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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0085

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Sonntags ausgenommen.
PrelS
mit Familieuvlätt.rn
monatlich 50 Pf.
frei in'L Hans gebracht.
Durch die Post bezogen
Vierteljahr!. 1.25
ausschließlich Zustellgebühr.

Telephon-Anschluß Nr. 82.



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15 Pf. s^r die Ispaltige
Pcntzeue oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.


tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Telephon-Anschluß Nr. 82.

Nr. 20. Erstes Klatt. Dienstag, den 24. Januar

1898.

Bestellungen
auf die Heidelberger Zeitung für die Monate Februar und
März werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
Agemen, bei den Trägen in der Stadt, sowie in der Expe-
dition, Untere Neckarstraße Nr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen für die Monate Februar
und März, wenn am Schalter abgeholt, 84 Pfennig, mit
Zustellgebühr Mk. 1.14.

Zur Vorgeschichte der Ausweisungen aus
Schleswig.
I.
Die Ausweisungen dänischer Staatsangehöriger aus
Schleswig Holstein sind, wie in den Berl. Polit. Nachr.
hervorgehoben wird, nicht als ein Mittel zu gewaltsamer
Verdeutschung der im Norden der Provinz angesessenen
preußischen Bevölkerung dänischen Stammes anznsehen.
Die neuerdings verschärfte Handhabung der Ausweisungs-
politik stellt sich vielmehr als eine absolut nothwendigr
Abwehrmaßregel dar, da es sich bei den von der Aus-
weisung Betroffenen um Elemente handelt, welche mittelbar
oder unmittelbar einer auf die Losreißung preußi-
scher Landestheile gerichteten Agitation dienst-
bar sind.
Den Rechtsboden, auf welchem sich das Anwachsen
der Bevölkerung dänischer Staatsangehörigkeit in Nord-
schleswig entwickeln konnte, bildet der Artikel 19 des
Wiener Friedens vom 30. Oktober 1864. Durch diesen
Artikel ist ein sechsjähriger Zeitraum vereinbart worden,
während dessen Dauer die sowohl auf dänischem Gebiete
wie auf demjenigen des neucrworbenen preußischen Landes-
theiles wohnhaften, aus Schleswig-Holstein stammenden
Personen das Recht haben sollten, durch Abgabe einer
entsprechenden Erklärung die preußische oder die dänische
Staatsangehörigkeit zu erwerben. Bis zum Jahre 1867
war an der im Wiener Frieden ausdrücklich vereinbarten
Bestimmung festgehallen worden, daß die eine solche Er-
klärung abgebenden Personen (Optanten) auch wirklich
dauernd in den von ihnen als Heimath gewählten Staat
übersiedeln sollten. In der Folge aber griff eine immer
Wildere Auffassung Platz. Den für Dänemark Optirenden
wurde immer häufiger die Rückkehr nach Schleswig unter
Beibehaltung ihrer dänischen Staatsangehörigkeit gestattet
Und diese Genehmigung auch auf die Optanten Militär-
Pflichtigen Alters ausgedehnt.
Die Jahre 1868, 1869, 1872, 1877 bilden weitere,
deutlich hervortretende Etappen auf dem Wege einer die
Gewinnung der dänischen Bevölkerungsschichten Schleswig-
Holsteins durch versöhnliche Milde bezweckenden Politik der
Preußischen Regierung. Selbst solchen Optanten, die sich
Nachweislich der Militärpflicht entzogen hatten, wurde die
Rückkehr gestattet. Nach Ablauf der bis zum 15. Nov. 1870
währenden sechsjährigen Optionsperiode wurde die milde
Praxis gegenüber den ehemaligen Optanten fortgesetzt und
auch auf diejenigen Personen ausgedehnt, die nach dem
Jahre 1870 die dänische Staatsangehörigkeit erworben
hatten. Die sogenannte Apenradcr Konvention
(Februar 1872) gewährte der großen Anzahl von Wehr-
pflichtigen, welcke bei Ausbruch des deutsch-französischen
Krieges kurz vor Abschluß der Optionsperiode theils vor,
Shells nach Empfang der Einberufungsordre nach Dänemark
^bergetreten waren, in weitgehendem Maße die Möglichkeit,
Dänen nach Schleswig zurückzukehren. Nachdem die
Auffassung zur Geltung gelangt war, daß alle Kinder
Optanten Dänen seien, während früher die vor der I

* Das Romaufeuilleton findet der Leser im heutigen
»weiten Blatt.

Marcella Pregi - Liederabend.
L*L Heidelberg, 23. Januar.

Die Künstlerin stand in der besten, allerbesten Erinnerung.
Mn fand in ihr wieder das, als was man sie von früher her

schätzen gelernt hatte, eine eminente, vornehme Gesang s-
Mitlerin. Einzig ihre Höhe schien etwas ermattet nnd sprach
nAi ganz so leicht an wie ehedem. Im klebrigen erquickte man
M an der meisterhaften Stimmbehandlung, dem vortrefflichen
»Mto, dem vorbildlichen Athemholen, der ruhigen, vornehmen
wiragswcise.
^„.Jch möchte das diesmalige Programm nicht als ein über-
glücklich gewähltes bezeichnen. Den ersten Thcil bildeten
a">en alter Gesänge, die aber ihrem Wesen nach zu wenig
i>,,wraste boten. Erst die rascheren französischen Lieder stachen
^4 Rhythmus und Kolorit ab.
l-n Meisterhaft sang Marcella Pregi diese Serie, in der sie
" Wohllaut und Reinheit ausstreute,
ist >> r Sängerin Domäne, in der sie als eine Meisterin herrscht,
^ Übrigens keine weit gezogene. Das bewies der Schumann'sche
HAWs. Uebrigens, selbst wenn eine Sangeskünstlerin, wie die
KrÄ!' ihn meistert, ermüdet er doch recht sehr in seiner Voll-
"wgkeit.
l>r Sie sang ihn ungemein musikalisch, vornehm, ungesucht in
Id.l,-iufsassung; sie sang ihn dafür aber auch etwas einförmig-
i>o»ich- Die großen Accente der Leidenschaft, die heiße Gluth,
J'efe Versinken im Lied stehen ihr wenig zu Gebot.
Ihyl, Publikum bewies sich geradezu enthusiastisch und ver-
die Sängerin wieder und immer wieder zu sehen.
vr. 8.


Optionserklärung geborenen Kinder als Preußen angesehen
und behandelt wurden, fand naturgemäß eine weitere Stärkung
des nationaldänischen Elementes in Nordschleswig statt.
Dazu kam, daß der preußisch-dänische Vertrag
vom 24. August 1865 bis zum Abschluß der Options-
periode (November 1870) unter Suspension des Nieder-
lassungspatents vom Jahre 1841 volle Freizügig-
keit nnd damit eine massenhafte und planmäßige Einwan-
derung von Gcbnrtsdänen veranlaßt hatte. Somit blieb
die Zahl der fremden Staatsangehörigen im Grenzbezirk
nach wie vor erheblich, obwohl die Naturalisation der
Optanten fortgesetzt erleichtert und begünstigt wurde.
Trotz der milden und versöhnlichen Gesammtrichtung
preußischer Politik in Nordschleswig und der unablässigen
Fürsorge für die wirthschaftliche und kulturelle Hebung der
neugewonnenen Landestheile hat die deutschfeindliche däni-
sche Propaganda ihr agitatorisches Treiben nicht eingestellt.
Dasselbe hat vielmehr namentlich in letzter Zeit immer be-
drohlichere und herausforderndere Formen angenommen.
Die dänischen Zuwandercr haben sich mit den preußischen
Staatsangehörigen dänischen Stammes zu einer kompakten,
den preußischen Staatsgedanken bekämpfenden und die Assi-
milirung der neugewonnenen Landestheile mit den übrigen
Provinzen der Monarchie außerordentlich erschwerenden
Masse znsammengefügt.

Deutsches Reich.
— Am letzten Samstag wollte der freisinnige Abge-
ordnete Meiner im Reichstage von der Ocynhauser Kaiser-
rede, die sich bekanntlich auf den energischen Schutz Ar-
beitswilliger bezog, sprechen. Der Präsident Graf Balle-
strem ließ das aber nicht zu mit der Begründung, die
Rede sei authentisch nicht bekannt gegeben worden. Dieser
Standpunkt des Präsidenten ist unhaltbar, zumal da die
Rede offiziös im Wortlaut verbreitet worden ist und der
angegebene Wortlaut in keiner Weise bestritten worden ist.
Auch der Vizepräsident Frege schoß dieser Tage einen
Bock, indem er die Bezeichnung Schreckgespenst für eine
Vorlage als unparlamentarisch erklärte.
Deutscher Reichstag. Berlin, 23. Jan. Dritte Be-
rathung des Zusatzes zu dem Uebcreinkommen betreffend
den internatknalen Eisenbahnfrachtverkehr. Er wird ohne
Erörterung genehmigt.
Erste Berathüng des Antrages Rintelen betreffend
Abänderung des Gerichtsverfassungsgesetzes,
der Strafprozeßordnung und des Strafgesetz-
buches.
Abg. Rintelen (Centr.) befürwortet seinen Antraq, den er
an eine Commission von 21 Mitgliedern verwiesen wissen will.
Es bandle sich namentlich um die Berufung in Strafsachen.
Abg. Bassermann (ntl.) stimmt dem Anträge zu, der
nöthig sei. Schwierig sei auch die Frage, ob die Strafkammer
mit 3 oder Mit 5 Richtern zu besetzen sei. Er wünsche 5 Richter
unter Hinzuziehung von 2 Laienrichtern
Abg. Beckh (freist Volksp.) tritt ebenfalls für Commissions-
berathung ein.
Abg. Frchme (Soc.) wünscht die Berufung möglichst aus-
zudehnen. Daß sie nöthig sei, zeige die Verurtheilung des
Magdeburger Redakteurs.
Abg. Graf Bernstorff (Reichsp.) ist nicht mit allen Einzel-
heiten einverstanden, doch müsse die Frage endlich zum Schluffe
kommen.
Abg. Riff-Straßburg (Hospitant der freist Vereinigung)
begrüßt die Vorlage mit Freuden und stimmt der Commiisions-
berathung zu.
Der Antrag wird schließlich an eine Commission von 21 Mit-
gliedern verwiesen.
Es folgt darauf die Interpellation Schmitt- Mainz
über das Weingesetz.
Staatssecretär Dr. Graf v. Posadowsky ist zur sofortigen Be-
antwortunq bereit.

Abg. Schmitt-Mainz (Centr.) begründet die Interpellation.
Wie weit seien die Erwägungen und Prüfungen der verbündeter»
Regierungen über die Beschwerden gegen das Weingesetz gediehen ?
Das Wemgesetz habe die gehegten Erwartungen nicht erfüllt. Die
eingetrctene Schrankenlosigkeit schade dem soliden Weinhandel.
Analysenfeste Weine enthalten oft keinen Tropfen Traubensaft.
Die Geldstrafen seien zu gering. Man könne ein Verbot der
Kunstweinfabrikation, Deklarations- oder Etikettenzwang Vor-
schlägen. Die Regierung habe lange darüber nichts gesagt, während
Spanien, Ungarn und Frankreich gegen den Kunstwein vorge-
gangen leien. Das Gerücht von dem Zusammentreten einer Sach-
Verständigen-Kommission habe in Winzerkreisen Mißtrauen erregt.
Staatssekretär Dr. Graf v. Posadows ky: Der Unmuth
des hart arbeitenden Winzers gegen die unlautere und unsaubere
Konkurrenz des Laboratoriums und der Retorte sei wohlverständ-
lich, ebenso auch der des Weintrinkers. Aber die Mittel, die hier
helfen könnten, sind äußerst strittig: Winzer und Weinhändler,
Weinfabrikanten und Gastwirthe haben die verschiedensten An-
sichten zur Kenntlich der Regierung gebracht. Die „orthodoxen"
Weinintereffenteu wollen feststellen, daß Wein nur das alkoholische
Gärungserzeugniß der Trauhe ist, wollen den Verschnitt deutscher
Weißweine mit französischem Rothen, technische Kellerbehandlung
u. s. w. kurzerhand verbieten. Die Opportunisten wollen gewisse
Verschönerungsmittel, Strecken des Weines mit zuckerhaltigen
Lösungen und Sprit zulassen. Die Optimisten endlich seien mit
dem bestehenden Weingesetz durchaus zufrieden. Die Regierungen,
seien bereit, für den Winzerstand einzutreten, wenn mau vielleicht
auch nicht so weit gehen dürfe, nur reine Naturweine ohne Zusatz
als Wein anzuerkennen. Zur wirksamen Bekämpfung der Fälscher
seien zwei Wege offen: Entweder eine scharfe Kontrole des Stoffes
von der Erzeugung an bis zum Verbrauch oder die Entdeckung
eines chemischen Mittels, das die Unterscheidung von Natur- und>
Kunstwein möglich mache, was bisher nicht der Fall sei. Anfang
nächsten Monats soll eine Versammlung von Sachverständigen.
Winzern, Weinhändlern, Chemikern und Weinkennern zusammen-
treten. Soll ein praktisches Ergebniß herauskommen, so werden
sich eben die Herren auf die mittlere Linie einigen und sich da-
mit begnügen müssen, daß den gröbsten Ausschreitungen entgegen
getreten wird. Der Reichskanzler wünscht dringend, daß die Be-
rathung im Reichsgesundheitsamt zu einem Ergebniß führe, das
dem soliden Weinbau zu Gute kommt. (Beifall.)
Es folgt die Besprechung der Interpellation.
Abg. Baumann (iüdd. Bauernd.) wünscht ein Verbot des
Kunstweins und durchgreifende Controle.
Abg. Winter meyer (freist Vp.): Wenn auch Kunstwein
gänzlich zu verbieten sei, so dürfe man das Zuckern doch nicht
ganz verwehren. Steuern würden nichts nützen.
Abg. Wetterle (Elf.): Auch im Reichslande habe das
Gesetz geschadet. Es habe eine Verbesserung des Weines ge-
wollt, habe aber nur eine schrankenlose Vermehrung des Weines
erreicht.
Abg. Dr. Blankenhorn (nat.-lib.): Die Grenzzahlen er-
reichten ihren Zweck nicht, weil durch Zusatz von Rosinen und
Extrakten diese Zahlen erreicht wurden. Bezüglich der Deklaration
werde das Gesetz umgangen. Gegen die Einfuhr von Korinthen
solle man sich Frankreich zum Muster nehmen.
Staatssekretär Dr. Graf v. Posabowsky: Es sei zu-
zngeben, daß die Chemie ebenso gut Fälschungen begünstigen
könne, wie sie sie Nachweise. Sie sei aber für ein Weingesetz
unentbehrlich. Die erlassenen Vorschriften müßten auf in- und
ausländische Produkte anwendbar sein, sonst würde die inländische
Produktion benachtheiligt.
An der weiteren Debatte betheiligten sich noch verschiedene
Abgeordnete verschiedener Parteien, vom Bund der Landwirthe,
Centrum u. s. w. Unter ihnen bezeichnet Bueb (Soz) das Gesetz
von 1892 als unglückselig. Der Deklarationszwang müsse durch-
geführt werden. Es ergreift auch Abg. Preist (Els.) das Wort»
nach dessen Ausführungen sich das Haus um 6 Uhr auf morgen
1 Uhr vertagt; Weiterberathung des Etats. Etat des Reichsamts
des Innern.
Bade». 8.0. Karlsruhe, 23. Jan. Die Agnaten deS
Großh. Hauses haben sich mit Genehmigung des Großherzogs
entschlossen, das Markgräfliche Palais sammt dem dazu
gehörigen großen Garten dem Verkauf auszusetzcn. Es soll
Fürsorge getroffen werden, daß die häßlichen Stallgebäude längs
der Kriegs- und Karl-Friedrichstraße, welche jetzt den Hauptein-
gang in die Stadt vom Bahnhofe aus so unschön machen, ent-
fernt werden und an ihre Stelle moderne, monumentale Gebäude,
so u a. ein Hotel ersten Ranges, treten. Der Plan wird in der
Bürgerschaft sehr sympathisch ausgenommen, welche das unschöne
Entrse der Residenz schon längst beklagt und nun erst durch das
Entgegenkommen der Großh. Familie ein Mittel zur Abhilfe er-
halten hat. Mit dem Markgräflichen Valais verschwindet wie-

Dritte Kammermusik-Matin6e der Herren Scelig, Grau
und Brumm.
L Heidelberg. 23. Januar.
Laäies ürst! Für die gestrige und leider letzte Matinse dieses
Winters brachte Herr Musikdirektor Seelig einen nur zu selten
hier gehörten und gesehenen Gast, Fräul. Hedwig Schacko vom
Frankfurter Opernhaus. Es mag wohl vier Jahre her sein, seit
sie zuletzt hier sang. Welch' gutes Andenken ihr das Publikum
bewahrt hat, bewies der Besuch des Coucerts; gar mancher
mußte umkehren, weil der Platz nicht reichte. Fräul. Schacko
kam, sang und entzückte — unwillkürlich fielen mir die Worte
ihres berühmten Kollegen d'Andrade ein, die er letzten Sommer
während feines Kuraufenthalts auf dem Kohlhof äußerte:
„O, Fräulein Schacko! ich lieben mit ihr zu singen — sie
singen wundervoll". Und dies „wundervoll" war dick unterstrichen.
Die Töne klingen so rund, so qnellfrisch und mühelos, daß die
Arbeit, die zu dieser Höhe der Kunst führte, gar nicht mehr
merkbar ist. Die köstliche Schelmerei in dem vergeblichen
Ständchen von Brahms, die aus ihren Tönen und Augen gleich
hell hervorlachte, riß das Publikum zu dem lebhaftesten Beifall
hin, wenn eine Graduirung hier überhaupt statthaft ist. Die
müde Sehnsucht in dem Brahms'schen Lied „O wüßt' ich doch
den Weg zurück" und das jauchzende Glück in des gleichen
Meisters Lied „Meine Lieb ist grün" kamen meisterhaft zum
Ausdruck, während die beiden französischen, musikalisch weniger
bedeutenden Lieder „Ollanson ssxaZnol" und „Lims-woi", deren
erstes stark an „Carmen" erinnert, Fräul. Schacko Gelegenheit
zu einer allerliebsten, , raziös-koketten Schalkheit — und zu
perlenden Koloraturen gaben. Die Zuhörer wußten der Künst-
lerin den höchsten Dank zu bringen — die völlige Stille des
Lauschens, nicht einmal gestört durch das Knittern der Pro-
gramme, das z. B. leider am Samstag im Bachvereins-Concert
recht zur ungelegenen Zeit sich bemerkbar machte. Herr Seelig
führte die Begleitung mit dem gewohnten feinen Verständnitz
durch.
Der instrumentale Theil brachte die L-äur-Sonate für
Violoncello und Klavier von Beethoven, in welcher Herr Brumm

bewies, daß er auch ganz schweren technischen Aufgaben gewachsen
ist; leider ist sein Instrument dem Flügel nicht ebenbürdig, so
daß sein schönes Können nicht so hervortrat, wie es sonst hätte
sein können.
Zwei Stücke für Violine und Klavier, op. 34 von Herrn
H. Real, Direktor der Musikschule hier, wurden gestern zum
ersten Male einem größeren Publikum vorgetragen und fanden
eine recht gute Interpretation, bei der allerdings Herr Concert-
meister Grau anscheinend mit der Widerspenstigkeit seines
Instruments zu kämpfen hatte, und eine sehr beifällige Aufahme.
Die Romanze spricht leicht an und wird sich viele Freunde er-
werben, insbesondere da ihre Ausführung mehr Gefühl, wie sehr
hohe Technik verlangt; die zweite Komposition, valss impromptu,
von feinem musikalischem Gehalt und originellem, leidenschaftlichem
Rhythmus, stellt sehr hohe Anforderungen an die Technik und
die Auffassung, bietet darum aber auch dem Virtuosen, der
zugleich Künstler ist, eine um so dankbarere Aufgabe.
Das O-moll-Trio von Dwor-ik op. 26 wurde hier zum ersten
Mal im Concert gespielt. Nicht so orchestral geschrieben, wie
sonst moderne Kammermusikstücke, hat es trotz einiger Längen,
über die auch die beste Ausführung nicht hinweghelfen kann, so
viele Vorzüge, es steckt so viel echte Mufik darin, daß es hoffent-
lich hier, wie anderwärts, das musikalische Bürgerrecht erwerben
wird.
Herr Musikdirektor Seelig führte den an sich fast immer
weniger dankbaren Klavierpart im instrumentalen Theil so an-
spruchslos, gediegen und mit solch' feiner Auffassung durch, wie
es eben nur ein Meister auf seinem Instrument kann. Er hat
sich durch die Einführung der Matinsen ein bedeutendes Verdienst
um das Heidelberger Musikleben erworben; man wird sie in den
kommenden Jahren nicht vermissen wollen. Die ausgewählten
Programme, die in den Grenzen des Erreichbaren nur vornehme
Kompositionen nach fleißiger Durcharbeitung brachten, und die
glückliche Wahl der Solisten haben den Besuch stets wachsen
lassen. Wenn das Publikum, wie nicht zu zweifeln, den Künstlern
die gleiche Gunst bewahrt, so werden sie wohl künftig einen
größeren Saal wählen müssen, um Klagen über Raummangel,
wie gestern, abzuhelfen. Dr. ...ob.
 
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