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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0391

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und den Plakatsäule».

Ferusprech-Anschluß Nr. 82.

Fernsprcch-Anschluß Nr. 82.

Xr. 87.

Freitag, den 14. April

1898.

Deutsches Reich.
— Mit der S a mo a an g ele g e n h e i t wird sich
heute der Reichstag beschäftigen in Folge einer Inter-
pellation, die dieserwegen von Mitgliedern verschiedener
Parteien an die Regierung gerichtet worden ist. Der
Bericht über die heutige Reichstagssitzung wird also aller
Wahrscheinlichkeit nach eine zusammenhängende offizielle
Darstellung der Angelegenheit, soweit eine solche z. Zt. nach
den vorliegenden Nachrichten gegeben werden kann,
bringen. Heute sei deshalb die Sache hier nur kurz be-
rührt. Ueber Amerika hört man, daß die Weiterungen, die
England macht, in der Forderung bestehen, es solle
zwischen wichtigen und unwichtigen Fragen unterschieden
werden. Zur Lösung der ersteren solle Einstimmigkeit der
Kommission, zur Lösung der anderen bloß Majorität
nöthig sein. Der Vorschlag ist nichts als eine Finte, er
würde den Streit nur noch vermehren, denn es würde
außer über die Sache auch noch über die Frage gestritten
werden: ist sie wichtig oder nicht? Die von England ge-
machten Weiterungen sind, wie ebenfalls über Washington be-
richtet wird, so verwickelter Natur, daß darüber gar nicht
telegraphisch verhandelt werden kann. Wie man sieht,
will England die Sache hinausziehen. Sodann wird aus
Washington berichtet, England wolle eventuell ein Re-
giment aus Neuseeland nach den Samoainseln kommen
lassen. Ueber diesen Schreckschuß Englands wird man in
Deutschland höchstens lachen! In Amerika ist die Partei-
nahme für England durchaus nicht groß, ja kaum vor-
handen. Vielmehr heißt es in einer Newyorker Meldung:
Die deutsche Regierung habe sich während des spanisch-
amerikanischen Krieges den Vereinigten Staaten nicht un-
freundlich gezeigt. Es habe sich auch jetzt nichts ereignet,
was amtlich zu Klagen Anlaß geben könnte. Bisher seien
die Vereinigten Staaten nicht geneigt, von vornherein
anzunehmen, daß Deutschland allein für die Wirren auf
Samoa verantwortlich sei. — Der deutsche Botschafter
v. Holleben in Washington hat gegen die Vertreibung
der vorläufigen Regierung und gegen die Krönung Tanns
Einspruch erhoben, dagegen keine Beschwerde über eine an-
gebliche Beleidigung der deutschen Flagge erhoben, weil
alle bisherigen Berichte darüber als unwahr erschienen.
— Ueber die Annexion von Hannover soll sich
der Kaiser, den Braunschw. Neuest. Nachrichten zufolge, gegen
einen hannoverschen Kammerherrn dahin geäußert haben,
daß, wenn er, der Kaiser, im Jahre 1866 mitzurathen
gehabt hätte, Hannover nicht annektirt worden wäre. Das
genannte Blatt will bei etwaigem Dementi Namen nennen.
Hierzu bemerken die Hannov. Tagesnachr.: Die Meldung
der Neuest. Nachr. ist, sicherer Information zufolge, un-
richtig und kann höchstens auf ein Mißverständniß zurück-
gesührt werden. Der Kaiser soll nämlich einmal gesagt
haben: „Wenn ich 1866 mitzurathen gehabt hätte, so
würde ich die Kadres der alten hannoverschen Regimenter
nicht aufgelöst, sondern auf denselben weiter gebaut haben."
Deutscher Reichstag. Berlin, 13. April. Weiter-
berathung der Postnovelle.
Abg. Fischbeck (freis. Volksp.) will Reformen ohne finan-
Kelle Kompensationen. Die Privatposten hätten sich bewährt.
Eine weitergehende Verstaatlichung der Verkehrsanstalten ent-
ginge sozialdemokratischen Grundsätzen. Außerdem dürfe der
Reichspost auch nicht jede Konkurrenz fehlen. Ohne die Privat-
dosten hätten wir auch heute noch nicht diese Vorlage. Seine
Partei sei mit einer Kommissionsberathung einverstanden.
Staatssekretär v. Podbielski: Er habe den Privatposten
öegenüber einen durchaus sachlichen Standpunkt angenommen.
Mh er in seiner Verwaltung sparsam sei, sei für ihn als kon-
servativen Mann selbstverständlich.
Abg. Rintelen (Centr.): Bezüglich des Monopols könne
T. seinen Collegen Pachnike und Ftschbeck nur zustimmen. ES

sei jetzt ein neues Monopol geschaffen worden, die Gründe dafür
seien aber nicht stichhaltig.
Abg. Oertel (kons.): Seine Partei hätte noch erhebliche
Bedenken bezüglich der Aufhebung der Expreßbeförderung. Min-
destens müßten die Grenzen weiter gezogen werden. Die Haupt-
bcdenken erforderte aber der Postzeitungstarif. Durch ihn würden
die kleineren Provinzialblätter sehr geschädigt, sodaß sie jetzt
gradezu vor einer Lebensfrage ständen. Die Grundsätze des neuen
Tarifs sind an sich richtig, die Sätze sind aber zu hoch. Die
Annoncenblätter seien nicht zu schonen. Vielleicht ließe sich eine
Konferenz einberufen, worin nicht nur die großen Blätter, son-
dern alle Arten von Zeitungen und die entsprechenden Jndustrieen
betheiligt sind. Die Sätze müßten auf jeden Fall herabgesetzt
werden. Die Einführung des Tarifs müsse möglichst weil hin-
ausgeschoben werden.
Staatssekretär v. Podbielski bemerkt, daß sich die Reichs-
post im ständigen Vorschuß bei der Reichshanptkasse befindet.
Abg. Dasbach (Centr.) bemängelt, daß in dem Entwurf
nicht auf die entsprechenden Verhältnisse des Auslandes hinge-
wiesen sei. Der Grundsatz, den Postzeitungstarif auf die Zahl
des wöchentlichen Erscheinens und auf das Gewicht der Zeitungen
zu beschränken, würde die heutigen Verhältnisse des Zeitungs-
wesens vollkommen verändern, ja geradezu Umstürzen. Auch der
Buchhandel würde dadurch bedroht; und den müssen wir doch
schützen.
Abg. Werner (Reformp.) hebt hervor, der Zeitungstarif be-
dürfe noch einiger Abänderungen. Hoffentlich komme die Com-
mission zu brauchbaren Ergebnissen.
Nach persönlichen Bemerkungen wird die Vorlage an eine 28-
gliedrige Commission verwiesen-
Bei der Berathung des Entwurfes einer Fern sprach ge-
bührenordn ung führt Staatssekretär v. Podbielski aus:
Die Ausdehnung des Fernsprechwesens zeigt, daß auf diesem Ge-
biete wir vor allen anderen Ländern voraus find- Wir besitzen
172000 Fernsprechstellen, die täglich 1,5 Millionen Gespräche ver-
mitteln. Im Jahre 1898 wurden 180 Städte mit Fernsprechein-
richtungen versehen. In diesem Jahre sind 250 Orte dafür in
Aussicht genommen- Der Einheitssatz hat die große Schwäche,
daß er die mittleren und kleineren Orte belastet. Nach der Vor-
lage findet hier eine Abstufung der Gebühren nach Maßgabe der
Benutzung dnrch die Theilnehmer und nach Maßgabe der Unkosten
statt. Das Hauptziel der Vorlage sei, eine Erleichterung herbei-
zuführen für die kleineren Orte, da wo dies möglich ist, und eine
Erhöhung der Gebühren in den größeren Städten. Ob dies
möglich ist, ist fraglich. Der Vorschlag in dem Entwurf führt
zu einer Verminderung der Einnahmen. Bei den fortwährenden
technischen Verbesserungen ist die Fiscalität auf diesem Gebiete
ausgeschlossen. Die Eigenart der telegraphischen Betriebsver-
mittelungsämter stelle die Kosten für die größeren Städte erheb-
lich höher. Der Tarif für Fernsprechgebühren entspräche nur den
enormen Kosten dieser Leitungen- Die Commission dürfte an der
Hand des von mir bereitwillig zur Verfügung gestellten Materials
imstande sein, den Entwurf richtig zu beurtheilen. Vielleicht könnte
diese Vorlage und das Telegraphenwegegesetz einer besonderen
Commission überwiesen werden.
Abg. Singer (Soc.) ist mit einer stärkeren Belastung der
großen Städte nicht einverstanden.
Staatssecretär v. Podbielski: Zur Zeit tragen die kleineren
Orte thatsächlich zu den Kosten der größeren bei. Letztere haben
aber größeres Interesse an den neu zu legenden Doppeldrähten.
Morgen 1 Uhr: Interpellation über Samoa und Rest
der heutigen Tagesordnung.
Schluß 5,30 Uhr.
Baden. Karlsruhe, 13. April. Es verlautet nach
der Straßb. Post, die Regierung bereite einen Gesetz-
entwurf betreffend dreijährige Fortentrichtung
des Activgehalts an über 65 Jahre alte, vor dem
Jahre 1900 in den Ruhestand tretende Richter vor.
L. 6. Karlsruhe, 13. April. Auf der unlängst
in Baden abgehaltenen Städtevertreter-Konferenz
wurde eine Petition gegen einige Bestimmungen des Ent-
wurfs eines Telegraphenwegegesetzes beschlossen.
Bekanntlich gewährt der Entwurf der Telegraphcnver-
walrung das Recht, die öffentlichen Straßen und Plätze
für die Telegraphenleitungen in Anspruch zu nehmen und
zwar sowohl für oberirdische als auch für unterirdische
Leitungen. Dabei ist bestimmt, daß der Unternehmer
späterer elektrischer Leitungen die Telegraphenleitnngen
gegen die Einwirkungen des von ihm erzeugten Stromes

schützen muß, die Tclegraphenverwaltung aber nur daun
verpflichtet ist, ihre Leitungen selbst zu schützen, wenn
deren Anlage später erfolgt. Werden also z. B. Tcle-
graphenkabel in einer städtischen Straße gelegt, wo bereits
die Kabel eines städtischen Elektrizitätswerkes liegen, so
muß die Telegraphenverwaltung ihre Leitung vor den Ein-
wirkungen der städtischen schützen. Wird aber das städtische
Kabel später als das Telegraphenkabel verlegt, so fallen
die Kosten des Schutzes des letzteren der Stadtgemeinde
zur Last. Gegen diese Bestimmungen richtet sich vor-
nehmlich die Petition der badischen Städte und zwar in
Uebereinstimmung mit einer vom Oberbürgermeister Becker
in Köln veranlaßen Petition einer Anzahl namentlich nord-
deutscher Gemeinden. Es wird nämlich als billig erachtet,
daß die Telegraphenverwaltung, wenn sie städt. Straßen
in Anspruch nimmt, unter allen Umständen die Kosten des
Schutzes ihrer Leitungen gegen die Einwirkung solcher
städt. Unternehmungen tragen muß, für welche doch eigent-
lich die Straßen da sind. — Ferner beschloß die Städte-
vertreter-Konferenz eine Petition gegen die beabsichtigte
Einführung der obligatorischen Trichinenschau.
Da die Trichinenkrankheit in Süddeutschland, wo rohes
Schweinefleisch nicht genossen zu werden pflegt, außer-
ordentlich selten ist (in Baden kamen in den letzten zehn
Jahren nur 3 Sterbefülle in Folge derselben vor), so
stehen die hohen Kosten der Abhilfe in keinem Verhältniß
zu dem zu beseitigenden Uebel, besonders da die Trichinen-
schau keineswegs einen sicheren Schutz gewährt. — Gegen-
stand der Verhandlungen war sodann noch die Haft-
pflichtversicherung der Städte, der fakultative
Lateinunterricht an den Oberrealschulen und
die Rechtswirksamkeit der Gemcindebeschlüsse über Stratzen-
k o st e n b e i t r ä g 'e.
Württemberg. Stuttgart, 13. April. Das
Finanzministerium hat eine eingehende Prüfung der
Maaren Häuser und Bazare zur stärkeren Heran-
ziehung zur Gewerbesteuer unter vorzugsweiser Berück-
sichtigung des jeweiligen Umsatzes angeordnet.
Preußen. Zum Bischof von Osnabrück wurde Regens
Voß von Münster gewählt, Der neue Bischof ist 58
Jahre alt und seit 1866 Priester.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Amtsresistrator Wilhelm Seiler in Breisach wurde in
gleicher Eigenschaft zu Großh. Bezirksamt Schönau, Amtsregi-
strator Emil Lang in Mannheim als Polizeiaktuar zu Großh.
Bezirksamt Heidelberg und Amtsregistrator Josef Krebs in
Schönau als Polizeiaktuar zu Großh. Bezirksamt Mannheim,
versetzt. — Steucrcontroleur Karl Curtaz beim Hauptsteueramt
Lörrach wurde zum Großh. Finanzamt Hornbcrg, Steuercontro-
leur Franz Zimmermann beim Hauptsteueramt Mannheim
zum Großh. Finanzamt Stockach, und Steuercontroleur Adolf
Herrmann beim Finanzamt Stockach, zum Hauptsteueramt
Lörrach, alle in gleicher Eigenschaft, versetzt._
Ausland.
Frankreich. Paris, 13. April. Heute veröffentlicht
der Figaro weitere Aussagen des Generals Gonse vor
dem Kassationshof, sowie die Aussagen einiger anderer
Zeugen. General Sebert, Major Ducros und Haupt-
mann Moch sagen zu Gunsten von Dreyfus aus. Die
Ausführungen des Borderean hätten wenig Wichtigkeit
und könnten nicht von einem Artillerie-Offizier hcrrühren.
— Auch d.r Eclair veröffentlicht jetzt Zeugenaussagen
und zwar diejenigen des Senators Trarieux und des
Direktors Paleologue vom Ministerium des Aeußern.
Paleologue erklärte den d i p lo m a t i s ch c n Dossier.
Daraus geht hervor, daß der deutsche Botschafter Graf Münster
am 17. November 1897 eine Erklärung übermittelte, wonach
Major v. Schwarzkoppen auf Ehre versicherte, niemals mit Drey-

Ter Herrgotthändler. Z
2) Eine Hochlandsgeschichte von Friedrich Dolch.
(Fortsetzung.)
i-, »Bin wieder amal in meiner Heimath g'wesen, in Sanct
Birrch, im Grödnerthal," erwiderte der Herrgoithändler, in-
ein er seine Kraxe auf eine Bank stellte. „Ich Hab' dort ein
."lnes Häuser! — weitschichtige Verwandte Hausen drin'. Die
Ab ich wieder einmal heimg'sucht und mich a paar Woch'n
Art aufg'halten. Jetzt tun ich wieder da und Hab' viel neue
bachh — prächtige Sach'n, die müßl's anfchauen
- »Freist', freili'," rief die Sennerin und klatschte entzückt
b- bie Hände. „Ich thät schon lang ein' neuen Herrgott
;Affch n! Schau 'n nur grad' an, wie er ausschaut I Ganz
gMlchtvarz is er, wie wenn er über'm Herd g'bängt wär'.

tzaip

rs noch Zeit — z'erst kommts Nachtessen auf m
n.jch l Der Schmarren wird gleich fertig sein, kannst mit-
en, wenn Dir der Spaziergang da' rauf vielleicht Appetit

^ kracht hat.
^»Vergelt's Gott. eine

solche Einladung schlag ich g'wiß

lachte Hagenbacher, Hut und Stock ablegend und
Ig,^ttlbend neben dem Jäger Platz nehmend. „Ich weiß

liebe Vroni, was Du für a gute Köchin bist und daß
sieb' ^murren mit Ehr'n auf der kaiserlichen Tafel be-
thät. Lust Hab' ich auch 'kriegt, denn des is schon a
Vn>. weiter Spaziergang, bis zu Dir da herauf auf d'
"umgartenalm."

bleibt? müd' 'worden?" lachte die Sennerin. »No, nachher
oriüi über Nacht da, morgen wirst so den Nachbaralmen
^vir-kw B'iuch abstatten woll'n. Die Resel Drenk von der
«Us » jammert und schaut sich schon lang die Augen
Dir. — So, Leuteln, jetzt laßi's enk schmecken!
konnt's hab'n, so viel'S wollt', aber Brod Hab' ich keins
lest, ! Hütbub' is hinab rn's Dorf und sollt schon lang da
st Val sich aber g'wiß wieder wo aufg'halten."
""ter fröhlichem Geplauder wurde daS einfache Mahl

eingenommen und bald war die große Schüssel, aus der alle
gemeinsam aßen, geleert. Rasch räumte Vroni hierauf den
Tisch ad und der Herrgoithändler holte seine Kraxe herbei.
Dann nahm er vorsichtig das Tuch ab und fing an, seine
Waare auszupacken und auf den Tisch zur Schau zu legen.
Dieselbe bestand großentheils in einer Menge zierlich ge-
schnitzter Sachen, Weihwasserkesselchen. großen und kleinen
Kruzifixen, Rosenkränzen und Bilderrahmen; auch an Engeln
und Heiligen, Gemsjägern und Sennerinnen war kein
Mangel, sämmtlich sehr fein gearbeitet und meist doppelt
sauber anzusehen durch die angenehme weißgelbliche Farbe
des geschmeidigen Holzes der Zirbelkiefer, aus dem sie ge-
schnitzt waren.
„Ah, die schön' Sach'n," rief das Mädchen, bewundernd
die Hände faltend. „Die schön' Engerln und Heiligen! Da
die schmerzhafte Muttergottes und den heiligen Joseph nehm'ich
und den Rosenkranz und das Weihbrunnkesserl auch. Ah,
und das schöne Kreuz mit unserm Herrn Jesus, das muß ich
auch hab'n und wenn ich mein' letzten Pfennig hergeb'n
müßt'!"
»Brauchst keine Sorg z' hab'n," erwiderte der Händler-
„Jch bin kein Ruch (habgieriger Mensch), laß schon handeln
mit mir. Aber das rS noch net alles, ich Hab' auch schon
noch andere Sach'n, die vielleicht auch a Jager, mei' lieber
Castl da, brauch'n kann. — Da schau her," fuhr er sort, eine
kleine Schublade aus dem Traglasten hervorziehend, „schau
Dir amal die Silbersach'n a bist an! Das is 'was für die
Dirnderln, — Halsketten, Miederg'schnürr, Fingerringerln
und Liebirauenthaler zum Anhängen. Auch kleine Kreuzerln
und Medaillen sind d'runter! Die sind hochgewecht, und
wenn sie a Jager anhängen hat, braucht er sich net z'
fürchten, daß ihn a Wlldschützenkugel trifft, oder daß ihm a
Unglück zustoßt."
„Das is 'was für mich nachher," sagte der Jäger. »Da
werb' ich zwei Kreuzerln nehmen — eins für mich und eins
sür Dich Vroni —"
„Du willst a Geld ausgeb'n für mich?" wehrte aber das

Mädchen ad- „Das kann ich net angeh'n lassen — um kein'
Preis net —"
„Sei nur net so g'spaßig — warum denn nachher net?
Schau, ich bin g'rad gut bei Kassa, Hab' erst die vorig' Woch'
wieder ein schön's Trinkgeld 'kriegt von dem fremden Jagd-
Herrn aus der Münchnersladt, weil ich ihm auf der Gamsjagd
zu ein'm glücklichen Schuß verholten Hab'! Also nimm's und
spreitz' (sperre) Dich net länger I Wenn Du so bockbeinig bist,
geh' ich auf der Stell' sort und laß mich vier Woch'n lang
nimmer seh'n bei Dir."
„Das wirst net riskwr'n woll'n, Sennerin," sagte lachend
der Herrgotthändler, „'s gescheiteste wird's sein, wenn Du
nachgiebst und 's Kreuze! nimmst! Siehst, da hast auch
noch die Schnur dazu, damit Du's gleich um den Hals hängen
kannst."
_ (Fortsetzung folgt.)

Musikliterarifches.
—Z In dem bekannten Verlag von I. Andrö in Offenbach a. M.
ist nunmehr der Klavierauszug von Sahlenders Oper der „Schelm
von Bergen" (Text von G. Wolter und C. Schottler) in schönster,
gediegener Ausstattung erschienen. Die liebenswürdige Oper,
die wohl bald ihren Weg auf größere Bühnen finden dürfte,
steht von ihrer so beifällig aufgenommenen Premiere und den in
Konzerten wiederholten Bruchstücken in bester Erinnerung. Die
Fülle melodiöser Weisen, volksthümlicher Chöre und Arien ist
wohl geeignet, sich Freunde zu erwerben. Besonders ausgiebig
ist das Werk sür einen lyrischen Baryton, dem die schönsten
Nummern zugefallen sind. Die geschickte Herstellung des Klavier-
auszuges hat es verstanden, durch nicht zu schwierigen Satz, bei
voller Erhaltung der Orchestercoloratur, die Oper den Dilettan-
ten zugänglich und spiel- und sangbar zu machen. Das Interesse,
das dem einheimischen Komponisten gelegentlich der Bühnenauf»
führung entgegengebracht wurde, wird durch Vertrautwerden mit
dem Mavierauszug sicherlich erneut und aufgefrischt. Die Gat-
tung der Volksoper ist ja so wenig gepflegt, daß man ein ge-
diegenes Werk auf diesem Gebiet, wie das vorliegende, sicherlich
mit Freuden fördert.
 
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