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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0271

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Xr. 81.

M»»tiß, den 13. Wy

1899.

Zur Militärvorlage.
Wenn man den Verlauf der Kommissionsverhandlungen
über die Militärvorlage unbefangen rückwärts verfolgt,
dann tritt klar zu Tage, datz es bei den bisherigen
Beschlüssen der B udgetkommissio n nicht blei-
ben kann. Daran ändert nichts, daß die Mitglieder des
Centrums, zumal im Vergleich zu früheren Verhandlungen
solcher Art, eS an Sachlichkeit und Entgegenkommen nicht
haben fehlen lassen, noch daß ihre Stellung nichtsehr leicht ist.
Was diesen Punkt anbetrifft, so tritt schon jetzt klar her-
vor, daß der bayrische Zentrumsflügel mit der Ausnahme
des Abg. Frhrn. v. Hertling, selbst den Beschlüssen der
Budgetkommission, den Lieber'schen Anträgen, nicht freund-
lich gegenübcrsteht. Weiler kommt in Betracht, daß die
kleine Centrumspresse im Lande, und diese hat viel Ein-
fluß — noch immer in den Traditionen einer radikalen
Militäropposition lebt und webt, wie sich noch in der
letzten Woche, kurz bevor die Kommission über die Militär-
vorlage berieth, sehr deutlich gezeigt hat. Um so mehr
erkennen auch wir insbesondere an, daß die Centrums-
jührung, nachdem sie für die Artillerieforderuugen ein-
getreten war, bereitwillig die Kavallerievermehrung au-
nahm, obwohl von radikaler Seite gerade diese Forderung
unter ein Feuer von bösartigen Schlagworten genommen
worden. Das rechtfertigt aber die Behandlung der Jn-
fanterieforderungen nicht, die als sachgemäß nicht an-
gesehen werden kann.
Eine grundwesentliche Frage, die mit der Militärvor-
lage gelöst werden soll, ist die Beseitigung der Un Zu-
träglichkeit eu, die sich in der Ausbildung der Fuß-
truppen in Folge der zweijährigen Dienstzeit ge-
zeigt haben. Die Vorlage forderte eine Verstärkung der
Infanterie um 172 Offiziere, 248 Unteroffiziere, 11279
Gemeine und Gefreite, die in der Weise auf die ver-
schiedenen Bataillone vertheilt werden sollten, daß künftig
vorhanden sind:
607 Bataillone zu 559 bezw. 569, bezw. 573 Mann,
118 „ zu 639 bezw. 660 Mann.
Die jetzt angenommene Fassung der Militärvorlage, welche
einen Abstrich an Infanterie von 7006 Mann bedeutet,
setzt eine Durchschnittsstärke für die Bataillone von 582
dis 583 Mann voraus. Gleich in der ersten Lesung in
der Budgetkommission aber hatte der Kriegsminister den
Antrag Gröber, eine Durchschnittsstärke sogar von 584
Mann per Bataillon der künftigen Präsenzstärke zu
Grunde zu legen, mit aller Bestimmtheit als unannehmbar
erklärt und nachdrücklich betont, daß durchschnittlich 600
Mann bei der zweijährigen Dienstzeit als etatmäßige
Bataillonsstärke nothwendig seien. Lediglich aus finanziellen
Gründen habe sich die Regierung beschränkt und nicht so
viel gefordert. Unter 590 Mann per Bataillon könne sie
Vicht heruntergehen, das würde schon eine Absetzung von
2035 Mann bedeuten. Ebenso hat der sächsische Militär-
devollmächtigte erklärt, daß der gedachte Antrag eine ge-
ordnete Ausbildung der Mannschaften unmöglich mache,
lind nun soll noch gar unter diesen Satz heruntergegangcn
werden!
Die Erhöhung der bisherigen Bataillone mit niedrigem
Etat und die Verstärkung der künftigen Bataillone mit
Mittlerem Etat hat, wie die Heeresverwaltung nachgewiesen,
lediglich den Zweck, die Mängel der zweijährigen Dienst-
zeit auszugleichen. Um so mehr aber fühlt sich offenbar
vie Heeresverwaltung verpflichtet, an dem angeführten
Mindestdurchschnittsmaß festzuhalten, wo sie sich in so
bindender Form dahin ausgesprochen, die zweijährige
Dienstzeit beizubehalten. Es kommt weiter hinzu, was
virch Vertreter der Reichsfinanzverwaltung vor dem

Der erste Maskenball.
15) Novelle von I. Leopold Lchiener.
(Schluß.)

Die junge Dame war. als sie den Mann, der seit dem
Maskenball all' ihre Gedanken erfüllte, in seiner menschlichen
Schönheit vor sich sah, wie festgebannt an ihrem Platze.
Mpurglutb übergoß ihre Wangen, ihr Blick senkte sich ver-
ichämt zu Boden.
^ So anmuthsvoll und schön batte sich Doktor Waldheim
0En neckischen Blondkopf doch nicht gedacht, und er war der-
swtig angezogen von der Lieblichkeit ihrer Erscheinung, daß
jbln Auge staunend an ihrer Gestalt haftete und er vergaß,
'einen Platz wieder einzunehmen.
Das reizte den Humor seiner Tante und sie fragte mit
^aiine:
«>, ,-Erkennst Du in Fräulein Ada eine Bekannte oder erräth
üblicher Scharfblick die Krankheitsursache der jungen
-^ai,,e?»
k »Sie sind unwohl, Fräulein?" fragte er und trat auf
zu.
^»Sie klagte vorhin über Migräne." fiel die Justizräthin

^ -Migräne kann, wenn sie nicht durch die Nerven ver-
, Kacht ist, auch aus dem Herzen kommen, besonders bei
^"gen Damen, die einen Maskenball besucht haben!"
scü "ahm ihre Hand in die seinige: sie ließ es ruhig ge-
sehen, ohne den Blick zu erheben. Er fühlte, wie die
Hand zitterte.
Er neigte sich zu ihr und flüsterte:
d »Die Sommersprossen finde ich zwar nicht, ebensowenig
. v Höcker, und doch glaube ich, die fliehende Spreewälderin
Ivasro^ ^->-"bcn- Wollen wir die beiden Schleisenhälften
s.j »Nein, nein," hauchte sie, »sie würden mich noch trauriger
"'Minen!"
»Warum traurig?"

Reichstag ausgesprochen, daß bei der Aufstellung der
Heeresforderungen mit äußerster Sparsamkeit vorgegangen
und alles abgesetzt worden, was nicht technisch als un-
erläßlich und finanziell zu rechtfertigen war. Selbst der
Abgeordnete Richter hat nachgewiesen, daß, nachdem die
ganzen Hecresformationen bewilligt find, die Verminderung
der Präsenzstärke nach den Vorschlägen des Centrums eine
Ersparniß von doch nur wenigen Millionen Mark an den
anderen Ausgaben bedeutet.
Wir betonen nochmals, und haben allen Grund dazu,
daß man sich über den Ern st derSituation keiner
Selbsttäuschung hingeben möge; um so eher wird
eine Verständigung angebahnt werden können, die auch
den technischen Erwägungen der militärischen Autorität
genügend Rechnung trägt, daß bis zur oder in der zweiten
Lesung die Vorlage eine annehmbare Fassung erhält. Die
Verpflichtung, dafür mit allemNachdruck zu wirken,
steht bei der Regierung; die ihr obliegende Ver-
antwortung kann ihr keine Partei abnchmen.

Deutsches Reich.
— Die Times begrüßen sehr lebhaft die Thatsuche,
daß Cecil Rhodes vom deutschen Kaiser em-
pfangen worden ist. Durch die Audienz lösche der
Kaiser hochherzig die peinliche Erinnerung des Jameson-
schen Einfalls aus. Da hat die Times wieder einmal
den arrogantesten Ausdruck für das gefunden, was sie
sagen will, es sei denn, daß sie hat sagen wollen, der
Kaiser habe die peinliche Erinnerung bei sich ausgelöscht
und nicht etwa bei den Engländern, die s. Zt. als das
Telegramm des Kaisers an den Präsidenten Krüger er-
ging, sich ungeberdig wie ungezogene Kinder zeigten. Jeden-
falls ist es nöthig, angesichts des zweideutigen Wortlauts
in den Ausführungen der Times festzustellen, daß der von
Cecil Rhodes inspirirte Jameson'sche Ueberfall auf Trans-
vaal eine Räuberei war, und daß nichts ihm diesen Charak-
ter rauben kann, sowie daß Deutschland keine Ursache hat,
ihn zu verwischen. Dagegen kann man aber der Times
beistimmen, wenn sie hofft, das deutsche Volk werde
Rhodes' Vorschläge leidenschaftslos und geschäftsmäßig
erörtern im Hinblick darauf, daß eine Abmachung zu
Stande kommen möge, die gleichermaßen den englischen
und den deutschen Interessen nütze.
— Ein parlamentarischer Berichterstatter meldet, die
Stellung des Kriegsministers v. Goßler scheine erschüt-
tert. (Die Nachricht scheint darauf zurückzuführen zu
sein, daß v. Goßler nicht scharf genng gegen die Abstriche
sprach, die die Budgetcommission in 1. und 2. Lesung
unter Führung Liebers an der Präsenzstärke der Infan-
terie vornahm.)
— Der Ko lo nialetat ist diesmal im Reichstag
vor dem Etat des Auswärtigen Amtes zur Berathung ge-
stellt worden, vielleicht weil bei letzterem Mittheilnng von
dem Vertrage gemacht werden soll, den das Reich mit
einem Syndikat von Kapitalisten und Handelshäusern
über den Bahnbau in der Pro vinz Schantung ab-
schließt. Die Verhandlungen sind dem Abschlüsse sehr nahe.
Das Syndikat wird bekanntlich eine Aktiengesellschaft nach
deutschem Rechte bilden mit einem Kapital von mehr als
50 Millionen. Für das Reich ist eine Gewinnbetheiligung
vorgesehen.
Kiel, 11. März. Der Kaiser trifft am 28. März
zum Eintritt des Prinzen Adalbert in die Marine hier ein.
Neisse, 11. März. Der Termin für den 46. Katho-
likentag ist, der Neisser Ztg. zufelge, auf den 27. bis
31. August in Neisse endgiltig festgesetzt.

„Sie würden mich an meine Hoffnung erinnern, die eben-
so kurz als beseligend war."
„Darf ich diese Hoffnung für mich günstig deuten?" fragte
er ihre Hand mit Wärme drückend.
„Aber der Brief?"
Sie hob den Blick zu ihm auf.
„Galt nur der Sibylle mit Sommersprossen und Höcker,
deren Wohnung ich eben erfahren hatte, als ich ihn schrieb!"
„Und ist nicht ernsthaft gemeint?"
„So wenig wie der Höcker und die Sommersprossen."
Das Herz pocbte ihr nicht mehr vor Beklemmung, als
sie diese Worte hörte — es hämmerte laut vor Seligkeit.
Sie hätte ausjauchzen mögen und wäre ihm um den Hals
gesunken, wenn nicht die Augen der Anwesenden auf sie ge-
richtet gewesen wären. Aber ihr wicderkehrender Humor
mußte sich Luft machen. , ^ ^
„Dann will ich Ihre Probezeit als beendet und die Probe
als bestanden betrachten, und sie können den Fahneneid lei-
sten," sagte sie laut mit gravitätischem Ernst.
Er beugte die Knice vor ihr, drückte ihre Hand an seine
Lippen und rief: ^ ^
„Ich schwöre ewige Treue zu Deiner Farbe!
„Und ich weihe Dich hiermit zu meinem Ritter und gebe
Dir zugleich den gewünschten Beweis, der hoffentlich alle
Zweifel lösen wirdI" ^ ...
Sie hauchte einen Kuß auf seine Strrn; aber erschreckt
über das, was sie aethan, flüchtete sie wie ein ängstliches
Täubchen zu ihrer Tante und barg ihr glühendes Gesicht an
deren Brust, l welche die einzige unter den Anwesenden war,
die von dem ganzen Vorgänge nichts verstand und schon
einen Verweis an ibre Nichte auf den Lippen hatte.
Doktor Waldheim hielt nun in aller Form bei der Justiz-
räthin um Adas Hand an, die ihm gern gewährt wurde, und
während die Frau Professorin, unterstützt von Mathilde,
durch eine historische Darlegung die überraschte Justizräthin
aufklärte und beruhigte, empfing Doktor Waldheim von Ada das
schönste Zeichen erster Liebe — den süßen Kuß jungfräulicher
Lippen-

Deutscher Reichstag. Berlin, 11. März. Fortsetzung
der zweiten Lesung des Co l o n ial e tats. Der Etat
für Togo wird debattelos genehmigt.
Bei dem Etat für Südwestafrika bemerkt Abg. Bebel (Soz.):
Es sei merkwürdig, daß in dem Falle des Dr. Esser die höchsten
Kreise so dupirt hätten werden können. Die Kolonialverwaltung
hätte dem Vorbeugen können.
Direktor Dr. v, Buchka: Die Kolonialverwaltung habe mit
Dr. Esser keine »Beziehung. Esser sei Privatmann. Deshalb
habe Redner keine Veranlassung, sich um die Angriffe gegen ihn
zu kümmern. Auf die von Bebel erwähnte T Hatsache der
Ordensverleihung könne er nicht eingehen, da die Ordensver-
leihung ein Prärogativ der Krone sei. Uebrigens sei von der
Militärbehörde eine ehrengerichtliche Untersuchung
gegen Esser eingeleitet worden, worüber er keine nähere Auskunft
geben könne. Angebliche Beziehungen zwischen Dr. Esser und
dem Oberhofmeister Mirbach beständen nicht.
Abg. Bebel (Soc.) bemängelt, daß Orden verliehen wür-
den, ohne daß das Ressort über die betreffenden Personen be-
fragt würde.
Kolonialdirektor Dr. v. Buchka: Ich bitte mich nicht miß-
zuverstehen: ich habe gesagt, daß ich nicht in der Lage bin, über
die Vorgeschichte der Verleihung des Kronenordens 2. Klasse an
Dr. Esser etwas mitzutheilen.
Darauf wurde eine Reihe von Titeln angenommen.
Die Kommission beantragt, die geforderten 25 000 Mk. für sich
ansiedelnde deutsche Mädchen zu streichen.
Abg. Bebel (Soc.) bemängelt die Bedingungen und Rechts-
verhältnisse, unter welchen die deutschen Mädchen engagirt wer-
den. Es fehle ihnen die Möglichkeit, zurückzukehre n.
Abg. v. Arnim (Rp.) hält die Lage der Mädchen für
durchaus nicht so bedauernswerth. Die ganze Angelegenheit
stehe unter Aufsicht des Gouverneurs.
Abg. Müller-Sagau (freis. Vp): Der Antrag gebe zu
Bedenken Anlaß. Mau wolle die Mädchen dem Wo hlwollen des
Gouverneurs auempfehlen. Das bedeute ein Verhä ltniß weißer
Sklaverei. (?) Der Antrag stimme nicht mit den sittli chen Be-
griffen des deutschen Volkes überein.
Abg. Bebel (Soc.): Weiße Sklaverei sei der richtige Aus-
druck. Das Recht stände aus Seiten der Herrschaft, die Mädchen
hätten nur Pflichten.
Kolonialdirektor Dr. v. Bu ch k a: Abg. Bebel habe offene
Thüren Angestoßen; der Posten sei in der Kommission gestrichen
worden. Redner gibt zu, daß der Vertrag mit deutschen Mädchen
gewisse Härten enthalte. Auf seine Anregung wolle die Kolonial-
verwaltung Abhilfe schaffen bezüglich der freien Rückschasfung
und wolle bet Entlassung Entschädigung in Aussicht stellen.
Jedenfalls sei es wünschenswerth, rein deutsche Familien seßhaft
zu mache».
Abg. v. Arnim wirft Bebel vor, mit der Wahrheit auf-
gespanntem Fuße zu stehen und spricht ihm als Verfasser des
Buches: „Die Frau" das Recht ab, für die deutsche Frau ein-
zutrelen.
Stach geringer Debatte wird der Posten ge strich en uud der
Rest des Etats angenommen.
Etat für Neu-Guinea. Die Commission beantragt eine Re-
solution, wonach das Auswahlsrecht der Ncu-Guinea-Compagnie
auf 50 000 Hectar auf drei Jahren in Kaiser-Wilhelms-Land be-
schränkt werden soll.
Abg. Freese (freist Ver.): Die Baumwoll- und Tabak-
pflanzungen auf Neu-Guinea versprächen Erfolg und machten den
Besitz der Kolonie werthvoll. Der jetzige Vertrag sei besser wie
der frühere.
Colonialdirektor Dr. v. Buchka: Ein Vorzugsrecht der Neu-
Guinea-Compagnie bestehe im Vertrage nicht; er habe nicht die
Absicht, derselben diesen Vorzug einzuräumen. Er würde sich im
Gegentheil sehr freuen, wenn sich möglichst viele neue Unter-
nehmungen aufthäten.
Abg. Gamp (Reichsp.) ist mit der Resolution einverstanden,
ebenso mit einer angemessenen Entschädigung der Neu-Guinea-
Compagnte. Es sei aber nicht allzu viel werthvolles Material
und Inventar zur Uebernahme vorhanden.
Abg. Dr. Hesse (ntl.) stimmt dem Etat unter der Voraus-
setzung zu, daß die Resolution genehmigt werde.
Colonialdirektor v. Buchka führt aus, es sei gesagt worden,
das Reich habe keine Veranlassung zur Entschädigung der Neu-
Guinea-Compagnie- Die Entschädigung von vier Millionen be-
deute nicht Bezahlung der von der Gesellschaft gemachten Auf-
wendungen, sondern ein Aequivalent für die abzutretenden Hohetts-
rechte und andere Rechte. Die Beantragung sei wohl überlegt;
denn wenn die Gesellschaft nach Abtretung der Hoheitsrechte aus
dem Schutzgebiet auszöge, würde das unseren Interessen schaden.
Abg. Richter (freis. Vp.) kann sich mit der Bezahlung der
Entschädigung nicht einverstanden erklären.
Nach weiteren Bemerkungen der Abgg. Freese (ft. Ver.)
Gamp (Rp.) wird die Resolution angenommen; ebenso das
Etatgesetz für die Schutzgebiete.
Auf Anregung des Abg. Graf Stolberg (kons.) erklärt
Colonialdirektor Dr. v. Buchka, Sir Cecil Rhodes sei gegen-
wärtig in Berlin, um über die Gestaltung und Wetterführung der
transafrikanischen Bahn durch deutsches Gebiet zu verhandeln.
Ueber das Ergebniß könne er noch keine Auskunft geben, da die
Verhandtungen noch nicht abgeschlossen wären. Der Bau einer
solchen Bahn durch deutsches Gebiet werde aber nur dann erfolgen,
wenn die deutschen Interessen in Afrika in weitestem Sinne und
nach jeder Richtung garanttrt sind. (Vravo).
Abg. Dr. Hasse (ntl.): Namens meiner Freunde schließe
ich mich den Erklärungen des Grafen Stolberg vollkommen an.
Ich kann nicht verhehlen, daß die Anwesenheit eines Mannes in
Deutschland, dessen Namen man mit Unternehmungen zusammen-
bringt, die ich jedenfalls nicht als deutschfreundlich bezeichnen
kann (lebhafte Zustimmung), gewisse Befürchtungen erweckt. Aber
unter persönlichen Dingen wollen wir die Sache selbst nicht leiden
lassen. Wir sind angesichts der schwebenden Verhand lungen davon
überzeugt, daß die Grundsätze, die ganz allgemein zum Ausdrucke
gebracht und sodann bestätigt worden sind, auch hier befolgt wer-
den und daß nichts versäumt wird, die deutschen Interessen, die
dort in Frage stehen, zu wahren. (Lebhafter Beifall.)
Abg. R i ch t e r (freis. Vp.): Der Erklärung des Colonial-
direclors kann ich nur beipflichten. Die Erklärungen der beiden
Redner aus dem Hause aber gehen zu weit. Zu der Sache
selbst, die Herr Cecil Rhodes hier betreibt, nehme ich keine Stellung
ein, aber die englischen Interessen scheinen mir in diesem Falle
unsere deutschen nicht zu berühren. Daß der Colonialdircctor die
deutschen Interessen wahren wird, bezweifle ich nicht, wie ich
überhaupt nicht gesehen habe, daß die Colonialverwaltung, so sehr
man sie auch sonst zu tadeln Veranlassung hat, die deutschen
Interessen vernachlässigt habe.
Abg. Dr. Lieber (Centr.): Ich kann mich nur hocherfreut
über die Anregung des Grafen Stolberg aussprechen und über
das prompte, klare Echo, das seitens des Colonialdirectors er-
folgt ist. Ich thcile die Bedenken des Abg. Richter nicht, aber
 
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