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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0479

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Sonntags ausgenommen.
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monatlich SO Pf.
frei in's Hans gebracht.
Durch die Post bezogen
Vierteljahr!. 1.25
ausschließlich Zustellgebühr.
Fernsprech-Anschluß Nr.'82.



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15 Pf. für die Ispalttge
Pelitzeile oder deren Raum.'
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.

Gratis-Anschlag
der'Jnserate auf den Plakat-
v tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Xr. 10k. Wes Mit. 8i«stiz, den 6. Mai

I8S9.

Bestellungen
auf die Heidelberger Zeitung für die Monate Mai und
Juni werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
Agenten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Expedition, Untere Neckarstr. 21, fortwährend angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen für die Monate Mai
und Juni, wenn am Schalter abgeholt, 84 Pfg., mit
Zustellgebühr Mk. 1.14.

Deutsches N e i ch.
— Der Präsident des Reichstags, Graf Ballestrem,
thcilte am Schluß der Freitags-Sitzung mit, daß er nun
doch noch die zweite Lesung der Jnv alideri gef etz-
no velle am nächsten Mittwoch auf die Tagesordnung
setzen und vor Pfingsten noch nachdrücklich zu fördern ge-
denke. Im Hause besorgt man freilich angesichts der
absoluten Unthunlichkeit, in diese Berathung anders als mit
einem beschlußfähigen Haus cinzutreten, und angesichts der
leider nur allzu geringen Wahrscheinlichkeit, daß ein solches
HauS dann versammelt ist, daß es bei dem guten Willen
des Präsidenten bleiben wird und so die Zwangsferien
schon vor dem 11. Mai eintreten.
— In Betreff des neuen deutsch-amerikanischen
Kabels, das direkt nach New-Iork geführt und dort an
das Netz der Commercial Cable Company im Verein, mit
der Postal Telegraph Company angeschlossen werden soll,
theilt die Köln. Ztg. mit, daß die Vorbereitungen zur
Herstellung des Kabels im vollen Gange seien und daß
die Lothungen der Kabelstrecke demnächst beginnen. Alan
rechne allseitig daraus, daß spätestens Mitte des nächsten
Jahres der Betrieb beginne.

Deutscher Reichstag. Berlin, 5. Mai. Auf der
Tagesordnung steht der Gesetzentwurf betreffend die Ge-
bühren zur Benutzung des Ka is er Wi lh e l m-Kanal s.
Staatssekretär Dr. Graf v. Posadowsky führt aus: Die
Berkehrsverhältnisse auf dem Kanal sind noch nicht zu einem
Beharrungs-Zustand geführt worden. Wir wollen ver-uchen,
durch eine neue Festsetzung der Gebühren diesen Zustand zu er-
reichen, und werden die Frist nur auf drei Jahre bemessen,
damit die Interessenten so ihre Erfahrung zur Verfügung stellen
können. Ich bitte, den Entwurf in der vorliegenden Fassung
onzunehmen.
Der Entwurf wird ohne wesentliche Debatte in erster Lesung
erledigt.
Bei der zweiten Berathung des Entwurfs betreffend das
Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe berichtet Abg. Frese
(freist Ver.) über die Commissionsverhandlungen.
Der Entwurf wird in der Commissionsfassung angenommen.
Bei den Berichten der W a h l p r ü f u n g s c o m m i s s i o n
werden bezüglich der Abgeordneten Firzlaff, Börner und Ernst
Weitere Beweiserhebungen beantragt.
Die bezüglichen Anträge wurden angenommen.
Die Wahlen von Kropatschek und Jakobskötler werden für
Sistig erklärt.
Zu der Wahl v. Loebells (Westhavelland) hatte die Commis-
ston weitere Beweiserhebungen beantragt. Nach längerer Debatte
wird auf Antrag Bagermanns die Rückverweisung an die
Commission angenommen.
Das Haus erledigt eine Reihe von Petitionen und vertagt
sich auf Dienstag, 9. Mai, Mittags 1 Uhr. Tagesordnung:
Zweite Lesung des Antrages Liebermann v. Sonnenberg betreffend
Schächtvcrbot und weitere Initiativanträge.

Baden. L. 0. Karlsruhe, 5. Mai. Dienational -
liberale Bürgerschaft der Stadt Karlsruhe veran-
staltete heute zu Ehren der nationalliberalen Abgeordneten
KolosscumSsaale ein Bankett, das sehr gut besucht
war und bei dem sich, was mehr zu bedeuten hat, alle
Schichten der Bevölkerung mischten. Der Vereinsvorsitzende,
Professor Dr. Gold sch mit, eröffnete die Feier mit einer
herzlichen Begrüßung der Kammerfraktion, der sich auch
der wildliberalc Abgeordnete Flüge angeschlossen hatte.
Landgerichtspräsident Fieser schilderte die augenblickliche
Lage. Er zeigte, daß unsere Zeit von einem demokratisch-
radikalen Zuge beherrscht werde. Aber der Radikalismus
habe keine Grenze in sich selbst. Er müsse schließlich mit
h« Anarchie endigen. Auf der anderen Seite aber drohe
als Gegengewicht gegen den Radikalismus die Reaktion,
Und gegen diese beiden Mühlsteine der Zeit müsse das
Bürgerthum sich schützen. Dazu sei vor allem Disziplin
Und Selbstzucht nothwendig. Er wolle nur hoffen, daß
der Mißerfolg der Nationalliberalcn bei den letzten Wahlen
dei den Parteifreunden im Lande eine gleich gute Wirkung
uusübe, wie bei der Fraktion, denn diese sei einig, einiger
uls je zuvor. Zugleich habe sie auch das Gute erzielt,
Hst siegreiche Opposition, daß die Regierung den veränderten
Heitverhältnissen gegenüber immer mehr Farbe bekannte
Und daß zum ersten Male von der Regierungsbank ein
Mischer Ton wieder einmal erklungen sei. Wenn es auch
dem Chef der Opposition nicht angenehm sei, so spreche er
^ doch offen aus, daß der Staatsministcr die Vertrauens-
Eundgebung des Monarchen erntete, weil er in der ent-
scheidenden Stunde Energie zeigte. Wenn er aus dem
bvlitiichen Leben ausscheide, denn er stehe am Ende seiner
Laufbahn, so geschehe cs in dem Bewußtsein, daß ein
Liberales Bürgerthum für die Wohlfahrt des Staates nöthig
sti- Diesem widme er sein Hoch. Begeistert stimmten
Hst Anwesenden ein. Abg. Wittum feierte später die
hervorragendsten Mitglieder der Fraktion und brachte ein
^och auf dw allzeit treue, pflichtbewußte und thatkräftige
Bürgerschaft von Karlsruhe aus.

L.N. Karlsruhe, 5. Mai. Der Besuch des Prinz-
Regenten Luitpold von Bayern ist bis auf Weiteres
verschoben worden, wie verlautet in Folge Unpäßlichkeit
des Prinzregenten. Der Besuch dürfte voraussichtlich am
20. d. Mts. stattfinden, doch ist ein bestimmter Termin
hierfür noch nicht bekannt.
— Der Bericht des Abg. Dr. Wilckens über den
' Gesetzentwurf betr. 3jährige Berechtigung zum vollen Aktiv-
gehalt an Richter über 65 Jahre, die vor dem 1.
Januar 1900 in Ruhestand treten, anerkennt die leitenden
Gesichtspunkte, und nimmt nur Aenderungen an der Fassung
vor; die Erklärung über die Absicht, in den Ruhestand zu
treten, ist längstens bis zum 1. Sept. d. I. abzugeben.
Die Ausdehnung auf die Mitglieder des Verwaltungs-
gerichtshofs ist als berechtigt anerkannt und demgemäß zur
Annahme empfohlen. Eine Nöthigung zum Einlritt in den
Ruhestand findet nicht statt. So sehr man die reifere Er-
fahrung eines älteren Richters zu schätzen Weiß, kann doch
die Zumnthung der Einarbeitung in ein völlig neues Recht
mit zahlreichen Nebengesetzen nicht gestellt werden, und ist
auch angesichts der Rechlsumgestaltung eine gewisse Ver-
jüngung des Richterstandes wünschenswerth. Unter 219
richterlichen Beamten giebt es nur 19, die hier in Betracht
kommen; 14 davon haben schon jetzt ihre Pensionirungs-
absicht erklärt. Die jährliche Belastung der PensionSkasse
beziffert sich auf 27 300 Mk., wird aber im Gehaltsetat
durch die Anstellung jüngerer Richter mindestens gedeckt.
Badischer Landtag. Karlsruhe, 5. Mai. 143.
öffentliche Sitzung der Zweiten Kammer.
Präsident Gönner eröffnet nm 10'/^ Uhr die
Sitzung.
Abg. Fieser (natl.) erstattet den Bericht über die Frage der
Anwendung des Paragraph 8 Absatz 2 der Geschäftsordnung
auf den Fall, wo mehrere Abgeordnete eines Wahlbezirks in einem
Mahlgänge gewählt werden, und die Wahl angefochten wird- Er
verweist auf den gedruckten Bericht und beantragt:
8 8 der Geschäftsordnung der Zweiten Kammer erhält fol-
genden Zusatz als Absatz 3:
„Bezieht sich die Wahlprüfnng auf die Wahl eines Wahlbe-
zirks, in welchem in einem Wahlgange mehrere Abgeordnete ge-
wählt sind, so finden die Bestimmungen des Absatz 2, wenn die
Wahlbeanstandung sich nur gegen die Person des gewählten Ab-
geordneten richtet, nur auf diesen, wenn aber die Wahlbean-
standung auf das Verfahren bei der Wahl der Wahlmänner oder
der Abgeordneten sich bezieht, auf sämmtliche neugewählte Abge-
ordnete des betreffenden Bezirks Anwendung."
Der Antrag wird angenommen.
Abg. Leimbach (natl.) erstattet den Bericht über die Bitte einer
großen Anzahl nicht etatsmäßig angestellter Steuererheber
um Gehaltsregelung. Er beantragt lleberweisung zur Kenntniß-
nahme.
Abg. Straub (natl.) findet, daß in kleineren Bezirken, wo mit
geringen Steuerkapiialien gearbeitet wird, eine Entschädigung von
3 Prozent keine ausreichende Bezahlung sei. Dabei sei der Dienst
sehr komplizirt und durchaus nicht leicht. Auch in kleineren Be-
zirken müsse der Beamte jederzeit dienstbereit sein. Er halte es
daher für geboten, den Prozentsatz zu erhöhen. Ein weiterer
Uebelstand sei die Festsetzung der Vergütung nach dem Gesammt-
betrag der Steuer, obgleich es doch ein Unterschied in der Ge-
schäftsführung sei, ob die Steuerlast sich auf 4 oder auf 10
Steuerpflichtige vertheilt. Auch müsse der Erheber die Gefälle
für die Amtskasse und die Steuererhebung bei Gütern aus fremden
Gemarkungen ohne Gebühr erheben. Eine Reform, eine Erhöhung
der Gebühren und Erhöhung der Pauschbeträge für Bureauzwecke
scheinen ihm nötig, damit im Kreise der Beamten endlich Be-
ruhigung eintrete.
Abg. Frank (natl.) erinnert daran, daß er s- Z. schon bei der Be-
willigung der Steuer die ungenügende Entschädigung der Accisoren
betont habe, damals war die Regierung in ihrer Antwort nicht
sehr eutgegeugekommen. Wenn man geltend mache, daß die Pe-
titionen nicht nach Einhaltung des Instanzenwegs an das Haus
gelangte. Dann möge man aber gerade berücksichtigen, welche
Wirkung die Erklärung gehabt haben müsse. Er sei dafür, daß
die Entschädigung von 3 auf 5 Proz. erhöht werde. Angesichts
der heutigen Preis- und Lohnverhältnisse seien auch die Diäten
unzureichend. Die Regierung werde sich wohl durch die ungün-
stigen Verhältnisse dazu bewegen lassen, eine Verbesserung in den
Einnahmen der Accisoren eintreten zu lassen. Den Plan, mehrere
Orte zu einem Ortserhebungsbezirk zusammenzulegen, würde er
bedauern. Unsere Bevölkerung sei daran gewöhnt, daß in jeder
Gemeinde ein Accisor sei. Daran solle auch durch eine Gehalts-
regelung nicht gerüttelt werden.
Abg. Schüler (Ctr.) schließt sich dem Vorredner an und befür-
wortet den Kommissionsantrag.
Abg. Frhr. v. Stock Horner (kons.) verweist auf einen kon-
kreten Fall, wonach ein Steuererheber nach dem Gesetz, Anspruch
auf 480 Mark gehabt habe, aber nur 225 zuzüglich 95 Mark
Bureauaufwand erhalten habe- Er habe das Vertrauen in die
Finanzverwaltung, daß sie für Besserstellung sorge.
Abg. Neuwirth (natl.) ist dafür, daß die Tagesgebühren der
Steuererheber wieder auf 6 Mk. erhöht werden. Eine Verbes-
serung der Einnahmen sei nöthig im Hinblick auf die Vermehrung
der Dienstgeschäfte. Er bitte die Regierung sehr, dem Gesuch ge-
recht zu werden.
Abg. Keller (natl.) befürwortet den Kommissionsantrag.
Abg. Hug (Ctr.): Bei der Einführung des Beamtengesetzes habe
man die Gehalte der Steuererheber nach den Einnahmen aus den
Gebühren berechnet. Man habe keine Benachtheiligung der Be-
amten beabsichtigt, sondern eine Vereinfachung der Gehaltszahlung
und einen Schutz gegen die Schwankungen. Die jetzigen Lebens-
verhältnisse machen eine Verbesserung nöthig. Der Prozentsatz von
3 Prozent sei im Verhältniß für die Lohnzahlungen in kauf-
männischen Betrieben ziemlich günstig. Für Erhebung von Amts-
gefällen aus ärarischen Pachtgebühren müsse freilich Gehalt gestellt
werden. Dem Berichterstatter danke er für den ausgezeichneten Bericht.
Vizepräsident Lauck übernimmt das Präsidium.
Ministerialdirektor Becker ist mit dermAntrag einverstanden.
Leider haben sich die Petenten nicht an die Regierung ge-
wendet; wäre dies geschehen, dann wäre die Verhandlung frucht-
barer insofern gewesen, als die Regierung dann. Erhebungen
angestellt hatte und nunmehr über die Ergebnisse berichten könnte.
Werde der Kommissionsautrag angenommen, so werde die Re-
gierung die erforderlichen Erhebungen machen und sehen, was ge-
schehen könne. Es handle sich hier übrigens nicht um etatsmäßige
Stellen, sondern um Aemter, die im Nebenamt verwaltet werden.

Mit der Besetzung der Stellen habe die Regierung nie Noth ge-
habt. Demnach müßten denn doch die Gehälter nicht absolut
unzureichend sein. Die Grundlage von 3 pCt. für die Gebühren-
berechnung könne die Regierung nicht verlassen. Das Pauschale
für Büreauzwecke sei im Jahre 1892 erhöht worden, kriwa vista
möge er sagen, daß die Gesuche nicht überall zutreffend seien.
Aber die Regierung werde Alles genau prüfen. Die Stellung der
Pensionäre sei bereits gebessert. Die Erhebungen darüber, ob
8 41, Ziffer 3, wonach aus die Einnahmen aus dem Accisor-
gehalt die Pension angerechnet wird, aufzuheben sei, sind noch
nicht abgeschlossen.
Es sprachen noch Blattmann (Centr.), Pfisterer Antis.), Straub
(natl.), Frank (natl.) und Hug (Centr.).
Nach einem Schlußwort des Berichterstatters wird der Kom-
missionsantrag einstimmig angenommen.
Nächste Sitzung: Samstag 6. Mai, Vormittags 9 Uhe.
Elsaß-Lothringen. Straßburg, 5. Mai. Der
Kaiser nahm heute Vormittag auf dem Polygon die
Parade über die Straßburger Parade ab. Um 12 Uhr
begann die Parade, um 1'/^ Uhr kehrte der Kaiser nach
dem Statthaiterpalais zurück, wo das Frühstück eingenommen
wurde. Die Kaiserin hatte im Laufe des Vormittags ver-
schiedene Anstalten der protestantischen Kirchengemeinde, so-
wie die protestantische Kirche besucht. Die Abfart der
Majestäten nach Kürzel erfolgte um 3^ Uhr.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den
Hauptamtsverwalter Adolf Bau:ittel in Baden auf fein An-
suchen wegen leidender Gesundheit unter Anerkennung seiner lang-
jährigen treugeleisteten Dienste und unter Verleihung des Titels
Obersteuerinspektor in den Ruhestand versetzt, den Steuerkommifsär
Albert Schüler in Schwetzingen zum Kalastcrinspektor bei der
Steuerdirekliou ernannt, dem Fiuanzaffeffor Erwin Spuler
beim Steuerkommissärsdienst Karlsruhe-Stadt wurde der Dienst
des Steuerkommiffärs für den Bezirk Schwetzingen übertragen
und Steuerkommissär Heinrich Gutfleisch in Mosbach in
gleicher Eigenschaft zum Steuerkommissärsdienst Karlsruhe-Stadt
versetzt.
— (W e r k m e i st e rp r ü f u n g.) Nachgenannte Kandidaten
haben die in diesem Jahr abgehaltene Werkmeisterprüfung für
den bahn- und tiefbau-technischen Dienst ordnungsmäßig be-
standen und hierdurch gemäß Z 8 der landesherrlichen Verord-
nung vom 4. September 1896 das Prädikat „Werkmeister" er-
langt: Alois Ruf von Umkirch und Louis Staal von Metz.
Ausland.
Oesterreich-Ungarn. Wien, 4. Mai. Zahlreiche
tschechische Gemeinden der Olmützer Erzdiöccse petilionirten
beim Fürsterzbischof Dr. Kohn, Heuer nicht in Olmütz zu
firmen, da die dortige Stadtverlretung deutsch gesinnt
sei und die Tschechen nicht geneigt wären, die deutschen
Geschäftsleute in Olmütz zu unterstützen. Die Petenten
drohen, ihre Kinder nicht firmen zu lassen, wenn der Erz-
bischof ihrem Ersuchen nicht entspreche.
Frankreich. Paris, 5. Mai. In der Deputirteu-
kammer kam heute wieder einmal eine Interpellation zur
Verhandlung, die mit der Dreyfussache zusammenhängt.
Der Abg. Grouzy interpellirtc wegen der Suspendirung
der Vorlesungen des Prof. Duruy von der polytechnischen
Schule. Kriegsminister Freycinet sucht darzulegen, daß
thatsächlich die Fortsetzung der Vorlesungen unmöglich war,
weil die ganze Klasse Duruys wegen der Zeitungsartikel
des Professors gegen ihn demonstrirte. Da Freycinet öfters
unterbrochen wird, verzich et er schließlich darauf, sich
Gehör zu verschaffen, und verläßt die Tribüne.
Paris, 5. Mai. Der Figaro theilt mit, daß die
Veröffentlichung der Untersuchungsakten des Cassa-
tion sh ofs vorläufig unterbrochen werde. Die Ver-
öffentlichungen seien jedoch noch nicht beendet und würden
wieder ausgenommen werden. Gegenwärtig könnten gewisse
Schriftstücke nicht veröffentlicht werden. Für die noch
bevorstehenden Veröffentlichungen seien besondereUeber-
rasch ungen zu erwarten.
Asien. Shanghai, 4. Mai. Dank den Be-
mühungen des amerikanischen, des englischen und des deutschen
Generalconsuls ist eine Abmachung über die Aus-
dehnung der hiesigen F r c m d e n-N i ed e r l a ssun g
zustande gekommen. Dec Liceköuig hat gestern in Nanking
seine endgiltige Zustimmung gegeben. Der Taotai wird
den Konsuln auf halbamtlichem Wege den Wortlaut der
Abmachung mittheilen und eine Kundmachung erlassen, um
den Chinesen, die in der Niederlassung ansässig sind, mit-
zutheilen, daß sic in Zukunft der Controle und den
Steuern des Gemeinderaths unterworfen sind.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 6. Mat.
** Ihre König!. Hoh. -er Großherzog und die Großherzogin
trafen gestern Abend auf der Rückreise von Mannheim nach
Karlsruhe 7 Uhr 19 Min. hier ein und fuhren 7 Uhr 30 Min.
weiter. Bei der Abfahrt brachte die anwesende Menge ein don-
nerndes Hoch auf das großherzogltche Paar aus. ^ ^
* Bismarckgedenktag. Wir erhalten folgende Zuschrift: In
einer Reihe von Zeitungen fand sich vor wenigen Wochen, und
vor kurzem wieder in der Frankfurter Zeitung, folgendes Gerücht.
Die Heidelberger Universität habe eine Umfrage bei den übrigen
Universitäten bezgl. eines zu schaffenden Bismarckgedenktages ge-
halten, aber überall Ablehnung gefunden. Speziell habe sich
Bonn, wo das erste Corps alte Herren in höchsten Kreisen zähle,
ablehnend verhalten, was daher gekommen sei, daß dort der Wink
von hoher Stelle gefehlt habe. So sei dieser Gedenktag allgemein
ins Wasser gefallen. Diese sämmtlichen Behauptungen find voll-
ständig frei erfunden, sie entbehren jeder, auch der kleinsten
Spur von Wahrheit. Der Sachverhalt ist vielmehr folgender:
Es tagte im Dczcniber vorigen Jahres in Hamburg bekanntlich
jene Versammlung, zu der alle deutschen Universitäten und Hoch-
schulen beglaubigte Vertreter entsandt hatten. Diese Versammlung
beschloß erstens, den bekannten, mit so großem Beifall aufgc-
nommenen Aufruf an das deutsche Volk zu richten, in dem dieses
 
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