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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0113

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Telephon-Anschluß Nr. 82.




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ermäßigt.
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der'Jnserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Telephon-Anschluß Nr. 82.

F,-. 28.

Dienstag, den 31. Januar

1898.

Bestellungen
?uf die Heidelberger Zeitung für die Monate Februar und
März werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
Elgcmen, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der Expe-
dition, Untere Ncckarstraße Nr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen für die Monate Februar
und März, wenn am Schalter abgeholt, 84 Pfennig, mit
Zustellgebühr Mk. 1.14.

Deutsches Reich
— Der Grafregent von Lippe hat zu Kaisers
Geburtstag ein Festmahl gegeben und dabei eine hübsche
Rede gehalten. Er sagte u. a.:
Es ist für mich selbstverständlich, daß persönliche Er-
fahrungen noch so schmerzlicher Art, wie solche mir
das letztverflosseue Jahr gebracht hat und wie sie zu meinem
«essten Bedauern auch der Oeffentlichkeit preisgegeben worden
Und, nie und nimmermehr einen Einfluß ausüben
'önnen auf das freudige Bekenntniß meiner Treue zu Kaiser
und Reich. Reichsverdrossenhcit und partikularistische Unter-
Urömungen haben in meinem Hause und Herzen keine Stätte!
Weiteren betonte der Grafregent, daß er fest auf sein Recht
vertraue und erzählte, daß der Heimgegangene große Bismarck
>hm wiederholt und grade in den letzten Jahren seine feste Ueber-
Kugung von dem Rechte seines Hauses bestätigt habe.

Deutscher Reichstag. Berlin, 30. Jan.
Ein Antrag Agster und Genossen wegen Einstellung der
Strafverfolgung des Abg. Thiel (Soz.) wird ohne Erörterung
tzenehmigt.
Ein Antrag Agster und Genossen wegen Ertheilung der
Genehmigung zur Strafverfolgung des Abg. Schmidt-
Ascherslcben wegen angeblicher Mojestätsbeleidigung kommt zur
Berathung.
Abg. Singer (Soz.) legt unter Mittheilung des Sach-
verhalts die Gründe dar, die die Sozialdemokraten in diesem
Falle veranlaßt hätten, um die Strafverfolgung eines Mitgliedes
su bitten, das nicht wünsche, daß ein Unschuldiger an seiner
stelle die harte Strafe von 4 Jahren Gefängniß erdulden soll.
solchem Falle dürfte es angezeigt sein, auf das Privilegium
"es Hauses zu verzichten. Er beantrage, die Sache der GeschäftS-
vrdnungSkommission zu überweisen.
Das Haus beschließt in diesem Sinne.
Darauf folgt die Weiterberathung des Etats: Marine-
Etat, zweite Lesung.
, Berichterstatter Dr. Lieber weist darauf hi», daß seit
Erlaß des Flottengcsetzes die Berathung des Marineetats in der
Kommission sich auf einige wenige Punkte beschränken konnte.
Der Voranschlag hält sich innerhalb der Grenzen des Flottcn-
kesetzes. Die Kommission beantragt unveränderte Annahme.
., Bei Titel Staatssekretär kommt Abg. Singer (Soz.) auf
Einmischung von Marineoffizieren in die Wahlagitation zu
wrechen. Oberwcrstdirektor v. Wietersheim habe an die Werft-
arbeiter von Danzig ein Flugblatt, überschrieben „Tagesbefehl",
Prichtet; das bedeute eine Vernichtung des freien Wahlrechts.
Die Wahlprüfungskommisston werde die Wirkung dieses Tages-
vktehls zu untersuchen haben.
Staatssekretär Tirpitz wendet sich gegen die Ausführungen
Angers. Er wolle es vermeiden, auf eine große Sozialisten-
vkbatte cinzugehen. Die persönlichen Vorwürfe gegen den Ober-
v>erfwtreklor v. Wietersheim weise er zurück. Von dem an-
Mührten Tagesbefehl habe er erst nachträglich Kenntniß erhallen.
,r sei der Ansicht, daß die Werft bei der Wahl in dieser Weise
"'üit hätte Vorgehen sollen.
..Abg. Dr. LingenS (Centr.) äußert seine Wünsche hin-
Vchtlich der Pflege der religiösen Bedürfnisse bei der Marine.
^ Staatssekretär Tirpitz: Man suche diesen Wünschen überall
llvchzukommcn. Verschiedene katholische Bischöfe hätten ihre
''Verkennung über die Handhabung des katholischen Gottesdienstes
"vsgesprochen. Um den in Kiel hervortretenden Mißständen ab-
°vhelfcn, sei jetzt ein zweiter Pfarrer angestellt worden.
< ,,^ög. Frhr. v. Stumm (Reichsp ): Es wäre wohl eine
fische Auslegung der Rede des Staatssekretärs, wenn man
^sjne, daß er den Erlaß des Oberwerftdirektors v. Wietersheim
Wßbilligt habe. Der Arbeitgeber habe wohl das Recht, bei den
Sohlen einen Einfluß auf leine Arbeiter auszuüben. In dem
w"vß liege keine Drohung, sondern nur ein wohlgemeinter Rath.
^Edner polemisirt (dann des Weiteren gegen die antinationale

Gesinnung der Sozialdemokraten, wie sie in der sozialistischen
Literatur zu Tage trete.
Abg. Molken buhr (Soz.) bringt Klagen über die Lohn-
verhältnisse auf den kaiserlichen Werften und das dort herrschende
«Spitzelsystem" vor. Hiermit müsse ein Ende gemacht werden.
Contreadmiral Büchs el: Für die angebliche Spitzelwirth-
schaft habe der Vorredner keinen Beweis erbracht. Entlassungen
wegen Arbeitsmangels seien durchaus nicht häufig, von ins-
gesammt 13 296 Arbeitern im letzten Jahre nur 51. Die
Marineverwaltung sei ernsthaft bestrebt, die Arbeiter so gut wie
möglich zu stellen.
Abg. Bassermann (ntl.) ist mit den Erklärungen des
Staatssekretärs einvernanden.
Abg. G r ö b e r (Centr.): Tagesbefehle bezüglich Wahlen seien
unzulässig. Die Anschauungen über staatserhaltende Parteien
seien der Wandlung unterworfen.
Abg. Graf Klinckowström (cons.)r Die Form des Er-
lasses der Oberwerftdirektion sei nicht richtig gewesen. Im
Uehrigen aber hätten die Behörden das Recht, sozialdemokratische
Arbeiter zu entlassen, denn die Sozialdemokratie sei anti-
monarchisch und revolutionär.
Abg. Frhr. v. Stumm (Rp.): Das Oberverwaltungsgericht
habe erklärt, es sei die Pflicht eines jeden Beamten, der Sozial-
demokratie fern zu bleiben. Demnach sei der Staat wohl berechtigt,
Sozialdemokraten aus seinen Betrieben zu entlassen.
Der Titel und eine Reihe weiterer Titel werden angenommen.
Bei Cap. 52 Tit. „Schiffsverpflegung" bittet Dr. Oertel
(Bund der Landwirthe), die heimische Bevölkerung bei den Liefe-
rungen zu berücksichtigen.
Staatssekretär Tirpitz: Die Marinevcrwaltung habe das
dringendste Interesse, nach allen Richtungen hin unabhängig vom
Auslande zu bleiben. Im Ganzen betrugen die Kosten für Schiffs-
verpflegung 4 25V 000 Mk., davon entfallen auf ausländische
Conserven 152000 Mk. Es liege also kein Grund zu Beschwerden
vor, doch werden wir bemüht sein, in dieser Richtung weiter zu
wirken.
Der Titel und eine Reihe weiterer werden bewilligt.
Morgen 1 Uhr: Antrag Bachem betreffend Zolltarife für
Seide, Weiterberathung des Etats.
Bade». Ein württ. Centrumsbl. veröffentlicht ein „ver-
trauliches" Rundschreiben des engeren Ausschusses
der deutschen Volkspartei, datirt von Frankfurt
a. M. im Jan. 1899, unterschrieben von Leopold Sonne-
mann und sechs anderen Ausschußmitgliedern. In dem
Schreiben sind folgende interessante Bemerkungen enthalten:
Die Zeit ist wenig erfreulich und dem Vordringen einer ent-
schieden freiheitlichen Richtung nicht hold. Die deutsche Volks-
partet wird von links und rechts hart bedrängt und es wird die
Aufbietung aller Kräfte »öthig sein, soll es uns gelingen, den in
der Wählerschaft errungenen Boden zu behaupten und neues
Terrain zu erobern. Das Centrum, das früher mit uns in
entschiedener Abwehr gegen volksfeindliche Pläne stand, hat eine
vollständige Wandlung erfahren und ist längst eine Regierungs-
partei geworden. War es früher vielfach möglich, daß Volks-
partei und Centrum bis zu einer gewissen Linie Zusammengehen
konnten, so müssen wir heute mit der offenen Feindschaft
dieser Partei rechnen, die sich ja auch bereits im letzten Wahl-
kampf bemerklich gemacht hat.
Nach einer Bemerkung der Franks. Zeitung ist dieses
Rundschreiben nicht nur für Württemberg, sondern auch
für Baden, Bayern, Hessen u. s. w. bestimmt. Danach
sehen es die Demokraten allmählich ein, daß es doch
polizeiwidrig einfältig war, das Centrum als einen Hon der
„Freiheit" anzusehen und Hoffnungen und Pläne auf den
freiheitlichen Sinn des Centrums zu bauen. Nun wird
sich die Demokratie wohl ganz der Sozialdemokratie in die
Arme werfen und bei ihr die „Freiheit" suchen, die sie
beim Centrum nicht gefunden hat. Daß sie bei diesem
zweiten Experiment noch schlimmere Erfahrungen machen
wird, ist Niemandem zweifelhaft, der den terroristischen zu
jeder objektiven Auffassung unfähigen Charakter der Sozial-
demokratie kennt.
L.O. Karlsruhe, 29. Jan. Die neu organisirte
Ortsgruppe „Karlsruhe" des AlldeutschenVerbands
entfaltet eine überaus rührige Thätigkeit. Wie wir hören,
steht der Beitritt mehrerer Corporationen zum Verband in
Aussicht. Neuerdings beabsichtigt der Vorstand, einige

Das Bachstelzcheu.
2b) Novelle von Martha Renate Fischer.
(Fortsetzung.)
Die Mutter war ja noch nickt alt. Und weil sie jung
^Epug war. bestand auch das unbekümmerte Verhältniß
Mischen ihnen. Sie war doch immer eigentlich ein Stück
^Esährtin von ihm gewesen- Er hatte sich auch nickt lange
.°v ihr prügeln lassen, so bis zum zehnten Jahre- Da batte
bj'dr kurzerhand gesagt: „Du — Mutter — ick lasse mich
u>>? "'Ehr hauen." Und die Frau bezwang ihre Aufwallung
"<> antwortete: „Schön! aber betrage Dich danach."
^ Eine große Bewunderung für seine Mutter erfüllte ihn,
e'E ihre Reckte nie mißbraucht, kaum sie ausgenutzt hatte —
„.Umfaßte sie. legte den Kopf auf ihre Schulter, und dann
"dm er ihre Hand und küßte sie verstohlen.
Es durckrieselte sie, weil es von ihrem Sohne kam, diesem
,JU,ge„, kinderhafter Menschen. Handküssen war sonst in
>,/En Augen eine alberne oder knechtiscke Bezeigung, keine
st^«^'chE Gewöhnung. Und sie hielten sich bäuerlich —
ohne Empfindsamkeit.-
DDust der Lindenblüthe wehte vom Anger herüber,
wü^ ^g eingebettet in der Abenddämmerung. Nun sah alles
j>i"°E und friedlich aus. Die scharfen Linien waren verwischt,
kl,Eben verschmolzen, und das Tagetztreiben war Ver-
ben in der satten, friedvollen Abendstille.
Ende des Doriganges schallte Gesang herüber,
Llev und Mädchen zogen die Straße heraus, sangen ihre
e,„ nMkdleii, und Sehnsuchtsweise». Hier und da löste sich
Feldes* °E>. das sich seine großen Geheimnisse am einsamen
„x^'Uege zuflüsterte und so wurde der Sckwarm immer klei-
ule,'cll^ Er allmählich zerronnen war. Aber nun klangen die
vai, EP Weisen ans den stillen Feldern herüber — klangen
UJjnd fern wie Abendglocken.
dkt k - "und sacht aus und ging davon — schritt inmitten
VM,.EEiten Dorfstraße, zu deren beiden Seiten Triststreifen
ulch zu den Gedösten ausstiegen. Die feinen Nachtschleier

waren hernledergesunken und schichteten (ich allgemach zur
Sommerdunkelheit.
Durch eine Gasse gelangte er in's Feld.
Er stand da unter dem Nachthimmel, hörte eine Fluth
heranrollen des Stimmenlockens und des Sangessehnens —
athmeie den Duft des reifenden Kornes, der erfrischten Acker-
krume.
Und er fühlte mit einemmale die Natur in ihrer werbenden
Fruchtbarkeit, spürte ihre Faust an seinem Herzen, hörte ihre
gewaltige Stimme dröhnen-und er stürzle nieder,
krallle die Hände in den Rain, als wolle er die Erde zu
inbrünstiger Umarmung an sich reißen.

LIX.
Wie lange hatte er da auf der Erde gelegen? — Ein
paar Jahre? — Ein halbes Lebensalter? — Ober waren es
nur wenige Minuten ausgekosteter Zeit gewesen? —
Ein Wimmern hatte ihn aufgeweckt. Dann hatte ihn et-
was Kaltes vorsichtig berührt. Sein Hund hatte ihn gesunden.
Otto stand da, straffte sich, trocknete sein Gesicht. Sodann
kehrte er um, schritt über das Brückchen, das am Dorfende
über den Bach gespannt war.
In ihm war etwas Steinernes, Hochgerichtetes zu Thal
gegangen, dos den Himmel absperrte. Es war gerade, als
habe er in engem Winkel gelebt, und der Fels, der die Enge
bildete, sei plötzlich zusammengestürzt, und nun bot sich ihm
der Blick auf blühendes Gelände und auf einen weiten
Sonnenhimmel, davon er in seinem Schattenwinkel sich nichts
hatte träumen lassen. Und eine wunderbare weiche und doch
volle Luft strömte zu ihm herüber, und er spürte seine Kraft
doppelt.
Der Hund ging dicht neben ihm, streifte seine herab-
hängende Hand.
Otto sprach zu ihm: „Bist, Du da,
Haft Du Herrchen gesucht? Wir haben
Ich habe ihn auch gefunden."
Des Thieres Flanken zitterten.

mein altes Thier?
ihn beide gefunden.

Vorträge über die deutsche Re i ch s v e rf as s u n g,
sowie über den Gang und die Organisation der Rechts-
pflege und verwandte Gegenstände halten zu lassen. Den
ersten Vortrag wird im nächsten Monat ein Mitglied der
Ortsgruppe, Herr Rechtsanwalt Süpfle, über die
deutsche Reichsverfassung halten.
LO. Karlsruh e, 30. Jan. Die Pfarrdotations-
commission hielt heute Nachmittag 4 Uhr im Beisein
der Großh. Regierung eine kurze Sitzung ab, in welcher
dieselbe erklärte, daß sie geneigt sei, für jede der bei-
den Kirchen je 300000 Mark zu bewilligen; der
Erklärung war eine eingehende rechnerische Begründung bei-
gegeben. Namens der Centrumspartei gab Abg. Hug die
Erklärung ab, daß die Mitglieder seiner Fraktion sich mit
der weiteren Bewilligung von 300 000 Mark für die pro-
testantische Kirche einverstanden erklären könnten, daß sie
für die katholische Kirche aber von ihren früheren Anträ-
gen, die eine Dotation von 325000 Mark beanspruchen,
nicht zurückgehen könnten. Hierauf wird seitens
der Regierung die Erklärung abgegeben, daß dieselbe auf
das Zustandekommen des Entwurfs verzichten müsse,
wenn die heutigen weitergehcndcn Zugeständnisse der Re-
gierung nicht acceptirt würden. Dieselbe werde gegebenen-
falls die Vorlage zurückziehen. In Bezug auf
das Altersstufensystem wird die Regierung eine entgegen-
kommende Stellung einnehmcn, wenn die katholische Kirche
sich dazu versteht, die allgemeine Kirchensteuer in
vollem Umfange zu erheben. Des Weiteren wird die Re-
gierung die VicarSlasten in Höhe von 1100 Mark, statt
von 1000 Mark berechnen. Zu einer definitiven Be-
schlußfassung kam es auch in der heutigen Sitzung
nicht, vielmehr bleibt dieselbe einer späteren letzten Sitzung
Vorbehalten.
8. 6. Karlsruhe, 30. Jan. Pfarrer Werr, der Friedens-
apostel, ist — 2. Vorstand des Militärvereins in Uissigheim. Er
hat als solcher die Kaiserfeier mitgemacht und die Schilderungen
des 1. Vorstandes, Neugebauer, vom Krieg 1870/71 mit an-
gehört. Hoffentlich hat der Redner nicht erzählt, wie dem „Erb-
feind" von deutscher Hand „auf das Haupt geschlagen wurde",
denn diese Ausdrücke hält die Werr'sche Lesebuchcensur nicht
aus. Es wäre doch wirklich furchtbar, wenn auf die Jrage.
wer hat die klassische Lesebuchberetnigung vergessen, ein tückisches
Echo antworten würde: Werr hat die klassische Lesebuchberetnigung
vergessen.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Polizeikommissär Christian Marx in Karlsruhe die Erlaubniß
zur Annahme und zum Tragen des ihm verliehenen Ritterkreuzes
des Königlich Serbischen Takowo-Ordens und dem Verwalter
des Konversationshauses in Baden G. Fuchs die gleiche Er-
laubniß für die Königlich Serbische goldene Hofmedaille ertheilt,
den Landgertchtsralh Clemens Oste: in Mosbach in gleicher
Eigenschaft nach Konstanz versetzt und den Oberamtsrichter Ed-
mund Schmidt in Schwetzingen zum Landgerichtsrath in
Mosbach ernannt.

Ausland.
Oesterreich-Ungarn. Wien, 27. Jan. Die heutige
Sitzung des Abgeordnetenhauses verlief anfangs glatt
und ruhig. Zuerst wurden die Eingänge bis gegen 2 Ühr
verlesen, dann folgten drei namentliche Abstimmungen. Bei
Feststellung der Tagesordnung verlangte der Socialdemo-
krat Daszynski, daß der von seiner Partei eingebrachte
Dringlichkeitsantrag ans Aufhebung des tz 14 endlich zur
Verhandlung gelange. Unter heftigen Angriffen auf die
Regierung und die Jungtschechen, die er beschuldigt, aus
eigensüchtigen Gründen die Herbeiführung des Absolutis-
mus des § 14 anzustreben, beschwor er die Linke und die
anderen Parteien, die es ernst mit dem Parlamentarismus
weinten, sich noch in letzter Stunde in dieser Frage auf die

Mitunter holte Otto tief Athem. ES Hörle sich an, als
wälze er eine Last herauf. Und es erschien ihm auch gleich
Karrenschüben des Felsgerölls. davon er seine Brust befreite.
Und zuletzt suhlte er sich aanz leicht und frei, beinahe ein
wenig matt. Aber matt in Kraft, und weich und sehnsüchtig,
beides auch in Kraft.
So schritt er auf dem Wege zum Vorwerk.
Und da tauckte es auf, und das kümmerliche Haus sah
aus im zarten Mond- und Sternenlichte, wie ein Hafen der
Zufriedenheit und der goldenen Rübe.
Die Hausihür war schon geschlossen; cs war auch dunkel
hinter Aennchens Fenstern.
Otto klopfte gegen die Scheibe: „Anna! Anna!
Er hörte es rumoren. Dann wurde das Fenster ein
wenig geöffnet und am kleinen ängstlich gehaltenen Spalt er-
schien Aennchens Gesicht. „ .
Otto sagte: „Aennchen — ich muß Dich was fragen. —
Aber dazu mußt Du heraus kommen."
Sie antwortete: „Weshalb denn? — Ich kann nicht
„Komm nur — wie ich Dich heut' gesehen Hab' — so vor
den fremden Menschen — komm nur Aennchen."
Sie antwortete nicht, und nun sagte er: „Liebes Aennchen
-liebes Aennchen-ich kann's Dir nicht durch Dein
Fenster zuflüstern, was ich Dir zu sagen habe-ich muß
Dich dazu vor mir haben —"
Und sie hörte an seiner Stimme, daß er ihr sagen wollte,
er liebe sie, — schloß das Fenster, senkte das Gesicht in die
Hände. Dabei hörte sie sein erneutes Klopsen, das schon
lauter klang. Und sie dachte: Er zürnt mir — er ist schon
ungeduldig.-am Ende geht er fort-und das schien
ihr das Fürchterlichste, das geschehen konnte.
Und sie schob den Riegel und stand nun vor ihm unter
dem freien Nachthimmel. — . . , ..
(Fortsetzung folgt.)
 
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