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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

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Xr. 121.

Freitag, den 2K.Mai

I8S9.

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Politische Umschau.
Heidelberg, 26. Mai.
Die Viertcljahrsschrift: Die Nordmark enthält eine
interessante Zusammenstellung von Gutachten, die sich mit
der Wirkung der Köllcr'schen AusWeisungspolitik
in Schleswig befassen. Darnach hat die Zahl der
dänischen Versammlungen fast überall sehr wesentlich ab-
genommen. Ebenso wird fast allgemein festgestellt, daß
die noch veranstalteten dänischen Versammlungen sehr ge-
ring besucht gewesen sind. So wird beispielsweise aus
einem Orte mitgetheilt, daß, während sonst die Versamm-
lungen von 100 bis 150 Personen besucht gewesen seien,
sich zu der letzten nur sieben eingefunden hätten. Auch die
Thätigkeit der dänischen Vereine auf andern Gebieten ist
wesentlich geringer geworden. Die dänischen Blätter klagen
selbst über den Rückgang dieser Thätigkeit. Ebenso hat der
dänische Einfluß außerordentlich verloren. Die Gemeinde-
vertreterwahlen sind meist für das Deutschthum sehr gün-
stig ausgefallen, besonders auch dadurch, daß sich vielfach
die gemäßigten Dänen zu den Deutschen schlugen. Das
genannte Blatt schließt die Besprechung mit den Worten,
daß derjenige kein ehrlicher Gegner sei, der diese That-
sachen nicht anerkenne; das Wort des Oberpräsidenten
v. Koller, daß in Nordschleswig Ruhe werden solle,
lange an, Wirklichkeit zu werden.
Zwischen den österreichischen und den ungari-
schen Ministern finden gegenwärtig häufige Konferenzen
Sur Beralhung des Ausgleichs statt. Mehreren Konferen-
zen präsidirte der Kaiser, der mit den leitenden Ministern
außerdem stundenlang konferirte. Ein greifbares Resultat
fit jedoch nicht erzielt worden. Der ungarische Minister-
präsident Szell will, daß der Ausgleich in beiden Staaten
>n der vorgcschriebenen parlamentarischen Form abgeschlossen
Werde. Der österreichische Ministerpräsident dagegen möchte
weiterhin mit dem Nothparagraphen regieren. Da Szells
Bestreben den Deutschen in Oesterreich sehr sympathisch
lein muß, so hat der österreichische Ministerpräsident Graf
Thun sich beeilt, die Bankfrage in den Vordergrund zu
schieben, in welcher die Deutschen Oesterreichs den ungari-
schen Ansprüchen opponiren. Es ist nicht abzusehen, wie die
Ausgleichsverhandlungen sich weiter entwickeln werden. Wenn
^>e ungarische Regierung fest bleibt in der Forderung, nur
einen parlamentarischen Ausgleich einzugehen, dann müssen
in Oesterreich erst wieder parlamentarische Zustände ge-
schaffen werden. Entschließt sich der Kaiser hierzu, so sind
die Tage des Ministerpräsidenten Grafen Thun gezählt,
penn zu Thun haben die Deutschen kein Vertrauen. Der
Kaiser scheint noch zu schwanken.
Aus Samoa wird gemeldet, daß die Kommission der
drei Mächte dort am 16. Mai angekommen sei. Bei ihrer
Ankunft fand sie den Waffenstillstand zwischen den ein-
geborenen Parteien nicht gestört. Mataafa begrüßte die
Kommission durch ein Schreiben, in dem er sie willkommen
cheß. Es wurde bereits mit beiden eingeborenen Parteien

wegen Niederlegung der Waffen verhandelt. Diese günstigen
ersten Nachrichten lassen erwarten, daß die Angelegenheiten
auf Samoa von der Kommission bald geregelt sein werden.
Inzwischen sind in Deutschland eine Anzahl ausführlicher
Privatbriefe aus Samoa eingctroffen, die das miserable
Vorgehen der Engländer dort schildern. Viel deutsches
Eigenthum ist zerstört und geraubt worden. Möchte die
deutsche Regierung nur energisch darauf dringen, daß
den Geschädigten Ersatz für ihren Schaden wird! Wie
immer die Samoaangelegenheit beigelegt werden wird:
in Deutschland wird man nicht vergessen, wie die
Vertreter Englands und Amerikas sich dort benommen
haben und wie lange ihre Regierungen zusahen, ehe sie
sich zum Einschreiten entschlossen. Es wird hoffentlich der
Tag kommen, da Deutschland Gelegenheit haben wird, für
diese Freundlichkeiten entsprechend zu quittiren.

Deutsches Reich.
— Die Nordd. Allg. Ztg. schreibt: Seit längerer Zeit
machen sich in Interessentenkreisen Bestrebungen geltend,
um das Interesse an der in früheren Jahrhunderten von
Deutschland aufs lebhafteste betriebenen Fischerei im
Nord meer neu zu beleben. Ein geeigneter Platz, von
wo der Fischfang ausgeübt und wo die Vorbereitungen
der Fangergebnisse zum Weiterversandt getroffen werden
können, glaubt man in der etwa halbwegs zwischen Nor-
wegen und Spitzbergen gelegenen Bäreninsel gefunden
zu haben. Um einen ersten Versuch zu machen, wurde
seitens des Fischereivereins Ende April eine aus zwei
Schiffen bestehende Expedition nach dieser Insel ab-
gesandt. Die Ergebnisse waren befriedigend. Zur Er-
forschung der Bodenbeschaffenheit der Insel wurden einige
Bergleute an Bord genommen. Mit Spitzbergen hatte die
Expedition nichts zu thun.
— Welchen Erfolg die von der deutschen Kolonial-
gcsellschaft angeregte Entsendung von Mädchen nach
Deutsch-Südwestafrika gehabt hat, besagt folgender
Bericht: Von den zuletzt hinausgesandten Mädchen sind
nach einem neuen Bericht des Kaiserlich Deutschen Gou-
vernements vom 20. März 1899 bereits eine verheirathet
und sechs verlobt. D>e Verheirathung der letzteren steht
demnächst bevor. Auch die klebrigen sind nur deshalb noch
frei, weil sie die ihnen gewordenen Anträge bisher abge-
lehnt haben. Vom Gouvernement wird anerkannt, daß
bei Auswahl der hinausgcsandten Mädchen, soweit dies im
Bereich der Möglichkeit lag, mit aller Sorgfalt verfahren
sei. „Der Erfolg", so heißt es in dem betreffenden
Schreiben, „ist ja im Grunde auch als ein durchschlagender
zu bezeichnen. Wir Alle hier sind der Kolonialgcsellschaft
für diese das Gedeihen des Schutzgebietes so unendlich
befördernden Maßnahmen aufrichtig dankbar. Schon mancher
Soldat, der sich gern in den Schutzgebieten niedergelassen
hätte, hat von diesem Gedanken wegen des Mangels an
weißen Mädchen Abstand genommen. Mithin war es eine
dringende Bcdürfnißfrage, welche die Kolonialgcsellschaft
vorliegend gelöst hat." Mit demselben Bericht wird mit-
getheilt, daß wiederum elf Stellen für deutsche Dienstboten
zu besetzen sind.
— Der Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika, Major
Leut wein, ist zum Oberstleutnant befördert worden.
Kassel, 25. Mai. Das Kaiserpaar ist heute Nach-
mittag 5 Uhr mit Sonderzug hier eingetroffen und wurde
von der Bevölkerung begrüßt. Vize-Bürgermeister Ende-
mann begrüßte den Kaiser mit einer Ansprache und bot
den Willkommentrunk der Stadt Kassel an. Auf die An-
spracke des Vize-Bürgermeisters erwiderte der Kaiser,

Josephineus Glück.
^ Erzählung von A. von der Elbe.
(Fortsetzung.)
^ Ein Taumel der Empfindungen, der Josephinen's klares
senken trübte, durchdebte sie. In solchem Zustande hatte sie
ach noch nie befunden.
Was war das? O mein Gott, liebe ich denn Bruno
Elbitz? Ist das Liebe? Ist solche Thorheit möglich? Ihn,
Nn Jüngeren, der als Knabe wie mein Bruder war?
In wilder Gedankenflucht jagte es durch ihr Hirn.
... Nein — nein, sie mußte sich wehren. Sie durste das Ge-
nicht Herr über sich werden lassen! Es war ja Unsinn,
wcht auszudenken, keine Vereinigung möglich l
Was sollte sie beginnen, wie loSlommen?
..Sie, die verblüht und ernst, sie, die zwölf Jahre lang eine
Mbsinnige Krankenpflegerin gewesen, war. und er, auf der
5>ohe seiner jugendlichen Kraft und Freudigkeit, übermüthig,
Nr Geselligkeit lebend; nicht allein an Jahren, nein, im
Ganzen Wesen und Sein viel, viel jünger als sie.
, Sie, die bisher so Ruhige, sie mußte wieder die Beherr-
!Hung ihrer selbst gewinnen. Sie mußte darum ringen mit
Mer Kraft.
Sie wollte sich's nicht merken lassen, was er ihr war.
nie, durste er das erfahren l Sie würde sich ja zu Tode
schämen über ihre Thorheit, wenn je ein Mensch in ihr Herz
Nicken sollte.
Während der ganzen Nacht lag sie schlaflos und rang nach
Rastung.
. Als sie früh aufstand und in den Spiegel sah, blickte ihr
w bleiches, übernächtiges Gesicht entgegen.
„Nein, er kann mich nicht lieben," seufzte sie, „es ist nicht
Möglich, sein ganzes Wesen schwelgt in Jugend und Schönheit."
v In dieser hoffnungslosen Morgenstimmun» erschien ihr
p- ungewohnte Geschäft des Lockenbrennens, das doch nun
;"cht mehr zu vermeiden war, wie eine ihrer unwürdige Ge-
'Msucht. —

/- Auch Bruno hatte von den letzten Begegnungen mit
Josephine einen tieferen Eindruck davongetragen. Neben die
alte Kindersreundschaft drängten sich neue Empfindungen.
Daß sie ihn anfänglich kühl und widerstrebend ausge-
nommen, war ihm nicht entgangen. Nach und nach schien
indes die frühere Stufe von Freundschaft und Zutrauen
wieder erreicht zu sein. Er legte Werth daraus und hatte sich
darum bemüht, weil er fühlte, daß ihr Wohlwollen die An-
nehmlichkeit seines Aufenthalts hier im Hause wesentlich
erhöhe.
Gestern aber war ein Mehr hinzugekommen, das seine
Gedanken angenehm beschäftigte.
Bruno hatte die Absicht gehabt, nach dem Abendthee in
der Veranda, noch mit Pilar in einem Restaurant zusammen-
zutreffen. . ....
In seinem Zimmer angekommen, war ihm plötzlich die
Lust zum Ausgehen geschwunden.
Friedrich setzte ihm wie immer die verschleierte Lampe auf
den Tisch, ein Fenster stand offen und der Duft der blühenden
Linden in der Allee strömte, vermischt mit dem des Heliotrop
im Vorgärtchen, vom Luftzüge der Nacht getragen, herein.
Seltsam erregt schritt er auf und ab.
Hatte dies zurückhaltende, kühle Mädchen ihrem philiströsen
Geschmack seinetwegen das Opfer abgerungen, zum Friseur
zu gehen? Wollte sie ihm gefallen?
Josephine Steinberg war mit ihrer ruhigen Verständigkeit
immer Respektsperson für ihn gewesen. Er hatte oft in seiner
Familie von ihrer Männerscheu, ihrer Ablehnung jeder An-
Näherung und ihrer Vortresflichkeil als entsagungsvolle Pfle-
gerin der kranken Mutter reden hören- Die Ueberzeugung
erfüllte ihn, daß sie über den kleinen gefallsüchtigen Schwächen
anderer Mädchen erhaben sei.
Und nun neigte sie sich seinetwegen von ihrem Thron
herab! Diese Vermuthung schmeichelte ihm ungeheuer.
Ader irrte er sich auch nickt? Sie hatte ihrem Vater
eine Geschichte von der Putzmacherin und einer zuredenden
Freundin erzählt.
Er mußte vorsichtig sondlren, durfte sich nicht lächerlich

daß er sich mit Vergnügen aus seiner Jugendzeit an
Kassel zurückerinnere, als an eine Stadt, in der Musik
und Gesang eine besondere Pflege erhalten. Deshalb habe
er Kassel zum Ort dieses ersten S ang estourniers ge-
wählt. Kassel brauche vor anderen Städten in keiner
Weise zurückznstehen. Die Vorbereitungen, welche die
Stadt für diesen Wettstreit getroffen hätte und über die
ihm berichtet worden wäre, seien dankenswe rth. Er danke
dafür der Bürgerschaft der Stadt Kassel und bitte den
Vize-Bürgermeister, dies der Bürgerschaft m itzutheilen.
Hierauf überreichte der Vorsitzende der Stadtverordneten
der Kaiserin einen Strauß von Marschall Niel-Rvsen
mit einer kurzen Ansprache, wofür die Kaiserin huldvollst
dankte. Unter den Klängen der Musik und dem Jubel der
Bevölkerung fuhr das Kaiserpaar in's Schloß, wo die
Kriegervereine, die Feuerwehr und die Schulen Reihen
bildeten.
Baden. S. Gr. H, Prinz Max von Baden, Ritt-
meister und Eskadronschef im Garde-Kürassier-Regiment,
ist ä 1a. suits des Regiments gestellt worden.
L. F. Karlsruhe, 25. Mai. Das Gesetz vom
8. Mai 1899 betreffend die Besten eru n g des Wander-
gewerbes et riebes tritt nach einer landesherrliche»
Verordnung mit dem 1. Januar 1900 in Kraft. Es
können jedoch schon vor diesem Zeitpunkte für das Kalen-
derjahr 1900 nach den Bestimmungen dieses Gesetzes An-
meldungen stattfinden und zur Erledigung gelangen.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den
Regierungsbaumeister Civilingenieur Th. Rehbock in Berlin zum
ordentlichen Professor des Wasserbaues an der Technischen Hoch-
schule in Karlsruhe, den Dr. Karl Brunner aus Bernstein unter
Verleihung des Titels Archioassessor zum etatmäßigen wissen-
schaftlich gebildeten Hilfsarbeiter beim Generallandesarchiv er-
nannt und dem Postsekretär Hermann Müller aus Krumbach,
Bezirk Meßkirch, unter Ernennung desselben zum Postmeister, die
Vorsteherstelle bei dem Postamte in St. Georgen (Schwarzwald)
übertragen.
— Geometerprüfung. Nach ordnungsmäßig bestandener
Prüfung sind folgende Geometerkandidaten als öffentlich bestellte
Geometer ausgenommen worden, und zwar auf Grund der Prüfung
vom Spätjahr 1898: Beinling, Kurt, von Breslau, Rauch,
Otto, von Handschuhsheim, Rudolph, Karl, von Hof, Boos,
Adolf, von Lichtenthal; auf Grund der Prüfung vom Frühjahr
1899: Streck fuß, Otto, v. Boxberg.
Karlsruhe, 25. Mai. Um 12 Uhr 15 Minuten
begaben sich heute die Großherzoglichen Herrschaften nach
dem Hauptbahuhof zum Empfang des Kronprinzen von
Schweden und Norwegen und seines Sohnes des Prinzen
Gustav. Am Bahnhof waren anwesend Prinz Karl, Oberst-
stallmetster Freiherr von Holzing-Berstett, der Königlich
Preußische Gesandte Geheimerath von Eisendccher, die Hof-
damen Freiin von Schönau, sowie der Oberst und Flügel-
adjutant Freiherr von Schönau. Die Höchsten Herr-
schaften geleiteten Ihre verwandten Gäste zum Großherzog-
lichen Schlosse, wo ein Theil des Hofstaates zum Empfang
versammelt war. Die Kronprinzessin Victoria trifft heute
Abend 10 Uhr 39 Minuten aus München hier ein; die-
selbe kam daselbst gestern Abend aus Venedig an.
Vom Tuberkulose-Congretz.
Berlin, 25. Mai.
Im internationalen Congreß zur Bekämpfung der
Tuberkulose zu Berlin haben am Mittwoch gleich nach der
Eröffnungssitzung die Vorträge in der ersten Abtheilung über
die Ausbreitung der Tuberkulose begonnen. Vor-
sitzende dieser Abtheilung sind der Direktor des kaiserlichen
Gesundheitsamts, Wirkl. Geh. Oberregierungsrath Dr. Köhler
(Berlin) und der Geh. Medicinalrath Dr. Krieger (Straßburg).
Nachdem elfterer im allgemeinen über die Ausbreitung und Be-
deutung der Tuberkulose als Volkskrankheit gesprochen hatte,

machen, wollte aber den Genuß dieses unerwarteten Sieges
auskoften.
Nachdem er so weit gekommen war. erschien er sich plötz-
lich albern und sentimental, fand das einsame Auf- und Ab-
gehen langweilig, murmelte etwas von einem angebrochenen,
verlorenen Abend und verließ das Haus, um doch noch zu
seinen fidelen Kumpanen in die Kneipe zu gehen.-
Als Josephine zuerst wieder mit Bruno zusammentraf,
benahm sie sich kühler und steifer denn je. Dem blassen,
müden Gesichte vermochten auch die nußbraunen weichen
Locken über der Stirn keinen Anschein von Jugend und Ko-
ketterie zu geben und Bruno wurde sehr unsicher in seiner
schmeichelhaften Annahme. Es schien ihm sogar in der
nächsten Zeit, als weiche sie ihm aus und sei besonders ein-
silbig in ihrem Verkehr mit ihm. Wenn sie zusammen saßen,
schlug sie kaum die Augen von ihrer Handarbeit auf.
Eines Tages bemerkte sogar der Vater ihr scheues, schweig-
sames Wesen. Er fragte, ob ihr etwas fehle.
„O nein! gar nichts!" rief sie mit großem Eifer. „Ich
bin ganz wohl und zufrieden." —
Leutnant von Pilar brachte dem Freunde endlich die Nach-
richt, er habe eine famose Gelegenheit für ihn eingefädelt, sein
holdes Gegenüber, den kleinen exotischen Goldfisch kennen zu
lernen. Ein reicher Bankier, in dessen Familie er Hausfreund
sei, gebe nächste Woche das übliche Rosenfest in seiner Garten-
villa, da könne Delbitz sein Glück be: der Schönen versuchen.
Sie solle zum ersten Male dort in einem größeren Kreise
erscheinen.
„Ich verschaffe Dir beim Souper den Platz neben Deiner
Göttin," fügte er gönnerhaft hinzu.
Bruno wurde Feuer und Flamme bei dieser Aussicht. Er
erfreute sich nun schon manches vielsagenden Gluthblicks aus
den dunkeln Augen der kleinen Javanerin, und sah ein reiz-
volles Liebäugeln und Näherkommen vor sich.
„Könntest Dich famos rangiren." meinte der Freund. „Der
Alte ist Millionär. Mußt gleich vorweg, beim ersten Aus-
schlüp'en des Kückens aus dem Ei. Eindruck machen und den
Verfluchten Schwerenöther herauskehren."-(Forst, folgt.)
 
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