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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0437

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^ Erscheint täglich,
sonntags ausgeiwmmen.
PretS
mit FamiliendlLttern
monatlich SO Pf.
frei in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
vierteljährl- 1.2S
»usschließlich Zustellgebühr.


Fernsprech-Anschluß Nr. 82.



Insertionsgebühr
15 Pf. für die Ispaltige
Pciitzerle oder deren Raum.'
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.

§

Gratis-Anschlag
der'Jnserate auf oen Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Xr. N. Wes Klatt. Millivoch, dm 26. April

1899.

Bestellungen
vuf die Heidelberger Zeitung für die Monate Mai und
Juni werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
Agenten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Expedition, Untere Neckarstr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen für die Monate Mai
Und Juni, wenn am Schalter abgeholt, 84 Pfg., mit
Zustellgebühr Mk. 1.14.
Neu eintrctende Abonnenten erhalten auf Wunsch das
Blatt bis Ende dieses Monats gratis.
Wochen-Chronik.
(Vom 16. bis zum 22. April.)
April 16.: In der Peterskirche zu Rom findet eine große Feier
statt, welcher der Papst, obgleich sehr schwach, bei-
wohnt.
„ 17.: Der Reichstag beginnt die Berathung des Gesetz-
entwurfs betr. die S ch la ch t v i eh- und Fleisch-
beschau. Die Stimmung des Hauses erscheint als
dem Entwürfe nicht günstig.
„ 18.: 40 deutsche Vereine in Chicago halten eine
Versammlung ab, worin eine ständige Organisation
zur Bekämpfung eines englisch-amerikanischen Paktes
gebildet wird.
„ 18.: Der in Samoa allem Anschein nach zu Unrecht ver-
haftete deutsche Pflanzer Hufnagel ist dem deutschen
Konsul ausgeliefert und an Bord des „Falke" ge-
bracht worden.
„ 19.: Der Kaiser begiebt sich zur Jagd nach der Wart-
burg.
„ 19.: Eine amerikanische Truppe in Stärke von 140
Mann ist auf den Philippinen in einen Hinter-
halt geratheu und gefangen worden.
„ 20.: Bei der R e i chs ta g s n a ch w a h l in dem hannover-
schen Kreise Melle-Diepholz gehen die konserva-
tiven Stimmen sehr zurück, obgleich die Konservativen
die größten Anstrengungen machten. Der National-
liberale kommt mit dem Welfen in die Stichwahl.
„ 2l.: Die zweite bad. Kammer beräth die Petition
verschiedener Thierschutzvereine gegen das Schächten
und geht nach längerer Debatte über dieselbe zur
Tagesordnung über.
„ 22.: Es wird bekannt, daß in Samoa noch ein zwei-
ter Deutscher Namens Marquardt von den Eng-
ländern verhaftet, dann aber dem deutschen Konsul
übergeben und auf das deutsche Kriegsschiff gebracht
worden sei. Er soll von dem englischen Kapitän
Skurdee in gemeinster Weise beleidigt worden sein.

Politische Umschau.
Heidelberg, 26. April.
Im englischen Unterhause beantragte vorgestern der
^bg. Dillon einen Abstrich bei dem Posten „Vermehrung
Kasernen bauten in Südafrika". Der Minister
Kolonien, Chamberlain, erwiderte, die Vermehrung
^gebe sich ans dem allgemeinen Grundsatz, unter welchem
Regierung dieselbe eingebracht habe, nämlich aus der
Micht, die englischen Besitzungen gegen einen
Etwaigen Angriff zu schützen. Das Vorgehen
Achte sich nach dem Vorgehen der anderen Länder. Was
d'e Flotte betreffe, so werde von der Regierung in dem
^all, daß irgend eine Macht, so freundlich deren Bezie-
hungen zu England auch sein mögen, ihre Flottenmacht
Erhöhe, in gleicher Weise eine Flottenvermehrung Vor-
kommen werden, wobei die Regierung von der Annahme
^Usgehe, daß sie verpflichtet sei, gewisse Proportionen
fischen der britischen Flotte und den Flotten anderer
Länder aufrecht zu erhalten. In Südafrika handle
^ sich um die Land es gr enze, und auf die Lano-
"keitkräfte seien dieselben Grundsätze an->
ÜUlvenden. Dies sei der einzige Grund für die Ver-
ehrung, worauf die Regierung bestehen müsse, so

lange sie für den Frieden verantwortlich sei. Für
Deutschland haben diese Ausführungen Chamberlains
ein besonderes Interesse, da Deutschland seit einigen Jah-
ren Grenznachbar Englands in Südafrika ist. England
hat es vom ersten Augenblicke an nicht gern gesehen, daß
Deutschland sich in Südwestafrika festsetzte, und es hat
Herrn Lüderitz, der s. Z. das Gebiet unter deutschen Schutz
brachte, alle möglichen Schwierigkeiten bereitet. Freilich,
bequemer ist es, Hottentotten, Buschleute oder eine schwache
portugiesische Kolonie zum Nachbar zu haben, als ein deut-
sches Gebiet, in das Deutschland bei passender Gelegenheit
einmal 20- bis 30 000 Mann hineinschicken kann. Je
mehr die Besiedelung Deutsch-Südwest-Afrikas zunimmt,
desto mehr wird auch seine eigene Wehrkraft wachsen, denn
die Männer, die dorthin gesandt werden, sind alle gediente
Soldaten und der junge Nachwuchs wird an Ort und
Stelle im Militärdienst ausgebildet werden. Das kann
England freilich zu denken geben und wird gelegentlich als
Dämpfer seines Uebermuths zu verwenden sein. Die mi-
nisteriellen Abgeordneten spendeten der entschiedenen Er-
klärung Chamberlains Beifall, Labouchere und andere Li-
berale verurtheilten dagegen den Ton Chamberlains scharf.
Ter Antrag auf Abstrich wurde schließlich mit 103 gegen
22 Stimmen, also mit überwältigender Mehrheit, ver-
worfen. Das muß man den Engländern lassen, sie sind
thatkräftig nnd sorgen bei Zeiten vor. Nur 21 Anhänger
fand der liberale Doctrinär Labouchere im Unterhaus.
Im deutschen Reichstag hätte er in solchem Falle Aussicht
gehabt, die Mehrheit hinter sich zu vereinen.
"Im italienischen Senat sprach sich der Minister
des Aeußern Canevaro am letzten Montag auf eine
Interpellation hin über die Wirkung des englisch-französi-
schen Abkommens auf Tripolis aus. Während Frankreich
Algier und Tunis, England Egypten unter seinen Einfluß
gebracht hat, spekulirt Italien bekanntlich auf Tripolis,
das heute noch eine Provinz der Türkei ist. Aber nicht
nur auf Tripolis hat Italien seinen Blick geworfen, son-
dern auch auf das Hinterland davon. Für den Handel
ist es sehr wichtig, wenn die Macht, die an der Küste ge-
bietet, ihre Einflußsphäre möglichst weit in das Innere
des Kontinents erstreckt. Es bereitete nun dem italienischen
Minister augenscheinlich nicht geringe Schmerzen, erklären
zu müssen, daß das Hinterland von Tripolis seine Herren
schon gefunden hat. England und Frankreich haben unter
sich durch ihren neuesten Afrikavertrag darüber verfügt.
Dieser Vertrag beseitigte die seit Faschoda drohende Kriegs-
gefahr, ein Umstand, den der italienische Minister hervor-
zuheben nicht vergaß, weil dadurch Italien gewissermaßen
in der Rolle des uneigennützigen Dulders erscheint, der
für den Frieden der zivilisirten Welt ein Opfer bringt.
Sodann hat Italien doch immerhin einen Vortheil für sich
dabei herausgeschlagen. Der Minister ließ sich hierüber
wie folgt aus:
Wir dürfen uns nicht zu sehr beklagen, wenn daraus für das
Hinterland von Tripolis ein Nachtheil erwuchs, den wir übrigens
nicht verhindern konnten. Die Regierung ermangelte nicht, von
Frankreich und England freundschaftliche Aufschlüsse zu erbitten,
die ihr in reichlichem Maße und in der Art gegeben wurden,
daß jeder Zweifel an den durchaus wohlwollenden Absichten
dieser Mächte ausgeschlossen ist. Die der Regierung gegebenen
Versicherungen stellten fest: 1. daß weder jetzt noch in
Zukunft irgend eine Unternehmung Frank-
reichs und Englands gegen Tripolis zu be-
fürchten ist; 2. daß nichts geschehen wird, was die Handels-
beziehungen zwischen den Gebieten von Tripolis und von Mittel-
Afrika unterbinden könnte.
Also: Frankreich und England versprechen, mit Italien
um den Besitz von Tripolis nicht zu konkurriren. Das
ist immerhin etwas! Freilich an die Erwerbung von

Tripolis kann Italien heute trotzdem nicht denken, denn
noch hat die Türkei die Kraft, Tripolis gegen Italien zu
schützen.

Deutsches Reich.
Deutscher Reichstag. Berlin, 25. April. Am
Bundesrathstische niemand.
Tagesordnung: Erste Berathung des Antrags Lieber-
mann v. Sonnenberg (Antis.) und Genossen, wonach beim
Schlachten von Thieren der Blutentziehung die Be-
täubung vorausgehen solle.
Auf dem Tische des Hauses sind Werkzeuge zur Be-
täubung, Hämmer und Masken, die der hiesige Thierschutz-
verein gestellt hat, ausgebreitet.
Abg Viehaben (Antis.) begründet den Antrag und schildert
die jüdischen Schächtungen, Beim Schächten kämen unerhörte
Grausamkeiten vor. Die ersten Autoritäten seien darüber einig,
daß das Schächten eine Thierquälerei sei. Redner betont, daß
der Antrag mit dem eigentlichen Antisemitismus nichts zu thun
habe.
Abg. Dr. Lieber (Centr.) erklärt, das Centrum betrachte die
Frage, wie schon Windthorst, als eine religiöse. Redner verweist
auf die Erklärungen der Rabbiner, daß das Schächten eine rituelle
und religiöse Vorschrift sei. Die Einrichtungen einer öffentlich
anerkannten Religionsgesellschaft, wie es oie jüdische ist, müssen
geachtet werden. Manche Autoritäten erklären die Schlichtung
als beste schlachtweise. Man solle den Antisemitismus nicht
mit Thierschutzfragen bemänteln.
Abg. Kruse (utl.) schließt sich dem Vorredner im wesent-
lichen an. Wenn man einen Ochsen fragen könnte, so würde er
das Schächten vorziehen. (Heiterkeit.)
Abg. Rickert (freis. Ver.) weist auf eine Reihe von Gutachten
hin, die das Schächten theils als nicht thierquälerisch, theils als
geradezu empfehlenswert!) erklären.
Abg. v. Tiedemann (Rp.) bezeichnet die Schlichtung als
die am wenigsten grausamste Tödtungsart und erklärt, man
dürfe die ritualischen Gebräuche der jüdischen Mitbürger nicht
angreifen.
Abg. Dr. Oertel (cons) führt aus: Die Frage sei lediglich
eine Frage des Thierschutzes. Er betrachte die Schlichtung als
die entsetzlichste Thierquälerei. Sachsen mit seinem Schächtverbot
marschire an der Spitze Deutschlands. Keine Religion habe das
Recht, Einrichtungen durchzuführen, die der Menschlichkeit wider-
sorechen. (Beifall.) Eine große Anzahl Conservativer würde
für den Antrag stimmen.
Abg. Schräder (freis. Ver ) betont, ein Beweis der Ver-
werflichkeit des Schlichtens sei nicht erbracht.
Abg. Dr. Böckel (fractionslos): Man dürfe den Juden in
dieser Sache keine besondere Stellung einräumen. Der Antrag
werde wiederkehreu, bis er angenommen sei.
Abg. Liebknecht (Soc.): Der Antisemitismus sei Menschen-
quälerei, das Schächten sei keine Thierquälerei.
Abg Eickhoff (freis. Vp.): Es müsse erst bewiesen werden,
daß die Schlichtung den sitttlichen Anschauungen unserer Zeit
widerspricht.
Abg. Bindewald (D. Rfp.): Seine Partei Hetze nicht
gegen die Juden, sie weise vielmehr stets auf den Weg der Ge-
setzgebung.
Abg. H o ff m a n n - Hall (D. Volksp.): Das Schächtverbot
sei wünschenswerth. Das Schächten sei nicht im Pentateuch,
sondern erst im Talmud geboten, daher sei es für die Juden auch
keine religiöse Vorschrift, und sie könnten es aufgeben.
Nach einem kurzen Schlußwort des Antragstellers schließt die
erste Lesung.
Morgen 1 Uhr: Antrag Dr. Lieber betreffend Arbetterkammern;
Antrag Pachnicke betreffend Neichsarbeitsamt.
Baden. Karlsruhe, 25. April. Die erste ju-
ristische Staatsprüfung haben von 72 Kandidaten
54, also nahezu 75 Prozent, bestanden.
Karlsruhe, 25. April. Von Kaltenbronn traf die
Nachricht ein. daß der Kaiser gestern Abend zwei Auer-
hahnen erlegte. Heute früh hat Seine Majestät wegen
sehr starken Regenwetters die Jagd nicht besucht. Morgen
Abend erwarten die Großh. Herrschaften den Besuch des
Fürsten und der Fürstin zu Fürstenberg.
Karlsruhe, 25. April. Wie der Beobachter von
kundiger Seite hört, verlieren mehrere Gerichtshöfe ihre

. * Das Romairferrilleton findet der Leser im heurigen
Seiten Blatt._
Hl. Symphonie-Concert des städtischen Orchesters.
L*L Heidelberg, 25. April.
Nun hat sich das Unternehmen siegreich durchgerungen. Es
aber auch erstaunlich, wenn die Bemühungen eines so
y ^enlustigen, warmfühligen und hochmusikalischeu Dirigenten,
welchen man Radig immer mehr kennen und schätzen lernt,
z'wt die verdiente Gegenliebe fänden. Auch gestern war, was
Orchester unter seiner Leitung leistete, wieder ganz vortceff-
Und übte zündende Wirkung bet der Zuhörerschaft. Beson-
fein und virtuos wurden der 2. und 3. Theil der sehr
d-'ueii Rassischen Symphonie gespielt, geradezu virtuos gelang
Eminent schwierige Liszt'sche Polonaise.
« «ruch's Vorspiel zur „Loreley" enthält angenehme conven-
e°?Ee Musik; Raff's Wald-Symphonie, für deren Neu-
q^sckung ich längst plaidirte, gehört, zu den entzückendsten nach-
hNbschen Kompositionen, sowohl nach der Seite der Erfindung,
q, E der prächtigen, namentlich in koloristischer Hinsicht, Jnstru-
s.i^mtionsarbeit. Der Dryadentanz vor Allem ist, schon wegen
'"°r rhythmischen Originalität, eine Perle.
Erfreulich Liszt's Polonaise ist die Orchesterbearbeitung
^' ihrem blendenden Glanz und fesselnden Raffinement. Dies
dm?wtgewand verdeckt aber wieder einmal einen ganz hohlen,
iwli der Phrase gezeugten Körper (das Hauptthema, übrigens
" Weber'scher Abstammung, hat allein Mark und Wesenheit).
l!h stürmischen Beifall erntete die Solistin Frau Fiora von
eyj huheim, die, wie neulich im Theater, so gestern im Konzert
ljjsiArkle. Was so wohlthuend bet dieser Coloratursängerin be-
d«r ' !st die weiche sympathische stimme, die im Gegensatz zu
bei ihren Kolleginnen nach der Höhe zu sich meldenden
^ahrt ^ die höchsten Lagen, und gerade hier, ihren Schmelz
evg„^bre Sangesart ist korrekt und vornehm und von einer leicht
tzy^tten, aber nie zu weit gehenden Deklamation getragen.
Coloraturkunst macht sie zu einer ganz hervorragenden
"terin ihres Faches. Triller wie Läufer sind brillant.

Die Künstlerin sang die Ophelia-Arie aus „Hamlet", eine
etwas styllose, aber an pikanter Erfindung reiche Arbeit von
Thomas, deren volksthümltches Arioso besonders angenehm im
Ohr haften bleibt.
In modern-pikantem Styl hat Godard sein „Jocelyn" ge-
schrieben und Mozarl's „Veilchen" und Tauberts „Vogel" sind
allbekannt. Es waren dies die drei von Hrn. Radig aufmerksam
begleiteten Lieder, welche die Sängerin gewählt hatte.
Auf den stürmischen Hervor- und Da oapo-Ruf ließ Frau
Fiora den Vogel noch einmal mit einer neuen Nüance zwitschern.
Lr. 8.

Kleine Zeitung.
X Thierärztlicher Kongreß. Vom 7. bis 12. August 1899
wird zu Baden-Baden der VII. Internationale Thier-
ärztliche Kongreß tagen. Die Sitzungen finden im
Konversationshause statt. Als Verhandlungsgegcnstände, welche
ein bedeutendes und allgemeines Interesse haben, und für welche
Autoritäten ersten Ranges die Berichterstattung übernommen
haben, sind folgende aufgestellt: Berathung über die Schutzmaß-
regeln gegen die Verbreitung von Thierseuchen im Gefolge des
internationalen Vtchverkehrs. Die Bekämpfung der Maul- und
Klauenseuche. Die neuesten Anforderungen an eine wirksame
Fleischbeschau. Die Bekämpfung der Tuberkulose unter den Haus-
thieren. Die Verwendung des Fleisches und der Milch tuber-
kulöser Thiere. Die Bekämpfung der Schweineseuchen. Die Er-
weiterung des thierärztltchen Unterrichts, insbesondere die Er-
richtung von Seucbenversucbsanstalten und von Lehrstühlen für
vergleichende Medizin an den thierärztlichen Hochschulen. Das
Veterinärbeamtenihum. Nähere Auskunft über den Kongreß er.
theilen der Vorsitzende Geh. Oberregierungsrath Dr. Lydtin,
Baden-Baden und der Generalsekretär, Dr. mcd- M. Casper,
Höchst a. Main.
— Zolas neuester Roman „Die Fruchtbarkeit". Während
seiner gezwungenen Muße in England hat Emile Zola eine schon
lange bei ihm reifende Idee zur Ausführung gebracht: die Ver-
arbeitung der Entvölkerung Frankreichs und ihrer Ursachen zu

, einem Roman; er trägt den Titel „Fruchtbarkeit" und wird
i demnächst im Feuilleton der Dreyfus freundlichen Aurore erschei-
! neu. Die Hauptfigur des Romans ist ein wackerer Familien-
i Vater, der, von zahlreichen Kindern umgeben, sein Scherflein bei-
trägt zur Gesundung seines Landes und zur Förderung der
j Tugenden, der Wahrheit und Gerechtigkeit, die, seinem letzten
! Romane zufolge, in Paris zu ihrem vollendeten Ausdruck ge-
langen werden. Um den Familienvater herum gruppiren sich,
^ als Vertreter des volkzerrüttenden Prinzips, ungefähr SOJndivi-
! duen, die, jedes in seiner Art, dazu beitragen, Frankreich an den
j Rand seiner jetzigen Entvölkerung zu bringen.
Literarisches.
—§ Samoa. Ein Großfolioheft mit 38 Abbildungen,
i 8 Karten und erläuterndem Texte. Preis geheftet 60 Pf. Ver-
! lag von I. I. Weber in Leipzig. Eine Orientirung über die
j Ereignisse, die sich dort abspielen und über sonstige Verhältnisse
! von Samoa gibt das soeben erschienene Heft „Jllustrtrte Zeit-
frageu: Samoa", mit 38 lebensvollen, fesselnden Abbildungen
meist neuesten Datums, drei Karlen und anregend geschriebenem
Texte.
8 Shakespeares Werke, herausg. von Dr. Al. Brandl.
Bd. VII u. VIII. (Leipzig, Bibliogr. Institut.) Band VII ent-
hält die Lustspiele feineren Stils: „Die Komödie der Irrungen",
„Liebes Leid und Lust", „Die beiden Veroneser", „Ein Sommer-
nachtstraum", und Band VIII die derber gearteten Komödien:
„Der Kaufmann von Venedig", „Der Widerspenstigen Zähmung",
„Viel Lärm um Nichts" und „Die lustigen Weiber von Windsor".
Den bewährten Grundsätzen der Meyer'schen Klassiker-Bibliothek
getreu, hat der Herausgeber in gedrängten Einleitungen nnd in
Anmerkungen unter dem Text und am Schluß jedes Bandes alle
für den Gebildeten interessanten Ergebnisse der Shakespeare-
Forschung verwerthet und es in seltener Weise verstanden, wissen-
schaftliche Genauigkeit mit geschmackvoller, allgemein verständlicher
Darstellung zu vereinigen. Die reiche englische nnd deutsche
Literatur über den Dichter ist gewissenhaft bis in die neueste Zeit
beigezogen, und besonders einige größere Einleitungen, so die zum
„Sommernachtstraum" und die zum „Kaufmann von Venedig",
 
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