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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0373

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Fernsprech-Anschluß Nr- 82.

Ar. 83.

Montag, den 10.

I89S.

Zur Samoa-Angelegenheit.
Vom deutschen General-Konsul in Samoa liegen jetzt
^ Berlin Nachrichten vor, die dort am 24. März abge-
^ügen sind. Der Generalkonsul berichtet: „Täglich fanden
feinere Zusammenstöße auf Apia statt. Das
Bombardement dauert noch mit Unterbrechungen an.
^onu wurde gestern von den anderen Konsuln und
Kommandanten der Kriegsschiffe in Monlimun zum König
^"gesetzt. Die Geschäfte stehen still, seit dem 15. März
bnd die Läden geschlossen."
. Ein aus der Hauptstadt von Samoa in San Franzisco
^gegangenes Telegramm vom 23. März erzählt ausführ-
'ch, wie es bei der (direkt gegen das Samoailbereinkommen
^stoßenden) Einsetzung Tanus zugegangen ist. Der junge
Eonu, Sohn des Königs Malietoa, so erzählt das Tele-
Ttamm, wurde in Monlimun znm König gekrönt. An der
Tönung nahmen Vertreter Amerikas und Eng-
^ands theil. Dann zog Tanu und seine Begleitung in feier-
j'chem Zuge nach Apia, voran die Musik der „Philadelphia".
Hör Vertreter Deutschlands in Apia war abwesend.
Dann werden die Vorgänge, die sich vor dieser
Dnigseinsetzung abspielten, wie folgt erzählt, wobei manches
Ichon Bekannte wiederholt wird: Admiral Kautz stellte in
°on beiden ersten Tagen seiner Ankunft eine Untersuchung an
u»d versammelte die Consuln und die älteren Osficiere zu
^ner Konferenz an Bord der „Philadelphia". Das Ec-
Kebniß war ein Aufruf des Abmirals Kautz, in dem erklärt
^>rd, daß die Regierung Mataafas gegen den
, orliner Vertrag verstoße (!) und deshalb nicht aner-
^n«l werden könne; ferner wurden die Anhänger Mataafas
^gefordert, sich »ach ihren Wohnsitzen zu begeben und den
Bestimmungen des Berliner Vertrags nachzukommcn. Aus-
drücklich wurde darauf hingewiescn, daß bei Mißachtung
oer Vorschriften die Kriegsschiffe mit Gewalt cinschreiten
würden. Mataafa nahm den Aufruf ohne Erwiderung ent-
zogen und begab sich sodann ruhig nach dem westlichen
Eheste von Apia. Der deutsche Generalkonsul Rose
^ließ indessen einen Aufruf, in dem ausgeführt wird, daß,
^onn durch die Proclamation des Admirals Kautz bekannt
Tomacht werde, daß die anderen Consuln und Kommandanten
Kriegsschiffe sich einstimmig dafür entschieden hätten,
.io vorläufige Regierung Mataafas nicht mehr anzuerkennen,
bringe er zur öffentlichen Kcnntniß, daß der Aufruf
^o ganz falsche Behauptung enthalte. Er erkenne nach
Me vor die vorläufige Regierung Mataafas an, bis
Togcntheilige Weisungen erfolgt wären. Am 13. März
Leiteten sich die Leute Mataafas vor, die Befehle des
Admirals Kautz nicht zu befolgen und schlossen am 14. März
Elpia ein. Die Lage nahm nun einen bedenklichen Charakter
Es wurden britische und amerikanische Matrosenab-
iheilungcn, im Ganzen 175 Mann, sowie einige Schnell-
louergeschütze und kleinere Feldgeschütze gelandet. Kapitän
Tturdee übernahm auf Ersuchen von Admiral Kautz das
Kommando über die vereinigten Streitkräfte. Da Mataafa
me an ihn ergangene Aufforderung unbeantwortet ließ,
oröffnete die „Philadelphia" am 15. März das Feuer.
Der „Royalist" begann darauf ebenfalls zu feuern. Er
einige Meilen an der Küste hinab und beschoß das
Dorf Vainso, in dem größere Streitkräfte Mataafas ver-
buchet wurden. Bei Einbruch der Dunkelheit griffen die
Leute Mataafas Apia an. In einem Hotel befindliche
Engländer erwiderten das Feuer. Gegen 2,30 Uhr drangen
me Eingeborenen auf die britische Wachtmannschaft ein,
Wobei es zu einem tüchtigen Kampf kam. Zwei Matrosen
sielen, einer wurde verwundet. Die Verluste der Einge-
borenen waren unbekannt. Auf Ansuchen des britischen
Konsuls wurde von der „Philadelphia" eine Bewachungs-

mannschaft nach dem britischen Konsulat gesandt. Am
16. März wurden ungefähr 300 Mann der Tanu-Partei
ihre Gewehre gegeben und die Tanuleute ans Land gebracht,
damit sie das Vorgelände säuberten. Der „Falke" blieb
am Donnerstag am Platze. Am Freitag früh stürmten
etwa 200 Mataafaleute auf das britische Konsulat ein,
wurden aber durch das heftige Feuer der Engländer zurück-
geworfen. Der britische Kommandant Butleffer leitete die
Operationen. Der Samstag und Sonntag verliefen ruhig.
Der „Falke" hatte mehrere Tage durch seine Stellung das
Feuer der britischen Schiffe erschwert, sodaß Kautz genöthigt
war, den „Falke" zu ersuchen, auf der Innenseite des Hafens
vor Anker zu gehen. Admiral Kautz erklärte in einem Interview,
er halte den Aufruf des deutschen Generalconsuls für eine
schwere persönliche Beleidigung. (Wie lächerlich!
Hätte der Admiral nicht die Proklamation erlassen, die
Amerika vertragsbrüchig macht, dann wäre die Gegen-
Proklamation des deutschen Vertreters unterblieben. Red.)
Die vorläufige Regierung habe sich gegen den Berliner
Vertrag (?) vergangen. Seine Weisungen gingen dahin,
daß er im Einklang mit den Ansichten der Mehrheit die
Bestimmungen des Berliner Vertrags durchführe. Er sei
sehr aufgebracht über die Haltung des deutschen General-
konsuls, dem er die ganze Verantwortung über die Vor-
gänge zuschrieb. Nach der von Kautz einberufenen Konferenz
hat Generalkonsul Rose erklärt, daß, nachdem er die vor-
läufige Regierung anerkannt habe, er von diesem seinem
Standpunkt nicht zurücktreten könne, so lange er keine dies-
bezügliche Weßling von Berlin habe. Später habe Rose
dem Admiral Kautz mitgetheilt, die deutschen Kriegsschiffe
würden nur dann eingreifen, wenn das Leben oder das
Eigenthum der Deutschen auf Samoa bedroht seien oder
wenn das Obergericht Haftbefehle gegen die deutschen
Untcrthanen erließe. Er erhebe Einspruch dagegen, daß
Kautz den Aufruf erlassen habe, ehe von den Vertrags-
Mächten Weisungen cingegangen seien.
In einem ernsten an die Adresse Englands und
Amerikas gehaltenen Artikel schreibt die Nordd. Allg. Ztg.
hierzu: Ein Theil der fremden Vertreter in Apia hat in
gewaltsamer Abänderung eines von der Gesammtheit
derselben geschaffenen, ihren Regierungen gemeldeten, von
den Letzteren bisher nicht aufgehobenen Beschlusses unter-
nommen, die Entscheidung des Obergcrichts in Sachen der
Königswahl zu vollstrecken, bevor unter den Mächten die
eingeleitete Nachprüfung dieser Entscheidung vollendet war.
Ob die Exekution auf Antrag des Oberrichters erfolgte,
ist nicht bekannt. Wie dem auch sei, ist die Vollstreckung
eine direkte Verletzung sowohl des Samoa-Ver-
trages, der solche Exekutionen überhaupt nicht vorsieht
und sogar jede separate Kontrolle einzelner der Mächte
ausdrücklich verbietet, als auch des bekannten Nachtrags-
abkommens von 1893, wonach das erste Erforderniß
zu jeder durch Kriegsschiffe zu bewirkenden Exekution einer
obergerichtlichen Entscheidung neben dem Anträge des Ober-
richters selbst ein entsprechendes einstimmiges Ersuchen der
drei konsularischen Vertreter ist. Der widerrechtlich
durch die fremden Kriegsschiffe auf Samoa herbeigeführte
Zustand kann nach den bereits vorliegenden Erklärungen
der drei betheiligten Regierungen der Entscheidung der nach
Samoa zu ensendenden Spezialkommission nicht präjudizircn.
Die neuesten Erklärungen der großbritannischen und der ameri-
kanischen Regierung gestatten keinen Zweifel darüber, daß
beide sich auf vertragsmäßigen Boden stellen.
AuS dem Schlußpassus dieses Artikels geht hervor,
daß man in Berlin annimmt, die Vertreter Englands und
Amerikas in Apia seien auf eigene Hand vorgegangen.
Möge sich diese Annahme bestätigen! Ein gesundes Miß-

traucn Hinwegen ist aber sehr am Platze. Daß Deutsch-
land aber nicht gewillt ist, sich den Vertragsbruch gefallen
zu lassen, geht auch aus einem zweiten offiziösen Artikel.hervor,
in dem kurzweg ausgeführt wird: Durch das einseitige Ein-
greifen der englischen und der amerikanischen Kriegsschiffe vor
Samoa kann der endgiltigen Regelung der Samoa-Ange-
legenheit nicht vorgegriffen werden, die nach der Samoa-
Akte nur auf Grund einstimmiger Beschlüsse der drei Mächte
zu erfolgen hat. Die deutsche Regierung hält an
diesem Standpunkt unbedingt fest und betrachtet
demgemäß jede Einsetzung einer neuen Regierung für Sa-
moa, die sich ohne ihre Zustimmung vollziehen würde, als
eine Verletzung der SamowAkte. Die kaiserlichen Bot-
schafter in London und Washington sind in diesem
Sinne mit Weisungen versehen worden.
Ein Faschoda, wie eS England den Franzosen bereitet
hat, wird sich Deutschland hiernach nicht bieten lassen. Das
ist sicher.
Einen günstigen Eindruck macht die ruhi ge und ver-
söhnliche Haltung, die der amerikanische B otschafter in
Berlin Mr. White in dieser Angelegenheit einnimmt. In
einer Unterredung mit dem Berliner Vertreter der Allg.
Ztg. betonte er vor einigen Tagen, er sei ohne jede Auf-
klärung über die Gründe, welche England zu einer ab-
fälligen Beurtheilung der de utschen Politik beziehungsweise
des Verhaltens der deutschen Beamten in Samoa veran-
laßten. Jedenfalls könne er versichern, daß man sich in
Amerika durch die Bemühungen der englischen Jingos in
eigenen Entschließungen nicht beeinflussen lassen werde, da
die amerikanische Regierung grundsätzlich geneigt sei, mit
Deutschland in Frieden und Einvernehmen zu leben. Die
bessere amerikanische Presse denke nicht daran, jene Hetzereien
der „gelben" Presse, die leider aus englischen Kreisen
unterstützt werde, irgendwie ernst zu nehmen. Wenn infolge
der Beurtheilung, welche die kriegerischen Ereignisse des
vorigen Sommers in einem Theil der deutschen Presse
gefunden, ein Rest von Bitterkeit auch in den Herzen der-
jenigen Amerikaner zurückgeblieben sei, die auf die deutsche
Freundschaft stets eine» besonders großen Werth legten,
so dürfe man in Deutschland darum doch nicht klagen,
daß die Amerikaner für den Werth einer solchen Freund-
schaft unempfindlich geworden seien, möge auch englischer-
sei ts der Versuch unternommen werden, aus der eingangs
des Satzes angeführten Thatsache im gegenwärtigen Augen-
blick Kapital zu schlagen. Mr. White fügte hinzu,
daß sein Ideal allerdings eine Verbrüderung der drei
verwandten Nationen, Deutschlands, Englands und Ame-
rikas, sei; er könne jedoch nicht verhehlen, daß zur Zeit
in England gewisse Einflüsse der Erfüllung eines solchen
Wunsches feindlich gegenüberständen, aber er glaube
trotzdem, daß die Ursache der gegenwärtigen Verstimmung
zu geringfügig sei, als daß es bei einer entgegenkommen-
den Haltung des in seinem eigenen Machtbreich so consoli-
dirt wie nur möglich dastehenden Deutschland nicht gelingen
sollte, sie zu überwinden.
In England ist man von diesen Auslassungen des
amerikanischen Botschafters nicht erbaut. So bemerkt die
Morning Post ärgerlich, erst habe der amerikanische Ad-
miral den unerquicklichen Handel angestiftet und nun wolle
Amerika die Schuld England zuschieben. Auch meint das
Blatt, der englische und der amerikanische Vertreter in Apia
hätten Besseres thun können als bei Tanus Krönung
festlich im Zuge zu schreiten.
Deutsches Reich.
— Am Abend des 8. d. waren bei dem Kaiser und
der Kaiserin zum Thee geladen Minister Dr. v. Miquetz

Ein Arauenherz.
18) Erzählung aus dem Leben von A. M. Witte. -
(Fortsetzung.)
Wie batte sie jemals einen flüchtigen Augenblick wünschen
Unnen, ihn noch einmal zu sehen! Jetzt rächte es sich, vaß
sie ihr Herz nicht bekämpft, ihren Slolz nicht batte sprechen
fassen. Noch niemals hatte sie sich das so klar gemacht, wie
jn diesem Augenblicke, noch nie war aber auch mit solcher
Bitterkeit der Gedanke an sie herangetreten: Er bat mit
Pr gespielt, du darfst ihm nie zeigen, daß du darunter ge-
sittet, hast. War es das Richtigere, sich zu überwinden, oder
Unwohlsein vorzuschützen und die Gesellschaft zu verlassen?
Man würde ihr letzteres glauben, hatte sie doch selbst vor-
der gefühlt, wie blaß sie geworden war, und noch jetzt glaubte
ue die Schläge ihres Herzens zu vernehmen-
Säbelgellirr schreckte fle auf, Leutnant von Brandenstein
war, ohne daß sie es beachtet hatte, ihr gefolgt.
. „Bis jetzt haben Sie jede Aussprache zwischen uns ver-
mieden," begann er direkt sein Ziel im Auge habend, „jetzt
werden Sie ahnen, was mich in diesem Augenblick sprechen
-aßt." Verwirrt schaute sie ihn an, als verstünde sie nicht,
was er meinte. „Ich bin ein freier Mann, so jung ich
-6hnen vielleicht auch scheine, bin ich doch im Stande, Ihnen
k>ne Heimath zu gründen; werden Sie mein Weib. Sie sind
sibne Familie, ohne Heimath, Sie selbst haben sich losgetrennt
Mir Ihrer Vergangenheit: an meiner Seite finden Sie eine
Familie, die Ihnen ein Herz entgegenbringt. Ich weiß jetzt,
wem die erste Liebe ihrer Jugend geleuchtet hat; mir genügt
»ihre Freundschaft, Ihre Achtung, und mein einzigstes Be-
streben soll sein, Ihre Liebe mir zu erwerben. Geben Sie
Wir Ihre Hand, Magdalene."
Ueberraicht hatte dieselbe sich erhoben, einer berauschenden
Musik gleich tönten diese Worte an ihr Ohr, jetzt war es in
wre Hand gelegt, gleichberechtigt aus Adelaide herabzusehen;
Mer nur einen Moment, sie war eine jener seltenen, treuen ,
Daturen, die nur einmal lieben bis in den Tod. Sie schilt- s

„Ich kann es nicht." sagte sie traurig.
„Sie werden, Sie müssen vergessen, biß jener Mann, den
ein seltsames Schicksal Ihnen in diesem Haus gegenüber-
führt, Sie elend gemacht hat, der nur gespielt hat mit Ihrem
reichen, edlen Herzen; fragen Sie nicht, woher mir diese Er-
kenntniß kam, genug, ich weiß es, und das läßt mich sprechen
zu dieser Stunde: ohne Rückhalt, denn heute muß es klar
werden zwischen uns."
Eine fremde Energie lag in dem Ton seiner Stimme,
mit überraschtem Blick streifte sie ihn: aber zu gleicher Zeit
lag so viel Schmerz in ihren Augen, daß er das leidenschaft-
liche Wort bezwang und nur bittend beide Hände dem er-
regten jungen Mädchen entgegenstreckte. „Lassen Sie mich
allein, wenn ich Ihnen etwas werth bin," flüsterte sie.
Brandenstein erblaßte. „Und Sie lassen mich ohne Antwort
scheiden?" „Ich beginge ein Unrecht an Ihrem Herzen, aber
ich danke Ihnen, diese Stunde wird wie ein lichter Schein
meinem dunklen Leben leuchten, ich werde derselben stets
dankbar gedenken, ich kann aber nicht anders handeln, Sie
verdienen ein Herz voll tiefster, uneigennütziger Liebe — die
vermag ich nicht mehr zu geben."
„So sage ich Ihnen Lebewohl, ich reise morgen wieder
fort." Er wollte sich zur Thür wenden, aber er konnte den
Blick nicht losreißen, von dem trüben kummervollen Aus-
druck, der in ihren Augen lag. „Ich wollte Ihnen nicht
wehe thun." sprach er mit einem resignirten Seufzer, „ich
trug mich mit Illusionen, die sich nicht verwirklichen, ich
habe kein Glück, — Ihnen aber wünsche ich dasselbe aus
treuem Freundesherzen." Er ging schnellen Schrittes fort.
Magdalene schaute dem jungen schlanken Offizier nach, dem
sich ein solch liebliches Mädchengemüth zuneigte, wie das
Olgas, und der ohne es zu ahnen, blind daran vorüberging.
Warum konnte sie sich nickt entschließen, durch dies eine
Wort ihn zu beglücken und sich eine Heimath zu sichern?
Sie erhob sich, um zu gehen, da trat Baron Reden über
die Schwelle. „Magdalene I" Alle Saiten ihres Herzens
erzitterten bei dieser klangvollen, so lange nicht gehörten
Männerstimme, „endlich sehen wir uns wieder." — „Herr


erste Mal seit Jahren, daß wir uns Wiedersehen; warum
gehst Du so fremd an mir oorrüber?"
„Weil es peinlich für Sie und mich ist. Sie sprechen nicht
mit jener Magdalene, die ich einst gewesen, jetzt steht eine
Fremde Ihnen gegenüber." Unwillkürlich hatte sie das Wort
„Fremd" betont. „Fremd, — Sie haben recht, fremd gewor-
den ist mir die, die mir einst das Liebste auf Erden war:
meine erste glückliche Jugendliebe gehörte Ihnen, und Sie
wandten sich von mir, ohne Grund; ich will Ihnen keinen
Vorwurf machen, aber der Stolz des Mannes regte sich da-
mals mächtig in mir, ich wollte zeigen, daß ich leben konnte
ohne Sie, und ich wandte mich von dem Ideal meiner
Jugendzeit." „Sie haben mich nie geliebt, Lothar, niemals,
sonst müßtest Du wissen, was es heißt, wenn ein junges
Leben unter dem harten Drucke der Dankbarkeit steht, und
daß es immer wieder dahin zurückkommt. Aber was frommen
Vorwürfe? Können sie ungeschehen machen, waS dazwischen
liegt, können sie gebrochenes Glück wieder aufrichtcn, ver-
lorene Tage und Jahre wieder zurückzaubern ? Ich habe es
jetzt — überwunden" — wie schwer war es Magdalene, diese
Unwahrheit zu sprechen; hoch aufgerichte t stand sie vor ihm»
nie glaubte er sie schöner gesehen zu haben.
_— (Fortsetzung folgt.)
Literarisches.
—8 „Junge Welt" Jllustrirte Wochenschrift für junge Mädchen.
(Preis 16 Pfg. pr. Heft) Verlag H. L. Thilo, Berlin, W. 50,
Tauenzienstr. 11. So anmuthig wie das junge Menschenkind,
der Backfisch selbst sind auch diese ihm gewidmeten Blätter. Es
ist eine Freude, in den schmucken Heftchen mit ihrem reichhaltigen,
vielseitigen Inhalt zu blättern, denn jede Seite zeugt davon, daß
hier mit liebevollem Verständniß der Weg zum jungen Mädchen-
herzen gesucht wird, und durch Bild und Wort Gemllth und Geist
aufs beste beeinflußt werden. Unterhaltende Geschichten unserer
beliebteste» Autoren stehen neben belehrenden Artikeln; für allerlei
Beschäftigung, für Spiel und häusliche Arbeit wird Anleitung
und Anregung gegeben; das alles wird durch zahlreiche treffliche
Illustrationen in bunten Farben belebt.
 
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