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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0359

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Xi-. 8V


DlMWtilz, den 6. April

I89S.

Arbeits- und Ruhezeiten in Ladengeschäften.
Die in der neuesten Novelle zur Gewerbeordnung an-
gestrebte Festsetzung einer Minimalruhezeit von
10 Stunden für die in offenen Verkaufsstellen
beschäftigten Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter,
sowie die ebendaselbst vorgesehene Herbeiführung eines ein-
heitlichen Ladenschlusses werden zur Zeit in den bethcilig-
ten Berufskreisen und deren Fachorganen lebhaft erörtert.
Bei dieser Gelegenheit treten vielfach Wünsche zu Tage,
bie über die Grundlinien des dem Reichstage vorliegenden
Gesetzentwurfes lheilweise weit hinausgreifen. Eine ganze
Anzahl kaufmännischer Vereinigungen ist bezüglich des La-
denschlusses der Meinung, daß eine allgemeine reichsgesetz
^che Regelung desselben platzgreifen müsse, während die
^ewerbegesctznovelle die höhere Verwaltungsbehörde ermäch-
tigt, auf Antrag von mindestens zwei Dritteln der bethei
tigten Geschäftsinhaber nach Anhörung der Gemeindebel
Hörden für alle oder einzelne Geschäftszweige anzuordneu,
öah während bestimmter Stunden in der Zeit zwischen 8
Uhr Abends und 6 Uhr Morgens oder in der Zeit zwischen
Uhr Abends und 7 Uhr Morgens die Verkaufsstellen
tür den geschäftlichen Verkehr geschlossen sein müssen. Die
Durchführbarkeit und Zweckmäßigkeit einer gesetzlichen Vor-
schrift über den gleichzeitigen Schluß der Verkaufsläden ist
ö°r einigen Jahren in der Kommission für Arbeiterstatistik
eingehend erwogen worden. Damals sind durch Umfragen
Mittelst Fragebogen und durch mündliche Vernehmung von
Auskunftspersonen die Ansichten und Wünsche sowohl der
Handelsgehilfen als der Prinzipale in weitgehendem Maße
Erkundet worden. Wenngleich schon damals die gesetzliche
Festlegung der Ladenzeit von mehreren Seiten, namentlich
öon den Gehilfenvereinen, als eine Nothwendigkeit darge-
uellt wurde, so fallen doch die praktischen Bedenken gegen
^ne schematische Regelung der Frage so schwer ins Ge-
richt, daß in der Gewerbcordnungsnovelle von dem Er-
iaß einer Zwangsvorschrift zur Verkürzung der Geschäfts-
önt Abstand genommen worden ist. Ist in einem Orte
überwiegende Mehrheit von Kaufleuten derselben Branche
..er Meinung, daß die Ladenzeit einzuschränkcn sei, so wird
M ihnen im Falle der Annahme des Entwurfs so wie so
Möglichkeit bieten, ihren Willen zu allgemeiner Geltung
öu bringen, wobei es von nicht zu unterschätzendem Vor-
teil ist, daß auf lokale und zeitliche Unterschiede gebührend
^uckstcht genommen werden kann. Die kaufmännischen
Bereinigungen, die sich darauf berufen, daß sie die Auf-
lösungen breiter Berufskreise vertreten, werden unschwer
viel Stimmen sammeln können, um eine einheitliche
Aale Ladenschlußstunde auch gegen die Opposition der
Minderheit durchzusetzen. Der Weg zum Ziele ist in der
Novelle gewiesen.
Bemängelt wird ferner, daß den Handelsgehilfen eine,
Ae Manche meinen, zu karge Ruhezeit (10 Stunden)
^gemessen wird, anstatt für die Gesammtheit der
Barkaufs laden die Arbeitszeiten zu normiren, womit an-
geblich auch denjenigen Geschäftsinhabern gedient wäre, die
^iu Personal in ihren Diensten haben. Dieser Einwand
von einer falschen Voraussetzung aus. Die Absicht
Gesetzgebers ist in erster Linie darauf gerichtet, den
^ufinännischen Angestellten Schutz vor Ueberanstrengung zn
Mähren. Dementsprechend wird zunächst diesen in ab-
EAgigen Stellungen befindlichen Personen eine angemessene
AAezeit verbürgt. Die selbstständigen Detaillisten, welche
Aein oder nur mit Hülfe ihrer Familie das Geschäft de-
rben, kommen hierbei nicht in Betracht. Fühlen dieselben
Bedürfniß, auch ihrerseits die Arbeitsstunden zu be-
^Hen, so steht ihnen solches auf dem Wege der Verein-

barung mit anderen Prinzipalen durch Einführung einer
allgemeinen Ladenschlußstunde frei.
Dem sozialdemokratischen Verlangen aber, die Mini-
malruhezeit durch einen möglichst kurz bemessenen
Maximalarbeitstag zu ersetzen, wird der Reichstag schwerlich
seine Zustimmung ertheilen. Ein solcher Antrag ist wohl
geeignet, die sozialdemokratischen Agitationen von Neuem
zu beleben, keineswegs aber, an Stelle des Guten etwas
Besseres zu setzen; vielmehr würden solche Anträge der
Erledigung des bedeutungsvollen sozialreformatorischen Ent-
wurfs beträchtliche Schwierigkeiten bereiten.
Endlich wird gleichfalls von sozialdemokratischer Seite
darüber Klage geführt, daß nicht alle in kaufmännischen
Berufen beschäftigten Personen der Wohlthat einer Sicherung
ihrer Ruhezeiten theilhaftig werden sollen. Der vorliegende
Gesetzentwurf ist aber ausgegangen von den Erhebungen
der Kommission für Arbeiterstatistik über die Arbeitsver-
hältnisse der in den Ladengeschäften thätigen Angestellten,
beschränkt daher seine Geltung auch auf die unter den
Titel VII der Gewerbeordnung fallenden Hülfspersonen in
den „offenen Verkaufsstellen". Da es nun unmöglich ist,
die auf Grund amtlicher Untersuchungen über die Ver-
hältnisse bestimmter Erwerbszweige vorgeschlagenen gesetz-
geberischen Maßnahmen auf andere Berufsgruppen auszu-
dehnen, für die das zur Begutachtung erforderliche Material
nicht vorliegt, so können auch die sozialdemokratischen Klagen
nur dazu dienen, das Zustandekommen des Gesetzes zu er-
schweren und zu verzögern.

Deutsches Weich.
— Wie der Berl. Lokalanzeiger berichtet, ist derKaiser
seit Charfreitag von leichtem Unwohlsein befallen. Ein
sogenannter Hexenschuß zwang ihn, während der Feiertage
das Zimmer zu hüten und theilweise auch das Bett. Das
Befinden des Kaisers hat sich jetzt so weit gebessert, daß
er am Dienstag Vormittag Vorträge entgegennehmen konnte.
Die Theilnahme an der Taufe beim württcmbergischen Ge-
sandten mußte jedoch noch abgesagt werden.
— In der Samoa-Angelegenheit hat England
noch kein Wort der Entschuldigung oder des Bedauerns
gefunden. Während die Amerikaner, denen man feines
Taktgefühl nicht gerade nachrühmen kann, so anständig
waren, ihr Bedauern über den Vorfall auszudrücken,
schweigt man sich in London aus. Wie sich immer deut-
licher herausstcllt, stecken die englischen Missionare hinter
den Jntriguen, die zum Kampf und Blutvergießen auf
Samoa geführt haben. Als Mataafa mit Vi° Mehrheit
zum König gewählt worden war, ließen sie den unmündi-
gen Missionszögling Tann mit der übrig gebliebenen
kleinen Minderheit ihrerseits zum König wählen, und setzten
dann mit Hilfe des amerikanischen Oberrichters jene Farce
einer Gerichtsverhandlung in Scene, die das Signal zu
den Kämpfen bildete. Den Tann glaubten die Miffionare
scher zu beherrschen und hofften von ihm Begünstigung in
der Steuer, während Mataafa, der katholisch ist, be-
bildere Rücksichten auf die englischen und die amerikani-
schen Missionare nicht nimmt und die Kopfsteuer von 1
Dollar streng einfordern ließ.
Eckernförde, 5. April. Zur 50. Wiederkehr
des Tages, au welchem im Kampfe der Schleswig-Holsteiner
gegen Dänemark bei Eckernförde ein Sieg über die
dänische Flotte erfochten wurde, waren aus allen
Theilen Schleswig-Holsteins Veteranen eingetroffen. Um
9 Uhr Vormittags fand auf dem Kirchhofe eine Feier am
Grabe Theodor von Preußer's statt. Auf Befehl des
Kaisers hatte sich das Panzer-Geschwader in die Eckern-

förder Bucht begeben, wo vor fünfzig Jahren fünf statt-
liche dänische Schiffe von zwei kleinen Strandbatterien ver-
nichtet wurden. Von der auf der hiesigen Rhede liegenden
„Oldenburg" war das gesammte Offiziercorps, sowie eine
Deputation von Matrosen anwesend. Der Kapitän der
„Oldenburg" legte auf dem Grabe Preußer's, sowie auf
dem dänischen Massengrabe eine Kranzspende nieder. Ober-
präsident v. Köller nahm ebenfalls an der Feier Theil.
Baden. Karlsruhe, 4. April. Bekanntlich wird in
Baden von Regierungswegen keinerlei Druck auf Beamte
über 70 Jahre geübt, des Alters wegen und mit Rücksicht
auf das neue bürgerliche Gesetzbuch aus dem aktiven Dienst
zu treten; gleichwohl erhält sich die Nachricht, daß mehrere
höhere Beamte der Justiz und der Verwaltung im
Laufe der nächsten Monate in den Ruhestand zu treten
gedenken. Diese Nachrichten treten unter Namensnennung
sehr bestimmt auf.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Vorstand der Generalstaatskasse, Geheimen Finanzrath Albert
Waag, das Ritterkreuz des Ordens Berlhold des Ersten ver-
liehen und ihn auf sein Ansuchen wegen vorgerückten Al-
ters unter Anerkennung seiner langjährigen treugeleiste ten Dienste
in den Ruhestand versetzt, den Vorstand der Zollrechnungsrevision,
Finanzrath Wilhelm Anselm, zum Vorstand der Generalstaats-
kasse und den Obersteuerinspektor Hermann Warth in Sinsheim
unter Verleihung des Titels Finanzrath zum Vorstand der Zoll-
rechnungsrevision ernannt.
— Obergrenzcontroleur Josef Mut sch eilest in Kadelburg
wurde in gleicher Eigenschaft nach Brennet versetzt.
Karlsruhe, 5. April. Bei dem gestrigen Besuch
des neuen Gebäudes der Allgemeinen Versorgungsanstalt
wurden die höchsten Herrschaften von dem Direktor der
Anstalt Geheimen Hofrath Dr. Clauß am Eingang be-
grüßt. Die Vorstände der verschiedenen Abtheilungen wa-
ren in der geräumigen Vorhalle versammelt und wurden
vom Direktor den Großh. Herrschaften vorgestellt. Dar-
nach besichtigten Ihre Königlichen Hoheiten das Gebäude
in allen seinen Theilen und ließen sich die Einzelheiten der
vortrefflichen Einrichtungen durch den bauleitenden Archi-
tekten, Baurath Hanser, erklären. Der Direktor stellte den
höchsten Herrschaften noch viele Beamte der Anstalt in ihren
Arbeitsräumen vor und erklärte den großartigen Betrieb
dieses erfolgreichen Unternehmens. Ihre Königlichen Ho-
heiten verließen nach 1'/- Stunden seh r befriedigt das
schöne Gebäude. Heute Vormittag erthei lte der Großher-
zog von 10 Uhr an bis IV, Uhr einer Anzahl Personen
Audienz, darunter einer Abordnung der Stadt Heidelberg,
bestehend aus dem Oberbürgermeister Dr. Wilckens und
den Stadträthen Ammann und Leimbach, ferner dem städt.
Oberförster Krutina in Heidelberg und dem Professor
Gerlach in Eberbach.

Auslarr d.
Oesterreich. Wien, 5. April. Abgeordneter Wolf
ist sammt seiner Familie am Freitag zur protestantischen
Kirche übergetreten. Seit 1. Januar find übergetreten in
Wien 230, Linz 128, Graz 119, Innsbruck 31, Laibach 7
Personen.
Schweiz. Bern, 4. April. Der Bundesrath hat zu
Delegirten an der Haager Abrüstungskonferenz er-
nannt: Dr. jur. Arnold Roth, schweizerischer Gesandter in
Berlin, Nationalrath Oberst Künzli und Nationalrath Odier
(Genf.) Als Sekretär wird der Delegation Dr. jur.
Suter, Adjunkt des eidgenössischen politischen Departements,
deigegeben.
Frankreich. Paris, 5. April. Hier verlautet be-
stimmt, der Vertrag zwischen Fra nkr e i ch und Deutsch-

1b)

Ein Frauenherz.
Erzählung aus dem Leben von A. M. Witte.

(Fortsetzung.)
^Frau von Alten selbst führte sie in ein behaglich einge-
r^tetes Zimmer, neben dem sich dasjenige Olgas, der Toch-
^ vom Hause, befand, welche sich sehr erfreut über diese
^Vtlmmuna -:u Magdalene, für die sie in jugendlicher

^"mmung zu Magdalene, für die sie in jugendlicher
stz^ärmerei sofort Zuneigung und Sympathie faßte, aus-
kg^-^enn Sie nicht zu müde und der Ruhe bedürftig sind,
P-M>en Sie noch zu uns herunter, der Thee wartet Ihrer."
dieser Aufforderung verließ Frau von Alten die jungen
^b°chen, welche auch bald darauf den Korridor durchschreitend
o die Treppe hinabsteigend den Speisesaal betraten-
deiii?!* prächtige Raum mit eichener Holztäfelung, die alt-
hMchen Nischen und Butzenscheiben harmonirten so durchaus
IjV. der ganzen Einrichtung, daß ein Gefühl tiefster Behog-
über Magdalene kam. Dazu die Liebenswürdigkeit
rigVriamilie vom Hausherrn an, welcher mit regem Interesse
tzs? allen Veränderungen in der Residenz forschte, bis zu
ter-«' öie über ihren Onkel und dessen ihr ungeheuer in-
le^üante Kameraden Näheres zu wissen verlangte; Magda-
Er? dEgriff es kaum, daß das Schicksal nach so vielen herben
dach lwungen ihr ein Haus geöffnet habe, das allem Anschein
Ne vergessen lehrte, was an Leid das Leben ihr gebracht.
Doch nun aufs Neu' in deine Nähe
Nach manchem Jahr mein Stern mich führt.
gegAkörere Wochen waren auf das angenehmste vorüber-
sl(j,„Zbu- Magdalene hatte sich ganz eingejebt; der erste
aouchx Eindruck war ihr geblieben,
zg 'A gab es der Stunden noch viel, der Vergangenheit
uken, und je mehr die Zeit verging, mit desto größerer
^dwob-» gedachte sie des Mannes, dem ihr Herz gehörte,
ve sie sich selbst immer und immer wieder sagte, daß eS

Unrecht sei, ihn zu lieben, daß ihr Stolz es schon nicht zu-
lassen dürfe. Unverständlich sind die Regungen des Menschen-
herzens, da dasselbe empfangene Beleidigungen verzeihen lehrt,
und so hatte sie auch keinen Vorwurf für ihn. Als Olga ihr
gestern aus Amaranth vorgelesen, war es ihr, als habe
sie selbst den Wunsch ausgesprochen: „Nur einmal in sein
Fenster sehen, nur schauen, ob er glücklich sei."
Fast drei Jahre waren seit jener Unterredung vergangen,
sie hatte niemals wieder von ihm gehört, nur seine ganz kurze
Zeit nach der Verlobung vollzogene Vermählung gelesen, —
wenn Erna etwas wußte, würde sie nicht davon sprechen, sie
erwähnte ihn niemals Magda gegenüber, sie zürnte ihm und
vergaß nicht, daß der Freundin Glück durch ihn vernichtet,
die Aussicht auf eine sonnenhelle Zukunft zerstört war.
Sie hätte dieselbe so gern an eines treuen Mannes Seile
geborgen gesehen, gesichert vor allen Kämpfen, und batte dies
in ihrem letzten Briefe an Magdalene ausgesprochen; daran
dachte dieselbe, als sie jetzt in die winterliche Landschaft hin-
aus sah. Vielleicht war es unrecht, ihr noch junges Leben
in Erinnerung an entschwundenes Glück zu vertrauern.
Erna batte Recht, andere Mädchen träumten nicht von Ide-
alen und wurden doch in einer nüchternen Ehe sehr glücklich;
warum sollte dies nicht auch bei ihr der Fall sein?
Als zum Weihnachtssest Brandenstein seinen Urlaub hier
Verlebte, war ihr klar geworden, daß. es nur dcS geringsten
Anstoßes von ihrer Seite bedurfte, um ihm den Muth zu
macken, sich ihr zu erklären; er sah nicht, daß seine junge
Nichte in besonderer Weise ihm zugethan war, er hatte jetzt
nur Augen für deren blasse Gesellschafterin, aber Magdalene
wollte mit dem Bilde eines Anderen im Herzen kein bindendes
Ja aussprechen. Sie hielt es für Betrug, Hoffnungen zu er-
wecken, die sie doch nie verwirklichen konnte.
Daß sie freudig als Verwandte ausgenommen würde, daß
sie nicht mehr heimathlos arm und abhängig wäre, überlegte
sie nicht, sie folgte einfach ihrem Herzen und lebte oft jene
schönen Tage in der Erinnerung; besser einmal volles
Sonnenlicht, als täglich ein blasser Strahl; einmal war sie
doch vollkommen glücklich gewesen; daran dachte sie auch jetzt,

als sie auf die winterliche Landschaft unter ihrem Fen-
ster sah.
Sinnend ruhte ihr Blick auf dem Bilde, das sich dort aus-
breitete. Feenhaft glänzten in der Ferne die Bergkuppen, hell
schimmerten die schneebedeckten Bäume des Parkes, leise
rauschte der Wind in ihren Wipfeln, sonst lag friedliche
Stille über der Gegend. Sie gedachte des Sommerabends,
wo sie gemeinsam den Sternenhimmel betrachtet hatten.
Mußte wirklich alles vorüber sein, wie ein kurzer, entzückend
schöner Traum? Gab es keine Brücke, sie zurück zu führen
in die selige Vergangenheit?
Schnell aufeinander folgendes Rädergetön ließ Magdalene
aufhorchen, fröhliche Stimmen klangen gedämpft zu ihr hin-
aus, fast hatte sie vergessen, daß der Geburtstag der Haus-
frau eine heitere Gesellschaft heute versammeln solle, und daß
sie schon längst unten sein müsse. Sie griff zu einigen Rosen,
ihre Toilette zu vervollständigen, als es teile an die Thüre
klopfte und ein brauner Lockenkopf sichtbar wurde. „Kommen
Sie schnell, Magda, es sind schon viele Wagen gekommen und
Onkel Axel hat Mama überrascht." Mit diesen Worten trat
Olga über die Schwelle: einen flüchtigen Blick warf Magda-
lene in den Spiegel, ob man auch nicht mehr die Spuren
ihrer Thränen sah, dann stiegen Beide die Treppe hinunter.
(Fortsetzung folgt-)

Kleine Zeitung.
— Geimpfte Gewehre. Aus Deutschsüdwestafrika wird der
Täglichen Rundschau geschrieben: Durch Verordnung des kaiser-
lichen Gouverneurs sollten in ganz Südwestafrika die Gewehre
gestempelt werden. In der Südhälfte, im Lande der Hottentotten,
erhoben sich Schwierigkeiten, weil die Eingeborenen fürchteten,
man wolle ihnen die Gewehre wegnchmen. Im Norden, im
Damaraland, ließ Hauptmanu v. Estorff die Stempelung der Ge-
wehre der Damaras durch den Leutnant Eggers, der vor zwei
Jahren auch die Impfung der großen Rindoiehheerden der Da-
maras gegen die Rinderpest mit großezn Erfolg geleitet hatte,
mit einer Abtheilung der Schutztruppen vornehmen. Hier verlief
 
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