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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0457

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frei in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
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ausschließlich Zustellgebühr.


Fernsprech-Anschluß Nr. 82.


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derJnserate auf den Plakat«
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.
Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Xr. 101. Erstes Mit. Msntiß, Le« 1. Mai

1899.


Bestellungen
auf die Heidelberger Zeitung für die Monate Mai und
Juni werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
Agenten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Expedition, Untere Neckarstr. 21, fortwährend angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen für die Monate Mai
und Juni, wenn am Schalter abgeholt, 84 Pfg., mit
Zustellgebühr Mk. 1.14.

Deutsches Reich.
— Der Kaiser speiste am Freitag in Wiesbaden
bei dem Intendanten von Hülsen. An dem Diner
Nahm auch der Dichter des „Eisenzahn", Major Lauf,
theil. Hierauf begab sich der Kaiser nach dem Hoftheater.
Bei dem Eintritt des Kaisers ertönten Fanfaren von
Trompetern in Friederizianischem Kostüm. Das Haus
brachte beim Erscheinen des Kaisers ein dreifaches Hoch
aus. Zur Vorstellung gelangte „Die Geierwally". Der
Vorstellung wohnte auch der König von Schweden bei.
Aach der Vorstellung fuhr der Kaiser nach dem Bahnhof,
svo um 9 Uhr 50 Minuten die Abreise erfolgte. Samstag
früh traf der Kaiser in Berlin ein und begab sich direkt
vom Bahnhof nach dem Tempelhofer Feld zur Truppen-
besichtigung und zu einer Gefechtsübung.
— Gegenüber der Behauptung der Westminster Gazette,
der deutsche Botschafter in Paris, Graf Münster,habe vor
seiner Abreise nach Monaco dem französischen Minister des
Aeußern, Delcasss, eine Note überreicht, in der die deutsche
Negierung angeblich sich eingehend über die Ent-
hüllungen des Figaro äußert und das peinliche Er-
staunen der deutschen Regierung über das vom Figaro
Vlitgctheilte ausgedrückt wird, schreibt die Nat.-Ztg.:
Diese Meldung der Westminster Gazette ist eine durchaus
Zrundlose Erfindung, die allem Anscheine nach eben von den
Gegnern der Revision ausgeht. Seit einer Reihe von Monaten
bat keine Veranlassung Vorgelegen, den deutschen Botschafter in
Paris mit irgendwelchen Instruktionen in der Dreyfus-Angelegen-
beit zu versehen. Die Meldung bezweckt vor Allem, durch einen
"euen Appell an den Chauvinismus die Aufmerksamkeit von den
Unerhörten Fälschungen abzulenken, die in der „Affaire" verübt
worden sind.
— Der Kaiser richtete an den Präsidenten der
bereinigten Staaten folgendes Telegramm:
^ An den Präsidenten der Vereinigten Staaten, Washington.
Her kaiserliche Generalpostmeister hat mir soeben gemeldet, daß
'ftv. Excellenz freundlichst Ihre Zustimmung zu der Legung
"»es deutschen Kabels an den Küsten der Vereinigten Staaten
Meilt haben. Diese willkommene Nachricht wird einmüthige
Befriedigung und Freude im ganzen deutschen Reiche Hervor-
rufen. Ich danke Eurer Excellenz dafür aufs herzlichste. Möge
?as neue Kabel unsere beiden großen Nationen nach enger ver-
enden und Frieden. Wohlfahrt und Wohlwollen unter den An-
bthörigen fördern helfen. Wilhelm I. k.
Mac Kinley telegraphirte darauf an den Kaiser:
> Se. kaiserliche und königliche Majestät Wilhelm II., Pots-
Ich habe mit Vergnügen Eurer Majestät Telegramm über
Verbindung beider Länder durch ein Kabel erhalten. Es
^reicht mir zur ausdrücklichen Befriedigung, der Legung dieses
Men Kabels an den Küsten der Vereinigten Staaten meine Zu-
Aniniung zu ertheilcn, um so mehr, als ich darin eine Gelegen-
st erblicke, die hohe Aufgabe des internationalen Telegraphen-
u°rkehrs zu fördern, indem dadurch räumlich getrennte Nationen
sUger verbunden und ihre Angehörigen in innigere Beziehungen
gebracht werden im Interesse des wechselseitigen Vortheils und
landschaftlichen Wohlwollens. Daß das neue Kabel sich als
Mteres Band zwischen den beiden Ländern bewähren möge,
hinein heißer Wunsch und meine Hoffnung. William Mac
Das Telegramm des Kaisers ist um mehrere Grade
Wärmer und herzlicher als die Antwort des Präsidenten.
^ > .»>->» n«,MI»"»'-I»'' »,!!»» tMI»


Die geraubte Braut.
^ Eine rumänische Dorfgeschichte von Bertha Kätscher.
(Fortsetzung.)

II.

Sonntag gings in dem rumänischen Dorfe K. hoch her.
„wilde Hummel" die „tolle" Arsena Pascu feierte ihre
Nlobung mit dem reichsten Bojaren der Gegend. Die
Mlaue, sie hatte gut ausgewartet! Freilich, wenn man die
josituk eines Millionärs werden konnte, brauchte mau nicht
h u armen Bauernburschen vorlieb zu nehmen! . . . . Was
Mskr Bojare nur an ihr fand? Es gab doch viel hübschere
Snstdchen im Dorfe. Der alte Pascu verstand keine Sache I
geschickt er den Millionär eingesädelt hat- Mit den
h'blischen Schweinen Hot er ihn ins Haus gelockt, das Uebrige
dann die bochmüthige Arsena besorgt. Wahrscheinlich
bb Me sie dem Alten ein Liebestränklein. denn man hatte sie
Sonntag vorher zu Maro, der Zigeunerin, gehen sehen.
>g7'la, anders konnte es nicht sein, sie stand mit dem Bösen
^ Bunde!
A «o und ähnlich sprachen sich die lieben Nachbarinnen aus.
tzO'strlich nur hinter dem Rücken der Brauteltern, die vor
ejss"kkeit strahlten und das ganze Dorf zu dem Freudenfeste
»„beladen hatten. Wein und Schnaps flössen in Strömen,
kvn i Braten und Kuchen gab es in Hülle und Fülle. Nun
P'bte man sich denken, wie es erst bei der Hochzeit zugehen
bxFf's' In der allgemeinen Lustigkeit beachtete niemand die
tz.rvose Unruhe der Braut. Sie mußte natürlich an dem
i^Miplatz neben dem überglücklichen Bräutigam sitzen und
tr„ Mlchxin Staat! Ueber dem feinen goldgestickten Hemd
(m? sie mehrere Reiben echter Dukaten. Oprek und Katrinzu
und Schürze) strotzten von Gold und Silber, ihre
Rachen steckten in glänzenden Stiefeln — lauter Gaben des
dj^bren. Aber sie sah all' die neidischen Blicke ihrer Freun-
nicht, sie hörte auch das boshafte Wispern und Tuscheln
^^lüre Augen waren krampfhaft aus die Thüre gerichtet.
tzAstrd er kommen?"
^>ese eine Frage kreiste in ihrem Kopfe und drohte sie

— 'Anläßlich des Abschlusses der Kabelverhandlungen
mit Amerika erhielt der Staatssekretär v. Podbielski den
Kronenorden erster Klasse.
— Der Kaiser ernannte namens des Reiches den
Reichsgerichtsrath Maßmann-Leipzig zum Senats-
präsidenten, die Oberlandesgerichtsräthe H o fm an »-Nürn-
berg, Harm-Kiel. Taendler-Drcsden, Hagens-Ham-
burg zu Reichsgerichtsräthen und den Oberlandesgerichts-
rath Nagel-Dresden zum Reichsanwalt.
— Der Reichsanzeiger veröffentlicht die Bekanntmachung
betreffend Ausnahmen von Verboten der Sonntags-
ruhe im Gewerbebetrieb vom 26. April 1899, sowie eine
Bekanytmachung betreffend den Betrieb der Getreide-
mühlen vom 26. April 1899. In letzterer Hinsicht
setzt der Bundesrath Folgendes fest:
1. In Getreidemühlen ist den Gehilfen und Lehrlingen inner-
halb der auf den Beginn ihrer Arbeit folgenden 24 Stunden eine
ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 8 Stunden zu gewähren.
Werden die Getreidemühlen ausschließlich oder vorwiegend mit
Dampfkraft betrieben, so hat die ununterbrochene Ruhezeit minde-
stens zehn Stunden zu betragen. Bei Betrieben mit regelmäßiger
Tag- und Nachtschicht kann die Ruhezeit an Sonntagen, an denen
Ausnahmen von den getroffenen Bestimmungen zugelassen sind,
insoweit beschränkt werden, als die Durchführung des wöchentlichen
Schichtwechsels es erforderlich macht. Auf Getreidemühlen, in
deren Betrieb man ausschließlich mit durch unregelmäßige Wasser-
kraft bewegten Triebwerken arbeitet und die nicht mehr als einen
Gehilfen beschäftigen, können durch die untere Verwaltungsbehörde
Ausnahmen von der vorgeschriebenen Ruhezeit an höchstens 15 Tagen
im Jahre zugelassen werden. 2. Lehrlinge unter 16 Jahren dürfen
in Getreidemühlen aller Art nicht in der Nachtzeit von 8'/, Uhr
Abends bis 5Y, Uhr Morgens beschäftigt werden. Als Gehilfen
und Lehrlinge im Sinne der vorstehenden Bestimmungen gelten
solche Personen, welche bei der Bedienung der Mahlgänge beschäftigt
werden. Dabei gelten Personen unter 16 Jahren, welche die Aus-
bildung zum Gehilfen nicht erreicht haben, auch dann als Lehrlinge,
wenn ein Lehrvertrag nicht abgeschloffen ist.
Die vorstehenden Bestimmungen treten am 1. Juli 1899 in
Kraft.
Baden. In der Zweiten Kammer kommt am
Mittwoch voraussichtlich die Anfrage wegen der preußisch-
hessischen Eisenbahngemeinschaft an die Reihe, zu deren
Beantwortung Eisenbahnminister v. Brauer, obwohl noch
nicht vollkommen wiederhergestellt, eigens von seinem Er-
holungsaufenthalt in Meran hierher zurückgekehrt ist.
L. 0. Karlsruhe, 80. April. In der Zusammen-
setzung des Vorstands des Karlsruher Nationalliberalen
Vereins sind einige Aenderungeu vor sich gegangen. An
Stelle des Herrn Prof. Seith, der den Vorsitz nieoer-
legte, wurde Prof. De. Goldschmit zum Vorsitzenden
und an Stelle Goldschinits Abg. Ör. Binz zum Schrift-
führer gewählt. Stadtrath Glaser wurde stv. Vor-
sitzender und Hauptlehrer Sickinger stv. Schriftführer.
Auch im nat.-lib. Parteivorstand ist insofern eine Aendcrung
zu verzeichnen, als an Stelle des Prof. Or. Goldschnitt
R.-A. I)r. Binz die Führung der Geschäfte des Partei-
sekretärs übernommen hat.
0. 0. Karlsruhe, 29. April. Die nationalliberale
Kammcrfraktion versammelte sich gestern zu einem Festmahl,
an dem auch eine Anzahl sonstige Parteifreunde theilnahmen.
Hervorzuheben ist von der ungemein gemüthlichen Feier, die an-
gesichts der bevorstehenden Landtagswahlen von einer zuversicht-
lichen Stimmung getragen war, daß man die großen Verdienste
des Abg. I)r. Binz bei der Debatte über den Antrag Wacker
und Gen. gebührend würdigte. Abg. Fieser dankte ihm namens
der Fraktion und der ganzen Partei für seine treffliche, ebenso
entschiedene als sachliche und taktvolle Vertretung der Partei-
grundsätze und brachte ein Hoch auf Herrn I)r. Binz aus, in das
alle Anwesenden freudig einstimmten.
Badischer Landtag. Karlsruhe, 29. April.
Erste Kammer. In ihrer heutigen 32. Sitzung unter
Vorsitz des Prinzen Karl von Baden wurde das eigentliche
Ausführungsgesetz zum bürgerlichen Gesetz-
buch unter Dach und Fach gebracht. In mehreren Punkten

war die Zweite Kammer den Beschlüssen des anderen
Hauses entgegengekommen, so namentlich hinsichtlich der Zu-
lassung eines Reservefonds bei Stammgütern, anderseits
verzichtete nunmehr die Erste Kammer auf ihre Beschlüsse
hinsichtlich des Nachbarrechts (Einfriedigungszwang), weil
derartige Bestimmungen auch in anderen Staaten nicht
mehr bestehen. Bei der Grundbuchordnung verzichtete die
Erste Kammer darauf, daß das Grundbuch, wenn eine
Gemeinde es nicht führen kann oder will, kraft Gesetzes
auch dem nächsten Amtsgericht (nicht bloß der nächsten
Grundbuchgcmeinde) von dem Justizministerium soll über-
tragen werden können. (Thatsächlich wird der Fall doch
eintreten können, wenn ein Amtsgericht das Nächst-
liegende Grundbuch führt.) Dagegen hielt die Erste
Kammer nach eingehender Darlegung seitens des Bericht-
erstatters, Oberlandesgerichtspräsident Schneider, an dem
Kommissionsantrag fest, daß den Gruudbuchbeamten der
Städte über 10 000 Einwohner nicht auch das Recht ein-
geräumt werden solle, gleich den Notaren die obligatorischen
Rechtsgeschäfte zu beurkunden, die dem dinglichen Recht der
sogenannten Auflassung als Grundlage dienen. Bei den
Landgemeinden liege die Sache ganz anders. In den
Städten aber werde eine Geschäftsüberhäufung entstehen,
zum großen Nachtheil einer zuverlässigen Grundbuchführung.
Obwohl Staatsminister Dr. Nokk den Gegenstand nicht
für so bedeutend erachtete, um einen Meinungszwiespalt
mit der Zweiten Kammer fortzusetzen, wurde doch der
Kommissionsantrag, der die darauf bezügliche Zusatzbe-
stimmung ablehnt, angenommen, und ein von Geh.
Rath Dr. Meyer-Heidelberg und Hofrath Dr.
Rümelin von Freiburg gestellter Gegenantrag blieben
in der Minderheit. Eine Nachgiebigkeit der Zweiten Kammer
steht kaum in Aussicht.
Weiterhin nahm die Erste Kammer den Gesetzent-
wurf über Zwangsversteigerung, Zwangsver-
waltung u. s. w. (Berichterstatter Geh. Rath Schneider),
sowie jenen über das Abdeckereiwesen (Berichterstatter Graf
v. Helmstatt) einstimmig an.
Zum Referenten über den Antrag, betr. die Zulassung
von Männerorden und die wissenschaftliche Vorbildung der
Geistlichen, wird vom Präsidenten auf Grund der Geschäfts-
ordnung Geh. Rath Meyer, zum Korreferenten Graf
v. Helm statt ernannt. Das Gesetz wird nicht in der
Kommission berathen, sondern kommt auf die nächste Tages-
ordnung zur abgekürzten Berathung._
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Prof. Dr. Karl Futter er an der Technischen Hochschule in
Karlsruhe, dem Amtmann Dr. Julius Holderer von Mucken-
schopf das Ritterkreuz I. Klasse mit Eichenlaub des Ordens vom
Zähringer Löwen und dem Gräflich Douglas'schen Jagdver-
walter Peter Krank in Karlsruhe die silberne Verdienstmedaille
verliehen.
— Mit Entschließung Großh. Generaldirektion der Staats-
eisenbahnen wurde Betriebsassistent Georg Weiner zum Be-
triebssekretär ernannt.
— Negierungsbaumeister Karl Ritter in Emmendingen
wurde der Großh. Beztrksbauinspektion Karlsruhe und Regte-
rnngsbaumeister Leopold Sing in Heidelberg der Großh. Be-
zirksbauinspektion Freiburg zugetheilt.
Ä u s l a rr d.
Amerika. Die Amerikaner haben bis jetzt auf den
Philippinen 1S8 Mann an Todten und 1111 an
Verwundeten verloren. Die Schlacht bei Calumpit scheint
die Philippinos in der That stark erschüttert zu haben,
denn General Otis meldet, die Philippinos hätten um Ein-
teilung der Feindseligkeiten für drei Wochen ersucht, damit
ein Kongreß einberufen werden könne, um zu beschließen.

fast um den Verstand zu bringen. So oft sich Schrille der
Thür näherten, fühlte sie sich einer Ohnmacht nahe. Wünschte
sie denn, daß er komme? Nein, nernl Denn wer weiß,
was dann geschah und ob sie die Kraft haben würde, neben
diesem Greis an ihrer Seite auszuharren. Was hatte nur
Moschule damit gemeint, als er ihr nach der Kirche so ver-
schmitzt ins Ohr flüsterte: ....
„Lobe nicht den Tag vor seinem Ende, noch bist Du nicht
das Weib des Bojaren — nur seine Braut. Ich gratulire
Dir nicht, aber ich bedauere Dich auch noch nicht. Das
Glück kommt oft unerwartet, Du dummes Mädel!" !
Das Glück? Wie konnte es noch bei ihr einkehren? Bei
ihr, die es trotzig von sich gewiesen? Mit dem Glück halte
sie für immer abgeschlossen. Glücklich war sie nur einmal i
gewesen, damals als Virgil sie in seinen Armen aus dem
brennenden Hause getragen und ihr Herz an dem seinen ge- ^
ruht hatte, als sein glühender Kuß sie aus der liefen Ohn-
macht geweckt. Weshalb hatte man sie damals nicht sterben
lassen? Dann war Virgil eingerückt, die Leute hatten ihr
so viel Schlimmes über den leichtfertigen Burschen erzählt -
und sie hatte es geglaubt und ihr Herz gegen ihn verschlossen. ^
Trotz, wilder Trotz war statt der Liebe in dasselbe eingezogen !
und nun war sie die Braut des alten Mannes. Bräute sollen
lustig sein. Auch sie wollte es sein — noch einmal in ihrem
Leben I - !
„Das Brautpaar soll leben und wir alle daneben! ries !
jetzt eine frische, kräftige Stimme, die Arsena das Blut in die !
Wangen trieb. Ehe sie sich »och fassen konnte, trat der
schmucke Korporal mit einem vollen Glase auf sie zu: ,
„Auf Deine Gesundheit, Arsenal Einem alten Spiel-
kameraden wird es doch erlaubt sein, auf Dein Wohl zu
trinken? Haus Pascu steht ja heute jedem offen."
Die Kehle war ihr wie zugeschnürt. Wann war er nur
eingetreten? Sie halte doch keinen Blick von der Thür ge-
wandt! j
„Nun, warum willst Du mir nicht Bescheid thun? Be-
deut' Arsena, wer vor Dir steht I" flüsterte ihr der vom Wein
erregte Bursche mit zornigen Blicken ins Ohr. „Befiehl ihr,

Bojar, daß sie mit mir anstoße! Ich trage des Königs Rock
und den darf man nicht beleidigen!"
Der Bojar, ein gutmüthiger, furchtsamer Mensch, der
ängstlich jede Rauferei vermied, redete seiner Braut zu, dem
Soldaten nachzugeben. Sie zuckte verächtlich die Schulter,
griff nach ihrem Glase, aber ihre Hand zitterte so heftig, daß
es, ehe sie noch mit Virgil anstoßen konnte, klirrend zu Boden
fiel.
„DaS bedeutet nichts Gutes," bemerkte Mutter Lena, die
Dorfshdille.
Eine peinliche Stille trat ein. Der alte Barbescu rettete
die Situation, indem er auf einen Tisch sprang und mit aller
Kraft seiner Lungen brüllte:
„Mädchen und Burschen auf zum Tanz, die Musik wartet
schon!"
Der Bojar wollte sich erheben, um wie es Sitte, seine
Braut zum ersten Tanz zu führen, aber o weh, er hatte dem
guten „Rakil" (Trebernschnaps) Pascus zu sehr zugesprochen
und vermochte nicht auf den Füßen zu stehen, sondern fiel
wie ein Sack zu Boden.
Noch ehe Arsena sich recht bewußt werden konnte, was
geschehen, fand sie sich mitten unter den Tanzenden vor der
Kirche. Virgil galt für den besten Tänzer des Dorfes und
aller Blicke richteten sich auf das schöne Paar.
„Die hätten besser zusammengevaßt; aber freilich, dem
Geizhalz Pascu ist ein alter Geldsack als Schwiegersohn lieber
als solch ein junges frisches Blut! Recht geschieht's der hoch-
näsigen Arsena!" so lispelten die Burschen und Mädchen
untereinander, während Virgil mit Arsena tanzte, wie er
noch nie getanzt.
Das arme, gequälte Mädchen glaubte, die Sinne würden
ihr schwinden, während sern heißer Athem ihren Hals um-
koste. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Wenn sie nur so
in alle Ewigkett sorltanzen könnte und den alten Bojaren
nie mehr zu sehen brauchte!
(Fortsetzung folgt-)
 
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