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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0589

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82

X,-. 131.

Doiiiittsts-, den 8. Im

1899.

Wocherr-Chronik.
(Vom 28. Mai bis zum 3. Juni.)
Mai28.: Das Kaiserpaar trifft aus Kassel wieder in Pots-
dam ein.
„ 29.: Der Pariser Kassationshof tritt zusammen, um
das Urtheil in der D r e y f u s a n g e l e g e n h e i t zu
füllen.
„ 30.: Der Kaiser bringt beim Festmahl nach der Parade
des Gardccorps in warmen Worten einen Toast auf
den als Gast anwesenden österreichischen Thron-
folger aus, worauf dieser ebenso herzlich mit einem
Hoch auf den Kaiser und die Kaiserin erwiderte.
„ 31.: Dcroulede und Habert, die beim Begräbniß
Faures den General Roget aufforderten, auf das
Elysee zu marschireu, werden vom Pariser Schwur-
gericht freigesprochcn.
„ 31.: Der Gothaische Landtag spricht das Verlangen aus,
daß der Prinz Arthur von Connaught, als einstiger
Thronerbe, baldigst seinen Wohnsitz im Herzogthum
nehme.
Juni 1.: In Anwesenheit des Kaiserpaares und des badischen
grobherzoglichen Paares geht in Kiel der Stapellauf
des Panzers „Ersatz König Wilhelm" von Statten.
Der Kaiser tauft das Schiff „Kaiser Wilhelm der
Große" und bezeichnet, wie schon kurz zuvor der Groß'
Herzog von Baden es gethan, den verstorbenen Kaiser
Wilhelm als Denjenigen, dem allein wir das Reich
verdanken.
„ 2.: Oberst duPaty deClam, einer der Hauptmacher
im Dreyfusprozeß, wird verhaftet.
„ 2.: Die spanische Thronrede kündigt an, daß Spanien
die Karolinen-, die Palaoinseln und die Marianen,
soweit diese nicht an Amerika übergegangen sind, an
Deutschland verkauft habe.
„ 2.: Der Kaiser statiet seinem neuen Besitzthum Cadinen
einen Besuch ab und begibt sich nach Prökelwitz.
„ 3.: Der Pariser Kassationshof kassirt und annull irt
das gegen Dreyfus ergangene Urtheil und ver-
weist diesen vor ein neues Kriegsgericht.

Deutsches Reich.
— Der Kaiser ist am Mittwoch früh aus Prökel-
witz in Potsdam wieder eingetroffen und hat sogleich
Truppcnbesichtigungen auf dem Borustcdter Felde vor-
genommen.
— Wiener Blätter melden, der ehemalige Gouverneur
von Deutsch-Ostafrika, Major Dr. v. Wiß mann, sei in
Oesterreich ansässig geworden. Er habe ein Gut in Weißen-
bach bei Liegen angekauft und wolle sich dort literarischen
Arbeiten widmen.
— Das Rcuter'sche Bureau meldet aus Apia vom
31. Mai: Alle Mächte handeln jetzt gemeinsam und haben
Wachttruppen gelandet. Der britische und der deut-
sche Consul werden sich am 17. Juni nach Europa be-
geben. Der 80. Geburtstag der Königin von England
wurde feierlichst begangen. In feierlichem Zuge wurden
die Gräber der Engländer, Amerikaner und Deutschen be-
sucht, die in den Kämpfen auf Samoa gefallen sind. Die
Amerikaner gaben Ehrensalven über die Gräber ab.
Deutscher Reichstag. Berlin, 7. Juni. Tages-
ordnung: Verwendung der Mittel des Reich sinva-
sidenfonds.
Abg. Graf O r i o l a (ntl ): Der Entwurf entspreche nicht allen
Erwartungen. Jedenfalls sei es erfreulich, daß der Fonds den
Invaliden, ihren Wiltwen und Waisen erhallen bleibe. Das
^verlangen der Staatsbeamten, den Gemeindebeamten bezüglich
der Militärpensionen gleichgestellt zu werden, sei nicht erfüllt.
Hoffentlich komme das Gesetz im nächsten Jahre diesem Verlangen
Uäch. Er beantrage, die 2. Lesung gleich im Plenum erfolgen
»u lassen.
Abg. Graf Noon (kons.) wünscht gleichfalls, daß der Entwurf
Wcht erst einer Kommission überwiesen werde.
Abg. Groeber (Centr,) spricht Namens des Centrums seine
streude aus, daß das Gesetz wenigstens einen Theil der Wünsche
des Reichstages erfülle.
Abg. Singer (Soz.): Seine Partei werde für das Gesetz
WUimen, das sie als Abschlagszahlung einer Schuld auffasse, die

Josephiueus Glück.
^8) Erzählung von A. von der Elbe.

(Fortsetzung.)

^ Verzweifelnd irrte Josephine im Zimmer hin und her.
fiel ihr Blick auf das blaue Buch. Sie erschauerte. Mit
laschem Entschluß ergriff sie das Heft, eilte zum Ofen,
wuerte hin, riß Blatt um Blatt heraus und verbrannte
^Nes nach dem anderen. O wie thöricht und gefühlsselig sie
»ewesen war!
, Als der letzte Funken verklomm, hörte sie Geräuch, Ge-
Wtäch, Lachen aus der Allee herauflönen, hörte die Gitter-
Norte des Vorgartens klirren, ein „Gutenachi" von seiner
glimme, die Hausthür ausschließen, und — sank kraftlos zu-
winmen, die Sinne vergingen ihr, sie konnte nicht mehr.
, Es währte geraume Zeit, bis sie fröstelnd und mit beben-
oen Nerven ihr Bett fand. Und mehr Betäubung als Schlaf
war s, was sie hier umfing.

Am andern Morgen fühlte Josephine sich außerstande,
Mzustehen. Gelähmt an Seele und Leib, von furchtbarer
schwäche niedergehalten, lag sie da. Nur dunkel spürte sie
?we wehe Emfindung und den Wunsch: ihn nicht wieder-
Mehen.

,,^,Jbr besorgter Vater schickte zum Arzt. So ganz unfähig
M zusammengebrochen kannte er sein Kind nicht, und be-
achtete eine schwere Erkrankung.

^ „Fieberhafter Puls, unregelmäßiger Herzschlag," sagte der
soledizinalrath verdrießlich. „Das kommt davon, wenn die
^verständige Jugend ärztliche Vbrschriften übertreibt. Höre,
Uden wie toll geradelt, Touren über Land, statt mäßiger
(Bewegung im Garten, die vorzüglich bekam. Sportfexin ge-
Ärden! Na, acht Tage Bettruhe, stärkende Mittel, werden
öffentlich den Schaden wieder kuriren."
, Josephine fühlte sich erleichtert, in ihrem Zimmer bleiben
U. können. Sie wollte an dieser Vorschrift möglichst lange
'^halten I-

das Reich den Invaliden auszulösen habe. Die jetzige Vorlage
sei unzulänglich.
Ab. Lenz mann (freis. Volksp.): Auch seine Partei sei für
den Entwurf, schon deshalb, weil er 14000 Veteranen dem
Gnadenwege entzieht und ihnen ihr Reckt gewährt.
Nach einer kurzen Erwiderung des Abg. v. Staudy (kons.)
schließt die Diskussion. Da ein Antrag auf Kommissionberathung
nicht vorliegt, wird die zweite Lesung gleich im Plenum erfolgen.
Darauf wird die zweite Berathung der Jnvaliden-
Versicherungs-Vorlage fortgesetzt.
Z 51 betreffend Rentenstellen wurde unter Ablehung eines An-
trages v. Löbell, solche nur in Jndustriebezirken einzurichten, in
der nach den Anträgen Gerstenberger-Schmidt hergestellten Kom-
missionsfassnng angenommen, ebenso die diesen Paragraphen er-
gänzenden Bestimmungen der 8 51a—51k. Hierauf wird der
zurückgestellte 8 17, der die Befugnisse und die Zusammensetzung
der Rentenstellen regelt, angenommen.
Bei ß 51 x, der die Uebertragung einiger Befugnisse der Landes-
ccntralbehörde auf die Rentenstellen Vorsicht, tritt Staatssekretär
Dr. Graf v. Posadowsky gegen einen Antrag Richter, den Para-
graphen zu streichen, für die Kommissionsfassung ein. Erbitte, die
Rentenstcllen, die eine wichtige sozialpolitische Einrichtung sind,
nicht noch weiter abzuschwächen.
Die Kommissionsfassung wird darauf angenommen.
Zu 8 51L wird ein sozialdemokratischer Antrag, auch Frauen
als Venretcrn der Arbeitnehmer das Wahlrecht zu geben, abge-
lehnt und ebenfalls die Kommissionsfaffung angenommen, eben-
so 8 W.
Die Paragraphen bis 65 werden ohne Debatte genehmigt.
Bei 8 66, Veränderungen der Bezirke der Versicherungsanstalten,
bittet der bayerische Bundesbevollmächtigte Hermann, den Ab-
satz 2 der Kommissionsfaffung zu streichen, der die Zusammen-
legung, Theilung oder Aufhebung der bestehenden Versicherungs-
anstalten von der Zustimmung des Reichstages abhängig macht.
Staatssekretär Dr. Graf o. Posadowsky spricht in gleichem
Sinne.
Nach längerer Debatte wird ß 66 in der Kommissionsfassung
angenommen und das Haus vertagt die Weiterberathung auf
morgen 1 Uhr.
Baden. Pforzheim, 7. Juni. Wie der hiesige
Beobachter schreibt, hat der Reichstagsabg. Agsteram letzten
Montag seinen Austritt aus der sozialdemokra-
tischen Partei erklärt. Agster soll sich in schwerer
finanzieller Bedrängniß befinden.
Preußen. Posen, 26. Mai. Die Ansiedlungs-
kommission kaufte folgende Güter an: Racice, Kreis
Strelno, 559 da, Kludzin, Kreis Wongrowitz, 675 sta,
Jablowko, Kreis Znin, 644 fia, Stanowin, Kreis Jno-
wraclaw, 656 sta, Krolikowo, Kreis, Znin 1000 sta. Fertig
besiedelt sind zur Zeit 91 Güter. Auf 46 Gütern sind
noch 1000 Stellen verkäuflich. Im Kreise Wreschen sind
die Ansiedelungen Biechowo, Ossowo, Kazanowo und Kgl.
Neudorf mit deutschen Katholiken besetzt worden. Deshalb
soll das 348 Iin, große Gut Tionzuo, das an Biechowo
grenzt, gleichfalls deutsch-katholische Ansiedler erhalten.
Dadurch wird ein Kranz solcher Dörfer gefchaffen und den
Ansiedlern ermöglicht, ihre Nationalität gegenüber den Polen
zu behaupten. Immerhin bleiben die Dörfer eine deutsche
Sprachinsel, und die Erfahrungen mit den Bambergern in
den Kämmereidörfern Posens mahnen zur Vorsicht bei der
Bildung katholisch-deutscher Dörfer.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— (F e r i en so n d er z ü g e.) Die diesjährigen Ferien-
sonderzüge werden an folgenden Tagen verkehren: am 3. Juli
nach Berlin, am 3. Juli nach Hamourg, am 7. August nach
Köln. Der Zug nach Köln findet auch Fortsetzung nach den
Nordieebädern, sowie Bremen und Hamburg.
Karlsruhe, 7. Juni. Der P r i n z - R e g e n t
Luitpold von Bayern traf heute Mittag 12 Uhr 10
Minuten mit Extrazng hier ein. Der Großherzogliche
Gesandte am Königlich Bayerischen Hofe, Freiherr von
Bodman, und der von dem Gcoßherzog befohlene Ehren-
dienst, bestehend aus dem General der Infanterie z. D.
Freiherrn Roeder von Diersburg, dem Oberst Kehrer,

Am nächsten Morgen stand der Assessor von Delbitz, etwas
bleicher und ernster als sonst, vor Coras Vater und bat um
die Hand seiner Tochter.
„Das Mädchen hat sich's in den Kopf gesetzt. Sie zu
wollen," sagte Herr van Haften mit Achselzucken. „Was ist
da zu machen? DcS lieben Friedens halber muß ich ja sagen.
Und Ernstliches ist ja nicht gegen Sie einzuwenden, mein
lieber Delbitz. Kann mir denken, daß Sie eines jungen
Mädchens Geschmack sind."
„Meine Lage" — begann Bruno stockend.
„Weiß, Sie haben noch kaum 'ne Einnahme. Kleine
Unterstützung vom Vater. Nicht der Rede werih. Aber wer
hat denn hier von alle diesen jungen Tausendsassas Geld?
Machen Sie sich keine Sorge- Werden nicht Roth leiden.
Nur bei mir bleiben soll das Kind, hält mich frisch. Hier
im Hause ist Platz genug, wir richten uns ein."
Bruno hatte ein derartiges Arrangement geahnt und
stammelte mit halber Befriedigung ein: „Sehr gütig —
außerordentlich dankbar."
„So ein Dutzend Jährchen denke ich noch mit Ihnen zu
haulen; müssen sich so lange begnügen, aus meiner Hand
anzunehmen" —
„Werden beglückte — dankbare Kinder sein" —
„Ja, ja — bin ich einmal nicht mehr, was aber wie ge-
sagt. und wie trotz meiner öfteren Hinfälligkeit der Arzt ver-
sichert, noch lange dauern kann — so. na, so haben Sie freie
Hand, mit dem Mammon zu schalten und zu walten.-
Und nun will ich Sie zu Ihrer Braut führen."
Cora kam den Eintretenden entgegengeflogen, und bevor
der Bewerber nur ein Wort sagen konnte, warf sie sich an
seine Brust, klammerte die Arme um seinen Hals und begann,
ihn leidenschaftlich zu küssen.
Bruno war so überrascht, daß er kaum ihre Liebkosungen
erwidern konnte.
Der Vater hatte sie allein gelassen und das Brautpaar saß
nebeneinander im Sopha. Bruno, sonst äußerst redegewandt,
mußte heute der lebhaften Braut nachstehen, die ihn mit
offenherzigen Mitthsilungen überschüttete.

Kommandeur des 1. Badischen Feld-Artillerie-Regiments
Nr. 14, und dem Major im Generalstab von Pannewitz,
waren bis Mühlacker entgegengefahren, während der am
Großhcrzoglichen Hofe beglaubigte Königlich Bayerische
Gesandte, Freiherr von der Pfordten, sich in Stuttgart dem
Extrazuge angeschlossen hatte. Der Großherzog war mit
den Prinzen Max und Karl zum Empfang am Bahnhofe
erschienen. Außerdem waren anwesend der Oberststall-
meister Freiherr von Holzing-Bcrstett, Minister von Brauer,
der Kommandirende General, General der Kavallerie und
Generaladjutant von Bülow, der Kommandant General-
leutnant von Broesigke, Oberschloßhauptmann von Offen-
sandt - Berckholtz, Kammerherr Freiherr von Seldcneck,
Landeskommissär, Geheimer Oberregierungsrath Braun und
der Amtsvorstaud, Geheimer Regierungsrath Föhrenbach.
Der Großherzog begrüßte den Prinz-Regenten auf's herz-
lichste. Nach Vorstellung der Gefolge fuhren Ihre König-
lichen Hoheiten, von der zahlreich anwesenden Bevölkerung
auf's wärmste begrüßt, nach dem Großherzoglichcn Schlosse.
Vor dem Rathhaus hatte der Oberbürgermeister an der
Spitze des Stadtraths die Ehre, den hohen Gast Namens
der Residenzstast ehrfurchtsvoll willkommen zu heißen. Im
Großherzogiichen Schlosse wurde der Prinz-Regent von
der Grobherzogin erwartet und begrüßt. Außerdem war
der gesammte Hofstaat zum Empfang anwesend. Die
Großherzoglichen Herrschaften geleiteten den Prinz-Regenten,
nachdem die Erschienenen vorgestellt waren, in seine Ge-
mächer, woselbst der Kronprinz und die Kronprinzessin mit
dem Prinzen Gustav von Schweden und Norwegen Seiner
Königlichen Hoheit alsbald einen Besuch abstatteten. Im
Gefolge des Prinz-Regenten befinden sich: der General-
adjutant Generalleutnant Freiherr von Zoller, General-
leutnant Freiherr von Branca im Allerhöchst unmittelbaren
Dienst und der Ordonnanzoffizier Major Reschreiter. Um
halb zwei Uhr fand im Schlosse zu Ehren des Prinz-
Regenten eine Frühstückstafel statt, zu welcher die hier an-
wesenden Mitglieder der Großherzoglichen Familie und die
Umgebungen der Höchsten Herrschaften geladen waren. Um
halb fünf Uhr unternahm der Großherzog mit dem Prinz-
Regenten eine längere Spazierfahrt in den Wildpark. Um
halb acht Uhr findet Festvorstellung im Großh. Hoftheater
statt, welcher Seine Königliche Hoheit der Prinz-Regent
mit den Höchsten Herrschaften anwohnen wird. _
Ausland.
Holland. Haag, 5.Juni. Friedenskonferenz.
Descamps, Berichterstatter der Unterkommisston der 3. Kom-
mission, verliest den Wortlaut des Entwurfes betr. die
guten Dienste und Vermittelung, der lautet: Um
so viel als möglich zu verhindern, daß in den inter-
nationalen Beziehungen zu Machtmitteln gegriffen wird,
sind die Signatarmächte übereingekommen, alle Anstrengungen
anzuwenden, um durch friedliche Mittel eine Lösung der
Streitfragen herbeizufüyren. Artikel 2. Im Falle schwer-
wiegender Meinungsverschiedenheiten oder eines Konfliktes
werden, ehe zu den Waffen gerufen wird, die Signatar-
mächte ihre Zuflucht zu den guten Diensten oder der Ver-
mittelung einer oder mehrerer befreundeter Mächte nehmen,
falls nicht außerordentliche Umstände entgegenstehen. Un-
abhängig von diesem Mittel halten die Signatarmächte für
nützlich, daß eine oder mehrere an dem Streitfall unbe-
theiligten Mächte aus eigener Initiative, soweit die Um-
stände es zulassen, ihre guten Dienste oder Vermittelung
den streitenden Mächten anbieten. Das Recht die guten
Dienste anzubieten, steht den an dem Streitfälle unbe-
theiligten Mächten auch während des Ganges der Streitig-
keiten zu. Die Ausübung des Rechtes kann niemals als

„Siehst Du." sagte sie harmlos, „ich habe mir's nun seit
Louis Verlobung überlegt, wen ich haben wollte. Daß Papa
ja sagen mußte, verstand sich von selbst- Einmal dachte ich
an Leutnant von Bergen, der hat aber doch eine zu große
Nase. Doktor Pappelbaum, der mir ja rasend die Kur machte,
wirft seine dünnen Beine so sonderbar, und dann, wie kann
man eigentlich Pappelbaum heißen? Und als Du da immer
mit der Steinberg ausfuhrst, dachte ich, solch' alte Schachtel
müßte doch auszusiechen sein. Für die warst Du doch zu
gut. Und so kam es, daß ich Dich wollte. Und nun bin ich
schon schrecklich verliebt in Dich."
Bruno lachte, aber es war ein bitteres, gezwungenes
Lachen. Einer Laune dieses kecken, verzogenen Geschöpfchens
hatte er sich gefügt. Diese Einsicht kam ihm früh. Allein
jetzt saß er fest in ihren Rosenschlingen.
Vielleicht zum ersten Male in seinem Leben wußte er, ihr
gegenüber, kaum den rechten Ton zu finden. Ihre derbe
Rücksichtslosigkeit lähmte ihn.
Sie merkte aber seine Befremdung nicht, möglicher Weise
war sie ihr auch gleichgültig.
Cora van Haften batte nie an andere gedacht, weshalb
sollte sie es jetzt thun? Sie hatte sich diesen Mann erwählt,
er gehörte ihr, jetzt konnte sie nach Gefallen mit ihm um-
gehen.
Sie plauderte von Festen, Einladungen und Einrichtungen.
Nicht eine Frage nach seinen Wünschen mischte sich ein.
Endlich vat er sie. recht bald mit ihm bei Steinbergs
Besuch zu machen: „Ich bin da wie ein Sohn des Hauses
ausgenommen worden, der Rath ist Euer Nachbar, mir scheint,
cs sind die allerersten, die wir besuchen muffen."
„Ich mag das steife Fräulein nicht leiden. Sie ist auch
eine Freundin meiner albernen Moser. Es fällt mir garnicht
ein, zu ihr zu gehen."
„Cora, wenn ich Dich bitte!"
„Na, ich thue doch immer nur, was ich mag."
Er war nahe daran, auszuspringen und zu sagen: „Aber
dann ist ja eine Ehe mir Dir unmöglich!" Allein rasche,
harte Entschlossenheit lag nicht in seiner Natur. Und sollte
 
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