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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0070
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Schnelligkeit in der Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Ar- ,
Zeitgebern und Arbeitnehmern. Die Streitigkeiten haben durch-
weg abgenommen. Redner verlangt besondere Gewerbegerichte
für die HandlungSgehülfen, hält aber die Ausdehnung auf das
Gesinde für ungeeignet. Der Antrag Trimborn sei ihm
sympathisch-
Abg. Schräder (freis. Ver.) stellt den trotz einzelner Mängel
der Gewerbegerichte doch allgemeinen Wunsch nach einer Ausdeh-
nung derselben fest. Die zwangsweise Einführung derselben sei
freilich bedenklich, ftdoch die Herabsetzung der Altersgrenze könne
er nicht befürworten.
Morgen 1 Uhr Etat des Reichsamts des Innern; Schluß
nach 5 Uhr.
Baden. V. 6. Karlsruhe, 18. Ja». Die heutige
Hauptversammlung des alldeutschen Verband es. die
unter der Leitung des Schriftstellers Ammon statlfand,
war gut besucht. Der Vorsitzende entwickelte in seinem
einleitenden Vorträge Ziele und Zwecke des Verbandes,
wobei er insbesondere das Thema behandelte, National-
politik ist Sozialpolitik. Der Verbandskassier, Bankier
August Hecht, erstattete hierauf den Vereinsbericht, aus
dem wir entnehmen, daß dem jungen Ortsverein bereits
220 Mitglieder angehören. Nachdem hierauf einige unbe-
deutende. vorzugsweise redaktionelle Aenderungen vorgc-
uommen waren, erfolgte die Vorstandswahl. Der provi-
sorische Vorstand, bestehend aus den Herren Ammon,
Beuchert, Bickel, Lieber, Goldschnitt, Hecht, Löhlein. Mül-
ler und Dr. Schneider wurde in seinem Amte bestätigt.
Außerdem wurden hinzugewählt, den geänderten Statuten
entsprechend, die Herren Blechnermeister Schlebach, Oberst-
lieutenant Platz und Rud. Schmidt, der derzeitige Vor-
sitzende des hiesigen v. 6. Zum Schluß wurden fünf
Resolutionen angenommen. Die erste galt dem Andenken
des Fürsten Bismarck und enthielt die Mahnung, in sei-
nem Geiste das Deutschthum hochzuhalten; die zweite ent-
hielt eine Kundgebung für die Erweiterung der deutschen
Seemacht, die dritte eine Aufforderung zu einer kräftigen
Kolonialpolitik und eine Kundgebung für den Antrag
Hasse bezüglich des Erwerbs und des Verlustes der
deutschen Reichsangehörigkeit, die vierte eine Kundgebung
für eine starke Disciplin in den östlichen, nördlichen und
südwestlichen Grenzmarken und die fünfte schließlich, die
von den Vertretern des v. 0. vorgeschlagen war, ver-
sicherte die Deutschen der Ostmark der Theilnahms
und Hilfe ihrer reichsdeutschen Stammesgenoffen. Mit
einem Schlußwort des Vorsitzenden, der dazu ermahnte,
das Deutsche im Großen und im Kleinen zu pflegen,
wurde die erste Hauptversammlung um 11 Uhr geschloffen.
L. 6. Karlsruhe, 18. Jan. Die Einnahmen der Bad.
Bahnen betrugen im Monat Dezember 1338 »ach provisori-
scher Feststellung 4999830 Mk, (gegen 4 523280 Mk. im Jahre
1897). Die Gesammieinnahmen bezifferten sich im verflossenen
Jahre auf 66 382690 Mk. (61314 350 Mk.).

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Groß Herzog haben den
Königlich Preußischen Major a. D. Grafen August von Bis-
marck zum Kammerherr» ernannt.
Karlsruhe. 18. Januar. Der Großherzog er-
theilte heute Vormittag einer Anzahl von Personen
Audienz, darunter dem Oberrealschuldirektor Wittmann in
Heidelberg. Um 6 Uhr nahmen die Höchsten Herrschaften
an dem Abendgottesdienst theil, bei welchem Pfarrer
Schäfer von Großsachsen die Predigt hielt. Hiernach be-
suchten Ihre Königlichen Hoheiten das Abonnementskonzert
in der Festhalle.

Ausland.
Frankreich. Paris, 18. Januar. Bemerkenswerth
ist ein Urtheil, das heute die Civilkammer auf Klage einer
Anzahl jüdischer Kausleute gefällt hat, deren Namen
im Pariser antisemitischen Blatte L'Antijuif veröffentlicht
worden waren, um sic zu boycottire». Diese Kaufleute
hatten sich an die Gerichtsbehörde gewandt mit dem Er-
suchen, daß dem Blatte die Veröffentlichung ihrer Namen
untersagt würde; für die schon erfolgte Veröffentlichung
forderten sie Schadenersatz. Das Gericht erkannte jedem
der Kläger 1500 Franken Schadenersatz zu und verbot dem
Antijuif, die Namen weiter zu veröffentlichen unter An-
drohung einer Strafe von 20 Franken für jede Zuwider-
handlung.
Schweden. Stockholm, 18. Jan. Der Reichstag
wurde heute mit einer Thronrede eröffnet, die sagt, die
Beziehungen zu den fremden Mächten seien dauernd sehr
freundschaftlich. Die Rede erwähnt den willkommenen
Abrüstungsoorschlag des Zaren und fährt dann
fort, das Land müsse trotzdem seine geringe Streit mach t
beibehalten und sogar vergrößern.
England. London, 17. Jan. Der französische
Botschafter Cambon empfing heute eine Abordnung des
internationalen Schiedsgerichts und der Friedensgesellschaft.
In der Erwiderung auf eine Ansprache, worin erklärt
wurde, daß die Gesellschaft es als eine bezeichnende That-
sache ansehe, daß Cambons Kommen nach England mit
der Friedenskundgebung des Kaisers von Rußland zusam-
mentraf. bestritt der Botschafter, daß irgend ein Gefühl
von Feindseligkeit gegen das englische Volk in Frankreich
vorhanden sei. Die beiderseitige Presse habe die kleine
Reibung, zu der es gelegentlich des Faschoda-Zwischenfalls
gekommen sei, aufgebauscht. Weder die Franzosen, noch
die französische Regierung wünschten den Krieg. Er sei
überzeugt, daß die Völker Europas ernstlich den Frieden
wünschen. Er stimme von Herzen den Absichten des Kai-
sers von Rußland zu; aber er fürchte, daß bis zur Ver-
wirklichung derselben eine lange Zeit vergehen werde.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 19. Januar.
* Die Erwerbung der Liegenschaft der Museumsgesellschaft
durch die Stadt. (Schluß.) Zu den einzelnen Paragrapben
des Kaufvertrags werden ln der stadträthlichen Vorlage Er-
läuterungen gegeben. Wir entnehmen diesem Theil Folgendes:
Seitens der Aufsichtsraths der Museums-Gesellschaft wird das
größte Gewicht darauf gelegt, daß ihr ermöglicht werde, auch
nach dem Uebergang des Museums in das Eigenthum der Stadt

gegen ein mäßiges Entgelt als Mietherin daselbst zu verbleiben.
Nur bei Erfüllung dieses Wunsches will die Gesellschaft den
Kaufpreis von 350000 Mk. zugestehen, den sie bei der eingangs
namhaft gemachten Höhe des Brandkassenanschlags sowie im
Hinblick auf die ihr von anderer Seite gemachten Anerbietungen
für niedrig hält. Dagegen, daß die Stadtgemeinde auf ein
solches Miethverhältniß eingeht, scheinen dem Stadtrath keine
erheblichen Bedenken obzuwalten. Was die in Z 2 aufgeführten
Verträge anbelangt, welche die Museums-Gesellschaft s. Zt. ab-
geschlossen hat und in die Seitens der Stadtgerneinde eingetreten
werden soll, so handelt es sich hier zunächst um einen solchen mit
der Gesellschaft für Brauerei, Spiritus- und Preßhefen-Fabrikation
vorm. G. Sinoer in Grünwinkel. Nach diesem Vertrage sind die
Lokalitäten der jetzigen öffentlichen Muicumswirthschaft, die Küche
und der Keller, die Wohnung für den Wirth und der Garten an ge-
nannte Firma bis zum 1. October 1901 gegen eine Bezahlung
voü 5000 Mk. jährlich vermiethet. Außerdem hat die Mietherin
von jedem Hektoliter Bier, welches über ein Quantum von
1000 ül pro Jahr hinaus verzapft wird, weitere 5 Mk. pro
Hektoliter an Miethe zu bezahlen. Zu den Verträgen, in welche
an Stelle der Museums-Gesellschaft die Stadt einzutreten hätte,
gehören ferner diejenigen mit Frau Antonie Baumann wegen
des der Genannten gegen eine Jahresmiethe von 1000 Mk. über-
tragene» WirthschaftSbetriebs in den der Gesellschaft vorbehaltenen
Lokalitäten, mit dem Kunstoerein wegen Ucberlassnng von Räumen
im dritten Stock zum Zwecke der Ausstellung von Gemälden
gegen eine Jahresmiethe von 750 Mk, mit der Gr. Universitäts-
Bibliothek wegen Einräumung der Hälfte des hintersten Parterre-
lokals der Museums-Bibliotheksräumc gegen einen jährlichen
Miethzins von 180 Mk. und mit Herrn Georg Sack wegen Be-
sorgung der Geschäfte des Hausmeisters, welche Verträge des
Näheren zu besprechen wir deshalb unterlassen, weil sie alle
mit sechsmonatlicher Kündigungsfrist abgeschlossen find, mithin
rechtzeitig aufgelöst werden können, wenn die Stadt Bedenken
tragen sollte, sie ihrerseits forlzusetzen. Im Uebrigen ist
die Vereinbarung, wie der Staütralh solche dem Bnrger-
ausschuß nunmehr vorlcgt, das Resultat schwieriger Ver-
handlungen, bei denen er bestrebt war, die Interessen der
Stadt mit Entschiedenheit wahrzunehmen. Nitürlich mußte,
wenn man ein positives Ergebniß erreichen wollte, auch den
Wünschen der Museums-Gesellschaft, soweit dies m k den Interessen
der Stadt vereinbar erschien, entgegengekommen werden, und es
war daher unvermeidlich, der Verkäuferin die eine oder die
andere Konzession zu machen. Die deßfallsigen Zugeständnisse
können von uns aber verantwortet werden. Die Erwägung, daß
im Falle der Erwerbung der Museums-Liegenschaft durch die
Sladt die Gesellschaft vielleicht eher über gewisse finanzielle
Schwierigkeiten hinanskömmt, als dies der Fall wäre, wenn sie
das Grundstück selber behalten würde, und daß ihr überhaupt
das ganze Arrangement mit der Stadt ermöglichen dürfte, auf
vielleicht etwas veränderter Gcundiage auch in Zukunft weiter
zu existiren, ist, wie der Stadtrath wohl kaum besonders zu be-
betonen braucht, für die Entschließung desselben in dieser Sache
von keiner ausschlaggebenden Bedeutung gewesen. Er redet dem
Ankäufe des Museums durch die Sladt nicht deshalb das Wort,
weil er den Verhältnissen der Mussums-Gffellschuft aufhelfen
möchte, sondern er will die Liegenschaft aus dem Grunde für
die Stadtgemeinde kaufen, weil ec eine vernünftige, nicht zu
kostspielige Lösung der Saalbuufrage erstrebt und solche am
besten dadurch zu erreichen hofft, daß er die oben besprochenen
Baupläne der Verwirklichung cntgegenführt. Immerhin darf
gesagt werden, daß auch der Stadl das Schicksal der Museums-
Gesellschaft nicht ganz gleichgültig sein kann. Mit der Auf-
lösung dieser Gesellschaft würde aus dem Leben Heidelbergs ein
Faktor ausscheiden, der nach unserer Ueberzeugung in Bälde
recht vermißt werden würde. Ein geselliger Boden, auf dem
speziell die Mitglieder der Universität und die Angehörigen der
Bürgerschaft in zwangloser Weise mit einander verkehren, ist in
einer noch kleineren Stadt, wie der unseligen, und in einer Zeit,
wie in der gegenwärtigen, in der es ohnehin schwer fällt, die
verschiedenen Gesellschaftskreise zusammenzufassen, ein wichtiges,
der Pflege und Unterstützung aller Kreise werthes Moment.
Einen derartigen Boden hat man aber seither in Heidelberg im
Museum besessen, und es würde aller Voraussicht nach auch
auswärts kaum verstunden werden, wenn man sich leichten
Herzens dazu entschließen wollte, eine solche Einrichtung mit
ihrer langjährigen Tradition preiszugeben. Wie sehr diese Ein-
richtung übrigens von der Verwaltung wie von der Vertretung
unserer Stadt allezeit gefördert worden ist, ergibt sich daraus,
daß im Jahre 1828 das Gelände, auf dem das Museumsgebäude
steht, nebst dem dazu gehörigen tzofraum Seitens der Stadt-
gemeinde der Gesellschaft geschenkt wurde. Der Garten war der
Gesellschaft Anfangs nur zur Nutznießung überlassen worden.
Aber auch dieser wurde der Gesellschaft 1869 zu unentgeltlichem
Eigenthum eingeräumt. Der Stadtrath stellt den Antrag: der
Bürgerausschuß wolle dem zwischen dem Stadtrath und dem
Aufsichtsrath der Museums-Aktien-Gesellschaft vereinbarten Ver-
trage zustimmen und die Deckung des für die Liegenschaft Graben -
gaffe Nr. 3 zu bezahlenden Kaufpreises von 350000 Mk. aus
Anlehensmitteln gutheißen.
- Fürst Bismarck und sein Petersburger Arzt. Wie wir
aus Nr. 23 der Berliner Neuesten Nachrichten ersehen, weilt der
Petersburger Arzt Bismarcks noch unter den Lebenden. AuS
Frankfurt an der Oder sind dem genannten Blatt mehrere Zu-
schriften zugegangen, auf Grund deren es Folgendes feststelll:
Der genannte ehemalige Petersburger Arzt lebt, 78 Jahre alt,
seit mehr als einem Vierteljahrhundert in Frankfurt a. O. als
Homöopath. Er ist am 2. October 1820 im Großherzogthum
Baden geboren, heißt: Karl Friedrich Walz, und führt den Titel:
Dr. med., Kaiser!, russischer Staatsrath a. D., praktischer Arzt.
Herr Walz hat in Deutschland kein Staatsexamen gemacht. Er
wurde durch den Leibarzt des Kaisers Nikolaus I., Staatsrath
Dr. Mandt, nach Petersburg gezogen, ward dort Arzt einer
Großfürstin und hat lange Jahre in Petersburg gelebt. In den
60er Jahren kehrte er in sein badisches Heimathland zurück und
erhielt dort auf hohe Verwendung die Erlaubniß zum Praktiziren,
ohne das Staatsexamen gemacht zu haben, im 2. Theil des
Börnerschen Medizinalkalenders steht er als im Jahre 1867
„approbirt" verzeichnet. In Folge der Freizügigkeit konnte ihm
iu Preußen die in Baden verlangte Zulassung zur ärztlichen
Praxis nicht versagt werden. Er ließ sich zunächst im Westen
nieder, siedelte aber 1872 oder 73 nach Frankfurt a O. über,
wo er noch heute eine große Praxis als Homöopath betreibt.
IV. Thierschutzverei« Heidelberg Gestern Abend hielt Herr
Bezirksthierarzt Väth im Gartensaale der Harmonie einen
öffentlichen Vortrag über das Thema: „Was können wir vom
Thierschutz in England lernen?" Herr Geh. Hofrath Prof. Dr.
Kehrer eröffncte die Sitzung und ertheilte Hrn. Väth das
Wort. Redner berichtete, daß die alten Völker den Thierschutz
ebenfalls schon gekannt und gepflegt haben. Leider wird der
Tbierschuß in Deutschland nicht so geyandhabt, wie es der Fall
sein sollte. Im Gegentheil, die Thierquälereien nehmen eher zu
als ab. In Sachen des Thierschutzes sind uns die Engländer
weit voraus. Sie haben einen recht gut organisirten Verein,
welcher sich über ganz England ausbreitet und die Interessen
des Thierschutzes im vollsten Maße wahrnimmt. Derselbe wurde
1824 gegründet und steht unter dem hohen Protektorate der
Königin. Alle Prinzessinnen, Prinzen, viele Fürstlichkeiten und
hohe, angesehene und einflußreiche Personen sind Mitglieder des
Vereins und somit eifrige Förderer der Sache. Vor allem thut
die Schule sehr viel für den Thierschutz, wie kaum in einem
anderen Lande. Alljährlich werden von allen Schulkindern Lon-
dons Preisaussätze über den Thierschutz geschrieben, wobei die
zwei besten Arbeiten jeder Klasse prämiirt werden. Bei der letz-
ten Preisvertheilung waren 20000 Schulkinder nebst ihren Leh-
rern, Eltern rc. anwesend. Bedenkt man nun» daß, wenn ein
Kind einen solchen Aussatz zu machen hat, die Geschwister,
Eltern rc. durch Beantwortung von Fragen mit bei der Sache

sind, so ist es ganz erklärlich, wenn der Thierschutz in allen
Schichte» der Bevölkerung gehegt und gepflegt wird. Unser
ganzes Augenmerk muß also jetzt darauf gerichtet sein, einen
ebensolchen Landesverein zu gründen und die Schule in Deutsch-
land ebenfalls dem Thierschutze dienstbar zu machen. Auch müß-
ten wir, wie es auch in England der Fall ist, mehr die Presse
zu gewinnen suchen, damit in kurzen Zwischenräumen Artikel
über den Thierschutz erscheinen. Der Vorsitzende dankte Herrn
Väth im Namen der Anwesenden für seine interessanten und
lehrreichen Ausführungen. Nun entwickelte sich eine lebhafte
Debatte über: „Wie gründen wir diesen Lanbesverein und
wie bemächtigen wir uns der Schule im Dienste des Thier-
chutzes." Da in der kurzen Zeit eine definitive Beschlußfassung
nicht erzielt werden konnte, so wurde die Detailberathung über
vorstehende Punkte zur nächsten Vorstandssitzung verschoben.
Hierauf schloß der Vorsitzende die Sitzung. Leider war der Be-
uch nicht sehr zahlreich.
LI Schöffeugerichtssttzung vom 18. Jan. 1) Lotterie-Collekteur
Rudolf Edens in Dobern erhielt wegen Lotterie-Vergehens eine
Geldstrafe von 30 2) Karl Knecht, Handelsmann hier,
wegen Uebertretung der Gew.-Ordn. in zwei Fällen eine Geld-
strafe von 15 3) Die Verhandlung gegen Händlerin Marie
Gangwisch hier wegen Beleidigung des Gastwirlhs Karl Köhler
hier würbe vertagt. 4) Karl Schmich, Steinbrecher, Eheleute in
Dossenheim wurden von der Anklage wegen Beleidigung der
Karl Riedinger, Steinbrecher, Eheleute allda sreigesprochen.
----- Polizeibericht. Fünf Studenten kamen in verflossener
Nacht wegen Ruhestörung und Unfugs zur Anzeige, vier weitere
wegen Beamtenbeleidigung und einer wegen Gefangenenbefreiung.
X Wiesloch, 18. Jan. Gestern, am 17. Januar, hielt der
Ortsverein des Evangelischen Bundes seinen zwei-
ten Familicnabend ab. Die große Festholle „Zum Erbprinzen"
war bis auf den letzten Platz gefüllt. Herr Weißheimer, Pfarrer
am Diakonissenhaus in Freiburg, hielt einen Vortrag über
das D ia k o u i s se n h a u s- Dasselbe kostet Alles in Allem
720000 Mk. Davon ist mehr als die Hälfte bezahlt. Etwa
300 000 Mk. Schulden ruhen noch darauf. Die Kosten stellen
ich deswegen so hoch, weil das Haus nach jeder Richtung auf
dar bequemste und zweckmäßigste eingerichtet ist. Ueber hundert
Kranke können darin ausgenommen werden. Der weitere und
eigentliche Zweck des Hauses ist aber, evangelische Gemeinde-und
Krankenlchwcstcrn besonders für zerstreute evangelische Gemeinden
des Oberlandes und in Elsaß-Lothringen auszubilden. Am
1. November v. I. ist der gesammte Betrieb eröffnet worden
mit einem Bestand von 45 Schwestern. An Anmeldungen zum
Eintritt fehlt es nicht. Stationen sind bereits 15 vorhanden mit
29 Schwestern. Aerztlicher Leiter der Anstalt ist der Chirurg
Prof. Goldmann. Prof. Bäumler ist Mitglied des Vorstandes.
Für seine warme und lebendige Schilderung des Liebeswerkes
sprach die Versammlung Hrn. Weißheimer den Dank aus mit
einer raschen Tellersammlung, die 77 Mk. eintrug. Der Kirchen-
chor unter Leitung des Herrn Haupllehrers Zimmeimann ver-
schönerte den Abend mit einigen Liedern. Am Schlüsse sang die
Versammlung das Lied: „Ein' feste Burg ist unser Gott."
A Epfenbach, 16. Januar. Am letzten Sonntag Abend hielt
der hiesige Gesangverein Liederkranz im Gasthaus zur Linde
seine Generalversammlung ab, welche sich eines sehr zahlreichen
Besuches zu erfreuen hatte. Nachdem der Vorstand die Versamm-
lung eröffnet hatte, verlas der Schriftführer den Jahresbericht,
worauf der Rechnungsabschluß erfolgte, welcher zur Zufrieden-
heit ausgefallen ist. Bei der darauf vorgenommenen Wahl wurde
der bisherige Vorstand, Herr Lindewirth Wilh. Ziegler, wieder
gewählt, welcher mit kurzen kernigen Worten für das ihm ge-
schenkte Vertrauen dankte. Zum Schriftführer wurde ebenfalls
der bisherige Schriftführer Adam Lenz wicdergewählt. zum
Kassier der bisherige Kassier Johann Keller. Zu Verwaltungs-
rathsmitgliedern Joh. Schmidt, Friedr. Bierweiler, Adam Angst,
Georg Lenz, Math. Wieland unb Gustav Angst, zum Fahnen-
träger Friedr. Ernst, zu Fahnenbegleitern Friedr. Kuf und Joh.
Arnold. Nach Erledigung des geschäftlichen Theils unterhielt
man sich bei Gesangsvorträgen auf's gemüthlichste bis gegen
12 Uhr.
-z- Neckarbischofsheim, 18. Jan. Infolge des anhaltenden
Regens liegt Hochwassergefahr nahe. Krebsbach ebenso wie
Schwarzbach sind stark angeschwollen und stetig steigend.
3 Neckarbischofsheim, 18. Januar. Der größere Theil des
hiesigen Tabaks wurde heute Seitens der Käufer übernommen.
Die Uebernahme ging ohne Anstand vor sich. Die Qualität des
abgelieferten Tabaks ist eine sehr gute. Auch die Behandlung
Seitens der Produzenten wies e inen erheblichen Fortschri t auf
gegen frühere Jahre. Der Tabak wiegt dieses Jahr sehr leicht.
^ Ober-Abtsteinach, 19. Jan. Die Blältermeldung, daß in
Unter-Abtsteinach die Bürgermeisters-Tochter nach Ablauf von
zwei Jahren zum zweiten Male mit ihrem Manne ge-
traut worden sei, bedarf, da diese Geschichte in verschiedener
Beziehung hochinteressant ist, einer ausführlichen Darstellung,
umsomehr, da seit mehreren Tagen in weiter Umgegend diese
Geschichte den Gesprächsstoff abgivt. Also vor mehr als zwei
Jahren verheirathete sich die Tochter des Bürgermeisters Helfrich
in Unter-Abtsteinach mit einem dortigen Müllerssohne. Nach den
gesetzlichen Bestimmungen darf der Vater die eigene Tochter
nicht trauen, deshalb wurde zur Vornahme dieses Aktes der
Großh. Beigeordnete bestimmt. Kurz vor der Hochzeit erkrankte
jedoch dieser, sodaß rasch veranlaßt wurde, daß das Amtsgericht
den Bürgermeister Metz von Ober Abtsteinach zur Vornahme
fraglichen Aktes ermächtigte. Als nun vor einiger Zeit die
Stanbesamtsakten revidirt resp. abgeschlossen wurden, fand der
Richter, daß der Bürgermeister von Ober-Abtsleinack in Untec-
Abtsteinach getraut habe, wozu eine schriftliche amtsgerichtliche
Erlaubniß nöthig war, welche aber nicht mehr aufgefunden wer-
den konnte. Der jetzige Richter — es war unterdessen ein
Wechsel eingetreten — forderte aber pflichtgemäß unnachsichtli»
diese schriftliche Erlaubniß; da solche nicht zu finden war, wurde
eine zweite Trauung verfügt, welche denn auch in aller StilU
stattfand. Es erfolgte also ein neuer Eintrag in die HeiratlF'
register und da inzwischen auch Kinder geboren waren, so mußten
auch diese Einträge in den Geburtsregistern erneuert werdeN-
was für die Leute recht empfindlich war, da es sich um nach'
trägliche Legitimation der Kinder handelte. Das war n»"
alles in Ordnung. Aber alsbald erfolgte das verhängnißvoße
Nachspiel für den hiesigen Herrn Bürgermeister; denn ec beka>n
von Großh. Staatsanwaltschaft die Nachricht, daß er wegen uN'
befugter Amtshandlung in Verfolgung gesetzt sei. Man ka""
sich die Bestürzung beider Bürgermeister lebhaft vorstellen; den"
in solchen Dingen wird bekanntlich kein Spaß gemacht. Alsbam
kam auch Ladung zum 20. d. Mts. vor die Strafkammer "
Darmstadt. Kein Wunder also, wenn man nochmals Tag
Nacht auf beiden Bürgermeistereien nach der schriftlichen anits'
gerichtlichen Ermächtigung zur Vornahme der ersten Trau»"«
stöberte. Allein alles schien vergeblich. Da auf einmal pow^
cs Nachts bei dem hiesigen Bürgermeister. Und was war
schehen? Der Bürgermeister von Unter-Abtsteinach hatte
verhängnißvollen Erlaubsschein endlich faktisch aufgefunden.
kann sich die Freude beider Herren vorstellen. Aber auch wel«
umständliche und disficile Arbeiten und Einträge nun zum driO'
Male in den Heiraths- und Geburtsregistern nothwendig
Kurz: es sind dies heikle und g ewiß so seltene Arbeiten,
solche in ihrer Art kaum anderswo j emals vorgekomme» ft'

dürften. ^ .-r
P Mannheim, 18. Jan. (Schwurgericht.) 5. Der 31 Ja«'»
alte Taglöhner Friedrich Bräuninger aus Oberbrettach j,
angeklagt, im September v. IS. an zwei verschiedenen Tag .
unsittliche Handlungen an zwei fünfzehnjährigen Mädchen
gangen zu haben. Die Geschworenen fanden ihn nur in
einen Falle als schuldig. Das Urtheil lautete auf eine Gefäng"'?.
strafe von 1 Jahr 3 Monaten, abzüglich der Untersuch»"«.
Haft. — 6) Wegen Kindsmords stand die 24 Jahre alte MaHje
r-tva Mittnackit van Krensbeim vor den Scbrankea.
 
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