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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0161

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und den Plakatsäulen.
Telephon-Anschluß Nr. 82.

Ar. 3K. Zweites Statt.

Samstag, den 11. Kdcuar

I8W.

Acetylen.
d,- - Heidelberg. 11. Febr. Mittwoch Abend hielt im kleinen Saale
he- "Prinz Max" Hr. Gewerbelehrer E. Notzinger aus Mann-
d>on hiesigen Gewerbe- und Industrie-Verein hierzu ge-
ci„en Vortrag über: „Acetylen und dessen
N "ftische Verwendung für Beleuchtung?- und
hx.^zwecke." La der erste Vorsitzende des Vereins verbin-
stvi erscheinen, so begrüßte Herr Scherer die zu die-
d°s im zahlreich Erschienenen und ertheilie Srn. Notzinger
ij,,,^°rt. Redner sprach zuerst über die Entdeckung des Ace-
Ijrl, Tas Verdienst, es entdeckt z» haben, gebührt dem eng-
Chemiker Davy. Im Jahre 1896 versuchte er. Kalium
fick Jmcinirtem Weinstein und Kohle zu gewinnen. Es bildete
h-w», cin schrvarzer Rückstand, welchen er mit Wasser be-
e und dadurch das Acelylen erhielt. Der deutsche Ge.
ßin» dlöhler erhielt im Jahre 1861 durch Mischen von Kalk,
6^,'. v»d Kohlenstoff und Erhitzen des Gemenges zur Rothgluth
^"mcarbid. Er beobachtete, daß sich dieser Stoff bei Gegen-
Wasser zersetzte und sich daraus Acetylen entwickelte.
Ak»- "V dem Franzosen Berthelot verdankt man die vollkom-
Erforschung des Acetylens. Er gewann es durch direkte
2?'mZung seiner Bestandtbeile Kohlenstoff und Wasserstoff.
Wesen des Acetylens war wohl damit dargelegt, jedoch war
hjx 'verstellungsweise keiner industriellen Anwendung fähig. An
in >-"wirklichung der vorgesehenen Anwendung konnte man erst
> der Moiffau'schen Entdeckung denken In einer der
z. uvemjx der Wissenschaften am 12. Dccember 1892 vorgelegten
Hi'' lagt Moiffau: „Wenn die Temperatur des elektrischen
^ 3000 Grad erreicht, geräth das Material desselben, soaar
der!^°"""''c Kalk, ins Schmelzen, und fließt wie Wasser. Bei
orw. . Temperatur reducirt die Kohle schnell das Calcium-
lei-k. ""d das Metall entwickelt sich reichlich. Es vereinigt sich
da«, ? t der Kohle der Elektroden und bildet ein Calciumcarbid,
Ns.'etcht zu sammeln ist." Durch fortgesetzte Versuche gelang es
don ,2"' ivtärz 1894 reines und krystallisirtes Calciumcarbid
Aist bestimmter Zusammensetzung zu erhalten Einer seiner
zu - ^"Er, dullier, nahm, nachdem er die vom Calciumcarbid
ein »»senden Dienste erkannt hatte, s-bon im Februar 1894
a»^e ?^nt auf die Fabrikation des Calciumcarbid? und damit
des Acetylens. Nach Veröffentlichung der Moiffau'schen
iw w ""W im Sommer 1894 nahm ein Amerikaner Willson
fast Pf",cnt auf denselben Gegenstand. Im Jahre 1895 wurden
dem, '^Zeitig in mehreren Großstädten Vorträae über die Be-
de« des Calciumcarbids gehalten und eine völlige Umwälzung
si» -vcleuchtungswesens prophezeit. Aktiengesellschaften bildeten
öur Ausbeulung des neuen Produktes, bestehende Fabriken
b.„"en sich zur Herstellung desselben und erfinderische Köpfe
^sannen Apparate zur automatischen Herstellung des Acetylens

Kohle in bestimmtem Verhältniß vorhanden sind. Das
A°rylen ist das einfachste Kohlenwasserstoffaas und enthält 92.3
los/« und 7.7 Theile Wasserstoff. Es ist ein farb-
. Gas. Wenn es unrein ist. hat es einen unangenehmen
mmauchartraen, im reinen Zustande dagegen einen mehr an-
»rneyinei, ätherischen Geruch. Durch Druck oder Kälte kann
stäÄ leicht verflüssigt werden. Die Entwicklung der indu-
II'Ellen Anwendung des Gases wurde sehr durch die Furcht vor
nglucksfällen bei Gebrauch des Gases gehemmt. Doch
ew- ? letzt alle auf Unvorsichtigkeit zurnckzufnhren. Das
. aentliche Acetylen ist nicht explosiv. Es exvlodirt nur
d,""- wenn es sich in hinreichender Menge mit dem Sauerstoff
^ Luft vermischt, die Dichte des Gases zu eminent und der
.ruck 2 Atmosphären übersteigt. Redner zeigte einige höchst
«'ccessante Beispiele der Explosionsfähigkeit des Gases. Bei
"vollkommener Verbrennung entsteht ein starker Rußniederschlag,
^.die größte Explosivkraft des Acetylens stellt sich bei einem Ge-
von 12 Theilen Luft und 1 Theil Acetylen ein, während
z, bei dem Leuchtaas bei einem Miscbungsverhältniß von 6:1
Fall ist. Das Einathmen des Acetylens ist im Vergleich
dab gewöhnlichen Leuchtgas unschädlich. Trouve behauptet sogar,
hN leine Arbeiter bei einer Reizung der Athmungsorgane, wie
Ac>>, ?' Schnupfen rc. nach Einathmung von Luft, die mit
a„:'hlcn geschwängert war. Linderung verspürt hätten. Das
ez Eiuni-Carbid wird mittels elektrischer Oefen hergestellt, deren
hx.verschiedene Arten gibt. Redner zeigte die Einrichtung dreier
k 'Wiedener Oefen an Zeichnungen. Die Herstellung des
'ci„m, Carbids geschieht in Deutschland in den Werken von
-.^infelden, Bitterfeld und Veckershagen a. d. Weser. Auch be-
a ven sfxh grgßx Werke in Lutterbach bei Solothurn, in Froges
v Frankreich und in Amerika am Niagara-Fall. Um 1000 kg
^'cuim-Carbid zu erhalten, sind 900 kg Kalk und 575—590 kg

Durch die Versuche Moissaus
reine Calciumcarbid nur dann

wurde bewiesen,
sich bildet, wenn

daß
Kalk

Kohle, oder zu 1(0 kg Kalk 63—64 kg Kohle nothwendig. In
Deutschland kosten 1000 kg Calcium-Carbid 300—360 Der
Herstellungspreis, welcher sich auch nach den örtlichen Verhält-
nissen richtet, ist 130—170 Das feste Calcium.-Carbid ist
ein krystallinischer, undurchsichtiger, dunkelgrauer Körper, dessen
spezifisches Gewicht 2,2 beträgt und das hart wie Granit ist.
Die Aufbewahrung des Calcium-Carbids soll in luftdicht ver-
schlossenen Behältern geschehen, da sich sonst der Wasserstoff der
Luft mit ihm verbindet und dasselbe zersetzt. Da sich dadurch
das Acetylen-Gas entwickelt, so ist die Gefahr bei der unbewachten
Zersetzung groß und somit die größte Vorsicht anzuwenden.
Hierüber bestehen auch Verordnungen; die badischen Verord-
nungen in diesem Betreff wurden von Herrn Notzinger ver-
lesen. Die Apvarote zur Erzeugung des Acetylens, welche
seit den zwei Jahren cebaut wurden, sind äußerst zahlreich.
Redner erläuterte eine» Apvarat, welche» er zu seinem Vorträge
aufgestellt hatte, in anschaulichster Weise. Der Apparat speiste
12 Gasflammen, welche ein sehr Helles, mildes Licht, ähnlich
dem Gasglllblicht, verbreiteten Zu Kochzwecken eignet sich das
Acetylengas sehr schlecht, da es zu wenig Wärme gibt und da-
durch zu theuer wird. Das Acetylen eignet sich zu jeder Anlage
und wird sogar schon bei der Photographie, zur Speisung von
Motoren, Betrieb von Fahrräder» rc verwandt. Zur Beleuch-
tung ist es sehr zu empfehlen, da es bis jetzt das hellste Licht
ist. Auch zur künstlichen Erzeugung des Alkohols ist das
Acetylen schon verwandt worden. Zum Schluß zeigte Redner
noch einen von ihm selbst konstruirten Apparat, welcher sich durch
erstaunliche Einfachheit auszeichnete und tadellos funktiontrte.
Bei der Acetylengas-Entwickelung empfiehlt es sich, die Apparate
so einfach wie nur möglich zu bauen, da sich dadurch die Ex-
plosionsgefahren entschieden vermindern. Vor Allem sind die
nöth'gen Vorsichtsmaßregeln zu beobachten und ist gewissenhafteste
Behandlung erforderlich.—Reicher Beifall belohnte Herrn Notzinger
für seinen in allen seine» Theilen äußerst interessanten, lehr-
reichen Vortrag. Herr Scherer dankte dem Redner im Namen
der Anwesenden für den Vortrag und forderte dieselben auf, sich
zum Zeichen des Dankes von den Plätzen zu erheben, was ge-
schah. Darnach erläuterte ein Herr der vor einigen Wochen
ins Leben getretenen Internationalen Acetylen-Äpparate-Fabrik
G. m. b. H. hier einen von derselben ausgestellten Apparat,
welcher ebenfalls tadellos funktiontrte. Der Apparat hat den
großen Vortheil, daß er nicht cxplodiren kann, da, wenn er nicht
genügend abgewartct wird, sich der Betrieb bei demselben von
selbst einstellt. Die Ausführungen des letzten Redners wurden
ebenfalls mit Beifall nusaenommen.

Aus Stadt und Land.
O Aus dem Murgthal, 7. Febr. Letzten Sonntag hielt der
b ad. Obstbauverein, dessen Bestrebungen auch manchem
Leser dieses Blattes bekannt sein dürften, eine Besprechung in
Staufenberg ab, um auch diesen durch seine Lage und sein
Klima für den Obstbau wie geschaffenen Ort für einen rationellen
Obstbau zu gewinnen. Die Herren Hofgärtner Fießer auf Schloß
Baden, Direktor Dühmig und Uhlig aus Bühl hatten es über-
nommen. die Einwohner Staufenbergs auf einen rentablen
Obstbau aufmerksam zu machen und womöglich dafür zu ge-
winnen. Herr Dühmig. der zunächst die überaus günstige Lage
Staufenbergs hervorhob, sagte in seinem längeren Vortrage, daß
zu einem rationellen Obstbaubetrieb nicht, wie auch in Stauffen-
berg üblich, „viel Bäume und vielerlei Sorten", wohl aber
„viele Bäume mit möglichst wenigen, aber erprobten
Sorten" nöthig seien. Des weitern machte er die Anwesenden
mit den Vortheilen bekannt, die der bad. Obstbouverein seinen
Mitgliedern gewährt und wies auf richtigen Baumsatz und reich-
liche Düngung der Obstbäume hin. was beides zu einem rentablen
Betriebe unerläßlich sei. Herr Hofgärtner Fießer sprach nun
über die in der großh. Hosgärtnerei in Baden geprüften und er-
probten Sorten von Frühobst, die allgemein empfohlen werden
könnten und zwar sowohl von Kern- als von Steinobst. Beide
Herren führten Bühl und Umgegend als Beispiel an, was aus
einem systematisch betriebenen Obstbau erzielt werden könnte.
Herr Fießer verfügt über reiche Erfahrungen im Obstbau, für
den er sich schon unendlich viele Verdienste erworben. Bekannt-
lich war er cs. der den Bismarckapfel in Deutschland einführte
und durch Kreuzungen schon viele neue Sorten gezüchtet, so auch,
wie wir vorigen Herbst in diesem Blatte gemeldet, die sehr em-
Pfehlenswerthen Aepfclsorten „Fießers Erstling" und
„Großherzog Friedrich". Herr Uhlig, der ganz besonders
ein Beerenobstzüchter zu sein scheint, empfahl »och — da ja
Staufenberg durch seine Erdbeer- und Stachelbecrkulturen weithin
bekannt sei — mehrere Erdbeer- und Stachclbeersorten, die ganz
besonders für den Versandt sich eignen. Daß die belehrenden
Worte der Herren Anklang fanden, kann daraus gefolgert werde»,
daß sich 35 unter den Anwesenden als Mitglieder des bad

Obstbauvereins meldeten. Es war wirklich an der Zeit, daß auch
einmal bezüglich des Obstbaues unter den Bewohnern unseres
Thales die Worte erklangen: „Es werde Licht!" Andere Gegen-
den dürften auch den Lehren des bad. Obstbauvereins lauschen
und sie beherzigen. Wenn auch nicht alle durch Lage gleich aus-
gezeichnet sind, um feines Tafelobst zu erzeugen, so muß man
eben anderswo die erprobten Mostobstsorten pflanzen und Pflegen,
was nicht minder gewinnbringend ist. Diese Gegend Tafel-,
jene Mostobst wäre gewiß die richtige Einthcilung und Jeder-
mann wüßte, wo er die ihm genehme oder benöthigte Obstsorte
haben könnte, und jede Gegend würde gewiß befriedigende Ein-
nahmen erzielen.
ö. dl. Kork, 9. Febr. Vorgestern wurde hier im Beisein der
Herren des Aufsichtsraths und des Landesausschusses, unter
denen wir besonders die beiderseitigen Vorsitzenden, Geh. Reg.-
Nath Teubner und Freiherr» A. v. Göler bemerkten, das neue
Gebäude der hiesigen Heil- und Pflegeanstalt
für epileptische Kinder eiugeweiht. Dasselbe ist be-
stimmt, die Mädchenabtheilung und die weiblichen Pensionäre
aufzunehmen, während das bisherige Mädchenhaus (früher
Aßmuß'sche Haus) nunmehr den älteren Knabenfamilien und
männlichen Pensionären eingeräumt ist. Zur Zeit befinden sich
20 weibliche und 40 männliche Kranke in ver Anstalt. Nach der
Erweiterung ist nun besonders für Pensionäre mehr Platz vor-
handen. Es können im Ganzen jetzt 8 weibliche und 8 männ-
liche Pensionäre ausgenommen werden. Ein großer Vorzug der
Erweiterung ist auch, daß jetzt wenigstens die Knaben auch nach
Erreichung der Altersgrenze noch länger in der Anstalt bleiben
und in den Werkstätten derselben (Schreinerei, Schusterei,
Schneiderei, Buchbinderei) sowie in dem großen Garten der
Anstalt eine» Lebensberuf erlernen können. Der Kostenaufwand
für die Erweiterung betrug ca. 65000 Mk., welche einstweilen
durch Anleihen gedeckt werden sollen.
k. Aus Baden, 6. Febr. Wohl kein Stand hat aus eigenem
Antriebe so viele Unterstützungsvereine gegründet als der Lehrer-
stand; allerdings war eben die pekuniäre Lage die Hanpttricb-
feder, gegenseitig im Unglück zusammenzustehen. So entstanden
der Pcstalozziverein, der den Hinterbliebenen eines Lehrers über
1000 Mk. auszahlt; ferner das Wittwen- und Waisenstift, das
jährliche Renten an die Hinterbliebenen spendet; dann besteht
der auf Gegenseitigkeit gegründete Feuerverstcheruiigsverein
„Konfraternitas", der bei Brandunglück eintritt, endlich wurde
vor 16 Jahren der „Verein unständiger Lehrer" gegründet, der
bei andauernder Erkrankung eines nicht etatmäßigen Lehrers von
dem Zeitpunkt an, wo die Weiterzahlung des Gehaltes aufhört,
eine monatliche Unterstützung von 50 Mk. gewährt und zwar ein
volles Jahr lang. Diesem außerordentlich segensreich wirkenden
Verein gehören fast alle Unterlehrer, Hilfslehrer und Schul-
verwalter als bezugsberechtigte Mitglieder an, z. Zt. annähernd
1000; außerdem gehören dem Verein viele Hauptlehrer als
außerordentliche Mitglieder an. Dabei ist die jährliche Prämie
sehr niedrig, im verflossenen Jahre 3 Mk. 50 Pfg., im jetzigen
2 Mk. 50 Pfg. Selbstverständlich erfreut sich ein so wohllhätig
wirkender Verein des Wohlwollens der Schulbehörden und bet
seinen Generalversammlungen sind jedesmal Vertreter anwesend.
Die letzte Generalversammlung, die am 28. Januar in Mos-
bach stattfand, hat wieder feststellen können, daß der Verein
auf gutem Boden siebt. Als neuer Vorstand wurden gewählt
die Hrn. Beck, Kipphan, Herd (alle in Mannheim), Bern-
hard in Karlsruhe. Gewiß werden auch weitere Kreise diesem
edlen Streben der Lehrer nach Selbsthilfe ihre Anerkennung
nicht versagen können.
Für die Redaction verantwortlich: F. Montua fit Heidelberg.

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grössts 4.usv»tll in llaguottos, Usgsumäatsl, Oapss, Lrsgsu, Oontumcs
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elegantesten Dame» haben auf den
antiken Cold-Creom, welcher ranzig wird
und dem Gesichte einen glänzenden Schein gibt,
Verzicht geleistet. Sie haben die Oröms
»li»o», den ^»Lsr Ls H!r: und die Ssiks
8!mo», welche die gesündeste und wirksamste
Parfümerie bilden, adoptirt. Man prüfe dieFabrikmarke.
L. Sima», Paris, sowie in Apotheken, Parfümerien,
Bazcus und Toilette-Artikel führenden Geschäften.


Hierzu Heidelberger Familienblätter Nr. l2.
Inhalt: Stademann und Tochter. Erzählung von H. Renö
(Fortsetzung.) — Die Krankheit der Hasen. — Vermischtes. —
Für den Büchertisch.

4)

Eine Ueberraschung.
Fastnachtsgeschichte von Erich zu Schirfeld.

(Schluß.)
-Hag mal mein Junge, wie gefallen Dir die Damen?"
»großartig, Mutter, herrlich! Sie ist bezaubernd!"
-Welche denn. Fritz?"
>N»tn es mehr als eine geben? Sie. die Einzige!"
dos ist wahr," meinte die alte Frau. „Dir ist nicht zu
oen. Abxi: meinen Segen im voraus, mein Junge!"
„Spotte nicht Mutter! Die und — ich!"
fr ',-^ch spotte garnicht," sagte sie weich. „Gesteh ihr alles,
" ne, — sie wird nicht nein sagen!" —
"Aber — um Gottcswillen. — woher weißt Du?"
,'ne Mutter weiß alles. — Nun geh, mein Sohn, mach'
^fein und sei nescheidt!"-
4tald nach elf Uhr trat der Pastor ins Wohnzimmer der
där» Kontor. Er trug ein paar Rosen, um die der Guts-
sg-"stcr das Gewächshaus beraubt hatte, in der Hand und
a," 'chx feierlich aus. In dem Zimmer saß die Frau Amt-
ye>, Lvnz allein. Sie batte ihn kommen sehen und ging ihm ei-
„g- Schritt entgegen. Nach einigen alltäglichen Worten
ttw s Matz. Die Stimmung auf beiden Seiten batte
Don Gezwungenes, eine gewisse Spannung lag in der Luft.
räusperte er sich, nahm einen energischen Anlauf und
cgann: ,
KgT^ch weiß nicht, verehrte Freundin, ob Ihnen mein alter
hob- '"*ane, der Gerichtsrath Mertens, von dem gesprochen
viaa waS — ich ibm einst mitgctheilt habe. Indessen,
ein- Zusammentreffen nun ein rein zufälliges, mao es
Fügung GotteS sein, der die Herzen lenkt wie Wasser-
viein'c^ jedenfalls hat das Zusammensein mit Ihnen auf
inneres einen Eindruck gemacht, der Ihnen nicht ver-
äeblieben sein kann. Es ist. . ."
tz^'^ardon, Herr Pastor." unterbrach sie ihn. „ich glaube
^ ast . Zu bören. Die Kinder können jeden Augenblick —"
"Welche Kinder?"

„Das ist's, was ich Ihnen sagen will, Sie sollen es von
mir zuerst bören, das glaube ich Ihnen schuldig zu sein.
— Es ist eine Neuigkeit, die Sie überraschen wird. — Fritz,
— der junge Kantor und meine Tochter haben sich heule in
aller Frühe — verlobt!" —
Pastor Walther war aufaestanden und sank nun blaß und
roth werdend, auf den Stuhl zurück.
„Nickt wahr?" lächelte die Frau Amtmann, „das nennt
man eine Ueberraschung!"
„Allerdings," stammelte er, „das — das — nein, wahrlich,
dos hätte ich nicht erwartet." Er war keines weiteren
Wortes mächtig und sann schweigend nach. Dieser Fritz! So
ein Mensch! Da; u hatte er ihn — so zu sagen — erzogen-
Dock was halfs? Hatte er nicht gestern der alten Frau
Kantor pesagt, daß er die Folgen zu tragen wissen werde? —
Nun jo, über die getäuschten Hoffnungen kam er hinweg, er
war ja kein Jüngling mehr. Aber — die Blamage! Zuweit
batte er sein Herz geöffnet. Er kam sonst nie um eine Pas-
sende Wendung in Verlegenheit, hier aber versagte seine
Kunst. — Aschermittwoch! . . . .
Die Frau Amtmann weidete sich an dem Effekt, den ihre
Worte gemacht hatten. Dann sagte sie harmlos:
„Ja, mein Herr Pastor, so etwas verblüfft förmlich, mir
ist es ebenso ergangen. Die Jugend von beut ist schnell im
Reden und Handeln. Aber wie ich Ihnen schon gestern
sagte, ich liebe die raschen Entschlüsse und wie ich zu meiner
Freude sehe, haben auch Sie sich" — hierbei lächelte sie
schalkhaft — „nach dieser Richtung hin vervollkommnet." Und
ernster werdend fuhr sie fort: „Es ist nun an mir, Ihnen
auf Ihre Worte von vorhin zu antworten. Sie haben Recht.
— Ihr Empfinden ist mir nicht verborgen geblieben, weder
jetzt noch — damals. Jetzt haben Sie endlich den Muth ge-
funden, der Ihnen einst fehlte. Denn wenn auch Ihr Mund
noch nicht gesprochen hat — die Rosen reden für Sie, die
Blumen der Liebe, für die ich Ihnen danke." — Sie reichte
ihm ihre Hand. Wie ein Träumender sah er in ihr erglühen-
des Gesicht und da sah er sie wieder — wie einst. Ja, sie
war noch immer schön, sie war klug, sie war — seine Ret-

terin. „Fügung Gottes!" murmelte er. Dann wurden seine
Augen hell. Er breitete seine Arme aus und — dann
herrschte sekundenlanges Schweigen. —
Gleich darauf trat das junge Brautpaar, strahlend vor
Glück, ins Zimmer. Da sagte der Pastor zu sich selbst:
„Alter Freund, Du hättest beinah eine r kapitale Eselei be-
gangen." Nun aber war er mit sich zufrieden. —
Als er in das einsame Pastorbaus zurückkehrte, in dem
nun bald neues Leben erblühen sollte, kam ihm Brigitte ent-
gegengeschlichen.
„Ach Herr Pastor." jammerte sie. „sie haben mich doch
allein gelassen — die ganze Nacht. Friederike ist zum Fast-
nachtsball gewesen und hat sich mit Bauer Meinecken keinem
Knecht Karl verlobt. All zum Ersten zieht sie ab und Ostern
soll Hochzeit sein. So 'ne Welt! So 'ne Welt!" Der Pa-
stor aber legte seine Hand auf Brigittes Schultern und rief
mit komischem Ernst:
„Danken Sie Ihrem Schicksal, Brigitte, das Sie ans
Bett scsselte. Ich sage Ihnen, es war eine folgenschwere
Nacht und das VerlobungSfieber ist oft epidemisch!" —
Mit seinem Freunde Mertens war aber Pastor Walther
nicht ganz zufrieden. Der war ja mit schuld daran, daß er
alter Knabe sich mit Gedanken getragen hatte, die ihm ver-
nünftiger Weise nicht hätten kommen dürfen. Da erhielt er
nach wenigen Tagen einen Glückwunschbrief vom Freunde
und mit ihm die Aufklärung. Mertens schrieb unter Anderem :
„Du siehst, daß ich besser gethan hätte, die diplomatische
Laufbahn zu betreten, denn der Erfolg meiner Ideen über-
trifft alle Erwartungen. Daß diese Frau Dein Herz aufs
neue gewonnen hat, überrascht mich nicht, daß aber auch
das Kind dort sein Herz sobald verlieren sollte, — das
hatte ick nicht erwartet. Ich hätte sie so gern einmal als
Pfarrers Töchterlein gesehen, denn sie war, wie ich Dir
schon schrieb, wirklich wie geschaffen für ein Pfarrhaus."
Darauf las der Pastor den ersten Brief noch einmal.
Dann schlug er sich mit der Hand vor die Stirn und sagte
nur: „O, Herr Pastor!" —
 
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