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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0505

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nnd den Plakatsäulein.
Fernsprech-Anschlnß Nr. 82


ZMilcs Alst!.

SmstllZ, de« 13. Mai

1899.

Deutsches Reich
— In der letzten Sitzung der Gewcrbeordnungs-
kommission des Reichstags, in welcher die erste
Lesung der Regierungsvorlage zu Ende geführt wurde,
wurde eine Reihe nationalliberalcr Anträge angenommen.
Zunächst der Antrag Münch-Ferber, durch welchen der
obligatorische Ladenschluß für die Zeit von 9 Uhr
Abends bis 5 Uhr Morgens eingeführt wird. Sodann
wurden weiter, und zwar einstimmig, angenommen zwei
Anträge des Abg. Bassermann. Durch den einen werden
die Bestimmungen der Gewerbeordnung über Lehrlings -
züchterei, welche heute schon für das ganze Gebiet der
Fabrik und des Handwerks in Geltung sind, auf das
Handelsgewerbe übertragen. Es soll dadurch der Ein-
stellung einer übergroßen Zahl von Lehrlingen, welche
nicht im Verhältniß zur Zahl der Gehilfen steht, vorge-
beugt werden. Der Bundesrath soll befugt sein, Normal-
vorschriften dafür zu erlassen. Der zweite Antrag über-
trägt die Arbeitsordnungen, welche heute für Fabriken
Mit mehr als zwanzig Arbeitern gelten, auf diejenigen
kaufmännischen Großbetriebe, die mehr als
zwanzig Gehülfen und Lehrlinge beschäftigen. Es trifft
dies insbesondere die großen Waarenhäuser, Bazare u. s. w.
Hier soll durch den Aushang der Arbeitsordnung für alle
Angestellten eine vollständige Klarlegung des Inhalts des
Arbeitsvertrags erfolgen. Der dritte Antrag betrifft die
Vertragsverhältnisse der Werkmeister. Hierüber
fanden im Plenum bei der ersten Berathung Auseinander-
setzungen zwischen den Abgg. Bassermann und Freiherr»
v. Stumm statt. Letzterer erklärte sich gegen denselben,
stand aber mit seinen Anschauungen im Hause allein. Der
Antrag gewährt den Werkmeistern, Betriebsbeamten,
Chemikern u. s. w. die gleichen Kündigungsfristen, eine
Minimalkündigungsfrist von einem Monat; auch darf nur
auf den Schluß des Kalendermonats gekündigt werden.
Eine Abänderung durch Vertrag ist verboten. Es sind
dieselben Wohlthaten, die den Handlungsgehülfen in dem
Neuen Handelsgesetzbuch eingeräumt sind und von den Be-
tricbsbeamten und Werkmeistern schon lange erstrebt wer-
den. Die Regierung war mit den Anträgen einverstanden.
Die Annahme dieses Antrages erfolgte gegen zwei kon-
servative Stimmen.
Bayern. Würzburg, 9. Mai. Ueber den weiteren
Verlauf des Falles Schell weiß die Augsb. Abdztg.
folgende interessante Details zu berichten: Wie man hört,
ist schon ein Nachfolger Schell's ausersehen in einem
jungen, ca. 30jährigen Kaplan, der in Rom seine letzte
Ausbildung empfangen hat, und dem man mit Umgehung
vieler älterer Geistlicher das Serfische Benefiz übertragen
hat — 3000 Mark, nur an die Verpflichtung zu etlichen
Messen gebunden — damit er sich in Würzburg habilitiren
kann. Dem Verleger derSchell'schen Werke
aber ist die Alternative gestellt worden, entweder binnen
etlichen Tagen seine Buchhandlung zu verkaufen oder seine
geistlichen Kunden zu verlieren und ein katholisches Kon-
kurrenzgeschäft neben sich entstehen zu sehen. Das letztere
soll inzwischen schon geschehen sein. — Seine „löbliche
Unterwerfung" hat also Schell vor weiteren Verfolgungen
durch die Kirche und ihre Freunde nicht geschützt.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 13. Mai.
ff Sterblichkeits-Bericht. Nach den unterm 3. ds. Mts.
herausgegebenen Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits-
amtes zu Berlin über die Gesammtsterblichkeit in den 274
deutschen Städten nnd Orten mit 15 000 und mehr Einwohnern
während des Monats März 1899 hat dieselbe — auf je
1000 Einwohner auf den Zeitraum eines Jahres berechnet —
betragen: s. weniger als 15,0 in 14, t>. zwischen 15,0 und 20,0
in 70, o. zwischen 20,1 und 25,0 in 92, ä. zwischen 25,1 und
30,0 in 62, s. zwischen 30,1 und 35,0 in 31 Orten und k. mehr
als 35,0 in 5 Orten. Die geringste Sterblichkeitsziffer hatte in
dem gedachten Monate der Vorort von Berlin Groß-Lichterfelde
mit 8,1, dagegen die größte der Ort Laugenbielau in der
Provinz Schlesien mit 44,9 zu verzeichnen. In den Städten
und Orten des Grobherzogthums Baden mit 15000 und
mehr Einwohnern hat die Sterblichkeit während des Berichts-
mouats — gleichfalls wie oben auf je 1000 Einwohner auf den
Zeitraum eines Jahres berechnet — betragen: In Karlsruhe 18,8
(ohne Ortsfremde 17,3), Mannheim 19,2, Baden-Baden 19,3,
Pforzheim 21,5, Konstanz 23,2, Freiburg 26,4 (ohne Ortsfremde
19,5 und in Heidelberg 28,0 (ohne Ortsfremde 21,7).
Die Säuglingssterblichkeit war im Monate März 1899 eine
beträchtliche, d. h. höher als ein Drittel der Lebendgeborenen
in 12 Orten; dieselbe blieb unter einem Zehntel derselben in
28 Orten. Als Todesursachen der während des gedachten Monats
in hiesiger Stadt vorgekommenen 88 Sterbefälle — darunter 19
von Kindern im Alter bis zu einem Jahre — sind angegeben:
Diphtherie und Croup 3, Lungenschwindsucht 10, akute Er-
krankungen der Athmungsorgane 9, Brechdurchfall 2 Kinder im
Alter bis zu einem Jahre, alle übrigen Krankheiten 61 und
gewaltsamer Tod 3 Im Ganzen scheint sich der Gesundheits-
zustand gegenüber dem Monate Februar ds. JL. verschlechtert
zu haben. Die Zahl der in hiesiger Stadt während des
Monats März 1899 vorgekommenen Geburten hat — ausschließ-
lich der stattgehabten 3 Todtgeburten — 114 betragen; dieselbe
hat mithin die der Sterbefälle (88) um 26 überstiegen.
8. dl. Vom Lande, 8. Mai. Der Gedanke des Vorstandes
des Badischen Lehrervereins, ein Lehrerheim zu gründen, hat
in den Kreisen der Lehrer überall ein freudiges Echo erweckt, da
ein solches Heim für genesende und erholungsbedürftige Lehrer
geradezu ein Bedürfniß genannt werden kann. In allen Kon-
ferenzen des Landes wird z. Z. für das zu gründende Heim ge-
sammelt und die Beiträge fallen erfreulicherweise in solchen
Beträgen, daß sich eine Summe von 20000 Mk. fast sicher erwarten
läßt. Dazu kommen noch die größeren und kleineren Beträge
einzelner Freunde und Wohlthäter des Lehrerstandes, so neuer-
dings wieder ein Betrag von 1000 Mk. von einem ehemaligen Lehrer
und jetzigen Verlagsbuchhändler. So wird immerhin eine Summe
von 25 OU) Mk. noch in diesem Frühjahr Zusammenkommen.
Natürlich ist dieses aber noch zu wenig, um den Bau zu beginnen,
der wenn er auch in den bescheidensten Formen ausgeführt wird,
mit Inventar auf mindestens 80 000 Mk. zu stehen kommt, obgleich
ein prächtig gelegener Bauplatz von Herrn Hauptlehrer Büchler
in Heidelberg auf dem Bierhelder Hof unentgeltlich angeboten
wird. Doch ist an der Ausführung des Projektes nun nicht mehr
zu zweifeln, da sicher noch weitere Beträge Nachfolgen werden.
X Patentbericht für Baden vom 2. Mai 1899, mttgetheilt
von dem Internationalen Patentbureau C. Kl eh er in
Karlsruhe. (Auskünfte ohne Recherchen werden den Abonnenten
dieser Zeitung bei Einsendung der Frankatur gratis ertheilt.)
a. Patent-Anmeldungen: V. 3508. Signalantrieb
mit Auslösung durch Drahtbruch. Joseph Vögele, Mannheim.
Angemeldet am 25. Februar 1899. — b. Patent-
E r t h e t l u n g e n: Nr. 104203. Senfbehälter. F. Förster,
Karlsruhe, Kreuzstr. 17. Angemeldet am 8. November 1898. —
o. Gebrauchsmuster-Eintragungen: Nr. 113735.
Stielbefestigung für Besen und Bürsten, bestehend aus einem
am Stiel befestigten Gewindering mit übergesteckter, im Borsten-
körper eingehalster Strebe. Emil Lausche, Pforzheim, Enzstr. 17.
Angemeldet am 15. Februar 1899. — Nr. 113 655. Acetylen-
Lampen und -Laternen mit unterhalb des Wasserbehälters an-
gebrachten Röhren zwecks Unterbringung von Carbid-Patronen.
Süddeutsche Metallwerke, Schab, Herbst u. Co., Mannheim. An-
gemeldet am 13. März 1899. — Nr. 113 863. Kohlen-Tragkorb
mit von Hand zu öffnender Bodenklappe. Gustav Hamburger,
Karlsruhe, Zirkel 30. Angemeldet am 25. März 1899.

Handel und Verkehr.
Mannheim, 9. Mai. Das Höchstgebot für das neue 4°/»ige
Anlehen der Stadt Mannheim von 8 Millionen Mark hat ein
Consortium Frankfurter, Stuttgarter und Norddeutscher Banken
(dem auch Strauß u. Co. in Karlsruhe angehören) mit 100,2
getha»._
Berloosungen.
Stadt Genua 130 Fr.Loose vom Jahre 1870. Ziehung
am 1. Mai. Auszahlung am 1. August 1898. Hauptpreise:
Nr. 36304 L 50000 Fr. Nr. 69046 ä 5000 Fr. Nr. 3322 L
2500 Fr. Nr. 28929 33965 69934 ä 1000 Fr. Nr. 2939 23181
35536 46345 60280 66280 je 500 Fr. Nr. 916 6110 10174
10758 28267 39386 53085 57052 59257 61446 je 250 Fr.
Italienische Rothe-Kreuz-Loose vom Jahre 1883.
Ziehung am 1. Mai. Auszahlung am 9. Mai 1899. Hauptpreise:
Serie 6606 Nr. 1 L 35000 Fr. Serie 9441 Nr. 6 L 2000 Fr.
Serie 7b65 Nr. 8 a 1000 Fr.
Für die Redaction verantwortlich: F. Montna in Heidelberg.
Das von der Firma Esser u. Gieseke in Leipzig-
Plagwttz seit einer Reihe von Jahren fabricirte Esser's
Seifen Pulver mit dem Löwen erfreut sich einer immer
mehr steigernden Nachfrage. Nachdem schon seit längerer Zeit
erst ein, dann in rascher Folge mehrere deutsche Armee-Corps
sich diesem Seifenpulver zugewendet haben und alle ihre Wäsche
nur mit. diesem Pulver waschen lassen, sind diesem Beispiele
neuerdings eine Anzahl Eisenbahnverwaltungeu, Krankenhäuser,
große Waschanstalten, gefolgt, vor allem ist es auch die Marine,
welche Esser's Seifenpulver in großen Quantitäten verbraucht.
Wenn schon diese hervorragenden, bekanntlich einen strengen Maß-
stab an einen in Gebrauch zu nehmenden Artikel legenden Ver-
waltungen dem genannten Seifenpulver vor allen den Vorzug
gebe», so zählt dasselbe natürlich die Hausfrauen zu seinen
zahlreichsten Kunden und gegenwärtig gibt es wenigstens in den
meisten Landestheilen wohl kaum eine Familie, wo es sich nicht
fest eingebürgert hätte. Es ist natürlich, daß ohne ganz besondere
Vortheile, die Esser's Seifenpulver mit dem Löwen bietet, das-
selbe nicht einen solchen Erfolg aufzuweisen hätte. Diese Vor-
theile sind kurz dahin zusammenzufafferi, daß das Pulver, ohne
die Wäsche auch nur im geringsten anzugreifen, selbst von dem
gröbsten Schmutz in kürzester Zeit vollkommen reinigt und der-
selben eine blendend weiße Farbe nebst angenehmen Wasch-
geruch verleiht. Dabei ist die Handhabung des rasch und intensiv
schäumenden Pulvers eine sehr bequeme, der Verbrauch ist ein
nur geringer und ermöglicht gegenüber anderen Waschmitteln
eine große Ersparnis;._
:V1I). Itint/niiiillvi', hioimtzidtzr,
I»1SolLSlr. vli-. S3.
IVloljel'nste Lnfkk'tigung ZSmmtüotion ^eppsnldsilisl'.
Poinots Luskübrung. — ksslls Lsäisnmrg.
io ooosstso ^nsststtrwAso, Loboltt, lssrbs oock grösss, Lasssttoo io
vsrsobisäsosn ä.utioLobungsn, Lrrrobrisks, Oopxslüartso, gpsoialltst
io llsrxistbs Hill, Nsrzc Will, Largot Uill uock Llirtls Ilill.
kknnr-, Msvli- null io ststo ososo Llastoro.
kr V1sir«»Irs6lttsi7, llaoptstr. 61.


Heidelberg. (Fortsetzung.) — Zur Erinnerung an Nikolaus
Lenau. Von Maximilian Fuchs-Darmstadt. — Haus-, .Garten-
und Landwirthschaflliches. — Verschiedenes. — Vom Büchertisch.

Kleine Zeitung.
— Aus den Kaisertagen in Straßburg erzählt die Straßb.
Vost folgenden Vorfall: Der Gouverneur von Straßburg, Ge-
neral der Infanterie v. Jena, durfte dem Kaiser seine 6 Söhne
vorstellen. Der in allen Heeren der Welt gewiß sehr seltene,
b>enn überbaupt jemals vorgekommene Fall, daß gleichzeitig ein
Pater mit seinen 6 Söhnen dem aktiven Dienststande angehört,
veranlaßte den Kaiser, bei der Parade der Garnison Straßburg
die Meldung des Gouverneurs der Festung mit seinen Söhnen
enlgegenzunehmen.
, — Koburg, 10. Mai. Heute Vormittag wurde im Hofgarten
vas von Professor Eberlein in Berlin geschaffene Reiterstand-
bild des Herzogs Ernst II. von Sachsen-Koburg und Gotha
fnthüllt, wozu Herzog Alfred, die Herzogin-Mutter sowie andere
Mitglieder des herzoglichen Hauses erschienen waren.

— Berlin, 5. Mai. Der Architektenverein besuchte am Mon-
mg Nachmiltag den Neuen Marstall am Schloßplatz, in
"Essen Glashof der Architekt der Anlage, Geheimrath Jh ne, die
°vrt aufgestellten Baupläne erläuterte. Die Unbequemlichkeiten,
vfe mit der Unterbringung des Marstalls an verschiedenen Stellen
"er Stadt verbunden waren, ließen schon vor etwa zehn Jahren
Aas Bedürfniß nach einer großen einheitlichen Anlage erwachsen,
v'e nach Aufstellung des Schloßbrunnens und Erneuerung der
flUrfürstenbrücke naturgemäß nur im monumentalen Sinne ge-
jAst werden konnte. Der Kaiser betraute den Geh. Hofbaurath
Äste, der kurz vorher den Umbau des Schloßflügels an der
^chloßfreiheit geleitet hatte, mit einem auf viele Millionen be-
schneien Entwurf, wonach die Front an der Spree allein nahe
Ast 200 Meter lang wird. Das Programm verlangt u. A. zwei
sjEstbahne», mehrere Remisen für etwa 300 Wagen, und Ställe
M 270 Pferde, ferner aber mehrere große Arbeits- und Wirth-
jchstftshöfe, sowie Wohnungen für 50 Familien und 80 nnver-
-Etrathete Diener und Kutscher. Durch das hohe Portal betritt
jststst den vorderen in Glas gedeckten Hof, dessen Dach im Som-
, Er zur Vermeidung der Hitze seitlich zurückgeschoben werden
^.stst. Nach Süden folgt ein breiter Flügel mit Remisen und
Ahnungen darüber, nach Osten find die Pfcrdeställe in zwei
^ttchossen übereinander angelegt, jeder für 134 Pferde berechnet,
^stlzüge, Geschirrkammern, Rampen, Pntzstuben, Leutezimmer rc.
"st? in reichlichem Maße angeschloffen oder in dem Zwischen-
»Eschoß untergebracht. Die große Wagenhalle am Schloßplatz ist

ein mächtiger, effektvoll gestatteter Raum, der durch zwei Etagen
geht und oben mit einer Laufgalerie versehen ist. Auf dem
zweiten Hofe werden über einem mächtigen Wagenschuppen zwei
in der Größe völlig gleiche, durch isolirte Doppelwände aber ge-
trennte Reitbahnen entheben, von denen die eine für den Hof,
die andere für das Personal bestimmt ist. Der Neubau, für
dessen Zwecke noch neuerdings Grundstücke südlich der älteren
Anlage erworben wurden, wird bei einem Aufwands von 7 bis
8 Millionen noch etwa drei Jahre währen.
— Deutsch-amerikanisches Tängerfest. Im Juli 1900 soll
in Brooklyn das goldene Jubiläum des Nordöstlichen Deutschen
Sängerbundes in den Vereinigten Staaten von Amerika durch
ein großes Sängerfest, zu dem auch Vereine aus Deutschland ge-
laden sind, gefeiert werden. Dieser Tage begaben sich, wie dem
Hann. Kur. berichtet wird, Vertreter des Sängerbundes, die
Herren Karl Sänger und Richt'er Jakob Neu, nach Washington,
um den Präsidenten Mac Kinley nnd den deutschen Botschafter
v. Holleben zu dem Feste als Ehrengäste einzuladen. Die Herren
wurden im Weißen Hanse frenndlichst empfangen. Der Präsident
erkundigte sich nach dem Zweck des Festes und sagte, daß er sich
in Brooklyn einfinden werde, wenn er nicht durch wichtige Ge-
schäfte verhindert sein würde. Dagegen sagte Hr. v. Holleben
sein Erscheinen ohne Bedingung zu. Der Botschafter sagte, daß
er sich als Gesandter in Stuttgart für Sangesbestrebungen sehr
interessirt habe und noch mit dem dortigen Liederkranz ist Ver-
bindung stehe.
— Chinesisch-klassisch. Der Vicekönig in Nanking erließ
kürzlich eine Bekanntmachung, wonach er Jeden reich belohnen
wollte, der ihm ein gutes Mittel angäbe, die Ausländer „aus-
zurotten." Darauf meldete sich einer, der die alten Klassiker
viele Jahre lang studirt und nun sorgfältig ans ihnen einen in
seinen Augen unfehlbaren Plan zusamniengestellt hatte. Vom
Vicekönig aufgefordert, diesen Plan anzugeben, sagte er: „Man
versehe jeden Soldaten mit einem Schwert, einem Eimer voll
Wasser und einer Bambusstange. Beim Angriff muß das Wasser
in die Mündungen der feindlichen Gewehre und Geschütze ge-
schleudert werden, so daß sie nicht abzufeuern sind. Sodann
bringt man die Feinde dadurch, daß man ihnen die Bambus-
stangen zwischen eie Beine wirft, zum Fallen und kann ihnen
dann leicht mit dem Schwerte den Kopf abschlagen."
— Paris, 29. April. Der Fleischpastetenfabrikant Person,
dem Fiakergäule den Hauptstoff zu seinen Hasen-, Rebhuhn-,
Fasan-, Truthahn-, sogar Gänseleberpasteten geliefert hatten und

der wegen seines Mißgriffs zu Gefängnis und einer GeldbußE
verurtheilt wurde, halte sich vor Gericht damit entschuldigt, alle
Charcutiers thäten dasselbe. Darüber ist nun die Zunft der
Schweineschlächter außer sich. Der Präsident ihres Syndikats
bemüht sich selbst mit zwei seiner Kollegen auf die Zeitungs-
redaktionen und erhebt gegen die Verlaumdung Einspruch. Zu-
gleich wird eine Bittschrift abgegeben, welche die Pariser Char-
cutiers vor zwei Jahren an den Gemeinderath richteten, damit
dieser den Pferdeschlächtern das Handwerk lege. Daraus erfährt
man, wie das Pferdefleisch behandelt wird, damit es eine schöne
rosa Farbe bekomme oder in weißes Schweine- oder Kalbfleisch
verwandelt werde. Auch stehen dis Charcutiers in ihrem Unmuth
über den Wettbewerb der großen Lebensmittelbazare nicht an, zu
behaupten, die Straßburger und Frankfurter, sowie die Cervelat-
Würste, die hier verkauft werden, seien aus Pferdefleisch, Stärke-
mehl und Schweinefett verfertigt. (Dann sind eben diese in Paris
verkauften Würste nicht aus Straßburg oder Frankfurt. Die Red.)
— Paris, 10. Mai. Das Ctvilgericht der Seine bericth ge-
stern Nachmittag, nachdem es die Abwesenheit des Majors Ester-
hazy festgestellt hatte, über die Scheidungsklage der Frau
Esterhazy. Es wurde beschlossen, während der Dauer des
Prozesses die Versorgung der beiden Mädchen, die 8 und 11
Jahre alt sind, der Frau Esterhazy anzn vertrauen. Solange
der Prozeß dauert, muß Esterhazy seiner Frau 600 Franken
monatlich zahlen. Der Matin berichtet, Esterhazy werde sich
durch Cabanes vertreten lassen.
— Moderne Dienstboten. In England ist die Dienstboten-
noth groß und die Hausfrauen vergeuden dort ihre halbe Zeit
in vergeblichem Jagen nach „Mary Janes" und in erbitterten
Kämpfen mit ihnen, wenn sie sie endlich glücklich eingefangen
haben. Verglichen mit ihren Schwestern in den „Staaten"
scheinen sie aber immer noch goldig daran zu sein. Wir haben
die Satzungen der Londoner „Domestic Servants Mnion" vor
uns nnd wir lesen da, daß ihre Mitglieder unter Anderem sich
verpflichten: Keinen Lohn anzunehmen unter 65 monatlich,
keine Fenster und Stiegen zu putzen und keine Kohlen zu tragen.
Sie verlangen außerdem ein besonderes Zimmer, wo sie ihre
Freunde empfangen können, einen „Tag frei" in der Woche nnd
Sommerferten von 14 Tagen bei „voller Bezahlung". — Deutsche
Hausfrauen, wagt Ihr es noch, Euch zu beklagen?
 
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