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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0331

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Sir. 74.

Dienstas, de« 28. M«?

1899.

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auf die Heidelberger Zeitung für das II. Quartal 1899
werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
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mit Zustellgebühr Mk. 1.65.

Zur Ausführung des Heeresgesetzes.
Das neue Gesetz über das Heer ist von außerordentlich
großer Bedeutung; man darf sagen, daß es eine gründ-
liche Neuorganisation des deutschen Heeres bedeutet, welche
die Schlagfertigkeit und die Kraft desselben erheblich ver-
größert. Man sieht das dem Gesetz so ohne Weiteres
gar nicht an; erst wenn man erfährt, wie die Ausführung
desselben sich gestalten wird, bekommt man einen deutlichen
Begriff davon. Es handelte sich, wie das Berl. Tagcbl.
hervorhebt, um eine Verwirklichung lange erwogener Noth-
wendigkciten, deren sämmtliche Glieder einer höheren
Kriegsbereitschaft, wie sie der Generalstab für durchaus
geboten hält, zu dienen bestimmt sind. Vorbedingung
hierfür waren die Neuschaffung von drei General-
kommandos und zwei Divisionen sowie die
Reorganisation der Feldartillerie. Erst nach-
dem diese beiden Fundamentalbedingungen erfüllt waren,
konnten für die Kriegsbereitschaft die erforderlichen organi-
satorische und taktischen Gliederungen nach Maßgabe der
Grenzgestaltungen zusammengestellt und so vertheilt werden,
daß im Anfänge eines Krieges den mannigfaltigen, an
die Armeeführung herantretenden Aufgaben nach mensch-
licher Voraussicht zu entsprechen möglich sein wird. Die
Regierung wollte namentlich an der Ost- und Westgrenze
die Organisationen und die an sie herankommenden Auf-
gaben in möglichste Uebereinstimmung bringen. Dies zog
aber auch organisatorische Besserungen im Inneren (11.,
4. preußisches, 12., sächsisches, 1., 2. bayerisches Corps)
"ach sich und führte zu einer Deccntralisation der höheren
Kommandobehörden und ihrer Verlegung in voraus-
bestimmte Rayons.
Es ist wichtig, daß in jedem der vorausbestimmten
Rayons eine selbständige Kommandosühruug, also ein
Divisionsstab, schon im Frieden seinen Sitz hat. Die
Aufstellung eines neuen (dritten) Divisionskommandos für
"as I. Armeekorps hat dies nun für Ostpreußen er-
möglicht, wobei zu betonen ist, daß die Divisionen erst da-
durch, daß die Fcldartillerie ihnen, wie jetzt geschehen soll,
ssNterstellt wird, die taktische Kraft zu der gewünschten
Selbständigkeit erhalten.
In Königsberg verbleiben in Zukunft das General-
M"miando I sowie der Stab der 1. Division und ihre
-origadestäbe; eins der neuen Regimenter Jäger zu Pferde
^hält seinen Standort ebenda; die 2. Division kommt
"ach Insterburg mit dem Stabe ihrer Kavallerie-, Artillerie-
""d einer Jnfanteriebrigade; die neue (37.) Division nach
Alleiisteiu, mit einem Infanterie-, einem Kavalleriebrigade-
aab und dem Sitz ihres neuen Feldartillerieregiments.
Ganz hat sich die Rayoneinlheilung insofern nicht durch-
'Uhrcn lassen, als von der 2. Division ein Infanterie-
regiment in Königsberg verbleibt. Innerhalb jedes Rayons
ünd Truppen gegen die Grenze vorgeschoben, die Massen
""d namentlich ihre Kommandobehördeu möglichst an
^wein Punkte vereinigt, so daß besondere Maßnahmen
schnell erledigt werden können. Das ist ein wesentlicher
Artschritt gegen bisher.

U)

Ein Frauen Herz.
Erzählung aus dem Leben von A. M. Witte.

(Fortsetzung.)
»Nie hätte ich diesem Mann solchen Egoismus zugetraut,
geglaubt. daß er so unrecht an einem vertrauenden Mäd-
"berzen handeln könne, denn, wenn Du allerdings für mich
dt.« .""begreiflich gehandelt hast, da Du doch mit dem Dnl-
u " , sw Ziel erreichen konntest, mit sehenden Augen in Dein
so > ^ gingst, als Du die gebotene Freiheit von Dir wiesest,
Ij.Iwubte ich an Dich, und er mußte, wenn er wahrhaft
^°ie, erst recht dies lhun, — aber so sind die Männer alle
Egoisten, sie zweifeln so leicht an der Festigkeit unserer
Wi- E^re und sind im Grunde genommen, ebenso schwach
isj .ivir; denn seine Verlobung mit Adelaide von Wustrow
in-l?°S der glänzendste Beweis dafür; da hast Du noch
Charakterstärke bewiesen."
sg^fMagdalene seufzte: „Ich fürchte, es war keine Stärke,
Bew e'rw gewisse Apathie, ich hätte ihm doch wohl den
meiner Liebe geben müssen, ich glaubte dort meine
ket>°?. ö" erfüllen, und sie lag da. wo er war; ich mußte
b"kev, daß ich sein und mein Glück zerstörte."
krösf,. 2' Du bist nun noch schuld, daß er sich so schnell
Koü„ - Du hast eine eigentümliche Art, andere auf Deine
dem L, ö" entschuldigen." Erna wandte sich kopfschüttelnd
'Kamine zu und schürte die Flammen,
ich nichts mehr über ihn, Erna, ich ertrage es nicht,
Absii^. öaß, wenn jene dunklen Augen sich mit der festen
ber 'ön an sich zu leiten, auf ihn gerichtet haben, es ei-
er j,,""glichen Willenskraft bedurft hätte, sich loszureißen;
°lle nv o."rch mich im tiefsten Herzen verwundet, sie gab sich
Ivelwp tche, jh„ ^ trösten, jedenfalls mit einer Leidenschaft,
"wrkn ?"eh geknüpfte Bande lösen läßt, und die unsrigen
er miO Kreits zerrissen; ich hatte kein Recht mehr an ihn.
ja ai,^, ">. ^ selbst habe ihn frei gegeben. Ich finde es
"ur zu begreiflich, daß ihr Herz ihm entgegenschlug."
Dim „ ""de eS aber geradezu unbegreiflich, daß — wer
biia^r.r,.' hat, eine Kokette heimführen kann," warf Erna
ouldig ein, „bittere Vorwürfe habe ich mir schon gemacht,

Nach Osten stoßen an das Königreich Polen 4 Armee-
corpsregionen (17., 2., 5. und 6.); im Ganzen verfügen
wir also über 5 Armeecorps, deren eine Front die russi-
sche Grenze berührt und deren sämmtliche Bedürfnisse im
Kriege aus denselben Rayons gedeckt werden, die sie im
Frieden inne haben, die Eisenbahnen als Zufuhrstraßen
eingeschlossen. Die russischen Truppen an unserer Ost-
grenze sind den unsrigen an Zahl zwar bedeutend über-
legen, doch ist dieser Vortheil mit Preisgabe vorstehender
Gesichtspunkte erzielt worden und müßte im Kriege gegen
Deutschland zu einem schweren Nachtheil werden.
Au der Westgreuze bleiben die Stäbe des Generalkom-
mandos des 14. Korps und der 28. Division in Karls-
ruhe, der Stab der 29. Division in Freiburg. Zwischen
die beiden letzteren wird die neue 39. Division in Kolmar
eingeschoben. Die da und in Schlettstadt stehenden vier
Jägerbataillone kommen mit Infanterie in neue Brigade-
verbände; zwei Jägerbataillone mit Regiment 170 bilden
die eine, zwei andere Jägerbataillone mit Regiment 109
die andere neue Brigade. Jede Brigade zählt aber nur
vier Bataillone. Ein neues Jägerregiment zu Pferde kommt
ebenfalls nach Kolmar. Somit gewinnen wir an der
Westgreuze eine Division. Hier stehen die Fronten von
drei deutschen Armeekorpsregionen (16, 15, 14) an der
französischen Grenze — gegen drei französische (6, 20 und
7), doch springt in der Pfalz das baierische 2. Korps vor,
und nach Norden lehnt sich das 8. Korps an das 16.
Erst die Vertheilung des neuen baierischen 3. Armeekorps
wird die an der Westgrenze erzielten Besserungen schärfer
erkennen lassen.
Hier sind aber manche Schwierigkeiten zu überwinden.
Landau wäre als Sitz eines Generalkommandos geeignet,
entbehrt jedoch der erforderlichen Diensträume. Deshalb
werden wohl die Divisionen in Würzburg und Landau
(4. und 5.) ein Korps mit Sitz in Würzburg bleiben, die
1. und 2. Division wie bisher das 1. Korps bilden und
das 3. Korps in Nürnberg errichtet werden. Jedenfalls
würden die drei baierischen Korps am besten in von Westen
nach Osten in sich parallel laufende Räume zu liegen kom-
men. Diesen Vortheil auch in Bezug auf das Eisenbahn-
netz wird man schwerlich unausgenutzt lassen.
Das neue preußische (18. Korps) erhält seinen Sitz in
Frankfurt a. M., 21. Division ebenda, 25. Division in
DarmstadL. Ecsterc scheidet aus dem 11. Korps aus, dessen
Sitz wie der der 22. Division in Kassel bleiben, die neue
38. Division des 11. Korps kommt nach Erfurt. Das
4. Korps bleibt mit dem Generalkommando und der 7.
Division in Magdeburg, die 8. Division tritt aus Erfurt
nach Halle über. Das bisherige 12. Korps (Königreich
Sachsen) bildet ein neues, das 19. Korps. Die Region
des 12. Korps liegt östlich, die des 19. Korps westlich.
Ersteres behält seinen Sitz in Dresden, ebenda bleiben auch
die 23. und 32. Division, letzteres kommt mit dem Gene-
ralkommando und der 24. sowie der neu zu bildenden 40.
Division nach Leipzig.
Deutsches Reich.
— Das Verlangen der älteren in Halle Medizin
Studireiiden nach Ausschluß der weiblichen Hörer
in den klinischen Vorträgen hat in der medizinischen Fa-
kultät Halle selbst keinen Anklang gefunden. Der Dekan
der Fakultät, Prof. Weber, erläßt folgende Erklärung:
Es ist in hohem Grade zu mißbilligen, daß eine Anzahl
hiesiger Studirender aus klinischen Semestern, welche sich mit
zweifelhaftem Rechte als Vertreter der Halle'schen Kltnizisten be-
trachten, die vorliegende Angelegenheit in die Oeffentlichkeit
brachte, bevor sie ihre Eingabe in Betreff derselben der Fakultät
eingereicht und die Antworr letzterer abgewartet hatte. Bei ein-

gehcnder Prüfung der auf Wunsch der Fakultät genau speziali-
sirten Beschwerden hat sich herausgestellt, daß diese zum Theil
auf Mißverständnissen, zum Theil aber auch auf tenden-
ziösen Entstellungen einiger in den klinischen Anstalten
von Seiten der Direktoren oder Assistenten getroffenen Maßnahmen
und von ganz, bedeutunglosen Vorgängen beim klinischen Unter-
richt beruhen. Die Fakultät hoffte, daß nach dieser Antwort auf
die Beschwerdeschrift eine Beruhigung in der Sache eintreten
würde. Nichtsdestoweniger haben einige Klinizisten sich erdreistet,
in dem obigen Aufruf von den hiesigen Anstalten zu behaupten,
daß „in die Stätte ehrlichen Strebens mit den Frauen der Cynis-
mus eingezogen sei" und „daß der gemeinsame Unterricht pein-
liche und jeder Schamhaftigkeit spottende Situationen herbei-
geführt habe." Demgegenüber erklärt die medizinische Fakultät,
daß durch die Theilnahme der studirenden Frauen an dem klini-
nischen Unterricht hicrselbst die Sitte und Ordnung in den klini-
schen Anstalten und Hörsälen nicht im Geringsten gestört, daß
die Sittlichkeit und der wissenschaftliche Ernst des
Unterrichts in keiner Beziehung beeinträchtigt
worden ist und eine Benachtheiligung der Studirenden in keiner
Hinsicht stattgefunden hat. Sic muß daher jene Behauptungen
als eine Verunglimpfung der hiesigen klinischen Anstalten und
deren Leiter auf das Entschiedenste zurückweisen. Die Fakultät
bedauert ferner im höchsten Grade die Animosität gegen die
weiblichen Studirenden, die sich in dem oben bezeichnet«! Auf-
rufe ausspricht und zu welcher das Verhalten der hiesigen weib-
lichen Studirenden nie den geringsten Anlaß gegeben hat.
— Der Beob. und der Pfälzer Bote erklären, der
kürzlich auch in dieser Zeitung abgedruckte Jesuiteueid
sei schon vor mehreren Jahren als eine Fälschung nach-
gcwiesen worden.
Württemberg. Stuttgart, 27. März. Dem Staats-
anzeiger zufolge richtete der König an den bisherigen
kommandirenden General des XIII. (kgl. württembergischen)
Armeecorps, General der Infanterie v. Lind equi st, ein
Handschreiben. Der König dankt darin dem General für
die treue Hingabe, die der General ihm und dem Armee-
corps im Zeitraum von mehr als acht Jahren bewiesen
habe, und wünscht ihm von Herzen alles Glück zur neuen
Stellung (Commandirender des neuen XVIll. Armeecorps
in Frankfurt a. M.), in die er durch das Bert anen des
Kaisers berufen worden. Als Zeichen der Anerkennung
und des Dankes stellt der König den General st In suit«
des Grenadierregiments Königin Olga. Mit der Führung
des XIII. Armeecorps wurde Generalleutnant v. Falken-
hausen, bisher Kommandeur der 2. Gardeinfanlerie-
Division, beauftragt.
Sachsen. Generalleutnant v. Treitschke wurde zum
General d?r Infanterie und Commandcur des 19. (zweiten
Königlich sächsischen) Armeecorps ernannt.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Polizeidiener Johann Friedrich Herrin ann in Sulzburg die
silberne Verdienstmedaille, dem Oberaufseher Johann Rutsch-
mann beim Landesaefängniß in Mannheim die große goldene
Verdienstmedaille verliehen; den Bezirksthierarzt August Fehsen-
meier zum Hilfsarbeiter für Veterinärwesen und Viehzucht beim
Ministerium des Innern ernannt; den Assistenten des geodätischen
Instituts der Technischen Hochschule, Geometer Josef Bürgin
von Heidelberg, zum Obergeometer der Technischen Hochschule
ernannt; dem Oberlehrer Albrecht Walter Schmidt an der Bau-
gewerkeschule in Cassel, unter Ernennung zum Professor, eine etat-
mäßige Professorenstelle an der Baugewerkcschule in Karlsruhe
übertragen.
Karlsruhe, 27. März. Nachdem das Unwohlsein, von
welchem Seine Excellenz der Minister des Großherzoglichen Hauses
und der auswärtigen Angelegenheiten, Herr von Brauer, be-
fallen war, im wesentlichen gehoben ist, hat derselbe heute Karls-
ruhe verlassen und sich auf ärztlichen Rath zum Gebrauch einer
kurzen Erholungskur nach Südtyrol begeben.
Karlsruhe, 27. März. Am gestrigen Palmsonntag
früh 9 Uhr begaben sich der Groß Herzog und die
Groß her zog in in das Kadettenhaus und wohnten dort
der Einsegnung der confirmirten Kadetten an. Darnach
nahmen Ihre Königlichen Hoheiten noch in der Schloß-

euer Beisammensein in Thüringen begünstigt zu haben, denn
Du bist unglücklich geworden und würdest eine Entschuldigung
noch iür ihn haben, wenn er Dich tödteie; ich würde ihn Haffen,
und Du ? Ich glaube wirklich Magdalene, Du liebst ihn noch I"
„Ob ich ihn liebe? Ich habe ihn geliebt, und dies Ge-
fühl bleibt in mir, da ich mich nicht ganz schuldlos fühle."
„Aber Magdalene, er erfuhr doch kurz darauf den Tod
Deiner Tante, da mußte er ja wisftn, wie schwer krank sie
gewesen, daß Du im Recht warst, wenn Du sie nicht ver-
ließest; da hätte er entschieden zurückkehren müssen, seine
Liebe durch die Thal zu beweisen; nein mein Herz, er hat
entschieden unrecht und nun folge meinem Ratbe. wappne
Dich mit dem Stolz und schaue nicht so trübselig in die
Welt."
„Mit dem Stolz, der mich elend macht," meinte Magda-
lene bitter, „die wahre Liebe fragt nicht nach dem Stolz."
Sie nahm die Briefe und warf sie mit einer raschen Be-
wegung in das Feuer, der Schein der verzehrenden Flammen
fiel über ihr Gefickt; war es ein Abschiedsgrnß? — „Es
muß ihm lieber sein, daß die Zeugen unseres kurzen Glückes
vernichtet sind, nun eine andere in seinem Herzen lebt."
Sie sah in das Feuer, das begierig das Papier verzehrt
hatte; Erna legte den Arm um ihre Schulter und zog sie
liebkoiend an sich. „ES ist besser so, Magdalene, nun wirst
Du ruhiger werden. Dein Wahlspruch war stets: „Auf den
Winter folgt der Frühling wieder, und dies wird auch bei
Dir zulreffen; Du wirst an mich denken, wenn Du einst so
recht von Herzen glücklich bist." —
„Niemals wieder," sagte Magda, lehnte sich zurück und
schaute wieder träumerisch in die Gluth, „in der Natur folgt
der Lenz, im Leben nicht, — die Wunde des Herzens schließt
sich vielleicht äußerlich, der Schnitt lief innen bleibt; er hat
vielleicht auch nicht recht gehandelt, ich habe ihm längst ver-
geben, ihm eigentlich nie gezürnt. Entsinnst Du Dich jenes
Abends am Thräncnqucll? Die Elke umfing ihn auch ohne
Klage, ohne Vorwurf, ich vertheidigte es damals, ohne zu
ahnen, daß ein gleiches Leid mich treffen würde, daß ich so ,
bald beweisen müsse, ob ich wirklich so zum Vergeben ge- j
neigt sei; — ich that es, aber glücklich, nein, das kann ich

nicht wieder werden; vergessen ist doch schwerer als man
glaubt, und alles lernt ein Frauenherz leichter als das."
„Und Du darfst auch nicht vergeben, ja, wenn er zurück-
kehrle, krank, unglücklich — verlassen wie jener Spielmann,
um bei Dir zu sterben, das vernichtete vielleicht sein Schuld-
buch, und selbst dann, Magda. könnte ich ihm nurjschwer ver-
zeihen."
„Erna, wie über alles habe ich ihn geliebt! ich fühlte zu
sehr, und darum forderte Gott diese Liebe." Ihre Stimme
klang gebrochen, leises Schluchzen ertönte durch das Zimmer.
„Die Männer sind solcher selbstlosen Liebe gar nicht
werth, und schwärmerische Liebe bringt Herzeleid; — sieh,
ich habe Werner durchaus nicht stürmisch geliebt, wie es in
Romanen die Heldinnen thnn, er war nett und liebenswür-
dig zu mir; solcher Leidenschaft ist wohl weder er noch ich
fähig, aber als er um mich anhielt, legte ich vertrauensvoll
meine Hand in die seine, und nun sind wir ein ganz glück-
liches, zufriedenes Ehepaar geworden."
„Die Menschen sind verschieden, Erna, und eben so viel
verschiedene Wege führen zum Glück; der eine erreicht es
früher, der andere später, mancher nie. — und cs läßt sich
weder von Gott erbitten, noch läßt es sich erkämpfen: was
Dir Glück erlcheint, ist es vielleicht nicht für mich, und um-
gekehrt, — das einzige, wahre Glück finden wir doch erst dort
oben, und wenn man gekämpft hat und leiden mußte, man
kämvftt und duldet hier unten doch nicht vergebens, der
Kampf wird zum Läulerungsprozeß. und das Ende ist —
Frieden." Erna sah in daS milde Gesicht der Gefährtin, und
die Ahnung stieg in ihr aus, daß Magdalene wohl auf dem
Wege zum Frieden mar; sie unterdrückte aber jede andere
Bemerkung und sagte ruhig, um die Freundin nicht von
neuem traurig zu stimmen, „wir sind beide ganz verschiedene
Naturen, und oft schon legte ich mir die Frage vor, wie
konnten wir bei der Verschiedenheit unserer Charaktere ss
treue Freundinnen sein!"
„Ich habe Dich lieb, Erna, und Du warst mir stets die
treueste Freundin. Du hast eS jetzt wieder bewiesen, als ihe
gastfrei mir euer Haus geöffnet habt," sagte Magdalene ein-
fach, ihre Hand in die dargebotene Ernas legend.
(Fortsetzung folgt.)
 
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