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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0555

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frei in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
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15 Pf. für die Ispaltige
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der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82.
Ar. 123. Will!»;, den 29. M»i

Fernsprech-Anschluß Nr. 82.
1899.

Bestellungen
auf die Heidelberger Zeitung für den Monat Juni
werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
Agenten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Expedition, Untere Neckarstr. 21, angenommen.
Bezugspreis: mouatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen für den Monat Juni,
wenn am Schalter abgeholt, 42 Pfg., mit Zustellgebühr
15 Pfg. weiter.

Deutsches Reich.
— Prinzessin Heinrich von Preußen ist Freitag Nach-
mittag in Münster a. St eingetroffen.
— Der Reichskanzler ist am 27. d. zu kürzerem Aufent-
halt nach Baden-Baden gereist und Abends daselbst einge-
troffen.
— Der Gesandte ber südafrikanischen Republik, Dr.
Leyds, ist aus Brüssel in Berlin eingetroffen und
Samstag Mittag vom Staatssekretär v. Bülow empfangen
worden.
— Die nach Jtschaufu gesandte Expedition ist wohl-
behalten nach Tsintanfort zurückgekehrt.
— Anläßlich des Streiks der Stettiner Seeleute fand
Samstag im Bureau der neuen Dampferkompagnie eine
Besprechung zwischen Reedern und Mitgliedern der Streik-
kommission statt. Die Reeder bewilligten Erhöhung der
Heuer um 3 Mark monatlich und sagten zu, daß sie, falls
die Kontraktbrüchigen sofort sich an Bord begeben würden,
von weiteren Strafanträgen absehen wollten; dagegen
müßten die bereits eingeleiteten Strafverfahren ihren Fort-
gang nehmen. Die Ausständigen haben eine Versammlung
auf den gleichen Abend angesetzt.
— Das Regensburger Morgenblatt meldet: Bei der
Reichstagscrsatzwahl im Wahlkreise Straubing erhielt Echinger
(Centr.) 5479, Wieland (baycr. Baucrnb.) 5391 Stimmen.
Das Ergebniß von zwei Orten steht noch aus.
— Der Staatssekretär des Reichspostamtcs hat durch Ver-
fügung vom 16. Mat den Reichspost- und Telegraphcnbeamten
gestaltet, im inneren Dienste einen leichten Dienstrock, nach Schnitt
der Offizier-Litewken, anzulegen. Achselstücke brauchen dazu nicht
getragen zu werden.
Baden. L. ist. Karlsruhe, 28. Mai. Morgen, Mon-
tag, findet hier eine Sitzung des engeren Ausschusses
der national-liberalen Partei Badens statt.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den
Postschaffnern a. D. Wilhelm Dürrwang und Johann An-
spach in Mannheim die silberne Verdienstmedaille, dem Maschiuen-
fabrikanten Wilhelm Großm-»i>N'in--Psorzheim, Kirchenältesten
Mid Vorsitzenden der evangelischen Kirchenbaukommission daselbst,
das Ritterkreuz zweiter Klasse und dem Beirath des Frauen-
vereins in Pforzheim, Stadtpfarrer Emil Klein, das Ritterkreuz
erster Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen verliehen, sowie
dem Lehramtspraktikanten Josef Henk es von Bruchsal unter
Ernennung desselben zum Professor eine etatmäßige Professoren-
stellc an dem Lehrerseminar zu Ettlingen übertragen.
— Mit Entschließung Großh. Ministeriums des Innern wurde
Bezirksassistenzarzt Dr. Karl Marold in Pforzheim etatmäßig
angestellt.
Karlsruhe, 27. Mai. Se. Kgl. Hoheit der Groß-
herzog nahm heute Vormittag verschiedene Vorträge und
von 12 Uhr an die Meldung einer Anzahl Offiziere ent-
gegen. Ihre Kgl. Hoh. der Kronprinz und Prinz Gustav
von Schweden und Norwegen besuchten heute Vormittag
die Technische Hochschule, und zwar insbesondere die Aula,
das elektro-technische und das botanische Institut. Der
Rektor Geheimcrath Dr. Engler empfing Ihre Königlichen
Hoheiten und übernahm deren Führung durch die Hoch-
schule. Morgen, Sonntag, begeben sich der Großherzog

und die Großherzogin nach Pforzheim zur Einweihungs-
feier der neuen evangelischen Stadtkirche. Sie treffen 10
Uhr 35 M. in Pforzheim ein und gehen zuerst nach der alten
Schloßkirche, wo eine kurze Andacht stattfindct, und danach
im Zuge zur neuen Kirche. Der Großherzog nimmt nach
der Feier an einem Festmahl theil, während die Groß-
herzogin eine private Einladung angenommen hat. Später
finden noch verschiedene Besichtigungen statt. Die Rück-
kehr nach Karlsruhe erfolgt Abends 7 Uhr.
Se. Großh. Hoh. der Prinz Max, welcher seit ungefähr einer
Woche von Berlin hier eingetroffen ist, hat einige Tage vor sei-
ner Abreise von dort die bisher von ihm befehligte Schwa-
dron im Garde-Kürassier-Regiment nach Abschluß der Aus-
bildung derselben, seinen Vorgesetzten, auch dem Komman-
direnden General des Garde-Corps, vorgestellt. Der
Prinz hat dabet einen sehr erfreulichen Erfolg seines
Fleißes erlangt und ein sehr hohes Lob seiner sämmtlichen
Vorgesetzten sich erworben. Der Prinz hat zwar mit
schwerem Herzen sein Regiment verlassen, aber mit dank-
barm Gefühlen großer Befriedigung von seinen Kameraden
Abschied genommen. Die an den Großherzog gerichtete
Kaiserliche Kabinetsordre vom 22. Mai besagt:
„Ich benachrichtige Euere Königliche Hoheit, daß Ich
mittelst Ordre vom heutigen Tage Ihrem Herrn Neffen,
dem Prinzen Maximilian von Baden Großherzogliche Ho-
heit, Rittmeister und Eskadronschef im Garde-Kürassier-
Regiment, auf sein mit Gesuchslisten für den Monat
April d. I. eingereichtes diesbezügliches Gesuch, unter
Stellung L la suite des Regiments, einen sechsmonatlichen
Urlaub bewilligt habe re. ec."
Der Prinz beabsichtigt, nach Ablauf dieser Urlaubszeit
seine Dienstthätigkeit in der Armee wieder aufzunehmen.

Ausland.
Frankreich. Paris, 27. Mai. Dem Generalprocu-
rator Manau ging heute Vormittag der Bericht des Re-
ferenten des Cassationshofes Ballot-Beauprü zu.
Der Bericht beantragt die Revision des Dreyfus-
prozesses mit Verweisung an ein neues Kriegs-
gericht.
Paris, 27. Mai. Die Expedition Foureau Fon-
döre, die von Weso am oberen Sangha ausgebrochen ist,
um die noch unbekannten Gebiete des französischen Congo
zwischen dem oberen Sangha und dem Laufe des Ogowe
zu erforschen, ist jetzt einen Monat früher, als sie erwartet
wurde, vollzählig am Ufer des Come, einem Nebenflüsse
des unteren Ogowe, angekommen, nachdem sie tausend
Kilometer durch Gebüsch und dichten Wald in dem von
menschenfressenden Pahuins bewohnten Lande zurückgelegt
hatte. Die Vorhut, unter der Führung Fondöres, die
bis Ningeninge vordrang, wird voraussichtlich am 31. Mai
in Libreville eintreffen. Foureau bleibt noch im Hinter-
lande, besorgt die Ablösung der Posten in Bokoni und
wird etwa in 12 Tagen die Küste erreichen.
Paris, 27. Mai. Nach einem aus Madagaskar ein-
getroffencn Telegramm befindet sich der Stamm der
Tatalas im Aufstand. Ein Beamter und ein Sergeant
wurden von den Aufständischen gelödtet.
Paris, 27. Mai. General Galliern wurde gestern
vom Kolonialminister Guillain zn längerem Vortrag
empfangen.. Galliern schilderte dem Minister die Lage auf
Madagaskar als eine sehr günstige und erörterte den Bau
von Eisenbahnen auf der Insel.
Belgien. Brüsfel, 27. Mai. Die hier versammelte
internationale Sozialistenkonferenzzur Vorbereitung
des sozialistischen Kongresses, der 1900 in Paris statt-
finden soll, nahm heute nach der Frkf. Ztg. eine Reso-

lution an, worin die Friedenskonferenz im Haag eine
„hypokritische Komödie" genannt wird. Nur die Abschaffung
der Klassenherrschaft und besonders der Sturz des russi-
schen Absolutismus könne die internationale Friedens-
frage lösen.
Italien. Rom, 27. Mai. Die heutige Sitzung der
Kammer führte zu neuen Skandalen. Nach Ver-
lesung des Protokolls bat der Premierminister Pelloux um's
Wort. Er bedauerte, daß gestern der Abgeordnete Fern
das Heer beschimpfte habe, und hielt dann eine Lob rede auf die
Armee. Die Rechte und das Centrum brachen in demon-
strativen Applaus aus, die Linke protestirte. Darauf zog
der ministerielle Abgeordnete Serralunga gegen die Linke
los. Von Schimpfworten kam es zu Thätlichkeiten. Die
Sitzung mußte suspendirt werden, da der Knäuel der er-
regt aufeinander stoßenden Gegner nicht zu lösen war.
Nach Wiederaufnahme der Sitzung erklärte Ferri, er habe
nicht das ganze Heer bekämpft, nur den Theil, der ihm
zur Unehre gereicht.
Rumänien. Jassy, 26. Mai. Der Ministerpräsident
Cantacuzino hielt auf dem Festmahl der konservativen
Partei eine Rede, in der er sagte, die Großmächte zeigten
zu keiner Zeit den lebhafteren Wunsch und festeren Ent-
fchluß, den Frieden aufrecht zu erhalten, als jetzt. Neuer-
dings hätten eine Reihe von Abmachungen zwischen den
Staaten, die als Nebenbuhler gelten, das Friedenswerk so
erleichtert (Anspielung auf das geheime Abkommen zwischen
Rußland und Oesterreich-Ungarn), daß man, welches auch
die augenblicklichen Ergebnisse der durch die erhabenen
menschenfreundlichen Gesinnungen des Zaren in's Leben
gerufenen Konferenz sein mögen, behaupten könne, daß der
Weltfrieden auf lange Zeit gesichert sei. „Dieser glückliche
Umstand," fuhr der Ministerpräsident fort, „gewährt uns
vollkommene Befriedigung, die wir stets die Freundschaft
aller derer, die nach Aufrechterhaltung des Friedens streben,
gesucht haben, und giebt uns die Seelenruhe, die für das
von uns geplante Werk der inneren Befestigung und des
inneren Fortschrittes so nöthig ist. Die Regierung wird
alles, was sie vermag, thun, um den wirklichen Bedürf-
nissen des Staates zu genügen, ohne vom Lande unbe-
dachte Opfer zu verlangen." Cantacuzino schloß mit fol-
gender Bemerkung bezüglich des Heeres: „Die Friedens-
ära, die uns bevorsteht, darf uns das Heer nicht vernach-
lässigen lassen. Die Rüstungen werden unter Berücksich-
tigung der wissenschaftlichen Fortschritte anderer Länder
vervollständigt werden." Zuletzt sprach der Minister die
Ueberzeugung aus, daß sein Ruf an das Vertrauen des
Landes gehört werde, dann werde der Erfolg nicht aus-
bleiben.

Die Friedenseonferenz im Haag.
Haag, 27. Mai. Die erste Commission des Con-
gresses, deren Aufgabe es ist, über die Einschränkung
der Rüstungen und militärischen Ausgaben zu
berathen, trat gestern Vormittag unter dem Vorsitz des
Holländers Beernaert zusammen, der eine Uebersicht über
die Punkte gab, die der Commission zur Bearbeitung vor-
liegen. Hierauf hieltsn-die zwei Sectionen der Commission
.getrennte Sitzungen ab und begannen mit der Prüfung
der ihnen zugetheilten Fragen. Die dritte Commission trat
am Nachmittag 3 Uhr unter dem Vorsitz von Leon Bour-
geois zusammen, der darlegte, in welcher Reihenfolge die
Fragen der Vermittlung und ein Schiedsspruch von der
Commission erörtert werden könnten, und zugleich den
Grundsatz empfahl, daß es wünschenswerth sei, auf fried-
liche Mittel zurückzugreifen, um Streitigkeiten zwischen
Völkern zu schlichten, als deren Lösung auf dem Wege der

10)

Josephiueus Glück.
Erzählung von A. von der Elbe.
(Fortsetzung.)

Haften war mager und gelb, wie Leute sind, die lange in
den Tropen gelebt haben, seine unschönen Züge trugen einen
schlaffen, übersättigten Ausdruck, und sein Wesen war so, daß
Bruno zu sich sagte, als er nach seinem Besuch die prunkende
Billa verlieb: „Ein Geldprotze erster Ordnung."
Die Damen hatten sich nicht sehen lassen. Bruno hielt
ss für eine spröde Laune Cora's, oder gar für eine Ablehnung
feiner Person. Als er aber nach einiger Zeit aus seinem
Fenster sah, gewahrte er die beiden in der Haften'schen Equi-
dage aus der Stadt zurückkommend.-
Cora halte geäußert, sic finde das Radfahren sehr chic
Und interessant, leider könne sie cs nicht lernen, weil sic einen
schwachen Fuß habe.
Um sich bei der Kleinen in günstigem Lickte zu zeigen,
wufre Bruno — auf Abzahlung im nächsten Quartal — ein
Rad erster Güte. Er übte nun zu Stembergs großem Er-
götzen in der Hinteren Allee des Gartens und fuhr dann täg-
llch. mit Augen links und Gruß — so bald er des Mädchens
unsichtig wurde — hin und zurück an der Villa Haften vor-
bei. Sehr oft stand sie auf dem Balkon und grüßte lächelnd
herunter.
.. Er wurde dann auch bei den Haftens zu einem übermäßig
Lvvlgen Diner geladen, auf dem er aber nicht neben der
Kvchter saß, indes manchen Blick und einige unbedeutende
Worte vor und nachher mit ihr wechselte.
Auch in andern Häusern oder bei Partien sah er Cora
Mnchmal. Pilar stand ihm mit seiner großen Weltgewandt-
h"t dei. sic zu treffen und mit ihr in Berührung zu kommen.
. Brunos Urtbeil über sie änderte sich aber kaum. Er
mteresstrte sich iür sie und ihren Nimbus von Besonderheit
und Reichthum, zur eigentlichen Verliebtheit, die er aus
Arschiedenen vorhergehenden Fällen gut kannte, gedieh sein
^lnpfjnden aber nicht.-

Der alte Arzt und Freund Steinbergs kam jetzt — seit
dem Tode der kranken Frau — selten ins Haus; manchmal
sah er sich nach dem Ergehen von Vater und Tochter um.
Als er wieder einmal beim LandgerichtSrath vorsprach,
begann dieser über Joscphincn's Aussehen und Wesen zu
klagen.
Sie schien ihm genau in denselben gleichgültigen stumpfen
Zustand zurückzufallen, wie nach dem Tode der Mutter. Sie
spreche und esse wenig, schlage die Augen kaum auf, versichere,
ihr fehle nichts, und lebe wie die Schnecke im Hause.
Der Medizinalrath versprach, sie gründlich zu cxaminiren
und ging zu diesem Zweck in ihr Zimmer.
Nach einiger Zeit kam er zurück, beruhigte den Vater und
sagte, wesentliche Störungen könne er nicht konstatiren- Ihr
scheine vor allen Dingen die nöthige Anregung und Bewegung
zu fehlen: „Ihr armes Kind, lieber Freund, hat viele schwere
Jahre hinter sich, die das Gemüth dauernd bedrücken."
„Aber ich versichere Sie, Doktor, Josephine war schon
wieder ganz frisch geworden. Sie legte die Trauer ab und
konnte so heiter sein, wie in ihrer Jugend,"
„Wo man ohne nachweisbare körperliche Erkrankung auf
einen Zustand allgemeiner Dcprimirtheik stößt, helfen gewöhn-
lich die Mittel der Zerstreuung und Bewegung in frischer
Luft, die ich auch Ihrer Tochter empfohlen habe."
Der besorgte Vater sann nach, wie er den Vorschriften
des Arztes Rechnung tragen könne, und ihm kam ein hülf-
reicher Plan.
Als er mit dem Assessor allein war. berichtete er diesem
den Ausspruch des Doktors und fragte:
„Würden Sie, lieber Delbitz, mir wohl den Freundschafts-
dienst leisten, und Josephine hier im Garten im Radfahren
unterrichten? Das gebe die gewünschte Bewegung und auch
ein kleines Amüsement, und würde der Niedergeschlagenen
gewiß wohlthun."
„Aber mit tausend Freuden I" Bruno hatte den alten
Herrn kaum ausreden lassen. „Es würde mich ja geradezu
glücklich machen, wenn ich Ihnen und Ihrem lieben Fräulein
Tochter den kleinen Dienst leisten könnte!"

> „Ich weiß, sie ist nicht für diesen modischen Sport ein-
genommen, und ich glaube, wir müssen es schlau ansangen,
sie dafür zu gewinnen."
Man ging zu Tisch. Steinberg erwähnte der Vorschrift
des Arztes und fragte den Assessor, ob er keinen Rath wisse.
„Fräulein Josephe muß Rad fahren!" rief Bruno.
„Was fällt Ihnen ein," sagte sie unwirsch und sah ihn
erstaunt an.
Er pries ihr nun das Vergnügen nach allen Richtungen,
als ebenso angenehm wie gesund, und fragte endlich, was sie
dagegen einzuwenden habe.
Sie wurde etwas verlegen: „Es scheint mir — ich hänge
ja an manchem Vorurtheil — ich habe es immer nicht recht
passend — für etwas gewagt gehalten, wenn eine Dame Rad
fährt."
„Sie können die solidesten, die anständigsten Damen Her
vorübersahren lehen."
„Ich würde gewiß sehr — sehr ungeschickt sein."
„Das müssen wir erproben."
„Ich habe ja auch kein Rad."
„Dafür laß mich sorgen!" rief der Vater.
Acngstlich meinte Josephine: „Ich möchte nie mich als
Radfahrerin zeigen. Was würden meine Bekannten zu solchem
Wagniß sagen?"
„Aber Sie sollen ja von keines Menschen Auge gesehen
werden." versicherte Bruno.
„Ihr Garten eignet sich ganz vortrefflich zum Fahren, lch
habe die Wege ja eben ausprobirt."
Im Eiser des Redens hatte er mit seiner Rechten ihre
Land ergriffen, die auf dem Tischrande lag, und warm ge-
drückt. Er sah ihr flehend in die Augen und rief: „Bitte,
bitte, liebe Josephe, seien Sie so gut, machen Sie mir die
Freude!"
Seine Berührung und sein Blick bereiteten ihr einen
Glücksschwindel.
. (Fortsetzung folgt-)
 
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