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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0383

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Xr. 85.

Mittwoch, den 12. April

I8SS.

Wochen-Chronik.
(Vom 2. bis zum 8. April.)
^Vril 2.: Es zeigt sich, daß die Vertreter Nordamerikas und
Englands in Samoa sich in geradezu frivoler Weise
über den Samoa-Vertrag hinweg gesetzt haben. Die
Hauptschuld scheint den amerikanischen Admiral Kautz
zu treffen.
- 3.: In Süd-Schantung sind lokale Ruhestörungen
mit Ausschreitungen gegen Deutsche vorgekommen; in
Folge dessen hat sich eine deutsche Strafexpedition nach
Jtschau begeben.
„ 3.: Nach den Erklärungen der bad. Eisenbahnverwaltung
erleidet Baden durch die Ablenkung des Güter-
verkehrs in Folge der preußisch-hessischen Gemeinschaft
einen Ausfall von 650000 Mk. jährlich.
„ 3.: Im Schwäb. Merk, ventilirt Frhr. v. Wöllwarth die
Frage des Anschlusses Württembergs an die
preußisch-hessische Eisenbahngemein smaft.
„ 4.: Der Figaro veröffentlicht das Protokoll des Kassations-
hofes über die Dreyfus-Enquste, wodurch das
Interesse für die Dreyfus-Angelegcnheit in Frankreich
noch einmal emporschnellt und alle andern Fragen
zurückdrängt.
„ 5.: Das 50jährige Jubiläum des Kampfes der
Schleswig-Holsteiner bei Eckernförde wird in
Eckernförde festlich begangen. Aus Befehl des Kaisers
ist das erste Panzergeschwader zur Verherrlichung der
Feier in die Eckernförder Bucht eingelaufen.
„ 6.: Deutschland hat vorgeschlagen, dieSamoaangelegen-
heit durch eine Kommission zu ordnen, in welche jeder
der drei betheiligten Staaten je einen höheren Beamten
entsendet. Der Vorschlag ist von den beiden andern
Mächten — von England nach einigem Zögern — an-
genommen worden.
„ 8.: Die deutsche St r a f ex p e d i t io n in Süd-
Schantung hat zwei Dörfer in der Nähe von
Jtschenfu eingeäscherl und ist dann nach Tstntaufort
zurückgekehrl.
Deutsches Reich.
— Wenn auch der Ernst der Vorgänge auf Samoa
Durchaus nicht verkannt wird, so hält man in Berlin
°och an der Erwartung fest» daß die Regierungen
London und Washington entsprechend
Mer Erklärung, daß sie auf dem Boden der Samoa-Akte
"iharren, bereit sein werden, das eigenmächtige und ver-
^ügswidrige Verfahren ihrer Vertreter thalsächlich zu
"bsavouircn und eine gütliche Verständigung herüeizuführen.
Darüber, daß Deutschland das verlangt, ist den beiden Ka-
binetten u. ihrm Berliner Botschaftern kein Zweifel gelassen
worden. An dieser Auffassung wird auch dadurch nichts
geändert, daß nach einer Behauptung des New Aork Herald
iss Beamten des Staatsdepartements in Washington die
Ansetzung Tanus auf Grund der Samoa-Akte für gerecht-
i^tigt halten. Eine offizielle Aeußerung aus London
ober Washington liegt darüber noch nicht vor, es besteht
?ber Grund zu der Annahme, daß der amerikanische Bot-
schafter in Berlin das Eingreifen des amerikanischen Ad-
mirals für eine Verletzung der Samoa-Akte hält. Die
Geringfügigkeit des Streitobjekes und die Ungleichheit
Machtmittel zur See schließen kriegerische
^Wicklungen aus. Der diplomatischen Aktion der
Aeichsregierung aber wird es nicht an Nachdruck fehlen.
Der deutsche Vertreter für die Kommission zur Verständi-
über die Samoafrage wird in den nächsten Tagen
^annt werden. Ob der amerikanische Admiral sich Ueber-
^iffe gegen den deutschen Kreuzer erlaubt hat, läßt sich
Sicherheit nicht beurtheilen, da amtliche Nachrichten
°"er auch nicht amtliche aus deutscher Quelle darüber noch
vorliegen. Man zweifelt nicht, daß der Kommandant
^ „Falke" sich korrekt benommen haben wird. (Frkf. Ztg.)
.. — Nach dem Hamburgischen Korrespondenten fordert
^ deutsche. Regierung von England und Amerika Ge-
^sgthuung für die von englischen und amerikanischen

18)

Ein Arauenherz.
Erzählung anS dem Leven von A. M. Witte.
(Schluß.)
tz.8ern am Horizonte sah man die Thürme der nächsten
a,Mt, Magdalene glaubte in der klaren Luft die atlasgrüne,
irischem Strauchwerk überhangcne Mauer, die altmo-
„»Mn Giebelläufer mit den schmucklosen Formen, den tief-
hjlffllunten Backsteinmauern zu erkennen. Es war doch sehr
hjxr, em märchenhafter Hauch schien von längst ver-
tan ^ner, romantischer Zeit zu erzählen, und GotteS Welt
überall schön sein, wo edle Herzen sind, das empfand
bene - Sie gedachte aller, die ihr Freundschaft und Liebe
HsMen hatten, und ihre Gedanken zogen auch zu dem jungen
ab-Aler. Sie wußte wohl, daß sein Herz ihr ergeben war,
bvn ^ batte es doch für das Rechte erkannt, keine Hoff-
ÄßWn ^ jhm zu erwecken. Der Gedanke an den traurigen
des» ?bsdlick schmerzte sie, sie sagte sich aber, daß Mädchen,
bljpZders wenn schmerzliche Erfahrungen ihnen nicht erspart
vur i ' schneller altern, und daß Mädchen gleichen Alters
and» lange das Ideal eines Jünglings bleiben, als kein
Psl^es Wesen ihm in den Weg tritt, — sie hielt es für ihre
yjlsscht, mit klarem Verstände alles zu überlegen und ihm
Krnk. ^ Fessel zu werden, wo das Mitleid vielleicht den
Uen Anteil an seiner Liebe hatte,
es Geräusch nahender Schritte ließ Magdalene aufsehen,
braschte sie kaum, Baron Reden aus sich zutreten zu
Fried' "F es ihr lieb, jetzt wo die Glockentöne von
scheid ""b Versöhnung sprachen, im Frieden von ihm zu
Über s" siand sie anders, wie an jenem Abend ihm gegen-
'br-s erwiderte seinen Gruß mit freundlichem Neigen
lieg? .Hauptes. „Ich weiß, welche schwere Zeit hinter Ihnen
öu n k Ü Härte ich schon versucht .mich Ihnen noch einmal
svka^bkn, Ihnen zu sagen: Lassen Sie uns Frieden schließen,"
-simd * ^ss^> mechanisch legte sie ihre Hand in die seine.
^c>tb„ -gangener schöner Zeiten willen, seien Sie glücklich,
-s,' > bade es als einzigstes Gut erbeten, bewahren
^ «>e mir eine freundliche Erinnerung nun wir scheiden."

Beamten und Seeoffizieren auf Samoa verübte offen-
kundige Verletzung des klaren in der Berliner Akte
von 1889 festgesetzten Vcrtrags'echtes. Es sei aber zu
hoffen, daß es einer diplomatischen Aktion gelingen
werde, die durch die Schuld der Engländer und Ameri-
kaner in Samoa selbst arg verfahrenen Dinge ins rechte
Geleise zu bringen.
— Der vormalige Mnnicipalrathspräsident von Sa-
moa, Dr. Raffel, ist in Berlin eingetroffen. So wird
man ausführliche Berichte über die Vorgänge dort von
einem deutschen Augenzeugen erhalten.
— Der jüngste Bruder des Staatsministers v. Bülow,
Rittmeister im 3. Garde-Ulanen-Regiment zu Potsdam, ist
zum Flügeladjutanten des Kaisers ernannt worden. Der
älteste Bruder, der vor zwei Jahren als Kommandeur der
21. Kavallerie-Brigade in Frankfurt an einem Sturz mit
dem Pferde starb, ist, wie man sich erinnern wird, einer
der ersten Offiziere gewesen, die der jetzige Kaiser nach
seinem Regierungsantritt zum dienstthuenden Flügeladju-
tantcn ernannte.
Deutscher Reichstag. Berlin, 11. März. Präsident
Graf Balle st rem begrüßt die anwesenden Kollegen
und hofft, daß auch diejenigen sich bald einfinden werden,
die sich noch nicht eingefunden haben. Wir haben, so
sagt der Präsident, gesetzgeberische Arbeiten vor uns, so
daß wir unsere ganze Kraft aufwenden müssen, um ihnen
in absehbarer Zeit gerecht zu werden. (Beifall.) Der
Präsident theilt darauf die Antwort des Reichskanzlers
auf die Glückwünsche mit, die der Reichstag ihm zu seinem
Geburtstag dargebracht hatte.
Hierauf tritt das Haus in die Berathung der Tages-
ordnung ein.
Die Uebersicht der Ausgaben und Einnahmen für 1897/98
wird ohne Debatte in zweiter Berathung angenommen.
Bei der Berathung des Gesetzentwurfs betreffend das Flaggen-
recht der Kauffahrteischiffe wünscht Abg. Bassermanu (ntl.)
Commissionsberathung und bittet um Berücksichtigung der Frage,
wie weit Ausländer als Eigentümer von Kauffahrteischiffen zu-
zulassen seien, welche die deutsche Flagge führen. Redner schlägt
die Ueberweisung an eine Llgliedrige Commission vor.
Abg, Free se (freist Ver.) schließt sich dem Vorredner an
und wünscht Beseitigung einiger Unebenheiten des Entwurfs.
Hierauf wird der Entwurf an eine 14gliedrige Commission
überwiesen.
Es wird hierauf ohne erhebliche Debatte der Bericht der
Wahlprüfungscommission erledigt. Der Bericht der Wahl-
prüfungscommission beantragt, bei den Wahlen der Abgg.
v. Bonin-Behrenbusch (5. Wahlkreis, Cöslin), Franken (Arns-
berg), Kraemer (1. Coblenz), Graf v. Bismarck-Bohlen Er-
hebungen anzustellcn. Die Wahl der Abg. Bassermanu (Jena),
v. Blödau (Sachsen-Altenburg) und Heiligenstadt (Magdeburg)
ist für gtltig erklärt.
Ohne Debatte erledigt wird der Bericht der Commission für
Petitionen betreffend Grundstücks- und Hypothekenmakel durch
Ueberweisung als Material.
Abg. Fischbeck (freist Volksp.) berichtet über die Petitionen
betreffend die Frachtverbindung zwischen den mitteldeutschen Be-
zirken und England.
Präsident des Reichseisenbahnamts Schulz: Seitens der
Eisenbahnverwaltung geschähe das Möglichste und würde auch
noch weiter geschehen.
Die Petition wird zur Erwägung an die Regierung über-
wiesen.
Die Petitionen betreffend anderweitige Regelung des Apotheken-
wesens werden, nachdem Abg. Dr. Höffel (Rp.) sich für das
System der Personalconcession ausgesprochen, als Material an
die Regierung überwiesen.
Die Petitionen betreffend Abänderung des Gesetzes über
Handel mit Wein werden, nachdem Abg. Dr. Schädler (Ctr.)
für die Abänderung des Weingesetzes eingetrcten war, als
Material an die Regierung überwiesen.
Schluß der Sitzung 4 Uhr. Nächste Sitzung Mittwoch 1 Uhr.
Baden. L.N. Karlsruhe, 11. April. Die zweite
Kammer wird morgen, die erste Kammer am Freitag ihre
Sitzungen wieder aufnehmen. Auf der Tagesordnung der

»Nicht scheiden lassen Sie uns, Magdalene, Gott weiß, wie
ich Sie liebe, wie ich bereut, jemals gezweifelt zu haben;
könnte ich ungeschehen machen —" „Nicht weiter, Lothar,"
ein seltsam starrer Blick traf ihn, „man achtet das Weib, das
man liebt; sprechen Sie jetzt nicht, wo es zu spät ist. von
dem Heiligsten zu mir, es wird zur Sünde, da Ihr Herz
Ihrer Gattin gehören muß, einst hatte ich auf ein schönes,
reiches Glück an Ihrer Seite gehofft, das ist vorüber, ich
zürne Ihnen nicht, da ich Sie geliebt. Wagen Sie aber nie-
mals von Liebe zu sprechen, Sie verrathen ein zweites Herz,
das sich Ihnen zu eigen gab."
„Adelaide ist todt!" sagte er langsam, nach einer kleinen
Pause, Magdalene so fest in die Augen blickend, daß sie die
ihrigen erröthend zu Boden senkte, „sie starb, als sie mir ihr
Kind in die Arme legte. Als ich die Gattin begrub, da fragte
ich mich, ob es eine Strafe von Gott sei, weil ich Sie, Mag-
dalene. verlassen hatte, obwohl mir der malte Schimmer einst
erträumten Glückes in zwei bellen Kinderaugen lächelte, der
Ersatz, der mir geblieben, als Gottes Machtwort die Mutter
heimrief."
Reden sah, wie Magdalene bei diesen Worten zusammen-
schreckte, wie auf ihren Wangen die Farbe wechselte. Ihr
ward ja klar, daß er schon vor Wochen frei gewesen, und sie
so schroff ihm nicht hätte zu wehren brauchen. Wie gebannt
blieb sie stehen; das machte ihm Mutb» weiter zu sprechen,
und er fuhr fort: „Jetzt da es klar geworden zwischen uns,
Magdalene, lassen Sie uns versuchen, die trübe Vergangen-
heit zu vergessen: leuchtender nun wird sich die Zukunft von
dem dunklen Hintergründe abheben. Wir haben Beide falsch
gehandelt, lassen Sie das begraben sein. Wenn Sie noch
jenes Abends am Thränenquell gedenken, dann erinnern Sie
sich auch jener seligen Stunde», welche ihm gefolgt, dann
lösen Sie das Wort ein, das Sie damals gesprochen, daß
wahre Liebe auch verzeihen kann. — Kein Schiffbrüchiger
mit gebrochenem Mulhe spricht zu Ihnen, aber ein Mann, der
die Kraft in sich fühlt, cs mit dem Leben aufzunehmen, ein
Mann, der sich selbst wiedergefunden hat. und der sein edelstes,
einst verlorenes Kleinod zurückerobern möchte, der in Dir die

zweiten Kammer der morgigen Sitzung stehen Etatsnach-
träge und das Gesetz betreffend das Abdeckereiwesen. Die
erste Kammer wird in ihrer ersten Sitzung nach den
Ferien das Ausführungsgesetz zum bürgerlichen Gesetzbuch
berathen. Die Kommission beantragt die Annahme des
Gesetzes mit einigen Aenderungen in der Fassung der 2.
Kammer. Die gleichen Anträge werden von den Kommis-
sionen bezüglich des Gesetzes betr. die Aenderung des
Verwaltungsrechtspflegegesetzes und des Dotationsgesetzes
an das Plenum gestellt. Von der Petitionskommission
der ersten Kammer wird beantragt, die Petition mehrerer
Thierschutzvereine wegen Tödtung der Schlachtthiere ohne
vorherige Betäubung und die Petition einer Anzahl Steuer-
erheber wegen Regelung ihrer Gehaltsverhältnisse der
Regierung zur Kenntnißnahme zu überweisen.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Buchhalter Ludwig Brehm beim Finanzamte Pforzheim
wurde in gleicher Eigenschaft zur Revision der Zolldirektion
versetzt.
Karlsruhe, 11. April. Der Großherzog beauf-
tragte den Oberhofmarschall Grafen von Andlaw, den
Reichskanzler Fürsten zu Hohenlohe, welcher heute Mittag
halb 1 Uhr hier durchreiste, im Namen der Großherzog-
lichen Herrschaften im Hauptbahnhos zu begrüßen und ihm
eine glückliche Reise zu wünschen. Abends beabsichtigen
die höchsten Herrschaften die neue Oper von Lamey und
Brauer im Grobherzoglichen Hoftheatcr zu besuchen.
Ausland.
Oesterreich-Ungarn. In einem rcichsdrutschen Blatte
wurde erzählt, daß die Zahl der Uebertritte vom Ka-
tholizismus zum Protestantismus schon 20000 betrage.
Das ist indessen nach einer Mittheilung des evangelischen
Pfarrers Dr. Zimmermann nicht richtig. Derselbe schreibt:
Ueberall sind Uebertritte zu verzeichnen, aber sie bewegen
sich um die Hunderte vorläufig, z. B. in Wien seit
1. Januar etwa dreihundert — aber es stehen viele noch
in Aussicht, in Böhmen, an mehreren Orten Hunderte,
nirgends Tausende. In Graz sind seit 1. Januar bis
heute annähernd hundert Personen übergetretcn. In Deutsch-
Böhmen mögen, soweit ich Nachrichren habe, an den ver-
schiedenen Orten in Summa etwa 1000 Uebertritte end-
giltig vollzogen sein — an mehreren kleinen Orten Steier-
marks bald 20, bald 30, bald 50. Der Gesamimüber-
blick ist momentan nicht genau möglich, weil täglich neue
Meldungen kommen.
Wien, 11. April. Die Statthalterei hat heute eine
ganze Reihe deutsch-nationaler Vereine aufge-
löst, und zwar den Verein Deutsch-Nationaler in Oester-
reich, deren Obmann der Abgeordnete Wolf ist, den deut-
schen Bezirksverein in Wieden, den Verein evangelischer
Glaubensgenossen Augsburgischen Bekenntnisses in Wien
und schließlich eine Gruppe des Bundes der Germanen.
Die Meldung hiervon erregt ziemliches Aufsehen.
Frankreich. Die vom Figaro veröffentlichten Zeugen-
aussagen in der Dreyfusenguete fahren fort, das
größte Interesse der französischen Leser zu erregen. Ge-
neral G allifet bekundete als Zeuge vor dem Cassationshof,
daß er von dem Geständniß des Dreyfus keine Kenntniß
gehabt habe. General Darras habe ihm nach der Degra-
dirung den peinlichen Eindruck davon geschildert und ge-
sagt, daß Dreyfus nie aufgehört habe, seine Unschuld zu
betheuern. Gallifet gibt dann Auskunft über Picquart,
der ein braver Offizier und unfähig sei, eine schlechte Hand-
lung zu begehen. Von Esterhazy sagt der Zeuge, daß
seine Beziehungen zu den Militärattaches allgemein bekannt
gewesen seien. „Der frühere englische Militär-Attach«,

Einzige sieht, die sein Glück begründen kann. Laß mich hof-
fen, daß mein Kind, meine Else kein Hinderniß für Dich sein
wird, leg noch einmal Deine Hand in die meine, werde mein
Weib, Magdalene, vertraue mir noch einmal wieder!" Sie
hatte ihn nicht unterbrochen, träumerisch blickte sie vsir sich
nieder, ihre Augen waren abgewandt, ihr Herz schlug so stark,
daß sie fürchtete, nicht sprechen zu können.
„Ein Jüngling wirbt im ersten Liebesrausche um Dich,"
fuhr er eindringlich fort, ein besonnener Mann steht vor Dir,
aber mit der alten nie erstorbenen, nur zurückgedrängten Liebe,
die sich immer und immer wiever Bahn gebrochen, und bittet
um Deine Hand, bittet um Dein Herz für sich und sein
Kind."
Er schaute Magdalene bittend an. Leise rauschten die
alten Eichen über Beider Haupt. Tie Sonnenstrahlen glitten
durch die Zweige und küßten liebkosend die Wangen des
Mädchens.
Einen^Augenblick noch zögerte sie. Heiß wallte noch ein-
mal der stolz in ihrem Herzen auf, drängte sich alles, was sie
gelitten, vor ihr geistiges Äuge, — aber dann begegnete sie
seinem Blick, und als sie in seine Augen sah, welche ihr da-
mals als die schönsten von allen erschienen, aus ihnen die
alte Liebe zu ihr sprach, da fühlte sie nur das eine, daß er
ihr zurückgeben sei, und während die Glockentöne, den Schluß
des Gottesdienstes bezeichnend, von der altersgrauen Dorf-
kirche her ourch die Stille des Waldes zogen, mild und ver-
söhnend, ließ sie sich willenlos in seine Arme ziehen.
Langsam schritten sie dann vereint den schmalen Waldweg
zurück. Sie sprachen nicht viel, sie gedachten beide der Ver-
gangenheit, der glückverheißend vor ihnen liegenden Zu-
kunft. _

Kleine Zeitung.
— Wien, 10. April. Nach einer Meldung der Polit. Korre-
spondenz aus Athen kann die angekündigte Verlobung des
kretischen Oberkommissars Prinzen Georg mit der Prinzessin
Marie vonWales ihrer nahen Verwandschaft als Geschwister-
kinder wegen nicht stattfinden.
 
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