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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0335

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frei in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
vierteljährl. 1.25
ausschließlich Zustellgebühr.
Fernsprech-Anschluß Nr. 82.


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ermäßigt.

Gratis-Anschlm
der-Jnserate auf den Plakat»
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82.


Mittwoch, den 29. Mär;

1899.

Bestellungen
auf die Heidelberger Zeitung für das II. Quartal 1899
werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
Agenten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Expedition, Untere Neckarstr. 21, fortwährend angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen Mk. 1.25 vierteljährlich,
mit Zustellgebühr Mk. 1.65.
Zur Frage des Frauenftndiums.
Die Unterrichtskommissiou des preußischen Abgeordne-
tenhauses hat am 21. Februar über eine Petition des
Berliner Frauenvereins betreffend die Zulassung der Frauen
zum Universitätsbesuch und zu den Staatsprüfungen
berathcn. Der Bericht der Kommission liegt nunmehr im
Druck vor.
Danach wurde das Abgeordnetenhaus in der Petition
ersucht, dahin wirken zu wollen, daß den Frauen, welche
die vorschriftsmäßige Reifeprüfung abgelegt haben, der
Besuch der preußischen Universitäten unter denselben Be-
dingungen gestattet werde wie den männlichen Abiturienten,
und daß ihnen nach absolvirtem Studium die Zulassung
zu den Staatsprüfungen gewährt werde.
In der Berathung der Kommission theilte der Geheime
Oberregierungsrath Dr. Schmidt mit, daß die beim Reich
schwebenden Verhandlungen wegen Zulassung von Frauen
zu den medizinischen Prüfungen sowie zu den Prüfungen
der Zahnärzte und Apotheker dem Abschlüsse nahe gerückt
seien. Bei den im Januar d. I. zwischen den Vertretern
des Reiches und der betheiligten Bundesstaaten im Reichs-
amt des Innern gepflogenen Berathungen wegen Reform
der medizinischen Prüfungen habe sich die überwiegende
Mehrzahl dafür ausgesprochen, daß den Bewerberinnen,
welche auf Grund des Gymnasialreifezeugnisses zwar nicht
als immatrikulirte Studentinnen, aber als Hospitantinnen
einen ordnungsmäßigen Studiengang zurückgelegt haben,
vorbehaltlich der Erfüllung aller sonstigen für Männer be-
stehenden Erfordernisse die Zulassung nicht zu versagen sei.
Nach den seitens des Staatssekretärs des Innern Grafen
v. Posadowsky-Wehner in der Sitzung des Reichstages am
21. Januar d. I. gemachten Aeußerungen sei eine ent-
sprechende Vorlage an den Bundesrath in Vorbereitung. -
Im klebrigen sei die Stellung der StaalSregierung die ;
gleiche wie früher. Die Zahl der zum Hören zugelassenen
Frauen betrage im laufenden Wintersemester an den preußi-
schen Universitäten 414, welche sich auf die einzelnen Uni-
versitäten wie folgt vertheilten: Berlin 238, Bonn 26,
Breslau 32, Göttingen 26, Greifswald 17, Halle 15,
Kiel 17, Königsberg 33, Marburg 10, Münster 0. Der
Regierungskommissar theilte hierüber noch folgende Einzel-
heiten mit: Nur 22 der Zugelassenen gehörten dem Alter
unter 20 Jahren an, 250 waren zwischen 20 und 30,
142 über 30 Jahre alt. 276 besaßen die deutsche Reichs-
augehörigkeit. Von den Ausländerinnen entfielen 59 auf
Rußland, 50 auf Amerika. Dem Bekenntniß nach waren,
soweit darüber Mitthetlungen gemacht sind, 300 evangelisch,
24 katholisch, 88 israelitisch, dem Familienstande nach 374
ledig, 36 verheirathet, 3 verwittwet. Als Studienfächer
waren genannt (von einzelnen Kombinationen abgesehen)
bei 159 Geschichte und Philosophie, bei 92 Kunst und
Literatur, bei 72 neuere Sprachen, bei 48 Naturwissen-
schaften und Mathematik, bei 14 Medizin, bei 3 Zahnheil-
kunde, bei 13 Rechts- und Staatswissenschaften, bet 9
Theologie, bei 4 alte Sprachen. Als Stand des Vaters
waren in 133 Fällen akademische Berufsarten, in 17
Offizierstande, in 18 Lehrerstand, in 23 mittlerer und
unterer Beamtenstand, in 3 Künstlerberuf, in 144

Ein Frauenherz.
12) Erzählung aus dem Leben von A. M. Witte.
(Fortsetzung.)
Stiller und stiller war es im Stübchen geworden, beide
buigen ihren Gedanken nach. Magda dachte an die schöne
Zeii ihrer jungen Liebe, in Gedanke» stand sie noch einmal
u> der Mooshütte, iühtre den leisen Druck seiner Hand; —
/- Jahre waren seitdem verflossen, und doch stand jeder
einzelne Augenblick klar vor ihrem geistigen Auge- Wie ein
Uiinkles Gemälde schloß sich die letzte Unterredung mit ihm
oaran. Sie hatte gehofft, er würde zurückkehren, eine Zeile
Erhofft, die noch einmal eine Begegnung anbahnen solle, dann
batte die Zeit schwerster Sorge ihre Gedanken ganz erfüllt.
Und sie hatte am Sterbebett der einzigen Verwandten, die sie
?uf Erden besaß, gestanden. Ohne Vorwurf durfte sie an
ihrem Grabe stehen, aber ihr war, als sei ihr Lebensglück mit
su die Gruft versenkt, — auch jetzt kam kein Gedanken von
wm; der Sturm, der sie von einander gerissen, hatte sie auf
^sUlg getrennt. Sie nahm das Anerbieten Ernas, die seit
Einigen Monaten verheirathet war, an, für kurze Zeit ihr
Xwt zu sein; lange wollte sie hier nicht bleiben, sie paßte
UM in den Kreis.
,..^>o sehr lieb sie Erna hatte, so zuvorkommend und freund -
ich deren Gemahl ihr auch entgegenkam. sie wollte nicht als
Dritte immer bei dem jungen Paare weilen, sie wollie eine
Stellung annehmen, nicht m träger Ruhe verharren, sondern
n rastloser Thätigkeit versuchen, den Gedanken an entschwun-
v^ueS Glück zu verdrängen. ES war ganz dunkel geworden,
ba, F^er des Kamins dem Erlöschen nahe. „Werner wird
«?w beimkehren, uns zur Kirche abholen; we>ne nicht mehr,
k"Mda, heule an dem Tage, da die «rohe Botschaft verkündet
»,urde: .Freuet euch, denn euch ist der Heiland geboren;"
ufiN MH Du nicht traurig sein, einst bricht für Dich noch
, Hilden das Glück herein." — „Daran glaubst Du selbst
^icht. Erna, schaue in die Flammen des Kamins, das ist das
^>tuck meines Lebens:

Kaufmannsstand in 24 landwirthschaftlicher Beruf, in 33
sonstige gewerbliche Berufsarten angegeben.
Mißstände, die sich aus dem gleichzeitigen Besuch der
Vorlesungen durch männliche und weibliche Studirende
ergeben hätten, seien nicht bekannt geworden. Gleichwohl
bestehe in Universitätskreisen vielfach noch Abneigung gegen
die Zulassung der Frauen, wie dies erneut bei Besprechung
der Angelegenheit in der im Oktober v. I. abgehaltenen
Rektorenkonferenz hervorgetreten sei. Den Frauen die Zu-
lassung zur Immatrikulation und damit ein Recht auf Be-
such sämmtlicher Vorlesungen zu gewähren, halte die Re-
gierung unter diesen Umständen nicht für angezeigt.
Nach Anhörung vorstehender Ausführungen einigte sich
die Kommission einstimmig dahin, daß die den studiren-
den Frauen gemachten Konzessionen dem vorhandenen Be-
dürfniß wie auch den öfter ausgesprochenen Wünschen der
Kommission bezüglich Zulassung der Frauen zu den
medizinischen Studien und Staatsprüfungen als Vorbe-
dingung zur Ausübung des ärztlichen Berufes entsprächen,
und somit die Forderung einer völligen Gleichstellung der
Frauen mit den männlichen Studirenden in Bezug auf
Immatrikulation und Staatsprüfungen abzulehneu sei.
Die Unterrlchtskommissiou beschloß demgemäß, dem Ab-
geordnetenhause zu empfehlen, mit Rücksicht auf die Er-
klärungen des Regierungskommissars über die Petition des
Berliner Frauenvereins zur Tagesordnung überzugehen.

Wochen-Chronik.
(Vom 19. bis zum 25. März.)
März 20.: Prinz Waldemar von Preußen, Sohn des Prin-
zen Heinrich, wird vom Kaiser in Kiel als Leutnant
bei der Marine eingestellt
„ 21.: Zwischen England und Frankreich ist ein Ab-
kommen wegen Afrikas getroffen worden, das in
Frankreich nicht ohne Befriedigung ausgenommen
wird.
„ 21.: Bei den S t a dtv ero rdn et en w ah l e n'in Karls-
ruhe siegen in der dritten Klasse die verbündeten
Sozialdemokraten und Demokraten, weil
das Centrum seine Wähler durch Aufstellung einer
eigenen Liste neutralisirt.
„ 22.: Die zweite bad. Kammer nimmt den Gesetz-
entwurf betr. die Dotation der Geistlichen
gegen die Stimmen der Demokraten und der Sozial-
demokraten an.
„ 24.: Die zweite bah. Kammer vertagt sich bis
zum 121 April. "
„ 25.: Die Amerikaner haben auf den Ph ilippinen
einen neuen Sieg erfochten und dabei 160 Mann
verloren. Je häufiger sie siegen, desto weniger Fort-
schritte scheint die Unterwerfung der Philippinos zu
machen.

Deutsches Reich.
— Am 24. Juni v. I. fand in Braunschweig eine
Stichwahl zum Reichstage zwischen dem Professor Viereck als
Kandidaten der Ordnungsparieien und dem Schriftsteller Blos
als Kandidaten der sozialdemokratischen Partei statt.
In dem Hotel d'Angleterre, das für mehrere Bezirke als Wahl-
lokal diente, wohnten der Wahlhandlung die Schriftsetzer Schwettje
und Schröder als Vertrauensmänner der sozialdemokra-
tischen Partei bei behufs Feststellung der Wahlsäumigen und
Ermittlung des Wahlergebnisses. Gegen Ende der Wahlhandlung
erschien der Postschaffner Wolf, der bereits vorher gewählt
hatte, in seiner Postuniform im Wahllokale. Wie er angibt,
wollte er das Wahlergebniß, und zwar lediglich in seinem persön-
lichen Interesse, ermitteln. Einem der Wahlvorsteher gab er auf
dessen Frage, für wen er da sei, die unwahre Antwort: „Für
die Posldirektion." Wolf setzte sich zu den zwei ihm nicht be-
kannten Sozialdemokraten au einen in der Nahe des
Wühltisches befindlichen kleinen Tisch und ließ sich mit ihnen m
ein Gespräch ein. Im Laufe des Gesprächs sagte er ihnen, er
habe für Blos gestimmt. Als sich Schwettje in einer Pause ein
Glas Bier kommen ließ, that Wolf dies auch und stieß mit
Schwettje an. Ec ließ sich auch, als am Wahltisch die Fest-
stellung des Wahlergebnisses begann, von Schwettie iiber^die

Das letzte Scbeit verglüht,
Die Funken werden Asche,
Das ist das End' vom Lied."
Aber als Magdalene in der Kirche kniete, löste sich das
tiefe Web ihres Herzens in einem heißen, inbrünstigen Gebet
und sie flehte zu Gott auch für ihn und seine Braut.

Nicht lange darfst du weilen.
„Sterneck, da kommt Ihre Frau Mutter wieder mit ihrer
entzückenden Gesellschafterin." Ein junger Offizier, welcher
mit zwei Herren, die sich durch sehr elegantes Civil und
Prachtvolle Pferde auszeichneten, durch die Alleen des Thier-
gartens ritt, wandte sich dem einen seiner Begleiter zu.
„Die Damen in schwarzer Toilette?" fragte sichtlich in-
teressirt der Dritte im Bunde, ein Herr mittlerer Jahre,
den die Welt interessant aussehend nannte; vieleicht weil er
ein so unregelmäßiges Gesicht hatte, daß das Unharmonische
die Phantasie anregte, „lassen Sie unS langsamer reiten,
schöne Pferde und schöne Mädchen sind mir nun einmal der
angenehmste Anblick."
„Sie, Wendete, diese beiden Gegensätze in einem Athem
zu nennen I" lachten die beiden jüngeren Reiter.
Die Herren kreuzten den Fußweg und neigten sich grüßend
vor den beiden Damen, die, ohne sich umzuwenden, in ein
Gespräch vertieft, wie es schien, ihre Promenade fortsetzten.
„Donnerwetter; Brandenstein, Sie haben recht, das ist ja
eine entzückende Erscheinung: Sterneck, wo haben Sie denn
die aufgegabelt? Und da leben Sie, Äeneidenswerther, mit
derselben unter einem Dache und lassen die Gelegenheit so
vorübergehen, sich sofort in diese goldblonde Schönheit zu
verlieben?" „Wer sagt Ihnen denn, daß er das nicht schon
gethan? Darum Hai er mich auch noch nie aufgefordert,
ihn zu besuchen, seitdem er von der Reise zurück ist; er will
sie für sich haben." .Unsinn." wehrte lachend der mit Stern-
eck angeredete, etwas blasirt aussehende junge Mann, «findet
ihr denn so etwas Besonderes an ihr?" Er klemmie das
Monocle ins linke Auge, obwohl die Damen nicht mehr zu
sehen waren.

bequemste Art der Aufzeichnung des Ergebnisses belehren und
verglich die hiernach von ihm selbst gemachten Aufzeichnungen
mit denjenigen des Schwettje. Nachdem festgestellt worden war,
daß der Kandidat der sozialdemokratischen Partei in den Be-
zirken gesiegt habe, fragte Schwettje den Wolf, ob ein solches
Ergebniß feiner Behörde angenehm sei. Wolf antwortete in
wegwerfendem Tone, das sei ihm egal. Auf Grund dieser
Vorgänge verurtheilte die Disziplinarkammer in Hannover den
Wolf, der bestritt, der sozialdemokratischen Partei anzugehören
und sozialdemokratisch gewählt zu haben und der die entgegen-
gesetzte Erklärung dem Schwettje, den er inzwischen als Sozial-
demokraten erkannt habe, nur aus Scheu vor demselben gemacht
haben will, zu Strafversetzung unter Verminderung
seines Diensteinkommens um ein Achtel. Der kaiserliche Diszi-
plinarhof ln Leipzig hat dies Urtheil bestätigt.
— Die in Kalmar neu zu bildende 39. Division
wird dem 14. (bad.) Armeccorps zugetheilt.
— Ueber die Meinungsverschiedenheiten in
der Sozialdemokratie äußerte sich der Germania
zufolge Abg. Bebel vor einer Volksversammlung in
Jena, in der er über das Thema „Bürgerliche Gesell-
schaft und Sozialdemokratie" sprach. Nachdem Bebel er-
klärt hatte, daß er auf den „großen Kladderadatsch", d. h.
Zertrümmerung der jetzt bestehenden Staatsform, gern
verzichte, wenn die bürgerliche Gesellschaft den Arbeitern
entgegenkomme, gab er zu, daß gegenwärtig in der Sozial-
d emokratie tiefgehende Meinungsverschiedenheiten herrschen,
deren Lösung nicht abzusehen sei. Hieran schloß Bebel
den Ausspruch: „Sollte es zur Spaltung kommen, dann
wird eine viel radikalere neue Partei erstehen."
Baden. XAus demMurgthal,26. März. Vom 26. Febr.
bis 5. März wurde in Gernsbach für das Murgthal durch
4 K apuziner eine Mission abgehalten, der das Volk
in großen Schaaren zuströmie. Auch Protestanten ließen sich
von der Neugierde treiben und hörten die Predigten der Kloster-
brüder an, deren man täglich welche hören konnte. In den ersten
Tagen sollen die Predigten, die in sehr volksthümlichem Tone
gehalten waren und von der Menge gern gehört wurden, keinerlei
Anstößigkeiten für Andersgläubige enthalten haben. In den
letzten Tagen wurde dann die „heil. Maria" als die Himmels-
königin verherrlicht u. s. w. Was hauptsächlich bei den protestan-
tischen Zuhörern ansprach, war die Rede über die „wahre
Nächstenliebe". Einige von den Zuhörern konnten nicht des
Lohes genug spenden über diese toleranten Kapuz inerp a tr c s.
Aber bald hörte und sah man, wie diese Herren die Nächstenliebe
verstanden. Natürlich nur den Katholiken gegenüber. Was sie
hier verschwiegen, sagten sie im Beichtstuhl und namentlich in der
Siadt Gernsbach fehlte es — und ist noch heute zu verspüren —
nicht an aufregenden Scencn innerhalb gemischter Ehen mit
protestantischer Kindererziehung. In der Woche nach ihrem Weg-
züge brach der Skandal los, selbst Katholiken meinten, daß solche
Herren besser weit wegblteben, als den Frieden der Ein-
wohner zu stören. Sämmiliche Ehegatten, die in gemischter Ehe
leben und protestantische Kindererziehung haben, erliielten die
Absolution nicht. Sie sollten dafür sorgen, daß die Kinder und
womöglich auch noch der andere Theil katholisch würden. Katho-
lischen Dienstboten bei evangelischen Herrschaften wurde auf-
gegeben, innerhalb kürzester Frist ihre Dienste zu verlassen.
Freundschaften mit protestantischen gleichalterigeu Genossen wur-
den verboten und sind auch leider etliche dadurch zerstört worden.
Eine katholische Frau erzählte ihrer Nachbarin, daß der Pater
ihrem Mädchen die Frage entgegeuhielt: „Willst du mit deinen
protestantischen Freuudinneu zur Hölle fahren?" Wir sehen also
fchon, wie weit es käme, wenn die unschuldigen, lämmerfrommen
Jesuiten und ihre Verwandtschaften bei uns einziehen würden.
Bald würdren Mann gegen Frau, Kinder wider die Eltern sich
wenden und umgekehrt. Das alles zum Lobe Gottes!

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben
den Revisionsvorstand bei der Oberdirektion des Wasser- und
Straßenbaues, Rechnungsrath Leopold Wolfmüller in Karls-
ruhe, zum Oberrechnungsrath ernannt.
Karlsruhe, 28. März. Der Großherzog von
Oldenburg machte heute Vormittag einige Besuche, ver-
blieb aber im Uebrigen im engsten Kreise mit den Groß-
herzoglichen Herrschaften vereint. Nachmittags besuchte der
Großherzog von Oldenburg mit den höchsten Herrschaften

„Wie er sich unbefangen stellt, — es ist mir schon man-
ches holde Wesen begegnet, aber niemals eine solch liebrei-
zende, fesselnde Erscheinung: und Sterneck, Sie wissen, daß
mein Urtheil wohl als etwas maßgebend gelten kann. Ich
könnte nicht tagelang mit ihr unter einem Dach leben, ohne
zu versuchen, diese kalte Schönheit für mich zu entflammen."
„Da würde ich bei der Mama gut ankommen ; sie rühmt vor
allem die Tugend ihrer Gesellschafterin, die sie bei der letzten
allerdings vermißte." „Ach, bah, es heißt immer die Tugend
der Frau, wenn sie nicht aus die Probe gestellt wird; ich ver-
sichere Ihnen, Sierneck, tugendhafte Frauen sind für mich
ganz ungeheuer langweilig: sie verachten übrigens auch ein-
zig und allein das, was sie nicht kennen, und wonach sich
lebe doch heimlich sehnt. Wetten wir Beide, daß es einem
von uns gelingt, ihre Tugend wankend zu machen?" Ein
frivoles Lachen folgte diesen Worten.
Und wer das Glück hat, führt die Braut heim?" fragte
Sterneck. „Glück! giebt es wirklich in der heutigen Zeit noch
Menschen, welche naiv genug sind, an ein Glück zu glauben?
— Nein, soweit will ich auch meinerseits nicht gehen, ich
heirathe überhaupt nicht. Ich bin durchaus nicht für ein
stumpfsinniges Familienleben beanlagt, im Gegentheil, vor-
züglich bis zu diesem Tage allein fertig geworden, und „in
jedem Städtchen giebt's ein anderes Mädchen," summte er
muthwillig vor sich hin. „Nun alter Fceund, als Don Juan
sind Sie überall bekannt, das ist richtig, aller zu solchem
Spiel ist mir Fräulein vom Holzen denn doch zu schabe."
Sterneck war ernst geworden, die affektirte Blasicthcit seines
Wesens war etwas verschwunden, und seine Augen hatten
einen lebhafteren Ausdruck angenommen. Brandenstein hatte
bei dem Namen der jungen Dame unwillkürlich die Zügel
heftig angezogen. „Holzen, sagten Sie?" — „Allerdings,
ist Ihnen eine Familie dieses Namens bekannt? Die junge
Dame selbst bewahrt eine große Zurückhaltung über ihre
Vergangenheit, doch ist sie meiner Mutter warm empfohlen."
(Fortsetzung folgt-)
 
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