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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0307

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mit Familiendlättern
monatlich 50 Pf.
frei in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
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ausschließlich Zustellgebühr.


Fernsprech-Anschluß Nr. 82.




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und den Plakatsäulen.
Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Xr. 8S. Erstes Malt. Mittwoch, den 22. Mär?

1899.

Bestellungen
auf die Heidelberger Zeitung für das II. Quartal 1899
werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
Agenten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Expedition, Untere Ncckarftraße Nr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen Mk. 1.25 vierteljährlich,
mit Zustellgebühr Mk. 1.65.
Neu eintretende Abonnenten erhalten auf Wunsch das
Blatt bis Ende dieses Monats gratis.
Wochen-Chronik.
(Vom 12. bis zum 18. März.)
März 13.: In Christiania findet eine Kundgebung junger
Leute gegen den Kronprinz-Regenten statt.
„ 13.: Die italienische Regierung ruft ihren Gesand-
ten in Peking ab, weil er eigenmächtig der chine-
sischen Negierung ein Ultimatum gestellt hat.
„ 14.: Der ehemalige Reichstagsabgeordnete Bamberger
stirbt.
„ 14.: Der Reichstag lehnt in der zweiten Lesung der
Militärvorlage den §2 sowohl nach der
Regierungsvorlage, wie nach dem Centrumsvorschlag ab.
„ 15.: Die 2. bad. Kammer nimmt den Gesetzentwurf
betr. die Ausführung des bürgerlichen Gesetzbuches
einstimmig an.
„ 15.: Durch kaiserliche Verordnung wird bestimmt, daß das
Oberkommando der Marine in Wegfall kommt, da
der Kaiser persönlich den Oberbefehl über die Marine
übernimmt. Der Admiralitätsstab der Marine wird
selbständige Behörde und direkt unter den Kaiser ge-
stellt. Chef des Stabes wird Contreadmiral Bende-
mann.
„ 16.: Die Leichen des Fürsten und der Fürstin
Bismarck werden im Mausoleum zu Friedrichsruh
beigesetzl. Der Kaiser nimmt an der Feierlich-
keit lheil.
. 16.: Der Reichstag nimmt in dritter Lesung die
M i l i tär v o rl ag e in der vom Centrum vorge-
schlagenen Fassung nebst einer Resolution an, wonach
er sich im Bedarfsfall für Nachbewilligung der abge-
strichenen 7006 Mann verpflichtet.
„ 17.: Die Königtn-Regentin von S p a n i en unter-
zeichnet den spanisch-amerikanischen Frie-
de n Sve rtra g.
» 17.: Der Gesundheitszustand des Papstes ist recht be-
denklich. Die Kräfte des greisen Oberhauptes der
kathol. Kirche haben stark abgenommen.
,, 18.: 400 Finnländer wollen demZ a r en eine Petition
überreichen, müssen aber sofort in ihre Heimath zurück-
kehren.

Politische Umschau.
Heidelberg, 22. März.
Die Gesammtabftimmung über die Militär-
Vorlage, welche eine namentliche war, liegt nun mit dem
amtlichen Sitzungsberichte vor. Wie erinnerlich, haben
bine Anzahl Centrumsmitglieder gegen die neue Fassung
mr Vorlage gestimmt, obwohl dieselbe nach dem Anträge
des Centrums ihre Schlußsormulirung erhalten hatte. Wie
sich aus dem Namensnachweis ergibt, waren dies bayeri-
sche Centrumsmitglieder; Bayern ist im Centrum durch 29
Abgeordnete vertreten. Davon fehlten drei, als krank Dr.
Heim; beurlaubt waren Frhr. v. Hertling und Abg. Lerno.
Für die Vorlage haben gestimmt die Abgeordneten Bayer
(3. Oberfranken-Forchheim), Brückner (4. Oberfranken);
^rner Abg. Gerstcnberger (1. Uitterfranken, Aschaffenburg);
Jäger (3. Schwaben, Dillingen); Linder (5. Schwaben,
Kaufbeuren); Lurz (6. Unterfranken, Würzburg); Dr.
Pichler (3. Niederbayern, Passau); Dr. Schädler (5. Ober-
ranken); Schmidt (6. Schwaben, Jmmenstadt); Speck
Mittelfrankcn, Bamberg) und Freiherr von Thünefeld
Oberbayern, Weilheim); insgesammt 12; die übrigen
^ stimmten dagegen. Bemcrkenswerth ist, daß unter den

L)

Ein Arauenherz.
Erzählung aus dem Leben von A. M. Witte.
(Fortsetzung.)

Ist Zweifel erst gesät, dann wächst er schnell,
r Das Operndaus war bis aus den letzten Platz gefüllt. Die
?ohe Aristokratie, die Notabilitäteu der Kunst und Wissen-
>i?aft, die jsuososs äorös der Residenz, die Elite des Pub-
nums — alles saß und stand in den Logen, im Parkett um-
nA gegenseitig sich musternd, Operngläser und Lorgnetten
aw Leander richtend, Bemerkungen über den neuen Stern
w Kunsthimmel, welcher heute Abend die Elsa im Lohen-
s°:?.iang, austauschend, oder über diese und jene Persönlich-
st sprechend.
Endlich wurde das Grüßen und Nicken, das Rauschen,
und Plaudern durch den Ton der Klingel, das Zei-
zum Beginn des letzten Aktes und das leise Stimmen
In» Zeigen unterbrochen, als sich die Thür der Orchester-
: ke geräuschlos öffnete und ein Herr in dieselbe trat. Die
di-m Dame, welche allein in dem halbdunklen Raume auf
-orüstung gelehnt, gespannt das Aufgehen des Vorhanges
Unstete, wandte sich um. sah den Eintretenden erstaunt an
„n? Pate lächelnd: „bau soir, Lothar, hier finden wir uns
^ider, ?" Jahren wieder?" was führt Dich in die Rc-
di>>."^Elelbe Frage gebe ich Dir zurück, Adelaide, ich ver-
ödete Onkel und Dich in Italien."
^ »Die Aerzte gaben seinen Bitten nach, wir find auf dem
b»r^ Wustrow," sie seufzte leichthin, .auch ein surcht-
vnÄ. Gedanke, sich dort den ganzen Winter einzuspinnen;
lngs hoffe ich noch, daraufhin zu wirken, daß Papa
rvcik. thleder fortreist, er ist doch sehr elend." Sie hatte
übevsb-? '^es Plauderns dem Vetter die Hand zum Kusse
.«i^.llen und fuhr — auf den Sessel neben sich deutend fort:
C ^erzähle, was führt Dich her ? derselbe Wunsch, Signora
als Else zu hören?" Ich bin mit dem Adendzug ge-

ersteren die bayerischen Centrumsführer und fast durchweg
neu in den Reichstag gewählte Abgeordnete sich
befinden; inwieweit die anderen 14 unter dem Druck
der bauernbündlerischen Opposition gestanden, läßt sich
schwer sagen. Bemerkenswerth ist, daß der bayerische
Bauernbündler Hilpert für die Vorlage gestimmt hat. Die
Antisemiten haben durchweg in der Schlußabstimmung
gegen die Vorlage gestimmt; wie ihr Fraktionsredner be-
hauptete, war ihnen allen die Schlußfassung zu wenig.
Wie aber ein Blick in die zwei Tage vorher abgehaltene
namentliche Abstimmung beweist, war der Abg. Köhler
überhaupt gegen die Heeresverstärkung. Also auch dies-
mal ist, trotz des gleichen „Nein", der Antisemitismus sich
nicht einig gewesen. Bemerkenswerrh ist ferner, daß von
den Polen der rechte Flügel fehlte. Prinz Czartoryski
und Dr. von Dziembowski-Poznian waren „beurlaubt";
ohne Entschuldigung fehlten Fürst Radziwill und Graf
Kwilecki.
Nach dem von England erzwungenen Rückzug Frank-
reichs aus Faschoda haben zwischen beiden Mächten
Verhandlungen stattgefunden, wobei England sich liebens-
würdig und entgegenkommend gezeigt hat. Zwar in der
Hauptsache war es unerbittlich: die Franzosen mußten
Faschoda räumen und sich noch eine ganze Strecke darüber
hinaus zurückziehen; aber an anderen Stellen Afrikas gab
England den französischen Wünschen nach, sodaß das Ab-
kommen, womit die Verhandlungen endeten, in Frankreich
beifällig ausgenommen wird. Ganz stolz schreibt die
Liberts: Der französische Botschafter in London war be-
sonders darauf bedacht, die Handelsintercssen Frankreichs
in Afrika zu wahren. Daher habe er sich angestrengt und
eS auch fertig gebracht, daß die Provinzen Tibesti, Wa dai
und Kancm zum französischen Gebiet gezählt werden. Diese
Gebiete werden von den Karawancnstraßen, die nach dem
Nilthal, nach Tripolis und nach Tunesien gehen, durch-
kreuzt. Der Besitz von Kanem im Besonderen ist für
Frankreich von großem Werthe, da er Frankreich auch
den Besitz des östlichen Ufers des Tschadsees zusichert.
Dadurch verhindert Frankreich, da es östlich Wadai besitzt,
die von England geträumte Verbindung seiner westafrikani-
schen Besitzungen mit seinen centralasrikanischen. Ein brei-
ter Keil des französischen Gebietes wird sich daher zwischen
dem egyptischen Sudan und dem Tschadsee einschieben.
Frankreich wird eine ununterbrochene und unbestrittene
Verbindung besitzen zwischen Französisch-Congo und den
Saharagegenden, Tunesien und Algerien. Die französische
Diplomatie hat erachtet, daß mit solchen Zugeständnissen
Englands die Verzichtleistung auf Bahr-el-Ghasal durch
Frankreich gut entgeltet worden ist.

Deutsches Reich.
— Am letzten Sonntag konstituirte sich im Reichstags-
gebäude zu Berlin der Centralvorstand der national-
liberalen Partei und wählte zunächst seine Vorsitzen-
den, und zwar Herrn Dr. Hammach er in Berlin zum
Vorsitzenden und die Herren Abgg. Dr. Deinhard in
Deidesheim zum ersten, v. Eynern in Berlin zum zwei-
ten Stellvertreter des Vorsitzenden. Sodann wurden zu
Mitgliedern des geschästsführenden Ausschusses gewählt die
Herren Abgg. Bassermann, Büsing, v. Eynern,
Dr. Fried berg, Dr. Krause, Dr. Lehr, Münch-
Ferber, Dr. Sattler und Wallbrecht, ferner Hr.
Geh. Reg.-Rath Simon, der den Vorsitz im geschäfls-
ührcnden Ausschuß führt. Die Zuwahl landwirthschaft-
licher Vertreter ist für einige wenige Bezirke noch nicht
zum Abschluß gelangt; ihre Erledigung bleibt der

nächsten Sitzung des Centralvorstandes Vorbehalten,
die bald nach Ostern stattfinden soll. Den ersten
Beschluß, den der neukonstituirte Centralvorstand ein-
müthig faßte, ging dahin, Herrn Dr. von Ben-
nigsen zum Ehrenmitglied des Centralvor-
standes zu ernennen. Dann erstattete Herr General-
sekretär Patzig Namens des geschäftsführenden Ausschusses
den Bericht über das verflossene Jahr, insbesondere die
Wahlbewegung. Der Berichterstatter war in der Lage,
festzustellen, daß in erfreulicher Nachwirkung des bei den
Reichstagswahlen zu Tage getretenen Vertrauens der
deutschen Wähler der Pessimismus gewichen ist, der ge-
raume Zeit vorgeherrscht und sich nunmehr überall im
Lande eine rege Betheiligungsfreude zeigt zu weiterer Ar-
beit im Dienste des Ausgleiches und der warmen Ver-
tretung wirthschaftlicher Interessen, der sozialen Aufgaben
und der nationalen Pflichten. Nachmitta gS vereinigten sich
um 5 Uhr im Kaiserhof die Mitglieder des Centralvor-
standes .beider Fraktionen und viele Freunde aus dem
Lande zu einem gemeinsamen Mahl.
— Baurath Wallot legte in Folge der Angriffe, die
er im Reichstag erfahren hat, das Amt als Leiter der
Ausschmückung des Reichstagsgebäudes nieder.
Deutscher Reichstag. Berlin, 21. März. Der Prä-
sident erbittet und erhält die Genehmigung, dem Reichs-
kanzler zu dessen 80. Geburtstag am 31. März die Glück-
wünsche des Hauses auszusprechen.
Es folgt die dritte Lesung des Etats.
Abg. Richter (fr.Vp.) bittet um Auskunft über dieVerhand-
lungen mit Cecil Rhodes, betreffend den Bau der trans-
afrikanischen Bahn auf deutschem Gebiet und die Verwendung
deutschen Geldes hierfür.
Staatssekretär v. Bülow: Ueber die Verhandlungen, welche
in den letzten Tagen zwischen dem betheiligten Ressort diesseits
und Cecil Rhodes anderseits geführt wurden, kann ich mit Rück-
sicht darauf, daß es sich um noch schwebende Verhandlungen
handelt, keine Einzelheiten mittheilen. Doch kann ich ohne
Schädigung der Sache Hauptsächliches erwähnen. Was die
Legung von Telegraphenlinten für die ostafrikanischen Schutz-
gebiete in der Richtung von Norden nach Süden mit Anschluß
an die südafrikanische Linie angeht, so ist hierüber ein Ab-
kommen mit der transafrtkanischen Telegraphen-
gesellschaft geschlossen. Das Inkrafttreten und die Ver-
öffentlichung desselben hängt von anderweitigen Verhandlungen
ab. Bei diesem Abkommen sind unsere Hoheits rechte
und unsere Interessen nach jeder Richtung hin
gewahrt worden. (Bravo I) Die transafrikanische Telegra-
phengesellschaft erhält durch das Abkommen die Erlaubniß, die
in Rede stehende Linie aus ihre Kosten durch das deutsche Ge-
biet zu legen, der Bau der Linie muß binnen fünf Jahren
beendet sein. Die Angestellten und Arbeiter der Gesellschaft sind
während ihres Aufenthaltes in Deutsch-Ostafrika den deutschen
Gesetzen unterworfen und verpflichtet, den Anordnungen des
Gouverneurs Folge zu leisten. Die Gesellschaft ist verpflichtet,
neben den für ihren Zweck erforderlichen Drähten einen wetteren
Draht zwischen Rhodesia einerseits und Britisch - Ostafrika
anderseits auf eigene Kosten anzubriugen, welcher Draht für
den telegraphischen Verkehr in Deutsch-Ostafrika bestimmt ist und
Eigcnthum der deutschen Regierung ist. Die Unter-
haltungskosten dieses Drahtes übernimmt die deutsche Regierung,
welche auch befugt ist, für den gleichen Zweck auf ihre eigenen
Kosten noch weitere Drähte anzubringen. Im übrigen erfolgt die
Unterhaltung der Telegraphenlinie von der deutschen Regierung
auf Kosten der Gesellschaft. Die deutsche Regierung behält sich
ausschließlich das Recht vor, Telegraphenstationen in Deutsch-
Ostafrika zu errichten und zu betreiben. Nach Ablauf von
40 Jahren kann die deutsche Regierung die Linie unentgeltlich
übernehmen. — Ueber Durchführung der transafrikani-
schen Bahn haben erst ganz vertrauliche Besprechungen statt-
gefunden, welche noch zu keiner Entschließun g geführt
haben. Auch in dieser Beziehung werden wir nur solchen Vor-
schlägen zustimmen, bei denen unsere Rechte nicht verletzt werden
und unsere Interessen nicht zu kurz kommen. (Bravo!)
Der Etat wird angenommen, ebenso der der allgemeinen Fonds.
Beim Etat der Colonialoerwaltung begründet Dr. Lieber

kommen, und da ich doch so spät niemand mehr besuchen
kann, faßte ich den Entschluß jden letzten Akt meiner Lieb-
lingsoper zu hören."
„Ach ja, ich entsinne mich, die einzigste Sympathie, welche
uns verbindet, Wagnerschwärmerei. — doch still." Der Vor-
hang ging aus, und schweigend folgten beide den Vorgängen
der Bühne. —
„Wo bist Du abgestiegen? Doch — was frage ich, —
natürlich, getreu den Familientraditioncn im Hotel du Nord
wie wir auch; dann laß uns zusammengeben, mir ist etwas
Bewegung nach diesem Abend sehr lieb."
Das Foyer des Opernhauses war durchschritten, sie ge-
langten ins Freie; die milde Abendluft wirkte erfrischend auf
beide. „Ist Onkel sehr leidend?" Er beugte sich zu ihr
hinab. „Doch nicht so, daß ich ihn nicht verlassen könnte, um
mich bisweilen von der Pflege zu erholen."
„Bist Du allein um ihn?" Verwundert blickte er sie an.
denn er hätte sie niemals für fähig gehalten, eine Pflegerin
zu sein; es überraschte ihn daher auch keineswegs, als sie
leichthin sagte: „Nein, er hat ja seinen alten Kammerdiener
und einen Krankenwärter." Mit demselben Tone
fuhr sie fort: „Ich hätte übrigens nicht gedacht, als ich vor
zwei Jahren von Thüringen abreiste, daß wir uns dann so
lange nicht mehr sähen; cs war eine ganz nette Zeit, schade
nur, daß keine einzige interessante Dame dort war. Was
führt Dich aber jetzt nach Berlin?" Zum zweiten
Male fragte sie heute; was bewog ihn, nicht zu antworten,
und von dem Vorhaben, das sie eigentlich ahnen konnte und
vollständig ignorirte, seinerseits auch zu schweigen? Konnte
er seiner oft so medisanten Cousine sagen, daß er, seit einem
Jahre schon angestellter Oberförster, von Magdalene immer
noch nicht die Erlaubniß erhalten hatte, mit der Tante über
ihre Hochzeit zu sprechen? Von Brief zu Brief wurde er
Hingehalten, da die alte Dame schwer krank sei. — seiner
Leidenschaft ward es unendlich schwer, diesen Beweggrund
anzuerkennen, und jetzt war er mit dem festen Entschluß
nach der Residenz gekommen, sich persönlich Gewißheit zu
holen.

Adelaide hatte sich stets moqaant und ironisch über die
Männer geäußert, die sich zu Sklaven der Frauen machten,
sie würde eine verletzende Bemerkung nicht unterdrücken.
„Geschäfte," sagte er deshalb kurz. —
Sie hatten das Hotel erreicht. „Herr Oberst ruhen schon,
für das gnädige Fräulein ist oben im Saal gedeckt," berichtete
der Kellner. „So sei mein Gast, Lothar," wandte sic sich
zum Vetter.
Er folgte ihr; sie traten in einen kleinen verführerisch
ausgestatteten Salon; sie hatte den Geschmack und das Ver-
stndniß, sich stets und überall mit den reichen Mitteln, die
ihr zu Gebote standen, eine behagliche Häuslichkeit zu schaffen,
und so hatte sie auch das Hotelzimmer angefüllt mit aller-
hand modernem Tand, der ihr unerläßlich für ihre Bedürfnisse
erschien: Behaglichkeit sowie angenehmer Wohlgeruch umfing
ihn.
Sie dämpfte mit einem Schirm das grelle Licht der Gas-
lampe. und so saß er im traulichem Dämmerlicht ihr gegen-
über.
Sie wußte sehr wohl, daß sie schön war, daß sie — wenn
sie wollte—bezaubernd sein konnte und beute wollte sie es
sein. Sie fand ihren Vetter noch interessanter und männ-
licher geworden; so viele Männer ihr auch schon zu Füßen
gelegen hatten, bei keinem hatte es ihr den Eindruck gemacht,
den Lothars Huldigung auf sie ausüben würde, vielleicht weil
er bis jetzt der Einzige gewesen, der ihr gegenüber kühl ge-
blieben war. .
„Wie bat Dir diesmal Italien gefallen?" begann er, aus
ihren Händen eine Tasse Thee entgegennehmend. „Wie
immer, denn man findet dort ja immer dieselben Menschen,
englische äanäx», die sich von ihren Spielschulden dort erholen
wollen, junge interessant sein wollende Wittwen alter
Männer, Kavalleristen — Aristokratie und Sport-Kavaliere;
warum bist Du nicht mitgewesen? Du hättest (gewiß vielen
Italienerinnen das Herz gebrochen, wenn Du ihnen nur
etwas den Hof gemacht hättest." „Ich mache keiner Frau
den Hof." sagte er kurz. - . . ,
(Fortsetzung folgt.)
 
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