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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0086
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derum ein Stück Alt-Karlsruhe. Prinz Karl, der z. Zt. das
Palais bewohnt, will das Palais Douglas erwerben.
Bayern. München, 22. Januar. Die M. N. N.
schreiben: Die im Repr äsent'antenhaus e in
Washington gefallenen provozirenden Aeußerungen
gegen Deutschland haben Veranlassung gegeben, daß
einige maßgebende amerikanische Persönlichkeiten
in München den Beschluß gefaßt haben, der amerikanischen
Regierung eine Protestkundgebung aller in München
weilenden Amerikaner zu übermitteln, in welcher der Dank
für die alle Zeit freundliche Aufnahme der Amerikaner in
Deutschland zum Ausdruck gebracht, sowie konstatirt werden
soll, daß in Deutschland keinerlei Animosität gegen Amerika
bestehe, und daß die von einem Mitgliede des Senats in
Washington geführte Sprache auf das schärfste zu miß-
billigen sei. Die Vorbesprechungen werden in den nächsten
Tagen stattfinden.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dM
Leiter der St. Josephsanstalt in Herthen, Geistlichen Rath Karl
Rolfuß, das Kommandeurkrenz 2. Klasse des Ordens vom
Zähringer Löwen verliehen, dem Amtsvorstand Oberamtmann
Dr. Gustav Altfelix in Stockach behufs Uebernahme des
Amtes eines Oberbürgermeisters der Stadt Lahr Urlaub bis
1. Juli 1900 ertheilt, den Amtmann Gustav Arnold in Karls-
ruhe nach Stockach, den Amtmann Rudolf Merkart von
Beinegg in Mannheim an das Bezirksamt Karlsruhe und den
Amtmann Dr. Adolf Klotz in Konstanz an das Bezirksamt
Heidelberg versetzt, sowie die Neferendäre Max von Gulat-
Wellenburg von Baden und Otto Sternberg von
Karlsruhe zu Amtmännern ernannt und ersteren dem Bezirksamt
Konstanz, letzteren dem Bezirksamt Mannheim beigegeben.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Postsekretär Leopold Lehmann unter Ernennung desselben
zum Postmeister die Vorsteherstelle bei dem Postamte inMeßkirch
übertragen.
— Steuerkontroleur Heinrich Felder in Erzingen wurde
zum Zollverwalter ernannt.
Karlsruhe, 23. Jan. Die Großherzoglichen Herr-
schaften beabsichtigen am 25. d. Abends nach Berlin zu
reisen, um dem Kaiser ihre Glückwünsche zum Geburtstag
darzubringen.

Ausland.
Frankreich. Paris, 23. Jan. Heute Vormittag hat
die Vernehmung Esterhazys begonnen. Sein Er-
scheinen im Justizpalast ging völlig unbeachtet vorüber.
Der Schluß der Untersuchung wird Ende Januar erfolgen.
Da der Berichterstatter und der Generalstaatsanwalt we-
nigstens 14 Tage brauchen, um ihre Berichte anszuarbeiten,
wird die öffentliche Verhandlung nicht vor dem 15. Febr.
beginnen können.
Paris, 23. Januar. Die Deputirtenkammer berieth
heute den Etat des Aeußern. Dabei sprachen die Ab-
geordneten Estonnonclles, Denys Cochin und Raiberti sich
für eine Verständigung mit England ans. Mau solle
nicht kleinlich sein, keine Politik der Nadelstiche treiben,
sondern in großen Zügen feststellen, was Frankreich haben
müsse und was es nicht brauche, und danach die Politik
einrichten. Der frühere Minister Ribot bestritt, daß
Frankreich eine Politik der Nadelstiche betreibe. Er sei
auch für Verständigung, allein eine übertriebene Höflichkeit
sei in der Politik ein Nebel. Der Ton der englischen
Presse in der Madagascar-Angelegenheit habe verstimmt
und die Haltung Englands in dieser Sache sei nicht ge-
rechtfertigt. Zu der Stellung Frankreichs in
Europa übergehend, bemerkt Redner: Im Jahre 1891
haben wir Abmachungen unterzeichnet, die uns die
Unterstützung Rußlands zusichern. Das Gleichgewicht
Europas beruht heute auf anderen Grundlagen als vor-
dem und wenn wir friedliebend sind, so find wir es nicht aus
Zwang, sondern weil wir es wollen. (Beifall.) Das
Bündniß mit Rußland hat eine Abspannung der politischen
Lage in Europa bewirkt. Es genügt, die Annäherung zu
bemerken, die zwischen Oesterreich-Rußland erfolgt ist, so-
wie die Annäherung Frankreichs an Italien, um zu er-
kennen, daß der Dreibund nicht mehr ist, was
er früher gewesen. (Beifall.)
Schweden. Stockholm, 23. Jan. Der König,
der soeben seinen 70. Geburtstag gefeiert hat, war in der
letzten Zeit unpäßlich. Sein Befinden bessert sich nun
stetig, doch ist, damit er sich schoneu kann, der Kronprinz
als Regent mit der Wahrnehmung der Regierungsgeschüfte
betraut worden.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 2t. Januar.
X Ans dem Stadtrath. In der gestrigen Stadtraths-
sitzung wurden u. A. folgende Gegenstände zur Kenntniß
bezw. Erledigung gebracht:
1) Die hiesige Orlskrankenkasse zählte auf den 1. d. Mts.
4645 männliche und 1262 weibliche Mitglieder, während auf
denselben Zeitpunkt 2713 weibliche und 439 männliche Personen
bei der Gemeindekrankeuversicherungskasse versichert waren.
2) Nach der Zusammenstellung der Stadtkasse haben die
Verbrauchssteuern im vorigen Monate 13436 12 ^ ertragen.
3) Das Ergebniß der Holzversteigernng vom 19. d. Mts. mit
einem Erlös von 7482 wurde genehmigt.
4» Nach der Zusammenstellung der Kasse und den Aufzeich
nungen der Verwaltung des Schlacht- und Viehhofes wurden im
December 349 Stück 'Großvieh, 1955 Stück Kleinvieh und 4
Pferde im Schlachthause geschlachtet und 50 Stück Großvieh
sowie 1478 Stück Kleinvieh auf dem Viehhofe zum Verkauf
gebracht.
5) Während der Kirchweihe im Stadttheil Neuenheim sollen
für die Folge die Buden, Stände rc. nicht mehr auf der Straße
vor dem Gasthaus „zum Schiff", sondern auf dem Neckarvorland
oberhalb der neuen Brücke zur Aufstellung gelangen.
6) Die Geländeerwerbung von August Schaaff und Anna
Krieg geb. Schaaff zur Herstellung der Klosestraße wurde ge
nehmigt.
7) Die erledigte Stelle eines städtischen Steinsetzers auf dem
Lauer wird dem Georg Rott dahier übertragen.
8) Die Vorlage an den Äürgeransschuß, betreffend di«
Abtretung früheren Cementwerksgeländes an M. und F. Liebhold
und an A. Wolf wird festgestellt, ebenso der Vorbericht zum
Gemeindevoranschlag für 1899.
** Die Museums-Aktien-Gesellschaft hielt gestern Abend im
Gartensaale des Museums eine sehr zahlreich besuchte, außer-
ordentliche Generalversammlung ab; den hauptsächlichsten und

wichtigsten Gegenstand der Tagesordnung bildete der Verkauf des
Museumsgebäudes an die Stadt Heidelberg und der Abschluß
eines Kauf- und Miethvertrages mit derselben In eingehender
Ausführung begründete der Präsident der Gesellschaft, Herr Geh.
Rath G. Meyer, die zu dieser Angelegenheit der General-
versammlung unterbreiteten Anträge des Aufsichtsraths. Die
nächste Veranlassung zu denselben waren die mißlichen finanziellen
Verhältnisse der Gesellschaft, die aus der Zeit herrührten, wo
das Museum umgebaut wurde. Seit dieser Zeit lag eine große
Schuldenlast auf dem Museum, die Mitgliederbeiträge mußten
erhöht werden, was wieder den Austritt einer Reihe von Mit-
gliedern zur Folge hatte. Auch habe sich in den gesellschaftlichen
Verhältnissen Vieles geändert, was auf die Entwicklung der
Museumsgesellschaft nachtheiliq einwirkte. Eine Privatgesellig-
keit von großem Umfang habe sich entwickelt, eine große Zahl
öffentlicher Lokale mit schönen Räumlichkeiten sei entstanden, so
daß das Bedürfniß, gesellige Unterhaltung im Museum zu suchen,
mehr und mehr zurückging. Auch die Ausdehnung der Stadt
nach Westen sei für das Museum nicht gerade förderlich gewesen.
Die mißlichen Verhältnisse der Gesellschaft seien um so mehr zu
beklagen, als das Museum auch öffentlichen Interessen Heidel-
bergs diente. Diejenigen, die zur Erhaltung der Gesellschaft
nichts leisteten, würden sich sehr umsehcn, wenn sie verschwinden
müßte. Im jetzigen Bestände könne das Museum nicht erhalten
werden und es sei daher nur zu begrüßen, daß die öffentlichen
Interessen, die es vertrat, nun von anderer Seite in Schutz ge-
nommen werden sollen. Die Frage wegen Errichtung eines Festbanes
sei in Erwägung genommen worden. Ein großes Verdienst habe sich
der Gemeinnützige Verein erworben, indem ec den Gedanken brachte,
das Museum zu diesem Zweck zu verwenden und umbauen zu
lassen. Es wäre dieser Umbau eine fihr glückliche Lösu -g der
Festhallenfrage für die Stadt. Redner besprach sodann den vor-
liegenden, bereits bekannten Kauf- und Mielhsvertrag um
der Stadt in seinen einzelnen Punkte»; er erwähnte
ferner der eingehenden, mit dem Stadtrath über den-
selben gepflogenen Verhandlungen, die wesentlich ge-
fördert worden seien durch einen Antrag der Heidelberger
Ballgesellschaft; die Museumsgesellschaft könne dieser für ihr Ein-
greifen nur dankbar sein. Doch glaube Redner, daß die bisher
vom Museum gewahrten öffentlichen Interessen von der Stadt
besser als von einer ErwerbSgesellschaft — und eine solche sei die
Baugesellschaft — gepflegt würden. Dies gereiche der letzteren
natürlich nicht zum Vorwurf. Der Vorsitzende erörterte sodann
noch den inzwischen zurückgezogenen Antrag, den Studirenden
der hiesigen Universität den Zutritt zum Lesezimmer für 3 Mk.
im Semester zu gestatte». Die Studentenschaft erstrebe die Er-
richtung einer akademischen Lesehalle und es sei ihr empfohlen
worden, deshalb mit dem Museum in Verbindung zu treten. In
einer Sitzung des weiteren Ausschusses der Studentenschaft, in
der die Angelegenheit im December v. I. besprochen wurde, sei
der Ausdruck von dem Ltebeswerben der Museumsgesellschaft
gefallen. Von einem „Ltebeswerben" könne aber keine Rede sein.
Er — Redner — habe die Vertreter vor den Prorektor laden
lassen und ihnen erklärt, daß das Museum auf das fragliche
Uebereinkommen keinen Werth lege, daß dieses lediglich im
Interesse der Studentenschaft liege. Infolge dessen habe
der Ausschuß auf weitere Verhandlungen mit dem
Museum verzichtet. Schließlich bat der Vorsitzende um
möglichst einstimmige und unveränderte Annahme des
vorliegende» Kauf- und Mietvertrags mit der Stadt.
In der hierauf eröffneten Besprechung stellte Herr Kommerzien-
rath Landfried, der sich im übrigen mit den Ausführungen
des Vorsitzenden einverstanden erklärte, den Antrag, die Kündi-
gungsfrist derart festzusetzen, daß der Vertrag mit der Stadt zu-
nächst auf 6 Jahre abgeschlossen werde. Werde er nach 3 Jahren
nicht gekündigt, so solle er weitere 3 Jahre nach Ablauf der 6-
jährigen Frist und stets so weiter mit dieser 3-jährigen Kündi-
ungsfrist laufen (es wäre dies also gewissermaßen eine 6-jährige
Kündigungsfrist). Der Vorstzende theilte mit, daß die Stadt
- wie ein ihm zngegangenes Schreiben von Herrn Bürgermeister
Dr. Walz besage — gegen eine 3-jährige Kündigungsfrist nichts
einzuwenden habe, doch rathe er dringend und zwar im eigenen
Interesse der Gesellschaft ab, eine längere als die bis jetzt ver-
einbarte Kündigungsfrist festzusetzen. Im Sinne des von Herrn
Landfried gestellten Antrags sprachen die Herren H. Hoff-
meister und Petters, für die vom Aufsichtsrath vorgeschlagene
Kündigungsfrist die Herren Prof. Buhl, Bürgermeister Dr-
Walz, Oberbürgermeister Dr. Wilckens und Fabrikant
Ritz Haupt, Finanzdirektor des Museums, doch legen die Herren
Dr. Walz und Dr- Wilckens kein besonderes Gewicht darauf, ob
ein- oder dreijährige Kündigungsfrist festgesetzt werde. Herr
Oberbürgermeister Dr. Wilckens bemerkte noch n. A-: Es sei
sowohl für die Stadt wie für die Gesellschaft ziemlich gleichgiltig,
wie es aemacht werde. Er glaube, die Gesellschaft könne sich mit
Sicherheit darauf verlassen, daß ohne triftige Gründe keine Kün-
digung eintrete, auch wenn andere als die jetzigen Personen an
der Spitze der städt. Verwaltung stehen. Er sei der Ueberzeugung,
daß die Musenmsgesellschaft eine unerläßliche Nothwcndigkeit für
Heidelberg sei und diese Ueberzeugung werde auch ins künftige
Jahrhundert übergehen. Die Gesellschaft werde unter allen Um-
ständen daraufrechnen können, daß Seitens der städt. Verwaltung die
getroffenen Bestimmungen in wohlwollendem Sinne gehandhabt wer-
den. Der Antrag Landfried wurde mit großer Mehrheit avgelehnt.
Herr Rath Wagner regte einen Tausch der zur Miethe vor-
geschlagenen Räumlichkeiten im Erdgeschoß des Nebenbaus mit
den drei im westlichen Theil des Hauptgebäudes von der Gesell-
schaft heute noch benützten Zimmern an. Der Vorschlag wurde von
Herrn Altobcrbürgermeister Äilabel unterstützt, ein eigentlicher
Antrag aber, nachdem sich mehrere Anwesende darüber geäußert, nicht
gestellt. Es kam zunächst der vorgeschiagene Kauf- und Mieth-
vertrag mit der Stadt zur Abstimmung, wobei derselbe mit großer
Mehrheit angenommen wurde. Um die Stimmung der Ver-
sammlung über den von Herrn Rath Wagner gemachten Vorschlag
kennen zu lernen, wurde über seine Anregung abgestimmt und
es erhob sich eine große Zahl der Anwesenden für denselben.
Doch soll es dem Äusfichtsrakh überlasse» bleiben, den Vorschlag
zur Ausführung zu bringen, wobei die sinauzreUen Verhältnisse
der Gesellschaft in Anschlag zu bringen sind. Die vom Aufsichts
rath vorgeschiagene Herabsetzung der Beiträge auf 40 Mk. vom
1. Juli l. I. an unter Wegfall des Unterschiedes von ordentlichen
Mitgliedern 1. u. II. Klasse wurde nach kurzer Begründung durch
den Vorsitzenden ebensalls mit großer Mehrheit genehmigt. End
lich wurde der Auffichtsrath und die Direktion beauftragt, die Um-
arbeitung der Statuten und des Geschäftsceglements, soweit dies
unumgänglich nöth'g, vorzunehmen uud den Entwurf der nächsten
ordentlichen ordentlichen Generalversammlung vorzulege». llebri-
gens wird auch die Frage geprüft werde», ob sich nicht die Form
der Aktiengesellschaft werde beseitigen lassen. Die Versammlung
wurde gegen 10 Uh' geschloffen, worauf noch Herr Petters
zu zahlreicher Betheiligung an der heute (Dienstag) Abend statt
findenden Abendunterhaltung einlud.
Landgericht. Für das am 1. Mai hier ins Leben tretende
Landgericht wird nach dem Schwäb. Merk, als Präsident wahr-
scheinlich ei» Mitglied des Oberlandesgerichts ernannt werden.
Bon Mannheim geht einer der Direktoren an das hiesige Land-
gericht über.
Warnung! Im Verlage der Buchhandlung Jakobi u.
Zocher in Leipzig-Döbeln erscheint gegenwärtig ein Predigtwerk:
„Mancherlei Kräfte und Ein Herr", herausgegeben von Herrn
Oberpfarrer 1>. Graue in Chemnitz, 18 Lieferungen zu je 50
Um Abonnenten zu suchen, ziehen drei Kolperteure, ein Herr und
zwei Damen, auch in Baden umher und übergeben den Vertrieb
der nächsten Buchhandlung, von der sie für jeden von ihnen ge-
wonnenen Abonnenten 1.50 Provision sich bezahlen lassen. So
sehr auch eine Massenverbreitung dieses ausgezeichneten Werkes
zu wünschen ist, so muß indeß die Reklame dafür durch die
Agenten als unwürdig bezeichnet werden. Mit ebenso großer Rede-

gewandtheit als Dreistigkeit und. Zudringlichkeit pflegen sie den
Leuten vorzumachen, sie seien zu ihnen vom Ortspfarrer geschickt,
der ihre Adressen ausgeschrieben habe und sagen lasse, sie möchten
sich abonniren. Auf solche Vorspiegelungen hin, daß der Pfarrer
darum ersuche, entschließen sich Viele zu der si'-r Manche immerhin
recht bedeutenden Ausgabe von 9 die sie sonst niemals ge-
macht hätten. Gewöhnlich erfahren dann die Geistlichen und
Abonnenten den wirklichen Sachverhalt erst nachher, wenn die
Agenten den Schauplatz ihrer Thätigkeit wieder wo andershin
verlegt haben. Da gegenwärtig in Baden dieses Werk kolportirt
wird, io möchten wir zur Vorsicht mahnen und die Geistlichen
auf den Mißbrauch, der mit ihrem Namen und Amt getrieben
wird, aufmerksam machen. Keiner von denen, die nur auf solche
falsche Vorspiegelungen hin sich abonnirt haben, kann gezwungen
werden, das Werk zu behalten. (In Heidelberg sind auf diese
Weise , ca. 250 Abonnenten gewonnen worden.)
— Gelandete Leiche. Gestern Vormittag wurde in dem
Mühlkanal oberhalb der alten Neckarbrücke die Leiche der seit
einigen Wochen vermißten Ehefrau des Bierbrauers Jung aus
Edingen durch einen Fischer gelündet. Die Frau war geistes-
gestört.
Ol Schöffengerichtssitzung vom 23. Jan. 1) Karl Richard
Heidt aus Grötzingen, z. Zt. hier in Haft, erhielt wegen Unter-
schlagung und Betrugs 12 Tage Gefängniß. 2) Clemens Hotz,
Conditor in Ladenbnrg, wegen Vergehens gegen die Gew.-Ordn.
angeklagt, hat die polizeiliche Strafe angenommen. 3) Georg
Wilhelm Geschwill, Taglöhner in Brühl, erhielt wegen Körper-
verletzung 6 Tage Gefängniß. 4) Leonhard Geiß, Dienstknecht
auf dem Pleickartsförsterhof, Bernhard Rösch gen. Himmelmann,
Dienstknecht, und August Karl Braun, Dienstknecht, die beiden
letzteren auf dem Hegcnichshof, sind wegen Körperverletzung und
Bedrohung angeklagt; Geiß erhielt 7 Tage Gefängniß, die
anderen wurden freigesprochen. 5) Karl Anton Barth, Stein-
brecher in Dossenbeim, erhielt wegen Körperverletzung 1 Monat
Gefängniß. 6) Johann Fraucnfelv, Tüncher in Kirchheim, wurde
von der Anklage wegen Diebstahls freigesprochen. 7) Adam Hill,
Schieferdecker hier, und Konrad Eichbladt hier, erhielten wegen
Körperverletzung Hill 3 Wochen Gefängniß, Eichbladt 2 Wochen
Gefängniß, 8) Johann Jakob Weber III, Landwirth in Hand-
chuhsheim, erhielt wegen Bedrohung eine Geldstrafe von 10
9) Franz Erbach, Bahnarbeiter in Eppelheim, wegen Bedrohung
eine Geldstrafe von 6 10) Georg Adam Burkhard, Fremden-
mhrer hier, wegen Beleidigung eine Geldstrafe von 15 event.
Tage Haft.
— Polizeibericht. In vergangener Nacht kamen vier Perso-
nen wegen Ruhestörung und ein Schuhmacher wegen Thätlich-
keiten zur Anzeige; ein wegen Sachbeschädigung von Freibnrg
aus verfolgter Maurer wurde dahier verhaftet.
Schönau, im Jan. Das Verfahren gegen den unter dem
Verdacht eines Siitlichkeitsverbrechens in Untersuchung gezogenen
Tagelöhner Jörder ist eingestellt worden.
Walldorf, 22. Jan. Die gestrige Abendunterhaltung deS
Gesangvereins „Germania" nahm -inen schönen Verlauf. Der
große Saal des Gasthauses zum Adler war dicht besetzt. Die
Germania, unter ihrem Dirigenten Herrn Tünchermeister Kraus,
brachte mehrere Chöre gut zum Vortrag und versetzte die An-
wesenden durch verschiedene komische Stücke in die animirteste
Stimmung. Die Darsteller spielten flott und wurden stark
applaudirt. Die Klavierbegleitung zu den Gesangsstücken log in
de» Händen von Fräulein Martha Mendel, die sich ihrer Ausgabe
in ausgezeichneter Weise entledigte. Herr Cigarrenfabrikant Hoff-
mann sprach dem Verein und dessen Vorstande für den genuß-
reichen Abend den Dank des Publikums aus und bekräftigte die-
sen Dank durch ein dreifaches Hoch auf die „Germania", Ein
Tänzchen schloß die schöne Feier. Küche und Keller des Herrn
Adlcrwirths Hesselbacher boten das Beste.
Waldmichelbach, 23. Jan. Das vierte und letzte Loos
unseres Elsenbahn-Baues A schb ach - Affolterbach-
Wahlen. nahezu 5 Kilometer betragend, war schon im Spät-
jahr zur Vergebung ausgeschrieben. Es liefen vier Offerte ein,
mit Forderungen zwischen 150000 bis 160000 Mark. Da aber
diese Forderungen der Bauverwaltung zu hoch erschienen, sind
diese Arbeiten nochmals zur Vergebung ausgeschrieben. Es handelt
sich um Bewegung von 50100 Kubikmeter Fels- und Erbmassen
sowie um einige Kunstbauten mit 750 Kubikmeter Mauerwerk.
Die Angebote sind längstens bis zum 7. Februar auf der hiesigen
Bauabtheilung einzureichen.
(?) Eppingen, 22. Jan. Bei dem gestrigen und vorgestrigen
Treibjagen auf etwa der Hälfte des hiesigen Jagdgebietes
wurde die erkleckliche Zahl von etwa 400 Hasen erlegt. Da die
ganze Jagd in der bis 1. Februar dauernden Pachtzeit nur
1100 Mark jährlich betägt, so ist das Vergnügen der Nimrode
noch mit einem schönen Gewinne begleitet. Vom 1. Februar ab
kostet die Jagd jährlich 1900 Mk.
Mannheim, 23. Januar. Der im hiesigen Amtsgefängniß
inhaftiite Landwirth Peter Haas aus Schriesheim hat siw
heute Nacht in seiner Zelle erhängt.
-ß Mannheim, 23. Jan. (Schwurgericht.) 12. Fall. Del
verwittwete Cigarrenmacher Johann Konrad Bühler lvR
Hockenheim wurde wegen Sittltchkeitsverbrechen unter Annahme
mildernder Umstände zu 9 Monaten Gefängniß verurtheilt.
13. Fall. Eine Blutthat, welche den Abschluß einer bedeu-
tungslosen Anrempelei angetrunkener Leute bildete, beschäftigt
heute das Schwurgericht. Am Sonntag, 6. Nov., hielt der Spat
verein „Zufriedenheit" sein Stiftungsfest in einem Lokale jenseits
des Neckars ab. Unter den Gästen befanden sich auch die heutn
gen Angeklagten, der 48 Jahre alte .Kunstwascher Johann Brehas
von Frankfurt a. M., dessen 20 Jahre alter Sohn, der Färbt
Friedrich B re hm, und der 25 Jahre alte Färber Heinrich B a»et
von Seckenheim. Die drei Angeklagten verließen Abends gegt
10 Uhr das Festlokal und machten sich auf den Heimweg. Baues'
der bei der Verlosung einen Bierkrug gewonnen hatte, naht
diesen mit Bier gefüllt mit. Auf der Neckarbrücke bekamen ku
drei ein kleines Renkontre mit dem Fabrikarbeiter Tschenlin,
dessen Begleitung sich der 53 Jahre alte Former Friedrich Biudt
befand. Der Wortwechsel zog sich bis zur Ringstraße hin. Aff,
schlug plötzlich der Angeklagte Bauer dem Tschenlin den noch a"
Bier gefüllten Krug auf den Kopf, jodaß das Gefäß in Scherm,
ging und der Geschlagene betäubt zu Boden sank. Er kam E,
bald wieder zur Besinnung, verfolgte den Bauer und holte »
ein. Bald war auch der etwas zurückgebliebene Binder hinzE
kommen, der sich an dem ganzen Streit gar nicht betheiligt hw'i
Der Angeklagte Friedrich Brehm erhob seinen Stock und sÄH
damit auf den alten Mann ein- Jedoch genügte ihm das bu
nicht mehr, sondern er zog sein Messer und rannte es dem Bi>U,
tief in die Brust, sodaß dieser sofort todt zu Boden stürzte. Aj,
drei Angeklagten wurden noch in der gleichen Nacht verhafli,
Der Messerheld Friedrich Brehm leugnete lange; erst als
sein Vater einen herzbewegenden Brief schrieb, er möge dock
denken, daß noch kleine Kinder daheim seien, die hungern müw^
ließ er sich am Sylvesterabend herbei, die Wahrheit zu saA,
Das Gericht verurtheille den Friedrich Brehm zu 4 Jahren,
Johann Brehm zu 7 Monaten und den Heinrich Bauer
8 Monaten Gefängniß.
Bruchsal, 23. Jan. Bittere Klage wird über verschiedene ,<
zuträglichkeiten beim Betrieb der Odenheim - MenZi
Bahn^ geführt insbesondere darüber, daß Fenster undZ.,!
bänke der Wagen nicht genügend rein gehalten, daß in
und Bahnhöfen für Beleuchtung und Heizung zu wenig S^ci>
endlich, daß bei dem Bedienungspersonal das Sparsystem M..W-
aetrieben werde, indem Zugführer, Schaffner, Weichenlff^
Wagenschieber und Güterverlader in einer Person vereinigt
L.O. Karlsruhe, 23. Jan. Der „Bad. Kunstge w.s^Z
verein" hat in seiner gestr igen Jahresversammlung einstl" U
beschlossen, im Jahre 1902 aus Anlaß des fünfzigjährig^ ^
gierungsjubiläums des Großherzogs eine kn nst ge werb^r
Landesausstellung zu veranstalten, die von April bis
 
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