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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0541

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Xr. 12V.

ßmmttsiliß, den 25. Mai

1899.

Wochen-Chrorrik.
(Vom 14. bis zum 20. Mai.)
Mai 14.: China ist durch ein von Rußland gestelltes Ver-
langen, eine Verbindung zwischen der mandschurischen
Bahn und Peking zu erhalten, sehr verstimmt, denn
durch eine solche Bahn würde die chinesische Hauptstadt
an Rußland ausgeliefert werden.
„ 14.: In Wien treten mehr als 100 Personen zur prote-
stantischen Kirche über.
„ 16.: Die Königin und die Königin Mutter der
Niederlande statten den Großherzoglichen Herr-
schaften von Haus Baden aus in Karlsruhe einen
Gegenbesuch ab.
! „ 16.: Aus Transvaal wird gemeldet, daß in Prätoria
sieben Engländer, meist ehemalige Militärs, verhaftet
worden seien, die eine Rebellion anstiften wollten.
Die Sache scheint nicht sehr ernst zu sein.
„ 18.: Im Haag wird die Abrüstungs- und Friedens-
konferenz eröffnet.
„ 18.: Bei einem Festmahl in Wiesbaden anläßlich des Ge-
burtstages des Zaren spricht Kaiser Wilhelm
die Hoffnung aus, daß die Ergebnisse der Friedens-
konferenz den Zaren befriedigen möchten.
„ 19.: Der Kaiser von Rußland regt an, die Deportation
nach Sibirien durch andere Strafmittel zu ersetzen.
„ 20.: Der Kaiser und die Kaiserin treffen von Wies-
baden in Potsdam ein.

Politische Umschau.
Heidelberg, 25. Mai.
In Ludwigshafen wird gegenwärtig die Generalver-
sammlung des katholischen Lehrer-Verbandes
des deutschen Reiches abgehalten. Unter den Reden, die
am ersten Versammlungstage gehalten wurden, sind zwei
bcmerkenswerth. Der österreichische Bürgerschullehrer
Moser aus Wien brachte Grüße von den verschiedenen
Bereinigungen kath. Lehrer in Oesterreich. Dabei sagte er:
Wir sind uns der Pflichten gegenüber dem Vaterland vollauf
bewußt, sind uns aber auch bewußt der hohen Aufgaben, die
wir als Katholiken zu lösen haben. (Beifall.) Ich schlage es
nicht gering an, einem Staate anzugehören, der mir Deutschland
eng befreundet ist. Ich schätze mich glücklich, daß wir Söhne
eines und desselben ruhmreichen Volkes sind. (Beifall.) Aber
die wichtigsten und erhabensten Berührungspunkte
zwischen Ihnen und uns werden immer das katholische
Fühlen, Denken und Wollen sein. Ich hoffe, daß sich
zwischen unseren Organisationen eine feste Verbindung entwickelt.
Das scheint mir nothwendig gegenüber gewissen Bestrebungen
unserer Zeit, die zwar verschiedene Namen führen, aber in Ur-
sache und Endzweck vollauf übereinstimmen.
In Oesterreich hat bekanntlich das katholische Fühlen
dahin geführt, daß ein Theil der Deutschen mit den Czechen
und Polen gemeinsame Sache gegen das Deutschthum macht.
— Der badische Weihbischof Dr. Knecht hat dann in
einer Ansprache die zunehmende Verstaatlichung der
Schulen bedauert.
Es liege in dieser Verstaatlichung eine große Gefahr für den
eigentlich pädagogisch erziehlichen Beruf der Schule; die Gefahr,
daß das ganze Schulwesen mehr und mehr nach politischen Rück-
sichten eingerichtet und geleitet werde, daß es auf einen fremden
Boden versetzt werde und nicht mehr auf dem Boden bestehen
bleibe, auf dem es als ein wichtiger Kulturfaktor heraus-
gewachsen ist: dem Boden des positiven Christenthums und der
Kirche. Es sei nicht daran zu denken, jetzt (aber später? Red.)
den Versuch zu machen, die ganze Leitung des Schulwesens für
die Kirche zu reklamiren. Durch die Verstaatlichung der Schule
werde die eigentliche Erziehung der Kinder, die Veredelung des
Herzens von der intellektuellen Ausbildung völlig verdrängt.
Wer nicht auf dem Standpunkt des Herrn Knecht steht
und wer die Resultate und die Leistungen der Kirchen im
weltlichen Unterricht gebührend würdigt, der wird es als
ein Glück preisen, daß der Einfluß der Kirchen auf die
Schulen in Deutschland auf das richtige Maß beschränkt
worden ist.
Dem deutschen Nationalprogramm sind fünf
Parteien der deutschen Gemeinbürgschaft in Oesterreich

7)

Josephinens Glück.
Erzählung von A. von der Elbe.
(Fortsetzung.)

Am andern Tage fand Josephine, daß ihr einer der neuen
Hüte nicht gut sitze, sie schickte denselben der Putzmacherin
zurück, und ging am Nachmittage, um eine Aenderung zu
bestellen.
Vor einem Friseurladen, der sich nahe dem Putzgeschäfte
befand, blieb sie stehen und wunderte sich, daß ihr nie aus-
gefallen sei, wie alle Frisuren die besprochenen Löckchen zeigten.
Als sie weiter ging, begegnete ihr Luise Moser. Sie
vlauderten miteinander, und Josephine fragte, wie die Sache
wir der Jungfer abgelaufen sei.
Fräulein Moser nahm der Freundin Arm und sie schritten
zusammen weiter.
»Sie können sich wohl denken, liebste Jose, daß die arme
Annette, die sehr brauchbar war, noch am selben Tage das
Haus verlassen mußte. Herr van Haften ist allerdings bei
solchen verletzenden Vorfällen mit einem goldenen Pflaster
bei der Hand. Mir aber fällt die Last zu, möglichst bald für
Unser Prinzeßchen einen anderen recht geiügigen dienstbaren
Geist herbeizuschaffen/
»Und das neue Kleid?"
»Wird natürlich beim Schneider gearbeitet; ich habe eben
Uocd Stoff dazu besorgt."
Zusammen traten sie in das Putzgcschäft, wo Josephine
wren Hut aufprobirte.
»Ja, gnädiges Fräulein," sagte die Direktrice, „die Fayovs
sind alle auf eine moderne Frisur berechnet. Es wird schwer
Win, für den ganz schlichten Scheitel etwas Kleidsames zu
unden."
^ »Sie fristren sich auch gar zu großmütterlich, liebe
Freundin," mischte sich Fräulein Moser ein. »Man braucht
w nicht gerade extravagant zu sein, aber ein bischen mit der
-blöde gehen, ist doch geboten."
Josephine sah jetzt zum ersten Mal, daß auch auf Luisen's

beigetreten, nämlich die Deutsche Fortschrittspartei, die
Deutsche Volkspartei, der Verfassungstreue Großgrund-
besitz, die Freie deutsche Vereinigung und die Christlich-
Sozialen. Die radikalen Deutschen unter Schönerer halten
sich fern, weil ihnen das Programm nicht weit genug geht,
und die Klerikalen halten es schändlicherweise mit den
Czechen und den Polen. Das Programm hätte kürzer
und bündiger abgefaßt werden können; es ist etwas lang
und schwülstig gerathen. Aber schon die Thatsache allein,
daß es aufgestellt und von fünf deutschen Fraktionen an-
genommen wurde, ist von großer Bedeutung. Die Regie-
rung, die selbst nicht im Stande ist, ein Programm auf-
zustellcn, hat immer nach einem solchen verlangt. Nun
liegt eins vor und sie wird wohl oder übel dazu Stellung
nehmen müssen. Die Forderungen des Programms sind
sehr maßvoll. Hoffentlich setzen nun aber auch die Deut-
schen die nöthige Energie und Rücksichtslosigkeit daran, um
ihre Forderungen zur Geltung zu bringen. Mit Sanft-
heit ist heutzutage in Oesterreich wie auch anderwärts
nichts auszurichtsn. _

Deutsches Reich.
— Die Daily Mail meldet aus Tientsin vom 24.
Mai: Am 20. Mai wurden in Schau drei deutsche
Ofsiciere ermordet. Man fürchtet hier, daß die reak-
tionäre Partei in Peking sich der Zahlung einer Entschädi-
gungssumme an die Deutschen für diese Mordthaten wider-
setzen werde. — ES wäre sehr betrübend, wenn sich die
Nachricht von der Ermordung dreier deutscher Offiziere
bestätigen sollte. Bis jetzt ist davon in Deutschland nichts
bekannt und man darf noch hoffen, daß man es mit einer
chinesischen Erfindung zu thun hat.
Plön, 24. Mai. Wegen zahlreicher Scharlach-
erkrankungen im hiesigen Cadettenhaus wurde der ge-
sammte prinzliche Hof bis zu den großen Ferien nach
Wilhelmshöhe verlegt. Die Studiengenossen der Prinzen
reisen nach Wilhelmshöhe mit.
Baden. L.O. Karlsruhe, 24. Mai. Der neu-
ernannte Präsident der Oberrechnungskammer, Geh. Rath
Joos, eines der arbeitsfreudigsten Mitglieder der Ersten
Kammer, wird im Landtag auf eine weitere Thä-
tigkeit in der Kammer verzichten müssen, da die Funktionen
eines Mitglieds der Oberrechnungskammer mit denen eines
Kammcrmitglieds unvereinbar sind. Als sein Nachfolger
im Präsidium des Verwaltungsgerichtshofs wird neuer-
dings Oberstaatsanwalt, Ministerialdirektor Frhr. o. Ne u-
bronn genannt.
Aus der Karlsruher Zeitung.
Karlsruhe, 24. Mai. Heute Nachmittag 2 Uhr
fuhren der Großherzog und die Großherzogiu nach
Schwetzingen und besichtigten dort in Begleitung des Ober-
hofmarschalls Grafen von Andlaw und des Präsidenten
Dr. Nicolai den Garten mit seinen Einrichtungen. Die
Höchsten Herrschaften kehren Abends hierher zurück. Der
Kronprinz von Schweden und Norwegen und dessen Sohn
Prinz Gustav treffen morgen Mittag von Berlin hier ein.
Abends 11 Uhr erfolgt die Ankunft der Kronprinzessin
Victoria.

Der Berliner Kongreß zur Bekämpfung der
Tuberkulose als Bolkskrankheit.
Auf dem Kongresse werden in fünf Abtheilungen ins-
gesammt 26 Referate erstattet werden, während zwei-
undneunzig Vorträge zur Diskussion angemcldet
sind. Die Leitsätze der Berichterstatter und Vortragenden

! sind in einem Flugblatt des Kongresses veröffentlicht wor-
den und sollen als Grundlage der Diskussion dienen. Zu
den wichtigsten dürften die von dem Münchener Patho-
logen Bollinger aufgestellten Leitsätze gehören. Die-
selben lauten:
1. Die Tuberkulose der Rinder und Schweine ist
ihrer Ursache nach identisch mlt der Tuberkulose des Menschen.
Dieselbe ist, namentlich mit Rücksicht auf die enorme Verbreitung
und erschreckende Zunabme der Rindertuberkulose, nicht blos
ein Krebsschaden für Viehzucht und Landwirthschaft, sonder»
auch eine nicht zu unterschätzende Gefahr für die menschliche
Gesundheit.
2. Die menschliche Tuberkulose spielt als Quelle der
Hausthiertuberkulose offenbar eine untergeordnete Rolle.
3. Die Infektiosität des Fleisches tuberkulöser
Thiere nimmt zu mit dem Stadium und dem Grade der Er-
krankung. Die von Seiten derartigen Fleisches für den Men-
schen drohende Infektionsgefahr ist zweifellos vorhanden, wahr-
scheinlich aber nicht sehr groß. Ein erfolgreicher Schutz der
menschlichen Gesundheit gegen diese Gefahr kann durch gründliche
Zubereitung des Fleisches, durch Vermeiden des Genusses von
rohem oder halbrohem Fleisch erreicht werden.
4. Am gefährlichsten für den Menschen ist der Genuß der
Milch und nicht st e r i l i s i rt e r M i l ch p r odu kt e, die
von tub erkulösen Kühen stammen. Die Milch besitzt
nicht blos bei generalisirter und Eutertuberkulose infektiöse Eigen-
schaften, sondern häufig auch bei lokaler Tuberkulose.
5. Besonders gefährlich ist der Genuß der Milch tuber-
kulöser Kühe für Kinder und empfängliche Erwachsene, wen»
dieselbe ungekocht in größeren Mengen und längere Zeit hindurch
genossen wird.
6. Für die Beurtheilung der Größe der Gefahr, welche dem
Menschen aus dem Genüsse der Milch tuberkulöser
Kühe droht, bildet die Häufigkeit der Schweinetuberkulose den
besten Maßstab, da letztere hauptsächlich durch Fütterung mit
derartig infektiöser Milch entsteht.
7. Die große Ausbreitung der Kindertuberkulose
und namentlich der zunächst in den Lymphdrüsen sich lokalisirendcn
Formen ist theilweisc auf Nahrungsinfektion durch Genuß infek-
tiöser Milch zurückzuführen.
8. Der erste Schritt zur wirksamen Bekämpfung der dem
Menschen von Seiten der Hausthicrtuberkulose drohenden Ge-
fahren istdiereichsgesetzlicheEinsührung der obligat arischen
Fleischbeschau, deren Zustandekommen vom Standpunkte der
Tuberkuloseprophylaxe lebhaft zu begrüßen ist.
Auch die von Herrn Geh.Rath Professor Dr. Kirchner
aufgestellten Leitsätze, die sich auf die Gefahren der Ehe-
schließung von Tuberkulösen und auf die Verhütung
und Bekämpfung dieser Gefahren beziehen, werden die all-
gemeinste Theilnahme erregen. Wir lassen deshalb auch
diese Thesen hier folgen:
I. Es muß als feststehend angesehen werden,
1. daß alles, was die Körperkräfte in außergewöhnlichem Maße
in Anspruch nimmt, die schlummernde Tuberkulose zum Ausbruch
bringt und eine schon bestehende verschlimmert;
2. daß der enge persönliche Verkehr zwischen Kranken und
Gesunden die Haupiguelle der Verbreitung der Tuberkulose ist;
3. daß enge Wohnungen, schwere Arbeit und Nahrungssorgen
die Erkrankung an Tuberkulose begünstigen.
II. Die Eheschließung von Tuberkulösen birgt daher Gefahren
in sich
1. für den Erkrankten selbst, insofern als der eheliche Verkehr
und das Wochenbett eine schlummernde Tuberkulose leicht zum
Ansbruch bringt und eine schon bestehende erfahrungsgemäß er-
heblich verschlimmert;
2. für den Ehegatten und die Kinder sowie das Dienstpersonal
des Erkrankte», insofern als Ansteckung zwischen Ehegatten über-
aus häufig, Uebertragung der Krankheit von tuberkulösen Eltern
auf die Kinder, falls diese nicht rechtzeitig in eine gesunde Um-
gebung kommen, gleichfalls sehr häufig, und die Erkrankung von
sonstigen Hausgenossen nicht selten beobachtet ist.
3. Diese Gefahren sind um so größer, in je beschränkteren
wirthschaftlichen Verhältnissen die betreffenden Personen leben.
III. Zur Verhütung dieser Gefahren sollte verhindert werden,
1. daß Menschen, welche nach Anamnese und Aussehen der
Tuberkulose verdächtig sind, sich in einem zu jugendlichen Lebens-
alter verheirathen;
2. daß Menschen, bei denen die Tuberkulose bereits nachweislich
besteht, sich verheirathen, wenn und so lange ein Zerstörungs-
Vorgang in den Lungen und eine erhebliche Absonderung von
Tuberkelbafillen besteht. Am besten wäre es jedenfalls, wenn

Stirn einige dunkle, offenbar gebrannte Locken logen. Sie
wurde sich bewußt, daß sie bisher doch wohl gar zu gleich-
gültig an solchen Außendingen vorübergegangen sei, und daß
ihre Freunde nicht Unrecht hätten, sie darauf hinzuweisen.
„Meinten Sie wirklich - ich sollte," stammelte sie ver-
legen.
„Fassen Sie nur einen raschen Entschluß!" rief Luise.
»Wir gehen zum Friseur, er modernisirt Sie, und Sie sollen
einmal sehen, wie reizend dieser weiße Bastdut mit Veilchen,
der doch ganz wunderhübsch ist, Ihnen dann stehen wird."
Auch die Putzmacherin redete eifrig zu.
Als Josephine sich unter den Händen des Haarkünstlers
befand, wußte sie kaum, wie ihr geschah, und wie sie so rasch
hierher gekommen sei. Jetzt mußte sie mit sich geschehen
lassen, was Luise und der Friseur für passend fanden.
Josephinen's dichtes vorderes Haar wurde von der Scheere
gekürzt und mit dem Brenneisen bearbeitet.
Fräulein Moser und der Friseur äußerten sich nach der
Vollendung des Werkes sehr befriedigt. Ein zierlicher kleiner
Brennapparat mußte erstanden werden, und dann gingen
beide Damen in das Putzgcschäft, wo die Veränderung gleich-

lls große Anerkennung fand.
Jetzt sab das weiße Basthütchen ausgezeichnet, und in
rer seltsam erregten Stimmung kehrte Josephine nach Hanse
rück.
Es war abendlich geworden und Friedrich sagte der Heim-
zrenden im Hausflur, er habe in der Veranda die Hänge-
mpe angezündet, der Theetisch sei bereit und beide Herren
Iren da und warteten auf das Fräulein.
Josephine, die ihren Vater nie warten ließ, eilte, ohne ob-
legen. durch das Eßzimmer aus die Veranda, um ihres
ntes zu walten und den Thee zu bereiten.
Als sie in der zwiefachen Beleuchtung des sinkenden Abends
ch der blaßrotb verhängten Lampe am Theetisch erschien,
ld ein paar Worte der Entschuldigung über ihr spätes
nninen hervorstammelte. sprang Bruno auf und eilte ihr
tgegen-
Er rrnriss mit beiden Kmnden ihre Rechte und rief: „Aber

Sie leben ja entzückend aus, Josephe I Wie hübsch Sie sein
können! Was sagen Sie, Herr Landgerichtsrath, zu Ihrem
Fräulein Tochter?"
Josephme wurde durch Bruno's offenkundige Bewunderung
in einen wahren Glückstaumel versetzt.
So gut sie ihm seine kleinen Liebhabereien abzulauschen
und danach zu verfahren gewußt, heute war sie so verwirrt,
daß sie alles vergaß. Sie goß ihm den Thee ein, ohne vor-
her Zucker in die Tasse zu legen, bol ihm Rum an, den doch
nur ihr Vater trank und mußte von Bruno gebeten werden,
ihm noch ein Butterbrod zu streichen, während sie ihn sonst
doch immer aufmerksam und reichlich versorgt hatte.
Sie kam den ganzen Abend nicht aus dem Erröthen und
wagte nur scheu auszublicken. Sobald er sie anredete, was
oft geschah, lief ihr ein leises Zittern durch alle Nerven, und
wenn ihr Auge dem seinen begegnete, las sie Zärtlichkeit
darin.
In einem Zustande unbeschreiblicher Aufregung langte
Josephine an diesem Abend in ihrem Schlafzimmer an.
Sie schickte das Hausmädchen, die hübsche kleine Elise, die
ihr die Lampe fortzuholen pflegte, eilig weg. warf sich auf
das Sopha und schlug die Hände vor das Gesicht.
(Fortsetzung folgt.)

Meine Zeitung.
— Ludwigshafen, 23. Mai. Vergangene Nacht gegen 1 Uhr
brach in dem Maschinenhaus der zwischen Ludwigshafen und
Mundenheim gelegenen Pfälzischen Hohl- und Blendsteinfabrik,
Aktiengesellschaft, Feuer aus. Sämmtliche Fabrikräume sind
niedergebrannt.
— Nürnberg. 19. Mai. Bier getrunken hat im Jahre
1896 — wie der Gemeindebevollmächtigte Herr Dr. Kayser aus-
gerechnet hat — die Bevölkerung Nürnbergs nicht weniger als
für 14 Millionen Mark! Auf den Kopf trafen 343 Liter
im Preise von 84 Mark. Das macht für einen Haushalt von
5 Personen eine durchschnittliche Jahresausgabe von 411 Mark.
Herr Dr. Kayser knüpft hieran im Kurier folgende Bemerkungen:
 
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