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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0317

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Sonntags ausgenommen.
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mit Familienblättern
- monatlich 50 Pf.
frei in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
Vierteljahr!-1.25
»usschließlich Zustellgebühr.



4

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15 Pf. s,.r die Ispoltige
ictitzetle oder deren Raum.'
für hiesige Geschäfts- und
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der'Jnserate auf oen Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Xr. 71.

Freitag, Len 24. März

I89S.

Bestellungen
auf die Heidelberger Zeitung für das II. Quartal 1899
werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
Agenten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in 'der
Expedition, Untere Ncckarstraße Nr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen Mk. 1.25 vierteljährlich,
mit Zustellgebühr Mk. 1.65.
Um in der regelmäßigen Zustellung keine Störung ein-
treten zu lassen, bitten wir dringend, die Bestellung bei
der Post jetzt schon zu erneuern, wo es noch nicht ge-
schehen ist.
Neu eintrctende Abonnenten erhalten aus Wunsch das
Blatt bis Ende dieses Monats gratis.
Der Jesuiteneid.
Um die deutschen protestantischen Fürsten, die Bundes-
rathsstimmen zu instruiren haben, zeitig zu warnen, brin-
gen mehrere Blätter nachstehend den Jesuiteneid nach dem
französischen Wortlaut der „IsiuoiAQaAs, journal äs
l'HZIisö äa In oonfasoion ä'^uKssiurA" in Erinnerung.
Danach schwört der Jesuit:
„Ich, A. B. erkläre in Gegenwart Gottes, der ge-
benedeiten Jungfrau Maria, des heiligen Johannes des
Täufers, der heiligen Apostel Petrus und Paulus, aller
Heiligen des Paradieses und vor Ihnen, mein geistlicher
Vater, von Grund meines Herzens und ohne Vorbehalt,
daß der Papst der Stellvertreter Jesu Christi und das
wahre, alleinige Haupt der katholischen Kirche ist; daß ihm
zusteht die Macht, zu binden und zu lösen, und daß ihm
durch Jesum Christum die Macht gegeben ist, abzusetzen
die ketzerischen Könige, Fürsten, Staaten, Republiken und
Regierungen, welche alle ungesetzlich sind, indem sie der
heiligen Bestätigung entbehren, und daß man sie mit gutem
Gewissen zerstören kann. So viel an mir liegt, werde ich
diese Lehre ebenso gut aufrechthalten wie die Rechte und
Sitten der Heiligkeit (des Papstes) gegen jede ketzerische
oder protestantische Macht (autorits), die sich der heiligen
römischen Kirche widersetzt. Ich entsage und verweigere
jede Treue den protestantischen Königen, Fürsten oder
Staaten ebenso wie jeden Gehorsam ihren Obrigkeiten und
unteren Beamten. Ich erkläre, daß die Reden der Angli-
kaner, der Kalvinisten, der Hugenotten verdammlich und
daß diejenigen, welche ihnen zu entsagen verweigern, ver-
dammt sind. Ich verspreche außerdem und erkläre, daß
ich geheim halten werde alle Nachrichten und Befehle,
welche mir gegeben werden, daß ich sie weder durch Wort
noch durch Schrift verbreiten will und daß ich Alles aus-
führen werde, was mir durch Sie, meinen geistlichen Vater,
oder durch irgend einen anderen Vorgesetzten aufgetragen
wird. Das Alles schwöre ich, A. B-, bei der heiligen
Dreieinigkeit und dem heiligen Sakrament, welches ich jetzt
empfangen werde; nnd ich nehme alle glorreichen himmli-
schen Heerschaaren zu Zeugen der Aufrichtigkeit meines
Willens, diesen Eid zu halten. Zum Zeugniß dessen, was
ich sage, nehme ich das heilige Sakrament des heiligen
Abendmahls, und ich bekräftige meine Erklärung durch
Weine Hand und mein Siegel in Gegenwart dieses ganzen
heiligen Konvents."

Deutsches Reich.
— Der verstorbene Parlamentarier Dr. Ludwig B a m-
üerger hinterläßt, wie mitgetheilt wird, ein ganz be-
deutendes Vermögen. Dieses wird, da er als kinderloser
Afittwer gestorben ist und falls bet der Testamentseröffnung
keine weiteren, auf die Hinterlassenschaft bezüglichen Be-
uimmungen vorgefunden werden, zu gleichen Thcilen seinen

drei noch am Leben befindlichen Geschwistern zufallen. Es
sind dies der Bankier Heinrich Bamberger in Paris, Ru-
dolf Bamberger in Mainz und eine in Eschwege wohnende
Schwester.
Kiel, 23. März. Das Panzerschiff „Oldenburg"
ist gestern Abend während eines Schneesturmes in der
Branderbucht aufgelaufen. Die Schiffe „Pelikan" und
„Norderney sind zur Hülfelcistung abgegangen; auch
Admiral Köster hat sich dorthin begeben.
Badischer Landtag. L. 0. Karlsruhe, 23. März.
In der heutigen (131.) Sitzung der 2. Kammer gelangte
zunächst die Interpellation der Abgg. Wittum u. Gen.
betr. die Besetzung der Subalternstellen in der Gemeinde-
verwaltung durch Militäranwärter zur Berathung.
Vor einigen Jahren wurden vom Bundesrath in genannter
Hinsicht Bestimmungen entworfen, die den größeren Ge-
meinden des Landes zu Bedenken Anlaß gaben. Die In-
terpellanten richteten nun an die Großh. Regierung die
Anfrage, was ihr über den dermaligen Stand der Sache
bekannt ist und ob der neuerliche Entwurf des Bundes-
raths den Seitens der badischen Städte geäußerten Be-
denken und Wünschen Rechnung trägt. Minister Eisen-
lohr erklärte, daß eine Civilversorgung der Militäranwärter
im Interesse der Wehrkraft unseres Landes nothwendig sei.
Er möchte nur wünschen, daß sich mehr Militäranwärter
zum Gendarmerie- bezw. Schutzmannsdienst melden. Ueber
die neue Vorlage könne er sich noch nicht äußern, da sie
noch nicht einmal im Bundesrathsausschuß berathen sei.
Die Abgg. Gesell, Dr. Heimburger, Hug, Dr.
Wilckens, Birkenmayer und Dreesbach gaben
ihrem Einverständniß mit der Interpellation Ausdruck und
ersuchten die Regierung, die entsprechenden Schritte einzu-
leiten.
Den zweiten Gegenstand der Tagesordnung bildete der
Antrag der Abgg. Kögler und Gen., betr. die Abän-
derung des Bankgesetzes vom 14. März 1875.
Darin wird die Großh. Regierung ersucht, sie möchte, so-
weit z. Zt. noch thunlich, ihren Einfluß dahin geltend
machen, daß die Bestimmung in Art. 5 eine den Privat-
banknoten günstigere Fassung erhält. Der Antrag wurde
nach empfehlenden Bemerkungen der Abgg. Kögler, Ge-
sell, Obkircher, Greifs und Hug einstimmig ange-
nommen.
Endlich stand auf der Tagesordnung die Petition einer
Anzahl Eisenbahnbediensteten in Betreff ihrer
Dienst- und Einkommensverhältnisse. Den Bericht der
Budgetcommission erstattete Abg. Dr. Wilckens. Der
Kommtssionsantrag geht dahin, die Petitionen der Regie-
rung zur Kenntnißnahme zu überweisen. Abg. Gießler
empfiehlt die Annahme der Vorlage.
Hierauf wird die Sitzung um 12Uhr abgebrochen
und auf morgen vertagt.
Württemberg. Stuttgart, 23. März. Die erste
Kammer hat die Gesetzentwürfe betr. die Aufhebung der
Dienstkaution der Beamten angenommen.
Hessen. Mainz, 23. März. Laut amtlicher Mit-
theilung tritt für den Eisenbahubezirk Mainz am 1. Oct.
d. I. die Bahnsteigsperre ein.
Preußen. Der Direktor im Kultusministerium Dr. v.
Bartsch wurde zum Unterstaatssekretär, Geheimer
Regierungsrath Schwartzkopff zum Direktor im Kultus-
ministerium und Wirklichen Geheimen Oberregierungsrath
mit dem Rang der Räthe 1. Klasse ernannt.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Vorstand der Höheren Töchterschule in Pforzheim, Rektor Philipp

Fees, das Ritterkreuz zweiter Klasse mit Eichenlaub des Ordens
vom Zähringer Löwen und dem Hauptlehrer Ludwig Zachmann
an der genannten Anstalt das Verdienstkreuz vom Zähringer
Löwen verliehen.

Ausland.
Türkei. Konstantinovel, 23. März. Die Rati-
fizirung der Konvention betreffend den Bau eines Hafens
bei Hai dar Pascha ist heute vollzogen worden.
(In Frankreich steht man cs nicht gern, daß eine
deutsche Gesellschaft diese Konzession erhalten hat, und in
der französischen Presse wurde wiederholt betont, daß der
französische Botschafter in Konstantinopel dies hätte ver-
hindern müssen. Hierzu wird nun dem Pariser Gaulois,
augenscheinlich aus der französischen Botschaft in Konstan-
tinopel selbst, geschrieben:
Stach dem. was ich in Pariser Blättern gelesen habe, legt
man in Frankreich der Angelegenheit des Hafens und der Quais
von Haidar Pascha eine übertriebene Bedeutung bei. Man
wünschte, den franz. Botschafter mit allen möglichen Mitteln da-
rauf hin arbeiten zu sehen, daß die Deutschen die Konzession nicht
erhielten, die sie schon seit so langer Zeit anstreben. Diejenigen,
die diese Absicht äußern, kennen den Kernpunkt der Angelegen-
heit nicht. Kein französischer Botschafter, mag er sein, wer er
will, und selbst angenommen, daß ihn die Kollegen aller anderen
Großmächte unterstützten, könnte verhindern, daß die Deutschen
in dieser Angelegenheit als Sieger hervorgingen. Die Oertlichkeit
nämlich, um die es sich handelt, Haidar-Pascha, ist in Konstan-
tiuopel selbst gelegen, auf der asiatischen Seite des Hafens
zwischen den Vorstädten Skutari und Kadiköi, und ist der End-
punkt der anatolischen Eisenbahn, bekanntlich eine deutsche Unter-
nehmung. Die türkische Regierung könnte doch also die Conces-
sion für den Bau des Quais und des Hafens keiner andern,
französischen, englischen oder sonstigen, Gesellschaft erthetlcn in
dem Augenblicke, wo die in Haidar-Pascha einmündende Eisen-
bahnlinie deutsch ist. Das Unglück ist jetzt geschehen und kann
nicht mehr geheilt werden. Es war ein großer Jrrthum, als die
französischen Gesellschaften die deutschen diese bedeutende Linie
an sich reißen ließen zu einer Zeit, wo es so leicht war, eine
ausschließlich französische Unternehmung daraus zu machen. Herr
Constans, der eben erst in Konstantinopel angekommen ist, kann
doch nicht mit einem Schlage ein Gebäude niederreißen, das die
Deutschen in 15 Jahren erbaut havcn. Die Gefahr der franzö-
sischen Interessen gegenüber oen deutschen Fortschritten im Orient
beruht nicht in diesem Erfolge, der seit lange vorausgesehen
wurde. Es gibt tausend und einige andere Punkte, wo die
französische Thätigkeit schnell und energisch einsetzen müßte.)
Spanien. Madrid, 22. März. Eine Anzahl in die
Heimath zurückgekehrter Soldaten veranstaltete
heute vor der Präfektur Kundgebungen. Der Präfekt em-
pfing eine Abordnung und erkürte, er werde keine neuen
Ansammlungen mehr dulden. Die Gruppe zerstreute sich
ohne Ruhestörungen._
Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 24. März.
^ Schlußakt in der Volksschule. Heule, am 24. ds„ hat
die hiesige Volksschule das Schuljahr in üblicher Weise mit
einem öffentlichen Akte in der städtischen Turnhalle geschloffen.
Aus der Ansprache des Rektors, Hrn. Kreisschulrath Strübe,
entnehmen wir folgende Daten: Das Schuljahr schließt mit einer
Schülerzahl von 3417 Schülern, 24 weniger als am Schluffe
des vorigen. Darunter 1688 Knaben und 1729 Mädchen; nach
Konfessionen vertheilen sich dieselben auf 2060 oder 60,26 pCt.
evangelisch, 1274 <37,28 pCt.) katholisch. 58 (1.4 pCt.) altkatho-
lisch und 25 israelitisch. Den Knabenhandfertigkeitsunterricht,
der von 2 Lehrern, Zeuner und Gebhard, ertheilt wird, besuch-
ten 99 Knaben. Die gewerbliche Fortbildungsschule mit 5 Leh-
rern wurde von 192 Knaben, die Haushaltungsschule mit 4
Lehrerinnen von 223 Mädchen besucht. Unterricht in Französisch
wurde von 6 Lehrern bezw. Lehrerinnen an 206 Schüler ertheilt.
Auf Ostern l. I. werden 161 Knaben und 221 Mädchen, zusam-
men 382, aus der Schule entlassen. Die Schule zu Schlierbach
zählt z. Zt. 76 Knaben und 82 Mädchen, darunter 96 evaugel.,
57 tathol., 5 altkathol.; 16 Schüler werden entlassen, 8 Knaben
und 8 Mädchen.
O Kompagnie-Besichtigung. Heute Vormittag fand auf dem
großen Exerzierplätze an der Eppelhcimer Landstraße die Kom-
pagniebesichtigung der hiesigen Garnison durch die Herren Divi-

Ein Arauenherz.
Erzählung aus dem Leben von A. M. Witte.
(Fortsetzung.)
. Das Schwanken der letzteren schien ihm jetzt ein Beweis,
Uß sie ihn nicht mehr liebe; Adelaide war es gelungen, die
^stat des Zweifels in sein Herz zu pflanzen, und er beschloß
Men Ernstes, am nächsten Morgen ein Entweder Oder von
'br zu verlangen und unter keiner Bedingung noch einmal
"Uf ein HinauSschicben einzugehen.
»kimsono I» äss8U8," sagte sie dann ruhig, .Dir ist das
Mvräch unangenehm." Mit dem Verständniß der Weltdame
Mete sie die Unterhaltung wieder in andere Bahnen; einem
Kondeldiorama gleich ließ sie die wechselnden Bilder ihrer
AMe an ihm vorüber ziehen, er versuchte, ihr zu folgen,
owohl er wieder und wieder an Magdalene denken mußte;
sn x trotzdem verstand Adelaide ihn zu fesseln, da das Ge-
wrach im banalen Fahrwasser verlies, sondern sie es
tzregend zu gestalten wußte. Sie hatte ja auch nur dies
Ziel jm Ange und setzte alles daran, daß es ihr gelang,
int anders, als die Männer, die sie bis jetzt mit Er-
ik- "" ihren Triumphwagen gekettet hatte, er allein hatte
l>^r widerstanden, vielleicht darum batte der Brand der Lei-
iMchgft sie ergriffen, — zum ersten Male hatte ein Mann
k»— Ltzonirt, und gerade dieses eine Mal, wo ihr Herz auf
"ein Spiele stand. _
Du wandtest dich von einem Herzen,
Das reich und das dein eigen war.
m Am anderen Vormittag saß Lothar von Reden seiner
li stzut gegenüber; er fühlte sein Herz wärmer schlagen unter
ein» ^siGuß der seelenvollen, ruhigen, blauen Augen, die mit
kn« . Ausdruck zärtlicher Liebe auf ihm ruhten, aber er
Sv n- "lcht hindern, daßZer das spöttische Lachen Adelaidens
ooren glaubte, als Magdalene von der erneuten Erkran-
«„M der Tante sprach und behauptete, sie bei der immer zu-
«Menden Hinfälligkeit und Schwäche nicht verlassen zu

können. Mehr im Ton als in den Worten lag die instän-
dige Bitte, nicht zu vergessen, daß sie der Pflegerin ihrer
Kindheit nnd Jugend Dankbarkeit schulde, die sie nur so ab-
zutragen im Stande sei, welche die meisten nicht ungerührt
gelassen hätte; bei ihm verfehlte es diesmal die Wirkung, er
wandte sich ab und sah düster vor sich bin. Adelaide hatte
trotz des kranken Vaters Zeit für ihn gehabt. Magdalene.
seine Braut, hatte ihm zuerst die Freude ausgesprochen, daß
ihre Tante eingeschlafen und ihr dadurch eine ruhige Plau-
derstunde vergönnt wäre; unwillkürlich verglich er gestern
und heut. Wie einfach war die Umgebung Magdalenens; eine
grüne Tapete, einfache altmodische Möbel, einige Bilder an
der Wand; nichts von dem Komfort, an den er von Kind-
heit an gewöhnt war, und den Adelaide um sich zu verbrei-
ten verstand. ... ., . °
„Lange hast Du mich Hingebalten. letzt ertrage ,ch das
nicht mehr, die Stunde ist da, wo ich mein Glück besiegeln
will. Du nimmst stündlich Rücksicht aus sie. die selbst keiner
fähig ist; so schwer mir es wird, diesen Gedanken zu. fassen.
Du scheinst damit zu sagen, daß Du sie mehr wie mich
liebst."
Es war der Ausbruch heftiger Erregung, die aus ihm
sprach, anschlagend an selbstgeknüpfte Bande, da diese sich sei-
nem Wille entgegenstellen wollten. Es folgte eine Pause —
todtenstill war es im Zimmer. Magdalene war aufgestanden,
weilgeösfneten Auges stand sie regungslos vor ihm. Keine
Thräne netzte ihre Wimper, es war ihr, als sei bei dem un-
gewohnten Ton seiner Stimme etwas in ihr gestorben, und
doch verrieth kein Zucken ihres Gesichts, wie tief er sie ver-
wundet. Es war ihr, als habe Eiseskälte ihr Herz erstarren
lassen, und doch schlug es hörbar. Ihr Inneres schien ihr
selbst seltsam verändert, als sei alles todte, ausgebrannte
Asche geworden, in der keine, auch nock so kleine Kohle glühte,
wo niemals mehr ein Hauch sie zur Gluth anfachen könnte;
eine unsagbare Bitterkeit erfaßte sie.
Schneller und schneller schien das Blut m ihr zupulstren,
ihr Herz schlug in verzehrender Angst, ihn zu verlieren; hatte
doch wirklich einst der Frühling der Liebe mit all seinem

Glanze ihnen geblüht und mit dämonischer Macht Einzug
in beider Herzen gehalten l „Lothar, wie konntest Du das
mir sagen I" brachte sie endlich hervor; ihre schwere Athem-
züge zeigten, wie sie litt.
»Willst Du sie aufgeben meinetwegen, Magdalene? Es
ist Eigensinn, mich immer Hinhalten zu wollen, das ertrWe
kein Mann; sie wird Ersatz finden und sich schließlich in das
Unvermeidliche fügen; sei stark und entschlossen, wenn Du in
Wahrheit mich liebst/ „Immer dieser Vorwurf," murmelte
sie dumpf, „wie kann ich Dir beweisen, daß ich Dich liebe?
Aber ich kann nicht gehen ohne ihren Segen; in den glück-
lichsten Stunden würde dieses Scheiden wie eine dunkle
Wolke mir erscheinen, und seine Schatten über die lichteste
Zukunft breiten: beweise Du mir Deine Liebe, habe
Geduld nur noch kurze Zeit." — „Ich lasse mich nicht länger
Hinhalten, Du siehst am Scheidewege, willst Du meinen
Wunsch erfüllen oder nicht? Alles hat seine Grenzen, hüte
Dich, mit meinem Herzen zu spielen." War es Lothar, der
diese Worte sprach? Regungslos hörte sie alles mit an. ohne
auszusehen fuhr er fort: „PflichtenMVflichten, — auch gegen
mich hättest Du sie, und hier spricht jetzt einzig die Liebe,
die Du mir dadurch entschieden nicht beweisest."
„Und dennoch liebe ich nur Dich," flüsterte sie fast unhör-
bar- Er schüttelte ungläubig das Haupt. „Ist es Liebe,
mich so zu quälen ? Ich glaube es nicht mehr." Mit rascher
Bewegung war er aufgesprungen, Zorn und Stolz flammten
in ihm aus. Hatte sie denn noch nie bemerkt, daß, wenn
seine Leidenschaft zum Aeußersten getrieben war, sie keine
Schranken mehr kannte; er schritt zur Thür: „Möchtest Du
nie bereuen, was Du thust, Magdalene." — Ich kann nicht
anders."
„Ist dies Dein letztes Wort?" — Mit heftigen Schritten
ging Lothar in dem Gemache auf und nieder, sein Blick ruhte
unverwandt auf Magdalene, die mit starrem Blick ins Leere
sah.
(Fortsetzung folgt.)
 
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