Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0189

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Erscheint täglich.
Sonntags ausgenommen.
Preis
mit FamilienblLttcrn
monatlich SO Pf.
frei in's Hans gebracht.
Durch die Post bezogen
vierteljährl. 1.25
ausschließlich Zustellgebühr.
Telephon-Anschluß Nr. 82.


Insertionsgebühr
15 Pf. sur Ispaltige
Petttzetle oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
. Gratis-Anschlag
^ der'Jnserate auf den Plakat-
v tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Telephon-Anschluß Nr. 82.

X>'. 43.

Montag, den 28. Februar

I89S.

Der neue Präsident der französischen
Republik.
Wie wir durch Verkeilung von Extrablättern am
Samstag bekannt machten, ist an diesem Tage in Ver-
sailles der Senatspräsident Loubet zum Präsidenten der
französischen Republik erwählt worden. Von 812 Stimmen
erhielt er 483, Meline 279, und 50 Stimmen zer-
splitterten sich. Bei der Abstimmung ist es recht lebhaft
zugegangen.
Um 1 Uhr erklärte Loubet die Nationalversamm-
lung unter dem Beifall der Linken für eröffnet. Als
erster stimmte der Abgeordnete Dansette. Döroulöde will,
als er seinen Stimmzettel abgiebt, von der Tribüne aus
sprechen, was Loubet unter dem Widerspruch der Rechten
und Beifall der Linken untersagt. Als Döroulöde darauf
besteht und den Saaldienern, die ihn daran hindern wollten,
Widerstand leistet, stürzen einige Sozialisten auf ihn zu,
um ihn von der Tribüne zu vertreiben, die Döroulöde
endlich verläßt. Auch Drumout will sprechen und wird
ebenfalls daran verhindert. Von der Journalistentribüne
ruft in diesem Augenblick der Anarchist Sebasticn Faure:
»Nieder mit den Jesuiten", der Journalist Papilland von
der Libre Parole erwidert: „Nieder mit den Juden!",
worauf beide handgemein wurden und entfernt werden.
Baudry d'Asson ruft, als er am Sprechen verhindert wird:
»Hoch der König! Hoch die Armee!" Während der Ab-
stimmung verlassen viele Senatoren und Deputirte den
Sitzungssaal, um in den Galerien, wo alsbald ein wahres
Gedränge herrscht, mit ihren Freunden sich zu unterhalten.
Die für das Publikum bestimmten Tribünen sind dicht be-
setzt, ebenso die Diplomatenloge. Der italienische Bot-
schafter ist ebenfalls anwesend. Möline geht durch die
Galerie und hält in auffälliger Weise Stimmzettel, die auf
Loubet lauten, in der Hand und sagt: „Ich stimme für
Loubet." In den Wandelgängen herrscht große Bewegung,
sowie eine lebhafte Erörterung zwischen den Nationalisten,
die Loubet heftig angreifen.
Ter Kammerpräsident De sch anel wird, als er auf
der Tribüne erscheint, mit Beifallsrufen empfangen, ebenso
Drumont. Die Rufer für letzteren sind die Antisemiten.
Sie erwecken stürmischen Widerspruch. Von da ab geht
der Wahlakt ruhig seinen Gang, bis die schwarze Gestalt
des Abgeordneten für Guadeloupe, Legitismus, auf der
Tribüne erscheint. Ihm spenden die Sozialisten Beifalls-
rufe. Als der Oberpräsident des Kassationshofes, Mazeau
(der gleichzeitig Senator ist), und Meline unmittelbar
uachcinandcr abstimmten, erscholl Beifall im Centrum,
übertönt von den Rufen der Linken. Der monarchistische
Graf d'Aulan leistete sich von Neuem eine kleine Kund-
öebung von der Tribüne aus. Mit beredter Gebärde rief
rr: „Bürger!", aber der Vorsitzende Loubet bat ihn, die
Tribüne zu verlassen, und die Saaldiener beschleunigten
(einen Abgang. Auch Cuneo d'Ornano rief begeistert einen
bonapartistischen Gruß in den Saal, fand aber keinen
Widerhall. Viele Mitglieder hatten sich mittlerweile in
den Wandelgängen verloren. Punkt 3 Uhr war der
Wahlakt beendet.
Um 3 Uhr 30 verbreitete sich die Nachricht von der
Wahl Loubets, Alles strömte wieder zum Sitzungssaal,
der in diesem Augenblick ein Bild spannender Erwartung
d^t. Um 3 Uhr 40 Min. bestieg der Vic^präsident des
Senats, Franck-Chauveau, die Tribüne und verkündete
das Ergebniß. Die Wahl Loubets wurde mit tosen-
dem Beifall im Centrum und auf der Linken
Ausgenommen. Mehrere tausend Hände klatschten Bei-
'"ü- Die Rufe: „Es lebe die Republik!" ertönten. Von

einer Tribüne erscholl der Ruf: „Nieder mit den Fälschern!"
Die Rechte beobachtete Stillschweigen. Alsdann leerte sich
der Saal und die Menge nahm draußen auf dem Schloß-
platze Aufstellung, um der Abfahrt des Präsidenten beizu-
wohncn. Um 4 Uhr bestieg Loubet einen Vierspänner und
fuhr unter der Bedeckung von zwei Schwadronen Dragoner
zum Bahnhof, wo ein Sonderzug seiner wartete. Bei der
Abfahrt brach die Menge in sympathische Kundgebungen
aus. Rufe: „Es lebe die Republik! Es lebe Loubet!"
ertönten. Eine Handvoll Nationalisten versuchte eine
Kundgebung für die Armee und unter Rufen: „Panama,
Panama!" eine Loubetfeindliche Kundgebung. Die Rufe
wurden jedoch vom Beifall der anderen erstickt. Dem
Präsidentenzuge folgte unmittelbar der Zug der Parla-
mentarier, in dem auch die Vertreter der Presse Platz ge-
funden hatten. Vor dem Bahnhofe St. Lazare war eine
große Menge angestaut, die den Präsidenten mit begeister-
ten Sympathiekundgebungen, theils aber auch unter Füh-
rung der Nationalisten und Antisemiten mit feindlichen
Zurufen in Empfang nahm.
Der neue Präsident der Republik, Emile Loubet, wurde
geboren am 31. Dccember 1838 zuMarsanne im Departe-
ment Drüme. Nach vollendetem Rechtsstudium wurde er
Bürgermeister der in demselben Departement gelegenen
kleinen Stadt Montölimar. Die Angabe, daß er Gold-
waarenhändler gewesen sei, beruht auf einer Verwechslung.
Mit achtunddreißig Jahren, nach deutschen Begriffen also
ziemlich früh, erhielt er von seinem Arrondissement ein
Mandat zur Dcputirtenkammer, wo er sich von vornherein
zu gemäßigt republikanischen Grundsätzen bekannte. Im
Jahre 1885 aus der Dcputirtenkammer in den Senat
übergetrcten, übernahm er in dem nach Carnots Wahl
zum Präsidenten der Republik gebildeten ersten Kabinet
Tirard das Portefeuille der öffentlichen Arbeiten.
Im März 1888 stürzte das Kabinet Tirard. Im
Jahr 1892 wurde Loubet Ministerpräsident. Es nahten
damals die dunklen Tage des Panamismus. Am 15.
November 1892 beschloß der Ministerrath die Eröffnung
des Hauptverfahrens gegen die Leiter des Canalunterneh-
mens; am 21. November verlas Delahaye seine „Liste der
150 Käuflichen", und am 20. November entzog sich Joseph
Reiilach, dessen Streichung aus der Liste der Angeklagten
Loubet von dem Generalstaatsanwalt Quesnay de Beaure-
patre nach dessen jüngst öffentlich ausgesprochener Behaup-
tung vergeblich verlangt hatte, der Verfolgung durch Selbst-
mord. Trotz des Widerspruchs von Seiten des Justiz-
ministers Ricard verlangte die Kammer am 28. November
die Ausgrabung der Leiche. Dieses scharfe Mißtrauens-
votum — denn ein solches war die Kammerabstimmung
gegenüber den Gerüchten vom Selbstmorde Reinachs oder
gar von seinem ungestörten Weiterleben und dem Schein-
manöver der Beerdigung — mußte den Rücktritt des Mi-
nisteriums zur Folge haben. Wenngleich Loubet nicht selbst
zu dem aus den Panamageldern genährten Ungeziefer ge-
hört hatte, so wurde ihm doch aus — der Nichtergreifung
des vielgesuchtcn „Oberpanamisten" Alton ein schwerer
Vorwnrf gemacht, der noch drei Jahre später um so lauter
ertönte, als dem Ministerium Bourgeois dieser Fang inner-
halb 14 Tagen gelang.
Immerhin gelangte Loubet schon nach drei Jahren wie-
der an eine der obersten Staalsstellen, indem er zum Se-
natspräsidenten gewählt wurde. Von diesem Posten aus
zieht er in's Elysöe ein.
An Anfeindungen wird es dem neuen Präsidenten
nicht fehlen, zumal da Loubet als Freund der Revision
gilt. Die Lärmtrompete des Herrn Quesnay de Beaure-
paire lockte schon am Freitag antisemitische und nationali-

Wie Tom sein Glück machte.
^ Nach einem amerikanischen Motiv von M. A. Z.
(Schluß.)
V Nichts weiter vermochte der arme Tom, der zur Abwechs-
rjchg jxtzt glühend roth geworden, hervorzubringen, obschon
, 'u Herz voll war bis zum Ueberlaufen, allein es war auch
M nicht nöthig, daß er noch etwas sagte, denn nun ereignete
etwas ganz Unerwartetes, Unerhörtes, noch nie da-
jj^esenes. Angesichts der ganzen großen Gesellschaft, Damen
Herren fiel die reichste Erbin des Westens, die Stolzeste
zJ Stolzen. Mtldred Angove, dem verblüfft dastehenden
stellen des Gastgebers, der nicht wußte wie ihm geschah und
ib? "" siebenten Himmel wähnte, um den Hals, und küßte
weidlich ab.
«So habe ich Dich denn doch noch gefunden," rief sie, „und
"u mein Gclöbniß halten."
an^r gute Tom begriff vor der Hand nicht viel von der
red^e." Geschichte, und auch die Freundinnen von Miß Mild-
t>b°/^nden kopfschüttelnd oder naserümpsend umher. Letztere
ivto schnell genug ihre Fassung wieder und verhieß für
bolle Aufklärung und einen ausführlichen Bericht,
kMbucklich habe sie mit Mister Evans zu sprechen,
sri-^chdem diese Besprechung augenscheinlich zur vollen Zu-
«ov-beider Theile erledigt, wandte sich Mildred An-
Z»« 'Üren Freundinnen wieder zu und begann mit großer
Ja^bstrtigkeit ihre Erzählung: „Ihr wißt, daß ich vor 2
bei Mary Dudley in New-Uork zum Besuch war und
stieb ^ '«täte Abenteuer mir damals aus der Feucrinsel zu-
stüen l^Eb sag' Euch, es ist wahrlich kein Spaß, in die grau-
dersj', ^Warzen, gurgelnden Fluthen immer von neuem zu
bark-i» ' weine Seele brannte daher von innigster Dank-
Me R meinen Lebensretter, der aber war jüngst über
bnd « rge als ich wieder zur vollen Besinnung gelangt war
wir ibm verlangte. Da gelobte ich mir und schwor
«och und thcuer zu, ihn aufzuspürcn, koste es was es

wolle, und ihn mit dieser meiner Hand, welche zahllose Be°
Werber in allen Tonarten begehrten, zu belohnen. Doch so
viel ich mich auch bemühte, Aufrufe erließ, Agenten besoldete
und das Geld wahrlich mit vollen Händen zum Fenster hin-
auswarf, von dem jungen New-Borker Helden, war nicht das
Geringste zu entdecken, und nun finde ich ihn hier so plötzlich,
so unerwartet, hier >m fernen Westen! Ist das nicht ein
Wink des Schicksals? Und noch etwas! Von Generation
zu Generation hat sich in unserer Familie ein Schmuckstück
vererbt, ein Paar Ohrringe ans Brillanten, feine kunstvolle
Arbeit, ein Stiefmütterchen darstellend — sie wies auf die
Nadel hin, welche in Toms Kravatte steckte — von meiner
Großmutter überkam ich die Juwelen, denn meine arme
Mutter war ja bald nach meiner Geburt gestorben, und ich
erinnere mich, obschon ich damals die Kinderschuhe kaum aus-
gezogen, recht gut der Worte der Ahne: Hüte diese Ringlein
gar wohl» mein Kind, seit Jahrhunderten sind sie in der
Familie und schon in Europa schmückten sich die Frauen un-
seres Hauses damit, und sie bringen Glück. Hörst Du's wohl,
Mtldred — Glück!"
„Seit jener Zeit habe ich die Ohrringe ununterbrochen
getragen bis zu jenem Unglückslage bei Long Island, wo
mir der-- eine abhanden kam. Ich glaubte, derselbe liege in
der Tiefe der See, bis ich hier das Schmuckstück wiederfinde
und durch dasselbe auch meinen lange gesuchten Lebensretter.
Denn nie würde ja dieser sich mir zu erkennen gegeben haben:
ich selber hatte sein Bild nur verschwommen im Gedächlniß
und hätte ohne das Familien-Sliefmütterchen ihn nie mit
Sicherheit herausaesunden, meinen schüchternen Tom, der
doch ein ganzer Mann ist und ein Held wie wenige. Ich
weiß, ich werde mit ihm glücklich sein, unendlich glücklich.
Und so hat sich denn auch das Wort der Ahne erfüllt, daß
das alte Familienkleinvd mir Segen bringen werde."
„So, alter Junge," schloß Dick seine Erzählung, „das ist
die Geschichte, wie Freund Tom sein Glück machte, und ich
will mich hängen lassen» wenn nicht jedes Wort davon
wahr ist!" —

stische Schaaren auf die Straße, wo sie ihren Gefühlen
in der üblichen lärmenden Weise Luft machten, und weitere
und ernsthaftere Schwierigkeiten werden schwerlich lange
auf sich warten lassen — der Hinweis auf die „Affaire"
Dreyfus", die vielleicht in nicht zu ferner Zeit durch die
„zweite Affaire" in Lille abgelöst wird, überhebt uns aller
weiteren Ausführungen in dieser Richtung.
Was das Acußerliche augeht, so ist nach der Straßb.
Post, der wir obige Angaben entnehmen, Loubet ein Mann,
der seine 61 Iahte mit Rüstigkeit trägt. Das Haar ist
an Stirn und Schläfen wohl etwas dünn geworden, zeigt
aber noch eine hübsche Fülle. Aus dem vollen Gesicht,
das von einem kurzen krausen Vollbart umgeben ist, schauen
kleine Augen freundlich und prüfend zugleich. Der ganze
Ausdruck der behäbigen Gestalt ist bürgerliche Solidität.
Den gleichen Eindruck macht Loubets Haltung und Klei-
dung: bürgerlich wohlanständig, ohne jeden Beigeschmack
auffälliger Eleganz.
Loubet weiß, daß er im Elysöe nicht auf Rosen ge-
bettet sein wird. Vor der Wahl sagte er, seine Freunde,
die cs gut mit ihm meinen, müßten wünschen, daß er nicht
gewählt werde. Er gibt sich also keinen Illusionen hin.

Deutsches Reich.
— Als der Kaiser Samstag Nachmittag von Hu-
bertusstock nach Berlin zurückkehrte, begad er sich direkt
vom Bahnhof aus zur französischen Botschaft, um
dem Botschafter sein Beileid auszusprechen. Die Unter-
redung dauerte 40 Minuten.
Deutscher Reichstag. Berlin, 18. Fcbr. Weiter-
besprechung der Interpellation Johaunsen.
Abg. Lenz mann (freis. Vp.): Die Regierung scheine das
Ansehen des Reichstages herabsetzen zu wollen. Das Anzweifeln
unserer nationalen Gesinnung halten wir geradezu für eine Be-
schimpfung. Die Negierungsmaßregeln in Schleswig seien weder
nöthig noch nützlich, sie seien aber auch ungesetzlich und willkürlich
und endlich hatten sie die wirthschaftlichen Beziehungen des deut-
schen Volkes geschädigt.
Dr- Lehr (nl.) polemisirt gegen die Ausführungen Johann-
seils und schließt mit den Worten: Die Gastfreundschaft sei eine
schöne Sache, aber wer sie genieße, dürfe sie nicht mißbrauchen.
Dr. Stockmann (Rp.): Deutschnationale Interessen müßten
energisch gewahrt werden. Oberpräsideut v. Köller sei mit einem
Schlage der populärste Mann in Schleswig geworden. (Lachen
links und im Centrum.)
Abg. Ghebocki (Pole) spricht für die Kompetenz des Reichs-
tags.
Dr. Sattler (nl.): Seine Partei habe ihren Standpunkt
schon 1886 festgelegt. Die Forderungen der Polen und Dänen
würden nie erfüllt werden. Hoffentlich zeige die Regierung keine
schwache Haltung.
Abg. Munckel (fr. Vp.) erkennt das Vorhandensein einer
dänischen Agitation an, wenn er auch die Köllcr'schen Maßnahmen
nicht billigen könne.
Abg. Fürst v. Bismarck (cons., b. k. P.): Die Competenz-
frage wolle er offen lassen, die Einzelheiten gehörten jedenfalls
nicht vor den Reichstag. Für die getroffenen Maßregeln sei
allein der preußische Ministerpräsident verantwortlich, welche
Verantwortlichkerr er auch gern übernommen habe. Keine Regie-
rung greife gern zu solchen Maßregeln; auch die jetzige habe eS
nicht aus Uebermuth gethan. Die preußische Negierung handelte
aus Staatsraison so, und dafür sind wir ihr dankbar. Ver-
söhnungspolitik erreiche nichts, man sehe Oesterreich. Die deutsche
Sprache im Norden und Osten war bedroht. Auf den Art. 5,
diesen französischen Stempel auf den Prager Frieden, hätten die
Dänen kein Recht. Mit Genugthuung ersehe er, daß die Inter-
pellation nur von den internationalen Socialdemokraten unter-
stützt war. (Beifall rechts.)
Nach einigen Bemerkungen Ghebockis (Pole) wird der
Schlußantrag angenommen.
Montag: Wahlprüfungen, Etat, kleine Vorlagen.

Aus der Karlsruher Zeitung.
Karlsruhe. 18. Febr. Heute Abend 8 Uhr hält
Gcheimerath Dr. Curtius von der Universität Heidelberg
vor den Großherzoglichen Herrschaften einen Vortrag über
Spannungsverhältnisse in Molekülen und deren Verwerthung
zu einer neuen Art der Schieß- und Explosionstechnik, zu
welchem zahlreiche Einladungen ergangen sind.

Ausland.
Frankreich. Paris, 19. Febr. Als der neue Prä-
sident der Republik, Loubet, in Versailles im vier-
spännigen Landauer zum Bahnhof fuhr, erklangen viel-
stimmige Rufe: „Es lebe Loubet!" Die antisemitischen
Deputirten dagegen und ihr Anhang geberdeten sich
wie rasend und schrieen dem vorbeifahrenden Präsidenten
„Panama! Es lebe Möline! Es lebe die Armee!" zu.
Während frühere Präsidenten im Landauer von Versailles
bis Paris fuhren, zeigte Loubet republikanische Einfachheit
und ließ sich vom Landauer nur bis zum Bahnhof in
Versailles bringen. Die Antisemiten sind wüthend über
die Wahl, die die Libre Parole durch ein Flugblatt an-
zeigt, das die Ueberschrift trägt: „Wahl des Königs der
DreyfNsianer, des gebrandmarkten Loubet, des Panamisten
und Syndikatsmitgliedes!" Da die Dreyfus-Gcgner mit
einer solchen Wuth gegen Loubet agitirten, ist dessen Wahl
thatsächlich eine Niederlage für sie, obwohl Loubet gewiß
auch nicht im Sinne der Dreyfus-Partei regieren wird.
Allerdings nennt man ihn seit Langem als Gegner des
Gesetzes Dupuy betr. den Kassationshof. Vom Bahnhof
Saint Lazare fuhr Loubet an der Seite Dupuys, wie
die Franks. Ztg. berichtet, zunächst nach dem Elysee, um
Frau Faure einen Besuch abzustatten, der zehn Minuten
dauerte. Dann begaben sie sich nach der Place de la
Concorde, um den Quai d'Orsay zu erreichen. Ueberall
 
Annotationen