
Genua, aus Italien daselbst eingetroffen. Der Prinz kam
mit dem Dampfschiff an und wurde am Hafen von seiner
Großmutter und dem Großherzog empfangen und zum
Schlosse geleitet. Gegen 5 Uhr traf die Erbgroßherzogin
aus Coblenz kommend auf Schloß Mainau ein und wird
über den Geburtstag des Großherzogs bei den höchsten
Herrschaften verbleiben. Heute früh 7 Uhr fuhr der Groß-
herzog mit dem Kürsschiff nach Ueberlingen und besichtigte
in der Gegend von Lippertsreuthe die 56. Infanterie-Bri-
gade. Nachmittags kehrte Seine Königliche Hoheit nach
Mainau zurück. Derselbe war dabei von dem General
L la suits, Generalmajor Müller, dem Flügeladjutanten
Oberst Freiherrn von Schönau und dem Major v. Panne-
witz begleitet. Seine Königliche Hoheit wird vom 5. d.
Mts. an die militärischen Besichtigungen fortsetzen und
zwar zunächst bei den Truppen der 28. Division, später
„Aber Mama!" warf nun Minna verschämt em.
„Warum soll ich das nicht sogen, mein Kind?" gings dann
weiter. „Eine so mangelhafte Erziehung, man möchte schon
sagen: Verwahrlosung ist mir sobald nicht vorgekommen. Und
von Hauswirthschafl keine Ahnung!"
(Schluß folgt.)

der 29. Division bei Donaueschingen, wo auch das Korps-
manöver stat tfindet.___
Ausland
Holland. Haag, 2. Sept. Die Königin-Mutter
empfing heute das Centralcomitö, das zusammengetreten
war, um ihr zum Schluffe ihrer Regentschaft einen Be-
weis der Liebe und Achtung des Volkes zu geben. Der
Bürgermeister von Amsterdam überreichte ein Geschenk von
300000 Gulden, die zu einem wohlthätigen Zwecke be-
stimmt sind. Die Königin Emma dankte und erklärte, sie
wolle mit einem Theile des Geldes ein Sanatorium für
arme Schwindsüchtige gründen und den andern Theil zu
wohlthätigen Zwecken in den indischen Kolonieen verwenden.
Frankreich. Die Entwirrung der Dreyfusangelegen-
heit ist mit einem neuen Ruck wieder ein Stück weiter ge-
kommen: Der Kriegsminister Cavaignac hat
seine Demission gegeben. Cavaignac hat zwar den
Obersten Henry verhaften lassen; er meint indessen, daß
die von Henry ausgeführte Fälschung kein Grund sei, die
Revision des Dreyfusprozesscs vorzunehmen. Er hält Drey-
fus nach wie vor für schuldig, die Vornahme der Re-
vision aber für ein sehr gefährliches Unternehmen. Der
Ministerrath dagegen ist in seiner Mchrheit doch zu der
Ueberzeugung gelangt, daß jetzt die Dreyfussache, die gleich
einem fressenden Geschwür an Frankreich zehrt, nicht anders
als durch die Revision des Prozesses todt zu machen ist.
Statt Cavaignac soll ein revisionsfreundlicher Kriegs-
minister gesucht werden. Man nennt Herrn v. Freycinet,
der schon mehrmals Kriegsminister war.
— Einige französische Blätter ängstigen das Publikum
mit der Versicherung, wenn der Dreyfusprozeß revidirt
werde, dann sei ein Krieg mit Deutschland wahrschein-
lich. Nach dieser Andeutung würden also bei einer et-
waigen Revision Dinge zum Vorschein kommen, die Deutsch-
land zwingen würden Genugthuung zu fordern. Es ist
auch kein volles Geheimniß mehr, was dies für Dinge
sind. Aber die Aufdeckung der vollen Wahrheit würde ganz
anders wirken, als die ängstlichen Blätter glauben: Es
würde ganz Deutschland ein unauslöschliches
homerisches Gelächter über die grenzenlose Leicht-
gläubigkeit der Franzosen durchziehen. Die Beweise für
die Schuld des Dreyfus sollen nämlich nicht nur in dem
Borderau und den bekannten drei Briefen bestehen, die
inzwischen ihre Beweiskraft verloren haben, sondern
es sollen noch andere kolossal wichtige, ganz geheime Akten-
stücke vorhanden sein. Das Aktenbündel — man höre —
enthält Folgendes: 1) einen vom Grafen Münster unter-
zeichneten und von ihm dem deutschen Kaiser nach Berlin
erstatteten Bericht, in dem der Botschafter den Namen
Dreyfus ganz ausschreibt und die Dienste anführt, die
er Deutschland geleistet hat; 2) drei Briefe oder vielmehr
die Photographie von drei Briefen des deutschen
Kaisers, deren einer an den Grafen Münster, die beiden
anderen an den Hauptmann Dreyfus (!) gerichtet
sind. Von diesen Schriftstücken glaubt und behauptet der
Generalstab, daß das erste aus dem Arbeitstisch Wil-
helms II. in Berlin gestohlen worden ist. Die anderen
sollen vor ihrer Absendung durch einen Agenten des Aus-
wärtigen Amtes entwendet und photographirt worden
sein, der sie alsdann dem Minister Hanotaux zukommen
ließ, der sie seinerseits dem Kriegsminister übergab. Der
Bericht des deutschen Botschafters Grafen Münster und
diese Briefe sollen in Berlin nach der Verhaftung des Drey-
fud gestohlen worden sein. — Der.Unsinn der Behaup-
tung, daß der deutsche Kaiser" zwei Briefe an
den Hauptmann Dreyfus gerichtet habe, ist haarsträubend.
Wenn wirklich derartige geheime Aktenstücke vorhanden
sind, so sind es Fälschungen Plumpester Art. Sollte selbst
der Minister Cavaignac, der die Revision des Prozesses
als höchst gefährlich ansieht, an die Echtheit dieser ge-
heimsten Schriftstücke glauben? Man sollte es nicht für
möglich halten, daß ein Minister so verblendet und ur-
theilslos sein kann. Allein es scheint, daß dem doch
so ist.
Rußland. Petersburg, 3. Septbr. In einer Be-
sprechung der Dreyfu ss ache bemerkt die Nowoje Wremja,
ohne eine Revision des Prozesses wird es nunmehr kaum
abgehen können, auch nicht ohne eine Erneuerung des ge-
summten Personalbestandes des französischen Generalstabes,
dessen Chef, indem er die von ihm begangenen Fehler ein-
gestand, freiwillig seinen Abschied nahm.
Sebastopol, 3. Sept. Die gestrige Revue über
die Sch Warze Ai eerflotte nahm der Kaiser an Bord
des „Standard" ab. Das französische Stationsschiff
„Bombe" ist von Konstantinopel hier eingetroffen.
England. London, 2. Sept. Der südwalli-
sische Kohlenausstand hat ebenso geendet, wie der
Streik der Maschinenbauer, nämlich mit unbedingter An-
nahme der Forderungen der Arbeitgeber. Dieser Abschluß
war seit Wochen vorauszusehen. Einsichtige Arbeiterführer,
wie der Parlamentsabgeordnete Abraham, haben die Ab-
beiter stets gemahnt, von ihren nicht durchsetzbaren
Bedingungen abzustehen. Bezeichnend ist, daß vielen
Arbeitern mehr an der Beibehaltung des „Mabonstages"
d. h. des monatlichen Feiertags, zu liegen schien, als an
Minimallohn, Abschaffung der verschiebbaren Lohnskala
und allem Andern. Gestern vereinigten sich die Bergwerks-
besitzer mit den Vertretern der Arbeiter in Cardiff zur
entscheidenden Sitzung. Abraham schlug vor, man solle
eine Woche im Jahre freigeben, wenn man den monat-
lichen „Mabons"-Tag nicht genehmigen wolle. Die
Arbeitgeber lehnten auch dieses ab. Schließlich wurden
die Bedingungen von allen Delegirten der Arbeiter mit
Ausnahme von 3 unterzeichnet. Nach dem getroffenen
Abkommen wird die Arbeit sofort in allen Zechen des
Verbands wieder ausgenommen.
Asien. Ao ko Hama, 2. Sept. Die Bewegung zu Gunsten
der Verstaatlichung der vier Haupteisenbahn-
linien nimmt zu und findet seitens der Liberalen und in mili-

tärischen Kreisen starke Unterstützung. Neuerdings tauche»
wieder Gerüchte auf, die Regierung beabsichtige, eine aus-
wärtige Anleihe im Betrage von 11 Millionen Pfund
Sterling zum Zwecke von öffentlichen Bauten aufzunehmen.
Afrika. Kairo, 3. Sept. General Kitchener rückte
am Donnerstag Nachmittag bis ans 1^ Meilen von
Kerreri vor und jagte die feindlichen Vorposten vor sich
her. Dann mußte der General halten, um das Ergebnisi
des Angriffes der Kanonenboote abzuwarten, die nilauf-
wärts gegangen waren. Die Streitmacht des Khalifen,
auf 35 000 Mann geschätzt, war außerhalb Omdurmans
versammelt. Die Kanonenboote berichteten nach ihrer Rück-
kehr, daß sie die Forts auf der Insel Tuti und die Be-
festigungen des rechten Nilufers zerstört und vier Kanonen-
boote dabei erbeutet hätten. Bei dem Bombardement wurde
auch der Dom des Mahdigrabes und die große Moschee
von Omdurman theilweise zerstört.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 5. September.
Karl Weber, der frühere Reichstagsabgcordnete für den
12. badischen Reichstagswahlkreis, ist am Samstag Nachmittag
2 Uhr nach schweren Leiden gestorben. Als Sohn des vor 10
Jahren im hohen Alter von über 80 Jahren verstorbenen lang-
jährigen Direktors der früheren höheren Bürgerschule und be-
rühmten Geschichtsschreibers Georg Weber im Jahre 1843 dahier
geboren, brachte er seine Jugend in unserer Stadt zu; er besuchte
die höhere Bürgerschule, dann das Lyceum (heutige Gymnasium)
und studirte einige Semester an der Universität. Später wandte
er sich dem Kaufmannsstande zu, hielt sich in Leipzig, London
und St. Petersburg auf und ließ sich in letztgenannter Stam
nieder. Dort bekleidete er auch in den Jahren von 1867 bis
1884 die Stelle eines deutschen Vicekonsuls. Er kehrte, wie "
gelegentlich in öffentlichen Reden selbst mittheilte, nach Deutsch-
land zurück, um seinen Kindern eine deutsche Erziehung geben
können, und nahm seinen Wohnsitz in Berlin. Oftmals such"
er — auch schon während seines St. Petersburger Aufenthaltes
seine alte Pfälzer Heimath auf, mit der er die innigsten Be-
ziehungen aufrecht erhielt. In späteren Jahren brachte er stets
den Sommer in seinem väterlichen Hause zu, das nach dem Tode
seines Vaters in seinen Besitz überging; so blieb er stets einer
der Unsrigen, der für das Wohl unseres geliebten Heidelberg
jederzeit das wärmste Interesse an den Tag legte. Im JE
1893 wurde er, ein überzeugungstreuer thatkräftiger Anhänger dec
nationalliberalen Partei, von unserer Partei zum Candidateu
für den Reichstag aufgestellt. Es entbrannte ein harter, schwerer
Wahlkampf, an dem Weber sich als unermüdlicher Kämpfer be-
theiligte. Zwar wurde bei der starken Zersplitterung der Parteien
eine Stichwahl nöthig, doch hatte Weber schon bei der ersten
Wahl einen bedeutenden Vorsprung vor den anderen CandidateN
und in der Stichwahl siegte er glänzend mit über 4000 Stimmen
Mehrheit. Schon während des Wahlkampfes und fast mehr nv«
nachher wurde Weber in Folge des regen Interesses, das er fm
alle Verhältnisse seines Wahlkreises bethätigte, eine äußern
popuiärc, überall bei seinem Erscheinen mit Freude begrüßte
Persönlichkeit. Als im Jahre 1895 ein Abgeordneter in den
badischen Landtag für den Bezirk Mosbach zu wählen war,
wurde ihm auch dieses Mandat angetragen. Schon seit dem
Jahre 1888 war er Mitglied des preuß. Landtags für den Krew
Jerichow und so muthete man ihm mit der Uebernahme eines neuen,
dritten Mandats doch eine sehr schwere parlamentarische Bürde zN-
Jndessen da Gefahr vorhanden mar, daß die nationalliberaie
Partei das Mandat den Gegnern, in deren Besitz es sich vorher
befand, nicht entreißen würde, wenn Weber sich nicht zur ME
datsübernahme entschlösse, so unterzog er sich freudig auch dieses
neuen Aufgabe und seine Wahl kam glücklich zu Stande. So-
lange seine Gesundheitsverhältnisse es ihm gestatteten, kam »
seinen parlamentarischen Verpflichtungen aufs gewissenhaftem
und eifrigste nach und blieb dabei stets in lebhafter Fühlung nm
den von ihm vertretenen Bezirken. Leider wurde er aber
letzten Wiuter und Frühjahr von schwerem Leiden befallen, dm
ihn Monate lang in Berlin an das Krankenlager fesselte. Am
er, anscheinend etwas gebessert vor einigen Wochen hierher über-
siedelte. war er kaum noch zu erkennen, so sehr war die GestE
des früher so kräftigen Mannes zusammengeschrumpft. SeE
sehr zweifelhaft gewordene Gesundheit war es denn auch, die rhm
verbot, bei den diesjährigen Neuwahlen zum Reichstag abermm-
ein Mandat anzunehmen. Mit Bedauern mußte auf seine CmE
datur verzichtet werden, doch dankbar gedenken seine Wähler stE
der parlamentarischen Thätigkeit, die der nunmehr Verstorbene
zum Heil und Wohle des großen deutschen Vaterlandes wie dec
engeren Heimat entfaltet hatte. Dem wackern, deutschen Manne m
die freundliche, herzliche Erinnerung seiner Mitbürger lange über
den Tod hinaus gesichert.
L. Die Fahnenweihe des Männergesangvereins Heidelberg
begann am Samstag mit einem wohlgelungenen Bankett in den
festlich geschmückten Räumen der Bürgercasinogesellschaft. Außer
den Mitgliedern des festgebenden Vereins waren eine große
zahl eingeladener Gäste, ein Kranz von Festjungfrauen, die hiestm
Concordia und der Männergesangverein Kirchheim sowie zam
reiche Abordnungen hiesiger Vereine anwesend. In passender
Reihenfolge wechselten Gesammtchöre, Etnzelchöre und Vortrag
des Orchestervereius miteinander ab. Eine der Festdamen üb»
gab mit sinnigen Worten dem Vereine eine prachtvolle FE,
Die eindrucksvolle Festrede hielt Herr Hauptlehrer HerriE
er schilderte darin die Bedeutung des deutschen MännergesoUS
Während er scharf die gegenwärtig herrschende Vereittswuth
Vereinsmeierei), die sich in der Bevölkerung breit macht, tadelt-'
pries er diejenigen Vereine, die einen wohlthätigen Zweck v»',
folgen, und insbesondere diejenigen, die den deutschen Bon-
gesang Pflegen. Reicher Beifall wurde dem Redner zu THE
Im Laufe des Abends übergab der Vorstand der Concordia dein
festgebenden Verein eine hübsche Fahnenschleife und der Männer-
gesangverein Kirchheim den ersten Fahnennagel; von Seiten der Fe»
damenwurde dem Dirigenten des Vereins, Herrn Baumann, E
seine unermüdliche Thätigkeit der wohlverdiente Lorbeerkranz,
Sängern die neueste Lieferung der badischen Sängerbundshei,!'
und dem Vorstande, Herrn Huber, sein gut gelungenes PortE
im Rahmen überreicht. Nach Abwicklung des Programms bM
man längere Zeit in fröhlicher Stimmung beisammen. A-»
Sonntag folgte ein Frühschoppen im Bremeneck und am AbE
ein hübsch arrangirter Festball im Bürgercasino.
A Errungener Preis. Bei dem gestern in Mannheim aE
haltenen Rennen des Radfahrer-Vereins „Vorwärts" errang N-
Heidelberger Radler Gesellschaft einen 3. Preis-
ist dies um so mehr mit Freuden zu begrüßen, als der Der»
mit erstklassigen, auf der Bahn trainirten Fahrern zu kämPE
hatte und es keinem hiesigen Verein bis jetzt gelungen ist, eine
Preis mit nach Hause zu nehmen. ..
** Vorn Schloß. Laut Bekanntmachung des Großh. Domäne"
amts in vorliegender Nummer der Heidelberger Zeitung (st^_
Anzeigetheil) wird das eiserne Gitterthor am westlichen Ein,EH
in das Schloß (vom Schloßberg aus) in den Monaten Mm d
einschließlich September von Avends 11 bis früh 5 Uhr, und "
den anderen Monaten (October bis April) von Abends 10
früh 7 Uhr geschlossen.
„ * Landwirthschaftltches. Die Direktion des landwirthschE
lichen Bezirksvereins Heidelberg schreibt uns: Wie bekannt,)"
am 17. d. M. eine landwirthschaftiche Gau-Ausstellung in WE
loch stattfinden. Um den Stand der Viehzucht unseres Bezrrtc
in richtiger Weise darstellen zu können, wäre es sehr erwüm«'
daß die Züchter recht zahlreiche Anmeldungen machen- A«
einem Beschluß der landwirthschaftlichen Bereinsdirektton werde
 
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