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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0332

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kirche an dem Gottesdienst theil, bei welchem ein Theil der
Konfirmanden des Oberhofpredigers v. Helbing cingesegnet
wurde. Zur Frühstückstafel erschienen die Prinzessin Wil-
helm und Prinz Max, welcher hier eingetroffen ist. Die
Großherzogin besuchte Abends das Kirchenconcert in der
evangelischen Stadtkirche, während der Großherzog an dem
Abendgottesdienst in der Schloßkirche theilnahm. Um halb
1 Uhr traf heute der Großherzog von Oldenburg zum Be-
such der höchsten Herrschaften ein. Derselbe wurde vom
Großherzog am Bahnhof empfangen und zum Großherzog-
lichen Schlosse geleitet. Nachmittags empfingen die Groß-
herzoglichen Herrschaften den Minister von Brauer und
Gemahlin zur Verabschiedung vor ihrer heute erfolgenden
Abreise nach Meran. Später besuchten Ihre Königlichen
Hoheiten mit dem Großherzog von Oldenburg die Pflanzen-
häuser im Botanischen Garten und dann die Kunstgewerbe-
schule, woselbst eine Ausstellung von Aquarellbildern ver-
anstaltet ist. Der Großherzog von Oldenburg befindet sich
auf der Reise nach Italien.
Ausland.
Frankreich. Paris, 27. März. Die vereinigten
Kammern des Cassationshofes traten heute unter dem Vor-
sitz des Präsidenten Mazeau zusammen und prüften in
geheimer Sitzung das geheime Aktenstück betreffend
die Dreyfussache, welches der General Chanoiue und der
Kapitän Cuignet überbracht hatten.
Rußland. Petersburg, 27. März. Nach einer
Meldung der russischen Telegraphenagentur hat der Mini-
ster des Aeußeren, Murawiew, am 23. an die diplomati-
schen Vertreter im Auslande eine Circulardepesche
folgenden Inhalts gerichtet:
Bei der Veröffentlichung der Circularnote vom 12. August
v. I. (Abrüstung betreffend) sind unzählige Dankesbezeugungen
aus den verschiedenen Ländern an unseren erhabenen Herrn ge-
langt wegen der großherzigen Initiative, die er ergriffen hatte, um
die Lasten zu mildern, die durch die gegenwärtigen Rüstungen ent-
standen sind, und um den Weltfrieden zu befestigen. Tief gerührt
von all diesen Kundgebungen, welche zeigen, wie sehr die auf För-
derung des materiellen und geistigen Wohles der Völker gerichte-
ten Friedensvorschläge in allen Ländern widerhallen, hat unser
erhabener Herr mich beauftragt, allen denen seinen herzlichen
Dank zu übermitteln, die durch Adressen, Briefe, Telegramme oder
aus andere Weise aus jedem Lande dem russischen Kaiser ihre
Gefühle für das über alle Maßen humane Werk ansgedrückt haben.
Der Kaiser ist über die überall herrschende Einmüthigkeit und die
völlige Zustimmung aller Regierungen zur Theilnahme an der
Conferenz im Haag erfreut, die eine Garantie bieten für den Er-
folg der Bemühungen, die wir angestrengt haben in dem Bewußt-
sein, im öffentlichen Leben aller Staaten den fruchtbaren Gedan-
ken eines allgemeinen Friedens aufkeimen zu lassen.
Schweden. Stockholm, 25. März. Der Kron-
prinz-Regent ist gestern wieder hier eingetcoffen. Am
Bahnhof war ihm ein Empfang zu theil geworden, der
weit über das sonst übliche Maß hinausging und von den
Norwegern Wohl nicht anders als eine gegen sie gerichtete
Kundgebung aufgefaßt werden kann. Schon in der Vor-
halle wurde ihm eine großartige Huldigung zutheil; hier
hatte ein mehrere hundert Mann starker Sängerchor Auf-
stellung genommen und stimmte vaterländische Lieder an,
und als der Kronprinz nach Beendigung des Gesangs zum
Bahnhof hinaustrat, begrüßte ihn eine gewaltige Menschen-
menge, die den weiten Platz vor dem Bahnhofsgebäude
füllte, mit brausenden Hurrahrufen. Die eisige Aufnahme
in Christiania und dieser Empfang bilden einen Gegensatz,
der treffender als alles andere den politischen Zwiespalt
auf der skandinavischen Halbinsel zeigt.
Amerika. Washington, 27. März. Eine Depesche
des Reuterschen Bureaus meldet aus Manila: Der
Prinz zu Löwen stein, der als Flügeladjutant des
Generals Müller vor dem Feinde war, erhielt, als er in
die Feuerlinie eintrat, einen Schuß, an welcher Verwundung
er kurz darauf starb. Er ist 35 Jahre alt geworden.
Ein anderer Deutscher wurde ebenfalls tödlich verwundet.
(Man wird sich erinnern, daß kürzlich ein Prinz Löwen-
stein, der sich mit einer Engländerin verheirathet hatte,
von London aus gesucht wurde, da ihm ein amtliches
Schriftstück zugestellt werden sollte. Bald darnach hieß es,
er sei in Manila gesehen worden. Nun hat er dort den
Tod gefunden.)

Süddeutsche Müller-Versammlung.
Offenburg, 26. März.
Im hiesigen Bürgersaale fand heute eine große Müller-
Versammlung statt, zu der hauvtsächlich Baden, dann auch
Württemberg. Elsaß und Bayern Vertreter gesandt hatten. Der
Zweck der Versammlung war, über die Maßnahmen zu berathen,
um die durch die übermächtige Konkurrenz der Großmühlen ge-
schaffene schwierige Lage der kleineren und mittleren Müllerei-
betriebe zu verbessern und die drohende Gefahr der gänzlichen
Vernichtung dieser Betriebe durch die Großbetriebe zu beseitigen.
Die Versammlung, der als Vertreter der Regierung Herr Geh.
Regierungsrath Müller von hier beiwohnte, wurde von Herrn
Müller Hildebrandt eröffnet und von Herrn Heilig-
Konstanz geleitet. Die Hauptreferenten (B l a n k - Kansach
(Württemberg), Bauriedel - Nürnberg, Weymann - Marklee-
berg bei Leipzig) beleuchteten eingehend die jetzige Lage der
kleineren und mittleren Müllereibetriebe, die naturgemäß bei
theuererem Einkauf, höheren Betriebskosten und verhältnißmäßig
bedeutend schärferer Besteuerung den Grobmühlen gegenüber
ihre Konkurrenzfähigkeit einbüßen müßten. Herr Blank berechnet
das jetzige Besteuerungsverhältniß folgendermaßen: Die Groß-
mühle zahlt bei 100V Centner Mehl 13 Mk., die Kleinmühle
beim gleichen Quantum 52 Mk. Steuer, während die Her-
stellungskosten für 100 Kilo für Kleinmühle» 2 Mk., für mittlere
Mühlen 1,50 Mk., für Großmühlen nur 0,80 Mk. betragen.
Daß unter solchen Umständen eine Konkurrenz gegen die Groß-
mühlen ausgeschlossen sei, liege auf der Hand. Man sei deshalb
nothgedrungen aus den Schutz des Staates angewiesen und
müsse darauf hinwirken, daß die im bayerischen Landtag be-
schlossene Umsatzsteuer allgemein im Reiche eingeführt werde.
Die Versammlung erklärte sich mit den eingehenden Ausführungen
der Referenten einverstanden und faßte einstimmig folgende
Resolution: Die aus allen Theilen Badens und der angrenzen-
den Länder zahlreich besuchte Versammlung von Kunstmühlen-
betriebsunternehmcrn erklärt sich mit aller Entschiedenheit für
Einführung
1. einer progressiven Umsatzsteuer nach Maaß-
gabe der im bayerischen Landtage zur Annahme gelangten Steuer-
skala.
2. einer verschiedenen Tarifirung von Getreide
und Mehl bezw. M ü h l e n e r z e u g u i s s e n.
Für Baden wird außerdem die Gründung von sechs Be-
zirksverbänden nach Art des bereits bestehenden Oberbadischen
Müllerverbandes beschlossen, die später zu einem Ganzen ver-
einigt werden sollen. Als Beitrag für das einzelne Mitglied
wird vorläufig 3 Mk. festgesetzt. Nach der Versammlung fand
ein gemeinschaftliches Mahl im Bahnhofhotel statt.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 28. März.
X Bismarckfeier. Der Stadtrath hat in seiner heutigen
Sitzung beschlossen, am 1. April d. I.. als am Geburtstage des
Fürsten Bismarck, Namens der Stadt einen Kranz an dem
hiesigen Bismarck-Denkmal niederzulegen. Es soll dies um 11'/»
Uhr Vormittags geschehen. Im Anschluß daran wird das städt.
Orchester im Bismarck-Garten einige Musikstücke vortragen und
können weitere etwa beabsichtigte Kranz- lliederlegungcn stattfinden.
L) Schöffeugerichtssttzung im Stadtrathssaale vom 27. März.
1) Maler Wilhelm Gaska, Eheleute dahier, waren angeklagt wegen
Körperverletzung; der Ehemann erhielt eine Geldstrafe von 15
Mk., die Ehefrau eine solche von 10 Mk. 2) Josef Walz,
Schreiner dahter, erhielt wegen Sachbeschädigung 15 Mk. Geld-
strafe. 3) Franz Philipp Vogel, Schlosser in Waldhof, wegen
Diebstahls 10 Tage Gefängniß. 4> Ludwig Jungmann, Schreiner
meister dahier, wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung eine
Geldstrafe von 90 Mk. 5) Franz Xaver Rüsch, Reisender in
Kirchheim wegen Unterschlagung 7 Tage Gefängniß. 6) Friedrich
Lochner Schiffer dahier, wegen Körperverletzung 6 Tage Ge
fängniß. 7) Theodor Herzog. Anstreicher in Brackenheim, wegen
Betrugs 2 Tage Gefängniß. 8) Wilhelm Wolfs, Pferdehändler
dahier, angeklagt wegen Hausfriedensbruch, wurde sreigesprochen.
9) Theodor Becker, Schieferdecker aus Frankfurt, Adam Hill,
Mechaniker, Konrad Eichbladt, Schieferdecker, Adolf Karl Leser,
Taglöhner, Anton Eppich, Flaschner, Jakob Brand, Schieferdecker,
waren angeklagt wegen Körperverletzung. Becker erhielt 3 Monate
Gefängniß, Eichbladt, Eppich und Brand je 2 Wochen Gefängniß,
Hill und Leser wurden freigesprochen.
— Polizeibericht. Ein verheirotheter Zimmermann wurde
gestern wegen Sittlichkeitsvergehen und eine weitere Mannsperson
wegen fortgesetzter Ruhestörung verhaftet; ein Student kam wegen
verschiedener Zechprellereien zur Anzeige, sowie vier weitere Per-
sonen wegen Ruhestörung.
LH Vom Odenwald, 27. März. Die starken Schneestürme, die
sich gestern Morgen einstellten, währten bis gestern Abend- Sie
brachten uns so viel Schnee, daß die Passage vielen Orts sehr
erschwert wurde. Heute haben wir bei klarem Himmel vollstän-
diges Thauwetter und wieder warme Frühltngslüfte, so daß in
einigen Tagen der Schnee wieder verschwunden sein wird.
Aglasterhausen, 26. März. Heute, Palmsonntag, brach kurz
nach Beendigung des Gottesdienstes dahier ein Schadenfeuer
aus. Dem raschen Eingreifen der hiesigen Spritzenmannschaft
und der Bevölkerung, sowie dem schnellen Eintreffen auswärtiger
Hilfe ist es zu danken, daß das Feuer trotz des heftigen Südwest
auf den Herd beschränkt blieb. Zwei Wohnhäuser und zwei mit
Vorrath gefüllte Scheunen wurden ein Raub der Flammen

Stadt-Theater.
/X Heidelberg, 28. März.
„Die Rantzau", Schauspiel in 4 Akten von Erckmann-
C h atr i a n-
Am Sonntag der Haß der Häuser Montague und Capulct,
am Montag der Haß der beiden Brüder Rantzau; am Sonntag
Romeo und Julie, am Montag Georg und Luise! Es wäre
verlockend, einen Vergleich zu ziehen, aber bei solchem Vergleich
geschieht mindestens einem Theil unrecht und darum soll er hier
unterbleiben.
„Die Rantzau" sind ein sehenswerthes Stück, das manche
Anklänge an die Anzengruber'schen Bauerndramen aufweist; sind
doch auch die beiden Helden, die feindlichen, trotzigen, heftigen
Brüder, echte starrköpfige Bauern, wenn sich gleich der eine Guts-
besitzer, der andere Holzhändler nennt. Sie hassen sich, wie sich
nur Brüder hassen können, die auseinander kommen. Der Grund
ihrer schweren, sich im Laufe von dreißig Jahren immer tiefer
einfressenden Differenzen ist eine Erbstreitigkeit. Ihren Kindern
aber geht es schließlich doch besser, als dem jungen Romeo und
der schönen Julie. Sie heirathen sich und bleiben beisammen.
Die feindlichen Brüder reichen sich nicht über den Leichen, sondern
unter dem Beifall ihrer glücklichen Kinder die Hand zur Ver-
söhnung.
Zwischen die vier Hauptbetheiligten haben die Verfasser als
Vertrauensmann Aller den herzensguten Dorfschullehrer, ein
xotit-Männchen aus weichem Wachs, gestellt. Seine Person
tritt sehr stark in den Vordergrund; er fördert die Handlung,
hält sie aber auch manchesmal unnöthig auf. Solche liebe alte
Leutchen find wie geschaffen, um von Herrn Dank mar ver-
körpert zu werden. Der geschätzte Künstler war gestern wieder
ganz in seinem Element. Er stellte einen Florentius auf die
Bühne, an dem wie als Mensch, so auch schauspielerisch kein
Fehl war.
Von den beiden feindlichen Brüdern erschien gestern der ältere
als der weitaus bedeutendere; er mag es auch sein. Wenn er
aber den andern so erheblich überragte, so ist das wesentlich
der Kunst des Hrn. Sigl zuzuschretben, der gerade solche
Bauernrollen — man denke an seinen Meinetdbauer — vorzüg-
lich durchzuführen versteht. Seine packende Darstellung erregte

das größte Interesse. Als er gar seine Tochter durch körperliche
Mißhandlung zwingen wollte, einen ungeliebten Mann zu hei
rathen, da regte sich auf der Galleriegerechter Unwille über solche
Frevelthat. Der andere Bruder, den Herr I e n s e n darstellte,
fiel etwas ab; er zeigte nicht die jähzornige hartköpfige BrutaU
!ät, die als das Erbtheil der Rantzaus bezeichnet wird. Sein
Sohn Georg wurde von Hrn. May ring schneidiger und energi-
scher gegeben.
Die Rolle der Luise ist eine ziemlich passive, aber sie bot
Frln. Heinrich Gelegenheit, sich sehr vorlheilhaft zu präsentiren.
Den Mitgiftjäger Förster Level spielte Herr Weinmann mit
bemerkenswerthem Geschick. Auch die kleinen Rollen waren gut
besetzt. _ 8. bl.
Kleine Zeitung.
— Darmstadt, 27. März. Der hiesige Installateur Schäfer
wollte gestern in feiner Wohnung eine Installation für Acetylen-
gas vornehmen, wobei das Gas explodirte. Schäfer wurde
durch ein abfliegendes Metallstück getödtet.
— Frankfurt a. M., 27. März. Redakteur Quark von der
sozialdemokratischen Volksstimme ist wegen Majestätsbelei-
digung durch eine Besprechung der Thronrede zu 4 Monaten
Gefängniß verurtheilt worden.
— KranichSfeld (Thür.), 27. März. Sonntag Vormittag
brach hier Großfeuer aus, durch welches 41 Häuser einge-
äschert wurden. Ein Feuerwehrmann kam um's Leben.
— Berlin, 26. März. Wie die Morgenblätter melden, kommt
das Berliner Richard Wagner-Denkmal an den Gold-
fischteich im Thiergarten zu stehen. Er soll später zu einer Musiker-
dcnkmalstätte durch Errichtung von Standbildern für Mozart
u. a. erweitert werden.
— Zerstobt». Das von der bekannten Schriftstellerin
Marli: t mit ihren Romanen erworbene Vermögen von etwa
80000 Mk. ist, nachdem es durch Erbschaft an einen Neffen der
Schriftstellerin übergegangen war. binnen wenigen Jahren zer-
stoben. Der betreffende Neffe nämlich, der in München ein
Agenturengeschäft betrieben hatte, wurde vor einigen Tagen
wegen betrügerischen Bankerotts zu mehrmonatiger Gefängniß-
strafe verurtheilt.

Einige andere Wohnhäuser und Scheunen wurden mehr oder
weniger stark beschädigt. Das lebende Inventar konnte bis auf
zwei junge Läuferschweine gerettet werden. Die Entstehungs-
ursache ist bis jetzt unbekannt. Der eine der Beschädigten ist,
nach der Bad. Pr., gar nicht und der andere nur unbedeutend
versichert.
6.6. Karlsruhe, 26. März. Um den kleineren Leuten in
großen Städten die Benützung des Telephons zu erleichtern,
will die Verwaltung bereits in den nächsten Wochen mit der
Einrichtung zahlreicher Fernsprechautomaten Vorgehen,
bei denen Jedermann gegen Einwurf eines 10-PfennigstückS
innerhalb der Stadt sprechen kann, mit wem er will. Ferner
beabsichtigt die Verwaltung zum Doppelleitungssystem
überzugehen, nm eine ganz wesentliche Verbesserung der Sprech-
verständigung zu erzielen.
8.6. Karlsruhe, 27. März. Die Revision des Oberst-
leutnants a. D. Platz gegen das bekannte Urtheil der Straf-
kammer in Sachen Militärvereinspräsidium contra
acker wurde vom Oberlandesgericht kostenfällig abgewiesen.
8.6. Karlsruhe, 27. März. Bei der heutigen Stadt-
v e r o r d n e t e n e r s a tz w a h l in der III. Klasse, die eine
geringere Wahlbetheiligung aufwies als die Hauptwahl, siegte
die sozialistisch-demokratische Liste mit einer Mehrheit von etwa
50V Stimmen. Das bürgerliche Kartell erzielte ungefähr 2300,
die Opposition 2800 Stimmen. Gewählt find die Sozialisten
Maler Kolb und Schreiner Marx und die Demokraten Over-
ingenieur Delisle und Bauunternehmer Bleß.
Karlsruhe, 26. März. Vor einigen Tagen war hier die
10. Hauptversammlung des Vereins badischer Finanz-
assi st enten im Rathhaussaale vereinigt; cs zeigte sich in der
Vertretung der gemeinsamen Interessen bei den etwa 150 Theil-
nehmern große Einmüthigkeit. Beschlossen wurde u. A., das
badische Vereinsorgan auch für den württembergischen Verein
zum gemeinschaftlichen Organ zu erheben; ferner dem Verband
den Namen Verein badischer Finanzbeamten zu
geben. Der Verein zählt jetzt 606 Mitglieder und wählte nun
als ersten Vorstand Oberrechnungsrath Edelmann, als zweiten
Revident Sti chs ; dem zurücktretenden ersten Vorstand Rechnungs-
rath Rothenacker wurde der allgemeine Dank ausgesprochen.
8. bl. Pforzheim. 27. März. Der am vorigen Sonntag in
der Nähe des Hauses einer Dirne auf dem Wartberg g e-
stochene Landwtrth Weber ist gestern Abend seinen Verletzungen
erlegen. Der Verstorbene hinterläßt eine Wittwe mit mehreren
unversorgten Kindern.
8. öl. Rastatt, 27. März. Gestern Abend geriethen vor der
hiesigen Bahn-Station 5 jedenfalls einer Zigeunerbande gehörige
Pferde auf den Bahnkörper der Linie Ettlingen-Rastatt.
Drei derselben wurden von dem 8°° in Rastatt ankommenden
Zuge erfaßt und getödtet. Dem Zuge selbst ist kein Unfall
zugestoßen.
Baden-Baden 25. März. Heute Abend hat Hermann
Sudermann im großen Festsaal des Conversationshauses
eine Recitation gehalten. Da der Saal bis auf den letzten
Platz besetzt war, wird das badische Lehrerinnenheim in Lichten-
thal der Freundlichkeit des Dichters einen hübschen Betrag zu
danken haben. Unter den zahlreichen Anwesenden überwog bei
weitem das schöne Geschlecht, was bei einem berühmten Dichter,
der noch dazu gleichzeitig als „schöner Mann" bekannt ist, sich
ohne weiteres wohl begreifen läßt. Beim Auftreten wie nach
jedem der beiden Vorträge wurde Sudermann mit lebhaftem Bei-
fall begrüßt, auch ward ihm am Schluß ein stattlicher Lorbeer;
kranz als Ausdruck des Dankes von dem städtischen Lurcomitö
überreicht. Eine Kritik der Recitation wäre gegenüber einem
Dichter, der nicht berufsmäßiger Vortragskünstler ist und sich nur
einem wohlthätigen Zweck zuliebe zu diesem Auftreten herbeiläßt,
übel angebracht. Immerhin darf wenigstens angedeutet werden,
daß Sudermann mit sehr lebhaftem Temperament, augenschein-
lich in den Personen und Vorgängen der einzelnen Scenen voll-
ständig aufgehend, vorträgt und die einzelnen Figuren scharf
auseinanderzuhalten bestrebt ist. Bei dem zu raschen Sprechen
einiger Rollen blieb er theilwetse unverstanden, woran übrigens
auch vielleicht die Akustik des Saales schuld sein mag.
Jedenfalls machte der erste Akt der „Rethersedern" ungleich
weniger Eindruck als „Fritzchen", das eben dem größten Theil
des Publikums schon bekannt ist. Bemerkenswerth ist noch, was
Sudermann in einige» einleitenden Worten andeutete: wie in
der Familie zumeist der jüngste Sproß der besondere Liebling,
so sei ihm von seinem dichterischen Schaffen sein jüngstes Er-
zeugnis am meisten an's Herz gewachsen, um so mehr, als er
gerade in die drei Reiherfedern noch mehr von seinem innersten
Streben und Empfinden gelegt habe als in seine früheren Werke.
Baden-Baden, 27. März. Der Reichskanzler, Fürst Hohen-
lohe, wird morgen Abend hier eintreffen, um die Feier seines
Geburtstages im Familienkreise hier zu begehen.
X Aus dem Murgthal, 27. März. Die nun seit 19. d. M.
anhaltende kalte Witterung, die uns gestern noch lustiges Schnee-
gestöber brachte, hat ziemlichen Schaden an unserem Frühobste
wie Pfirsichen, Aprikosen ungerichtet. Was von diesen Sorten
blühte, ist total erfroren; die Kälte war, obgleich trocken, dock
etwas zu lange anhaltend. Ob die frühen Birnsorten, deren
Blüthen am Aufbrechen stehen, Noth gelitten, wollen wir noch
nicht mit Bestimmtheit aussprechen. Zwetschgen dürften wieder
reichlich ansetzen. Die Aepfel sind noch ganz zurück und setzt
man allgemein am diese Obstsorte dieses Jahr etwas Hoffnung-
Lange genug haben uns diese Früchte gemangelt. Der Himmel
dürfte sich schon wieder einmal erbarmen und uns bis Herbst
mit einem guten „Aepfelwein" erfreuen. Die Kirschen sind auch
noch derart zurück, daß auch auf sie bis jetzt noch gerechnet wer-
den kann. Wenn nur die beiden nächsten Monate gelinde aufi
treten, dann können wir noch ein ziemlich obstreiches Jahr er-
langen.
8. bl. Ettenhetm, 27. März. Vergangene Nacht wurde auf
das Schienengeleise unserer Lokalbahn, in der Nähe der PelzL
wühle, ein ungefähr 1 Centner schwerer Sandsleinblock
gelegt vorgefunden. Um 5 Uhr 41 passirie der erste nach OrsL°°
Weier fahrende Zug die gefährdete Stelle, entging aber einem
Unfälle, da die Schutzvorrichtung der Lokomotive den SteM
zwischen die Geleise schob. Der oder die Verüber des Schurken-
streichs konnten leider noch nicht ermittelt werden.
8. 6. Vom Oberland. 25. März. Wie aus Freiburll
mitgetheilt wird, haben bei der diesmaligen Truppenaushebung
nicht weniger als 121 Insassen des dortigen Landesgefängnisses-
um mit der herrschenden Mundart zu reden, „gespielt".
— Dienstnachrichten. Aus dem Bereiche des 1^'
Armeekorps: Zimmermann, Diesbach, Leuts, der Jn5
1. Aufgebots des Landw.-Bezirks Heidelberg, zu Oberlts. Hoi'
mann, Vizewachtmeister im Landw.-Bezirk Heidelberg, zum Li-
der Res. des Ulanen-Regts. Großherzog Friedrich von Baden
(Rhein.) Nr. 7. Beck, Vizewachtm. in demselben Landw.-Bezck»
zum Lt. der Res, des 1. bad. Feldart.-Regts. Nr. 14 befördern,
Theater- und Kunstnachrichten.
Heidelberg. 28. März. (Stadltheater.) Als Leopow
in der „Anna Life" beschließt Herr Frank morgen sein Gastsp'°
an unserer Bühne, in einer Nolle also, die geeignet ist, alle Vor-
züge des prächtigen Schauspielers in das hellste Licht zu setzA
Die Titelrolle spielt Fräulein Heinrich; die anderen Hauptrolle
werden von Frl. Sander und den Herren Sigl, Stettner, Jenst^,
und Weinmann dargestellt. Die Vorstellung findet
Abonnement statt._.

iM

Handel und Verkehr.
Frankfurt, 27. März. Effektensocictät. Abends 6'/. M,'
Oesterr. Credit 230 30 b. Darmstädter Bank 153.60 b. D-utl«
Bank 21410 b. Dresdener Bank 160 b. ult. u. cpt. Berlin
Bank 117.50 b. G. Lombarden 29 b. Northern 80.20—50 '
Gotthard-Aktien 142.50 b. Schweizer Central 141.10 b. Schwel»
Nordost 98.90 b. Schweizer Union 77.30 b. Jura-SimP'"
 
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