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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0139

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Telephon-Anschluß Nr. 82.

». 32.

Graf Caprivi
Berlin, «. Februar. Der ehemalige
Reichskanzler Graf Caprivi ist in Skyrcn
bei Crossen, Reg.-Bezirk Frankfurt a. O.,
heute Vormittag gestorben. Er war be-
reits längere Zeit leidend und entschlief
heute ganz sanft.
Crosse», 6. Fcbr. Ueber die Krankheit, welche
zum Tode des ehem. Reichskanzlers führte, wird weiter
noch gemeldet: Graf Caprivi, der schon früher an
Herzaffektioncn litt, mußte seit drei Tagen das
Bett hüten. Gestern Abend trat ein Lungenödem ein;
heute Vormittag führte ein Herzschlag den Tod her-
bei. Die Beerdigung Graf Caprivis findet am
9. d. M., Nachmittags 1 Uhr hier statt.
Ganz in der Stille, wie er seit dem Herbst 1894 ge-
lebt, ist der zweite Kanzler des deutschen Reiches aus dem
.^en geschieden. Man hatte in den letzten vier Jahren
säst nie von ihm gehört, sein Name wurde fast nie mehr
benannt. Absichtlich hatte sich Caprivi in die Einsamkeit
begeben: er wollte nicht, daß von ihm gesprochen werde.
xx vielleicht auch nicht verbittert war, so haben die
Erfahrungen, die er während seiner Reichskanzlerschaft ge-
macht hat, nicht dazu beigetragen, ihn wcltfreudig zu
winnien. Ein Mann von unzweifelhaft hoher Begabung
bbd redlichem Streben, hat er, der ehemalige Corps-
eorninandeur, als Reichskanzler mehrere starke Erfolge erzielt,
^ian denke an seine Vertretung der Heeresvorlage von 1893
bbd an den durch die Handelsverträge herbeigeführten Um-
^wung in der Handelspolitik, allein die Zahl seiner
Gegner war sehr groß; er erfocht seine Siege mit
°en Truppen zweifelhafter Hilfsvölker, während die eigenen
Mürrisch zusahen. Das brachte ihn in eine schiefe Stellung,
'ewe Position wurde immer schwächer und schließlich fiel
er über ein Nichts: einen Zeitungsartikel, den er weder
^schrieben noch veranlaßt hatte.
Georg Leo, Graf von Caprivi. gcb. 24. Februar
^31 jn Berlin als Sohn des Geh. Oberlribunalraths
bon Caprivi, stammt aus dem Friaul'schen Geschlecht
^aprwi. Er besuchte das Werdersche Gymnasium in Ber-
fü und trat 1. April 1849 in das Kaiser Franz-Gardc-
Grenadier-Regiment ein. 1866 wurde er in den Großen
Generalstab versetzt und zum Major befördert, machte im
^tab des Obercommandos der Ersten Armee den Krieg in
Abhinen mit, ward nach demselben zum Generalstab des
Gardecorps versetzt und 1870 als Oberstleutnant zum Chef
es Generalstabs des 10. Corps ernannt, welche Stellung
^ während des französischen Krieges bekleidete. Im De-
rber 1882 wurde er zum Generalleutnant und Com-
wandeur der 30. Division in Metz ernannt und im März
083 nach Stosch's Rücktritt mit der Leitung der Admi-
/llität betraut; zu diesem Zweck ward er zum Viceadmiral
Norbert. Nachdem er sich um die taktische Ausbildung
?e Kriegsmarine große Verdienste erworben, wurde er
bei der Neugestaltung der Marinebehördeu von seiner
Wellung als Chef der Admiralität entbunden und zum
wnmandirenden General des 10. Armeecorps in Hannover
bannt. Nach dem Rücktritt Bismarcks ernannte ihn der
Wser 30. März 1890 zum Reichskanzler und preußischen
Wistcrpräsidenteu.
„ Ass Reichskanzler war v. Caprivi zugleich Leiter der
y^boärtigen Politik. Als solcher hat er — ob aus eige-
^ w Antrieb oder auf einen höheren Willen veranlaßt,
y ^ bleibe dahingestellt — den Rückversicherungsvertrag
di? ^Uand als zu complizirt nicht erneuert und dadurch
^ diplomatische Lage Deutschlands entschieden verschlechtert,
tz EsUg glücklich war er auch auf dem Gebiet der Kolonial-
dx Wir erinnern nur an den Vertrag mit England,
Mar den Schwarzen Adlerorden eintrug, Deutsch-
° aber um Sansibar brachte.
Volk ^ der preuß. Kultusminister v. Zedlitz 1893 sein
tz, „schulgesetz vorbrachte, gegen das sich ein liberaler
sch^stungssturm erhob, trat Graf Caprivi mit Ent-
bxj/°enheit für die Vorlage ein, aber gegen die Volks-
ihr Miig, die sich gegen sie entfesselte, war sie, trotzdem
'W Abgeordnetenhause eine klerikal-konservative Mehr-
dvp ^sichert schien, nicht zu halten. Graf Zedlitz trat
gkt., wem Amte zurück, und Caprivi wollte ihm als sein
^vz Sch^dhalter Nachfolgen, dsch ward am 24. Mürz
hqit ^"wmen geraffen, daß unter „Halbirung" der Ge-
ister Gaprivi Reichskanzler und preußischer Mi-
deeuk-'- auswärtigen Angelegenheiten blieb, während die
tztäsEiche Ministerpräsidentschaft dem damaligen Ober-
Egl e^en der Provinz Hessen-Nassau, Grafen Botho
lvgx ?"eg, übertragen wurde. Diese Trennung der Aemter
i>anx.?we glückliche Idee, sie hat auch nicht lange ge-
»i>d denn schon im Herbst 1894 trat Caprivi zurück
est Hohenlohe übernahm mit der Reichskanzlerschaft
die preußische Ministerpräsidentschaft,
blejb "chl unerwähnt darf in dieser Skizze der Gegensatz
Mg» ' der zwischen Caprivi und seinem großen Vor-
nelltx Fürsten Bismarck, herrschte. Fürst Bismarck
?bxr anfangs freundlich zu seinem Nachfolger, als er
dstbxiwrktc, daß derselbe von seiner Politik abwich und
bikst c>,dere den Draht nach Rußland selbst abschnitt, da
"°lgeii Bismarck mit ätzender Kritik nicht zurück. Die
davon waren scharfe offizielle Auslassungen über

Dunstig, dr» 7. Mim

die nicht autoritative Stellung des Fürsten und schließlich
kam es gar zu der Absendung des Uriasbriefcs nach Wien,
der dem Fürsten, als er dort zur Hochzeit seines Sohnes
weilte, die offiziellen Kreise verschloß. Man darf wohl
annehmen, daß Caprivi nicht der geistige Urheber dieses
Briefes war, aber daß er seine Abfassung und Absendung
zulicß, das wird immerdar ein Flecken auf dem sonst
reinen Bilde seiner Persönlichkeit bilden.
Nun sind Beide todt, der große Bismarck und sein
nächster Nachfolger, dem der soldatische Gehorsam den
Muth eingegeben hatte, sich nach Bismarck Kanzler des
deutschen Reiches zu nennen. Deutschland kann nicht er-
warten, zu jeder Zeit über einen Bismarck zu verfügen;
es darf sich aber auch dann schon glücklich schätzen, wenn
es zu jeder Zeit und an der richtigen Stelle in den leiten-
den Regionen Leute besitzt, die an Begabung, Fleiß und
Charakter dem nun verstorbenen Grafen Caprivi gleich-
stehcn.

Deutsches Reich
— Graf Kanitz wird cm Reichstag eine Inter-
pellation über den Stand der zollpolitischen Ver-
handlungen mit Amerika einbringen.
Deutscher Reichstag. Berlin, 6. Fcbr. Am Bundes-
rathstische die Staatssekretäre v. Podblelski und Dr. Frhr.
v. Thielmann.
Abg. Bassermann (nat.-lib.) begründet seinen Antrag,
Wodurch bei der Regelung des Gehaltes der Postdirektoren
eine Schädigung der jetzt im Amte befindlichen Direktoren ver-
mieden werden solle.
Geheimrath Wittko führt aus, der Antrag sei der Regierung
sympathisch, würde aber die Durchführung des Dienstalters-
stufensystems stören.
Geheimrath Neu mann schließt sich dem Vorredner an.
Abg. Müller-Sagan (freis. Volksp.) befürwortet den An-
trag, wünscht Aufklärungen über die Arbeitszeit der Beamten
und Unterbeamten und weist Härten in der Handhabung der
Sonntagsruhe und in der Gewährung von Erholungsurlaub nach.
Er erwähnt endlich Wahlbeeinslussungen von Postbeamten durch
den Landrath Grafen Pourtatss in Tilsit, sowie weitere durch
Postdirektoren. Postdirektor Wichert habe in dieser Beziehung
wissentlichdie Unwahrheit gesagt.
Viceprasident Dr. v. Fr ege rügt letzteren Ausdruck.
Abg. Müller-Sagau: Der Ausdruck beruht auf zeugen-
eidlichen Aussagen des Beamten selbst. Derartiges dürfe nicht
Platz greifen.
Staatssekretär v. Podblelski: Ich habe bereits neulich fest-
gestellt, daß ich für die Dienstzucht nur dem Reichskanzler ver-
antwortlich bin. Ich muß Vorschriften hierüber seitens des
Abg. Müller zurückweisen. Ich bin bereit, alles Material dem
Hause vorzulegen; wenn aber der Vorredner glaubt, mir Vor-
schriften machen zu können, so lehne ich das unbedingt ab. (Oho I
links.» Ueber Dienstzucht bin ich nur dem Reichskanzler verant-
wortlich. (Rufe links: Und uns!) Was den gerügten Fall an-
langt, so erkläre ich, daß mit meinem Wissen und Willen nie
politische Agitation seitens der Post unterstützt worden ist. Ich
habe keinen Augenblick geschwankt, dem betreffenden Direktor
mein ernstes Mißfallen auszusprechen. Bezüglich der anderen
Punkte hat die Postverwaltung das Bestreben, Ungleichheiten
hinsichtlich der Dienstzeit auszugleichen. Daran möchte ich die
Bitte knüpicn, solche Einzelsragen lieber in der Budget-
commission zu erörtern.
Geheimraih Wittko: Der Erholungsurlaub der Unterbeamten
hat in den letzten Zähren eine bedeutende Erweiterung erfahren.
Abg. Rickert (freis. Ver.): Wenn der Staatssekretär sagt,
ich bin nur dem Reichskanzler verantwortlich, so füge ich hinzu:
und der Reichskanzler ist dem Reichstag verantwortlich. (Zurufe
links.) Wenn er das als Schreckgespenst hinstellt, daß die Be-
amten vom Reichstag ernannt werden könnten, so schreckt uns
dies nicht. Wir werden uns das Recht nicht nehmen lassen, den
Staatssekretär für jede seiner Amtshandlungen vor dem Reichs-
tage zu befragen und verantwortlich zu machen.
Abg. Möller (nat.-lib.) schließt sich dem Vorredner an. Der
Antrag solle an eine Kommission verwiesen werden.
Abg. Lenz mann lfreis. Volksp.) findet die Art des Staats-
sekretärs, dem Reichstage zu verbiete», das Benehmen seiner
Beamten zu kritisiren, etwas cavalleristisch. Direktor Wichert
habe direkt ungesetzlich gehandelt. Redner führt einen Fall aus
Dortmund an, wobei die dortige Postbehörde erklärt habe, die
westfälische Gütergemeinschaft existire für sie nicht. Es sei un-
erhört, zu erklären, irgend ein Gesetz existire nicht. Er bitte, die
Behörden mögen zu dem Publikum etwas höflicher werden.
Staatssekretär v. Podbielski: Bezüglich des ersten von
Lenzmann angeführten Falles werde ich mir die Akten gleich
kommen lassen und das Ergebniß der Untersuchung sofort mit-
theilen. Es war nicht mein Wille, daß von Beamten die Gesetze
des Landes nicht beachtet werden. Was den zweiten Fall an-
langt, so ist es eine der schwierigsten Sachen der Postverwaltung,
die Sendungen an die richtige Adresse thatsächlich zu bringen.
In einzelnen Fällen kann die Behörde nicht richtig gehandelt
haben. Aber so lange der Instanzenweg noch nicht beendet ist,
ist die Entscheidung noch nicht gefallen, und cs wäre besser zu
warten. Bei meinem Amtsantritt hat man gefürchtet, es werde
der Unhöflichkeit Vorschub geleistet. Sie werden zugeben, daß
dies nicht der Fall ist. Höflichkeit gegen das Publikum, Ge-
rechtigkeit und Offenheit gegen die Beamten ist mein Grundsatz.
Abg. Singer (Soc.) ist mit der Verweisung an eine Kom-
mission einverstanden. Nach der Art, wie der Staatssekretär
sich aus der Schlinge zu ziehen suchte, müßte man eigentlich den
Reichskanzler während des Etats hier in'Permanenz erklären.
Staatssekretär v. Podblelski: Daß er, wie Singer sagt,
davon gesprochen habe, der Reichstag solle zu Subordination
gezwungen werden, sei nicht richtig. Er habe sich nur dagegen
verwahrt, daß ihm Vorschriften über die Ausübung der Dtenst-
zucht gemacht würden. Der Reichskanzler könne dem Hause un-
möglich für alles, was passire, verantwortlich sein. Er habe der
Sozialdemokratie nicht Laster und Niederträchtigkeit vorgeworfen,
sondern nur gemeint, daß ein vereidigter Beamter nicht zur
Sozialdemokratie gehören darf. Die geringe Zahl der Be-
strafungen beweise, daß er nicht mit rauher Hand vorgehe. Er
habe sich oft gefragt, ob er nicht ein zu großes Wohlwollen
habe, sodaß darunter die Dienstzucht leide und damit der ganze
Betrieb in Frage gestellt werden könnte.
Abg. Dr. Lieber (Centr.): Der Staatssekretär sei für alle
getroffenen Maßnahmen verantwortlich, nicht aber für die, die
er erst treffen wird. Die Art, wie die sozialdemokratische Presse

1899.

die Postverwaltung angreift, ist ganz unerhört. Die Ausfälle
des Vorwärts wirkten unter allen Umständen aufreizend. Er
bitte gleichfalls, den Antrag der Budgetkommission zu überweisen.
Staatssekretär v. Podbielski wiederholt, daß er dem Til-
siter Postdirector sein Mißfallen ausgesprochen habe, und ver-
spricht eine Untersuchung wegen angeblich widerrechtlicher Zurück-
haltung von Zeitungen.
Abg. v. Kard 0 rff (Rp.): Es ist nicht wahr, daß die Conser-
vatwen sich bei den Wahlen um die sozialdemokratischen Stim-
men beworben hätten. Der Bürgermeister von Torgau sei sofort
aus dem konservativen Verein ausgestoßen worden.
Abg. Müll er-Sagan (freis. Volksp.): In Sagan sei ein
ähnlicher Fall wie in Torgau vorgekommen.
Abg. v. Levetzow (kons.): Er kenne diesen Fall nicht. Na-
mens seiner Partei erkläre er, daß sie jedes Bündniß mit den
Sozialdemokraten zurückweise, und daß jeder, der sich mit ihnen
dazu eingelassen habe, von den Conservativen dcsavoutrt wer-
den würde.
Nach einem Schlußwort des Berichterstatters Dr. Paas che
wird der Antrag Bassermann der Budgetkommission überwiesen
und der Titel angenommen. Titel „Postsekretär" wird ohne er-
hebliche Debatte angenommen. Die Titel „Oüerposta Menten und
Postassistenten und gehobene Unterbeamte" wurden auf Antrag
Möller (nl.) und Dr. Lieber (Centr.) der Budgetcommission
überwiesen.
Bei Titel „Telephonistinnen" bemerkt auf eine Anfrage
Unterstaatssekretär Fritsch, die zur Ansbildung angenommenen
Damen würden sofort benachrichtigt, daß sie während der Aus-
bildung keine Entschädigung erhalten.
Abg. Prinz Schönaich-Carolath (wildlib.): Es sei
dankenswerth, daß die Postverwaltung mehr als bisher die Frauen
in ihren Betrieb aufnehme.
Staatssekretär v. Podbielski: Auch weibliche Personen
müßten sich ebenso vorbereiten, wie es in jedem anderen Berufe
nöthig sei. Man könne Niemand anstellen, dessen Fähi gleiten man
nicht kenne. Die Damen werden nicht blindlings zur Ausbildung
zugelassen, sondern nur nach Maßgabe des voraussichtlichen Be-
darfes.
Abg. Stöcker (wildcons.): Er sei mit diesen Ausführungen
des Staatssekretärs im Ganzen einverstanden.
Abg. Dr. Vielhaben (Reformp.): Man solle in der An-
stellung vor Frauen nicht zu weit gehen.
Abg. Möller (nl.): Die bisher Männern vorbehaltenen
Stellen sollten nicht von Frauen besetzt werden.
Der Titel wird schließlich bewilligt.
Bei Titel „Unterdeamte im inneren Dienst" sagt Geh -Rath
Neumann zu, die Anregung, daß für Zulagen der ortsübliche
Tagelohn zu Grunde gelegt werde, würde in Erwägung gezogen
werde». Der Titel wird bewilligt, ebenso eine Reihe anderer, bei
deren einem Schmidt. Marburg (Centr.) für die Wiedereinführung
des Posthornes bet Personenposten eintrttt.
Bei Titel 59 erklärt Staatssecretär v. Podbielski, daß
der Kaiser eine leichte Sommerkleidung für die Postbeamten ge-
nehmigt habe. Der Rest der fortdauernden Ausgaben wird
schließlich bewilligt.
Morgen 1 Uhr: Rest der heutigen Tagesordnung, Bankgesetz.
Baden. Karlsruhe, 6. Febr. Ein Beschluß der
Justizkommission erklärt den Gemeinderath, Armen-
rath oder Kreisausschuß zuständig zur Beantragung des
Entmündigungsverfahrens wegen Trunksucht oder Ver-
schwendung. — Die Für sten b erg'sche Erbsteuer
wurde auf nahezu 3'/, Millionen Mark festgesetzt.
Sachsen-Koburg. Der Erbprinz Alf red von Sachsen-
Koburg und Gotha ist am Nachmittag des 6. d.
nach mehrstündigem Todeskampfe in Martinsbrunn ge-
storben.
(Der Erbprinz Alfred Alexander Wilhelm Ernst Albert war
am 15. October 1874 im Buckingham Palast in London ge-
boren ; er war Hauptmann im großh. Hess. Jnf.-(Lctbg )-Regiment
Nr. 115. Seit einiger Zeit kränkelte der Prinz, neulich erst
wurde gemeldet, daß er der silbernen Hochzeit seiner Eltern
krankheitshalber nicht beiwohnen konnte. Erbprinz Alfred war
der einzige Sohn aus der Ehe, die am 23. Januar 1874 in
Petersburg zwischen dem damaligen Herzog von Edinburg, dem
zweiten Sohne der Königin Victoria von England, und der
Großfürstin Maria von Rußland abgeschlossen worden war. Der
Herzog von Edinburg folgte 1893 seinem Oheim, dem Herzog
Ernst II., in der Regierung des Herzogthums von Sachsen-
Koburg und Gotha, sein Sohn Alfred wurde dadurch Erbprinz.
Jetzt sind noch vier Prinzessinnen aus der Ehe am Leben: Maria,
vermählt mit dem Thronfolger von Rumänen; Victoria, ver-
mählt mit dem Großherzog von Hessen; Alexandra, vermählt
mit dem Erbprinzen Ernst v. Hohenlohe-Langenburg, und Beatrice.
Die Anwartschaft auf die Thronfolge in Koburg-Gotha
geht nun an den nächstältesten Bruder des Herzogs, also den
Herzog von Connaught, über, der mit der preußischen Prinzessin
Luise Margaretha vermählt ist. Red.)_
"Mus der Karlsruher Zeitung.
— Hof-Ansage. Der Großherzogltche Hof legt von
beute für Ihre Königliche Hoheit die Fürstin von Bulgarien die
Trauer auf drei Tage bis zum 8. Februar einschließlich an.
Karlsruhe, den 6. Februar 1899. Grobherzogliches Oberst-
kammerlieirn-Amt: Freiherr v. Gemmingeu.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzoy haben den
Hoflakaien Friedrich Klee und Adolf Keßler die Erlaubniß
zur Annahme und zum Tragen der ihnen verliehenen silbernen
Verdienstmedaille des Fürstlich Hohenzollern'schen HausordenS
ertheilt.
— Mit Entschließung Großh. Ministeriums des Innern wurde
Revident Friedrich Früh bei der Versicherungsanstalt Baden zum
Revisor ernannt.
Karlsruhe, 6. Febr. Der Großherzog und die
Großherzogin trafen am Sonntag früh gegen 2 Uhr
hier ein. Die Großherzogin nahm um 10 Uhr an dem
Gottesdienst in der Schloßkirche theil. Später besuchte
Ihre König!. Hoheit die Mitglieder der Großh. Familie.
Der Großherzog ist infolge einer katarrhalischen Erkältung
genöthigt, in den Zimmern zu bleiben und sich einige Tage
Schonung zu gewähren. Gestern Mittag empfing derselbe
den Oberststallmeister Fceiherrn von Holzing-Bcrstett und
danach den kommandirenden General des 14. Armeecorps,
General der Kavallerie von Bülow.
Ausland.
Frankreich. Paris, 6. Febr. Die Revisions-
kommission hat nach langer Diskussion die Regierungs-
 
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