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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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, monatlich 50 Pf.
-srei in's Haus gebracht.
Vurch die Post bezogen
bierteljährl. 1.25 „zt,
ausschließlich Zustellgebühr.

Fernsprech-An'chluß Nr. 82.


s>nsertiousgebüh r
15 Pf. st.r die Ispaltigc
Pclltzerle oder deren Raum.'
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.

L Gratis-Anschlaa
W dersJnserate auf den Plalat»
^ tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulm.

Ferusprech-Anschluß Nr. 82

Sir. W.

Dienst«-, den 25. April

1898.


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Juni werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
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Deutsches »reich.
— Zu der Angelegenheit mit dem amerikanischen Capitän
Eoghlan bemerkt die Nordd. Allgem. Zig.: Die po-
etische Tragweite derartiger Taktlosigkeiten eines
einzelnen fremdländischen Offiziers wollen wir schon des-
halb nicht überschätzen, weil er sie, wie es scheint, in
Angeheitertem Zustande begangen hat. Wir
Nehmen Akt davon, daß seine Vorgesetzte Behörde sofort
k>ne Correctur eintreten ließ.
— Der amerikanische Staatssekretär Hay hat dem
deutschen Botschafter in Washington seine lebhafte
Mißbilligung über das Benehmen des amerikanischen
Eapitäns Coghlan ausgesprochen.
— Vor längerer Zeit wurde gemeldet, daß der Kaiser
den Afrikareisenden Dr. Esser in längerer Audienz em-
pfangen, sich lebhaft mit ihm unterhalten und ihm nach
der Audienz den Kronenorden II. Klasse überreicht habe.
Nun hat der Geograph Tr. Hans Wagner die Reiseberichte
Essers scharf kritisirt und die Behauptung aufgestellt,
Dr. Esser habe nur einen kleinen Theil seiner angeblichen
Reise gemacht. Er hat später seine Beschuldigung noch näher
ausgeführt und begründet. Er wiederholt, daß Dr. Esser
den von ihm beschriebenen Reiseweg von Mossamedcs bis
Zum Kunene und dessen Mündung, der mindestens 1000 km
beträgt, nicht gemacht habe, und stellt in dieser Beziehung
poch fest: Dr. Esser habe vor dem Militärehrengericht ein-
gestanden, daß er diese Route nicht „im Zusammenhang"
gemacht habe und ferner zugegeben, daß er östlich des
Ehella-Gebietes nicht gewesen sei, sondern sich hinsichtlich
lenes Gebietes auf Mittheilungen anderer gestützt habe. Er
habe zugegeben, daß er über das Chella-Gebirge nicht
biriausgekommen sei, er habe aber die meisten Punkte bis dahin
besucht, den Kunene sei er ca. 80 stur aufwärts gegangen.
Damit sei die Behauptung erwiesen, daß die Reise des
Herrn Dr. Esser etwa den Werth einer Spreewaldpartie
habe. Ferner erklärt Wagner unter Bezugnahme auf Ver-
lautbarungen über seine Satisfaktionsoerweigerung gegen-
über Dr. Esser, der Ehrenrath der Berliner Burschen-
ichaften habe nach Einsicht des Beweismaterials beschlossen,
baß Wagner berechtigte Ursache hätte, die Satisfaktions-
Fähigkeit des Herrn Dr. Esser in Zweifel zu ziehen, ob-
wohl letzterer Offizier sei. Nach diesem Ehrenrathsbeschluß
habe er, Wagner, erst Dr. Esser mit der Waffe zur Ver-
fügung stehen dürfen, wenn die Unrichtigkeit seiner Be-
hauptungen erwiesen sei. — Neuerdings berichtet das Ber-
liner Tageblatt in dieser Angelegenheit: Das infolge der
bekannten Angriffe gegen den Oberleutnant der Land-
Vehr Herrn Dr. Max Esser eingeleitete militärgericht-
liche Ermittelungsverfahren ist, wie wir erfahren,
endgiltig eingestellt worden. Darnach müßte also die
8egen Herrn Dr. Esser erhobene Anschuldigung sich in der
Ehrengerichtlich geführten Untersuchung als haltlos erwiesen
haben. Eine gegen Herrn Dr. Esser wegen Herausforderung
feines Gegners zum Zweikampf mit tödtlichen Waffen ver-

hängte Fcstungsstrafe ist vom Kaiser im Gnadenwege in
einen Tag Stubenarrest umgewandelt worden.
Baden. Karlsruhe, 22. April. Der Bericht des
Abg. Gießler über die S te n e rr e f o rm behandelt haupt-
sächlich die zwei Fragen, ob bei Bildung der Vermögens-
steueranschläge der Verkehrswerth oder der Ertragswerth
zu Grunde gelegt oder ob der Schuldabzug in vollem
Umfang oder nur in einem bestimmten Prozentsatz (etwa
50 Prozent des Steueranschlags) gewährt werden soll.
In überzeugender, klarer Beweisführung spricht sich der
gründliche und schätzenswerthc Bericht für das Prinzip des
Verkchrswerths aus. Die Frage des Schuldabzugs wird
grundsätzlich bejaht, doch wird die Frage, welche Be-
schränkungen der Schuldabzug erleiden soll, offen gelassen.
Jndeß neigt sich der Bericht der Ansicht zu, daß, wenn der
ausnahmslose, volle Schuldabzug nur unter der Bedingung
erstattet werden könnte, daß die landwirthschaftlichen Be-
triebskapitalien zur Vermögenssteuer herangezogen werden,
ein theilweiser Schuldabzug vorzuziehen wäre; denn der
Beizug der landwirthschaftlichen Betriebskapitalien zur
Steuer würde — als neue, ungewohnte Last — Miß-
stimmung und Unzufriedenheit bei der ländlichen Bevöl-
kerung Hervorrufen.
— Wei »heim, 23. April. Dem Bericht über die Ver-
sammlung des verstärkten Ausschusses der nationalliberalen Partei
des hiesigen Wahlbezirks, worin mit Stimmeneinhelligkeit Ge-
meinde- und Bezirksrath Herr Oekonom V. Müller aus
Heiligkreuz als Landtagskandidat aufgestellt und proklamirt
wurde, ist noch Folgendes nachzutragcn: Herr Müller, in den
Versammlungssaal Angeführt und mit Jubel begrüßt, nahm die
Kandidatur, weil so einmüthig gewünscht, sofort an und sprach
sich in kurzen Worten über die wichtigsten Fragen der badischen
Politik aus, behielt sich aber vor, in nächster Zeit in einer
Generalversammlung sein Programm näher und ausführlich zu
entwickeln. Nach dem ganzen Stand der Sache darf diesmal
auf den Sieg der Liberalen in dem Wahlkampft gehofft werden.
ff Mannheim, 24. April. Von den öLandtags-
mandaten, welche der Reichstagswahlkreis Mannheim-
Weinheim-Schwetzingen besitzt, sind in diesem Jahre 4 neu
zu besetzen, und zwar zwei in der Stadt Mannheim, sowie
je eines in Weinheim und Schwetzingen. Während noch
vor einem Jahrzehnt die sämmtlichen 5 Mandate des hiesigen
Reichstagswahlkreises sich im Besitze der nationalliberalen
Partei befanden, bat diese gegenwärtig nicht ein einziges
Landtagsmandar inne. Die Mannheimer Sitze sind eine
Domäne der Sozialdemokraten, die für absehbare Zeiten
als uneinnehmbar gelten kann. Die Verhältnisse müßten
sich schon ganz besonders günstig gestalten, wenn es ge-
lingen sollte, eines der Mannheimer Mandate wieder in
den Besitz der nationallibcralen Partei zu bringen. Selbst-
verständlich werden auch in diesem Jahre wieder national-
liberale Kandidaten aufgestellt werden, aber an einen Sieg
ist nicht zu denken. Selbst wenn die sämmtlichen bürger-
lichen Parteien zusammen gehen würden, was aber vorerst
als ausgeschlossen angesehen werden kann, dürfte es kaum
gelingen, der Sozialdemokratie die Mannheimer Mandate
ernstlich streitig zu machen. Die rapide Entwickelung der
Industrie in unserer Stadt und der dadurch veranlaßte Zu-
strom der Arbeiterbevölkerung verstärkt von Jahr zu Jahr
die Armee der Sozialdemokratie. Günstiger liegen die
Verhältnisse in den beiden Landbezirken Wcinheim und
Schwetzingen. Allerdings bewegt sich auch hier die Sozial-
demokratie infolge des Fortschreitens der Industrie aus
dem Lande in aufsteigender Richtung, jedoch nicht in dem
Maße, daß sie an einen Sieg in diesen beiden Bezirken
denken könnte, von denen sich Weinheim im Besitze der
Antisemiten und Schwetzingen in den Händen der von den
Ultramontanen unterstützten Demokraten befindet. Beide
Bezirke sollen diesmal von den Nationalliberalen mit aller
Macht in Bearbeitung genommen werden, um sie wieder

Ter Herrgotthändler.
^0) Eine Hochlandsgeschichte von Friedrich Dolch.
(Fortsetzung.)
.„Was giebl's, Vater?" sagte Castl, sich über den Tisch
"Eigend und dem Eintretenden die Hand entgegenstreckend.
xDoch nix Schlimm's passirt? Wo kommst denn eigentlich
her?»
„Direkt von Niederau," erwiderte Hagenbacher, nachdem
Ei sich niedergelassen und die schweißbedeckte Stirn geirocknet.
"Der Straßmirth hat mir gestern Botschaft sag'n lassen
Vegen ein'm Gütel, das zum Verkauf steht, und drum Hab'
Ich mich heut' Vormittag gleich auf 'n Weg g'macht und bin
Müber zu ihm- Wie ich hinüberkomm', sagt mir die Kellnerin,
fotz der Wirth Plötzlich ab'grufen worden sei und daß ich aus
shu warten möcht'. Gut, ich laß mir also ein Maß Bier
xEb'n und fang mit der Kellnerin, die mutlersellenallein in
M Gaststub'n g'seffcn is, ein' Diskurs an. Das Madel —
^kescenz heißt's — is erst vor vierzehn Tag' oder drei
Koch'n dort eing'standen und scheint a disl a leichtfertig's
^ffng z' sein. Wie wir also eine Weil' so von allerhand ge-
Jd't Hab'», denkt sie auf amal eine Zeit lang nach und ruckt
„onn ganz nahe zu mir her an den Tisch. ,Sag amal'. fangt's
-oyz stad an, ,handelst Du net auch mit Silbersach'n. Ich
rjein' ich Hab' amal so was »'hört.' .Freilich/ sag' ich d'rauf,
'ffUlst mir vielleicht was abkaufen?" La schüttelt's den Kopf
M sagt: ,Du kennst Dich wohl auch gut aus — ich mein',
M kennst die Sildersach'n, ob 's echt oder net/ .Natürlich',
M ich, .hast vielleicht 'was und willst meine Meinung
Müber hör'n?' .Jawohl, ich Hab' von — mein'm Schatz a
Halsketten zum Präsent 'kriegt und weil ich ihm net trau,
a>ocht' ich Dich frag'n, ob's wirklich echtes Silber is oder
M/ Wie sie das g'sagt g'habt hat, is 's auch schon fort und
? a paar^ Augenblick' später mit einem Schachterl z'ruck'
chMinen. Sie hat'» aufg'macht und bat eine Halskett'n heraus-
p aommen und die Halskett'n Hab' ich auf 'n ersten Blick
.etilit — vnn mir nmr. m-ii's wir damals g'raubt

.am — weil's von mir war, weil's
p'ord'n is der dem Mordanfall —"

Der Erzähler winkte mit der Hand, denn Ausrufe des
Erstaunens waren laut geworden und als wieder Ruhe ein-
gelreten, fuhr Hagenbacher fort:
„Wie ich also die Kett'n g'seh'n Hab', da is 's mir blitz-
schnell durch den Kopf'ganaen: Die hat's von dem Raub-
mörder g'schenkt 'kriegt. Jetzt heißt's schlau anpacken', bab'
ich mir denkt, wenn ich die Wahrheit inne werd'n soll. Ich
dreh' daher die Kett'n ganz verächtlich bin und her und sag':
.Wenn Dir Dein Schatz weiß g'macht Hai. daß die Kett'n von
Silber is, nachher hat er Dich schön zum Narr'n gehalten.'
,Der Lump, schreit jetzt das Madel ganz wüthend, ,no wart,
Du kannst Dich g'sreu'n!' ,Aha,'sag ich, ,gelt, g'wiß a reicher
Bauernsohn? Ja. da giebtS oft knickerige Kerl d'runler. mei'
liebe Dirn!' ,Na/ schreit sie d'rauf, ,uet a Bauernsohn is 's,
sondern so a lumpiger Holzknecht, so a miserabler!' Ich lach'
laut auf und sag: ,AH, jetzt weiß ich, wen D' meinst! Das
is kein anderer als der Niederhofer Sepp!' .Derrat'n hast's,
der is 's. —"
Wieder sprangen die Anwesenden von ihren Sitzen empor
und abermals winkte der Hagenbacher ihnen beschwichtigend
zu- „Laßi's mich nur noch ganz auserzähl'n," sagte er, „ich
bin jetzt im Augenblick fertig. Kaum hat sie also g'sagt g'habt
,der iS 's' — da Hab' ich auch schon ein' anderen Ton an-
g'ichlagen. Ganz kurz Hab' ich ihr erzählt von dem räube-
rischen Mordanfall und daß die Kett'n mir a'hören thät.
Das Madel is 'weiß 'worden wie d' Wand, wie's das g'hört
hat, und is schier umg'fallen vor lauter Schreck'n. Ich Hab
dann die Ketten an mich g'nomme» und Hab' der Dirn ein»
g'schärst. daß sie vorerst zu kein'm Menschen was sag'n sollt.
dann Hab' ich mich aufg'macht und bin spornstreichs da herüber.
Er schwieg und legte das Kästchen, in dem die Halskette
sich befand, auf den Tisch.
„Also jetzt is 's halt doch noch aui'kommen," ries Castl
hastig. „L.er Niederhofer Sepp is 's g'wesen und der Stöcker
Hies is unschuldig —"
„Unschuldig?" fiel ihm aber hier der Kommandant in die
Rede- „Das is noch sehr die Frag'! Sie können ja die
That auch mit einander begangen hab'n l Aber das wird sich

zurückzuerobern. Weinheim ist vor 4 Jahren lediglich durch
die Nachlässigkeit der nationalliberalen Partei verloren ge-
gangen. Heute kann man das getrost rund heraussagen,
ohne den geringsten Widerspruch befürchten zu müssen.
Weinheim hätte nie verloren gehen dürfen, wenn nicht der
Wahlkarren von vornherein verfahren worden wäre. Auf
Wunsch der lokalen nationalliberalen Parteiführer in Wein-
heim hat sich vor 4 Jahren die Mannheimer Parteileitung
um die Vorgänge in Weinheim nicht gekümmert, und als
man wenige Tage vor der Wahl ihre Hilfe in Anspruch
nahm, war es zu spät. Diesmal wird die Mannheimer
Parteileitung von vornherein in die Wahlbeweguug thätig
mit eingreifen. Bereits haben kürzlich unter Vorsitz des
Herrn Reichstagsabgeordneten Ernst Bassermann eingehende
Besprechungen stattgefunden. Mit Beginn der Wahlbe-
wegung werden sich die Mannheimer natio..alliberalen
Redner den Weinheimcr Parteigenossen ganz zur Ver-
fügung stellen. Auch Herr Bassermann wird energisch
in die Wahlagitation eingreifen. Achnlich liegen die
Dinge in Schwetzingen, wo ebenfalls persönliche Eifer-
süchteleien und Verstimmungen unter den Nationalliberalen
das Mandat in die Hände der Demokraten gespielt haben.
Die Wiedergewinnung der beiden ländlichen Landtagswahl-
bezirke Weinheim und Schwetzingen halten die National-
liberalen als die erste unbedingt nothwendige Etappe zur
seinerzeitigen Wiedereroberung des Reichstagswahlkreises.
Badischer Landtag. L. 6. Karlsruhe, 24. April.
In der heutigen (137.) Sitzung der Zweiten Kammer
stand zur Berathuug die Denkschrift des Finanzministers
über die Reform der direkten Steuern in Baden.
Den Bericht der Budgetcommission erstattete Abgeordneter
Gießler, der die Annahme folgender Resolution empfahl:
„Die Zweite Kammer spricht nach Kenntnißnahme der
zweiten Denkschrift über die Reform der direkten Steuern
in Baden und der mündlichen Erklärung des Herrn Finanz-
ministers ihre Ansicht dahin aus, daß die erstrebte Steuer-
reform durch eine Umwandlung der jetzigen Ertragssteuer
in eine Vermögenssteuer als Ergänzung der Einkommen-
steuer zu vollziehen ist, wobei die einzelnen Vermögens-
steuerkataster unter Zugrundelegung des Verkehrswerthes
gebildet werden und ein Schuldabzug gewährt wird.
Inwiefern vom völligen Schuldabzug Ausnahmen ge-
macht werden können, soll der künftigen Entschließung bei
Vorlage des Gesetzentwurfs Vorbehalten bleiben."
Finanzminister Dr. Buchenberger gab einige Er-
läuterungen zu seiner Denkschrift und erklärte die Bereit-
willigkeit der Großh. Regierung, dem nächstenLandtag
einen Entwurf betreffend die Reform der direkten
Steuern vorzulegen. Auch die Revision des Ein-
kommensteuergesetzes sei geplant. Sämmtliche Red-
ner, nämlich die Abgg. Fieser, Hug, Frank, Dr.
Hcimburger, Klein und Drees buch, erklärten sich
im Prinzip mit einer Reform der direkten Steuern einver-
standen und gaben einmüthig dem Wunsche Ausdruck, daß
sich die Reform auf der Grundlage der steuerlichen Ge-
rechtigkeit aufbauen möge. Der Abg. Frank wünschte
insbesondere Steuerbefreiung für das landwirthfchaftliche
Betriebskapital und die Abgg. Dr. Hcimburger und
Dreesbach den vollen Schuldabzug, ohne jedoch ihre
Haltung zum ganzen Reformwerk von der Erfüllung dieser
Wünsche abhängig zu machen. Die Sitzung dauerte bis
8 Uhr Abends. In der nächsten Sitzung, am Mittwoch,
2ü. April, kommt der Ordensantrag des Abgeordneten
Wacker und Gen. zur Berathuug.
Bayern. Ludwig sh afen, 21. April. Zu einer
Plenarsitzung war heute Vormittag die Pfälzische Handels-
und.Gewerbekammer an 4 Stunden vereinigt, um Herrn

alles herausstell'n; vor allem müssen wir jetzt gleich den
Nicderhofer Sevv Verhaften, damit er net Wind kriegt und
uns das Nachseh'n laßt."
„Weißt, Vater," wandte sich Castl wieder zum Herrgott-
bändler, „warum nur uns alle heut' da beim Kommandanten
z'iammeng'sunden hab'n? Weil eine Streifpatrouille hinauf-
g'schickt werden soll auf 'n ,lobten Mann'! Dort arbeitet jetzt
der Niederhofer Sepp — aber er ts net allein, der Gradier
Vincenz und noch zwei andere helfen ihm bei der Arbeit- Es
is nämlich auskomm'n, daß der SevP auch der Wildschütz, der
Rotbmchs, >s. Der Straßwirth hat ihn verrath'n. Jetzt
woll'n wir hinauf zu sei'm Arbeitsplatz und woll'n ihn dort
einschließen und g'fangen nehmen. Der kleine Holzschlag
drob'n aus 'm ,tobten Mann' steht ganz einschichtig und 'S
Anschleich'n wird sich deshalb recht hart mach'n. Der Kerl,
der Sepp, mit sein'm schlechten G'wissen aber hat Aug'n wie
ein Luchs, und wenn er Jäger oder Gendarm aus sein' Ar-
beitsplatz zukommen seh'n rhät, thät er auf der Stell' Reißaus
nehmen. Wir müssen uns daher als Bauern g'wanden (ver-
kleiden) und müssen alle Steig'» die hinaufsühren zum »todten
Mann', besetzen. Wir sind sieben Mann — da kann er unS
net auskommen. Zwei müssen den g'raden Weg auf'n Holz-
schlag zu nehmen und die andern die Steig', eS sind g'radaus
fünf, bewach'n. Verstecken kann er sich oben net leicht — es
is lauter Hochholz da und Löcher und Klüft' sind da oben auch
net. Gleich hinter der Baumgartenalm is wohl noch ein Steig,
der hinunteriuhrt über'n ,tobten Mann', aber den brauch'n
wir net zu besetzen, da hinunter steigt er g'wiß net. Bis jetzt
haven'S nur zwei probirt und die Zwei sind abg'stürzt und
hab'n das Wagstück mit 'm Leben bezahln müssen. Man heißt
die Stell' net umsonst den .gachen (jähen) Tod'. — So, jetzt,
mein' ich, mär's gut, wenn wir ausbrech'a ihäten! Einig sind
wir ja und ich Hab' eine wahre Sehnsucht darnach, dem Kerl
endlich amal 'S Handwerk z' legen. Wie is 's, Valer? Hast
Du ein' andern Gang z' mach'n jetzt, oser willst Dich Vielleicht
der Streii' anschließ'n? Kannst mit mir geh'n, wenn D' willst»
und ein Gewehr werd'n wir auch auflreib'n für Dich."
_ (Fortsetzung folgt.)
 
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