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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0367
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Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Xi-. 82. EkAkS Dlrit. Llimslag, den 8. April

1899.

Deutsches Reich.
— Die Kaiserin erthellte am Mittwoch Nachmittag
aus Anlaß des in Berlin tagenden Chirurgen-Kon-
gresses dem Vorsitzenden Geh. Sanitätsrath Professor Hahn
mit mehreren hervorragenden Mitgliedern des Ausschusses
eine gemeinsame Audienz.
— Der Staatssekretär des Reichspostamts, v. Pod-
bielski, hat einen Erfolg errungen, der ebenso über-
raschend, wie erfreulich ist. Es ist ihm gelungen, den
Frieden mit dem Pojtassistentenverband herzu-
slellen. Am 24. März hat zwischen ihm und den Ver-
tretern des Verbandes eine Aussprache stattgefunden, die
die letzten Mißverständnisse beseitigt hat. Mit aller Offen-
heit und allem Wohlwollen erklärte der Generalpostmeister,
daß der Postassistentenverband seine Kampfstellung gegen
die gesammte Verwaltung aufgeben und sich wieder als
Glied der gesammten Verwaltung fühlen müsse, und bot
ehrlich die Hand zum Frieden; die Verbandsvertreter
haben eingeschlagen; auf den 5. bis 7. Mai ist eine außer-
ordentliche Generalversammlung einberusen; der Staats-
sekretär hat dazu den Verbandsdelegirten Urlaub ertheilt
uud soeben veröffentlicht der Verbandsvorstand eine Er-
klärung dazu, worin er den Verbandsmitgliedern räth, mit
rückhaltlosem Vertrauen der wohlgemeinten Führung des
obersten Vorgesetzten zu folgen.
— Bezüglich einer neuen Uniform für die Feld-
artillerie wird den Berl. N. Nachr. mitgetheilt, daß bei
einigen Artillerie-Regimentern je zwei Probeuniformen ein-
getrsffen sind, mit welchen in der nächsten Zeit Tragversuche
angestcllt werden sollen. Waffenrock und Beinkleider be-
halten zwar die bisherige Form, doch werden die blanken
Knöpfe durch schwarzgeätzte Messingknöpfe ersetzt. Anstatt
der rothen Achselklappen hat der neue Waffenrock schwarze
Klappen, welche die Regimentsnummer in rothem Paspoil
tragen. DaS Lederzeug ist durchweg schwarz. An Stelle
des Helms mit Kugel und blankem Beschlag tritt ein Tuch-
bezw. Filzkäppi mit matlgehaltenem Aluminiumadler und
eingestccktem Haarbusch wie bei den sächsischen Jägern.
Ferner wird zur Probe noch eine Sturmmütze getragen
werden, welche die Form der österreichischen, bezw. fran-
zösischen Militärmützen hat.
— Zur Abrüstungskonferenz, die nächsten
Monat im Haag startfinden soll, wird gemeldet: Nach
langen diplomatischen Verhandlungen konnte der holländische
Minister des Aeußeren Beaufort endlich die Einladungen
zur Friedenskonferenz versenden. Weder der Papst noch
Bulgarien sind eingeladen. Der Papst wird auch nicht an
den Berathungen der Schiedsgerichtssektion theilnehmen.
Der 18. Mai bleibt als Tag des Zusammentritts. Be-
sonders hervorgehoben wird in der Einladung, daß alle
nationalen uud politischen Fragen rigoros von den Be-
rathungen der Konferenz ausgeschlossen sein würden. Das
Berathungsmaterial, über das im Haag berathen werden
soll, wird erst nach dem Zusammentritt der Konferenz näher
umschrieben werden. Die russische Regierung hat den
Mächten ein provisorisches Programm vorgelegt, das in
zwei Gruppen getheilt werden kann. Erstens sollten sich
die Mächte verpflichten, von einem bestimmten Zeitpunkt an
für eine bestimmte Zeit auf jede Vermehrung ihrer Streit-
kräfte zu Wasser und zu Lande zu verzichten. Nach Ablauf
dieser Frist soll eine Verminderung der militärischen
Rüstungen und Aufwendungen stattfinden. Weiter sollte
die Einführung verbesserter Waffen und Geschosse verboten
werden. Hieran wäre sinngemäß der Hauptvorschlag anzu-
schließen, daß in Streit gerathene Nationen sich an eine
schiedsgerichtliche Instanz zu wenden hätten. Die zweite

Ein Arauenherz.
17) Erzählung aus dem Leben von A. M. Witte.
(Fortsetzung.)
So schwer es Magdalenen auch fiel, anders zu erscheinen,
als es in ihrem Innern war, sie hatte stets Selbstbeherr-
schung zeigen können, und so trat sie auch heute anscheinend
heiter in den Saal-
Die meisten Gäste waren ihr fremd. Leutnant von Bran-
denstein begrüßte sie mit einem seltsam festen Ausdruck, so
daß unwillkürlich ihr Herz ängstlich schlua; sie fühlte sich von
seinen Blicken verfolgt, und eine innere Stimme ließ sie ihm !
w viel als möglich ausweichen. Sie konnte ihm die Antwort, >
me er erwartete, nicht geben, und gab sie ihm eine andere, !
«frlor sie auch wieder diese Heimath. in der sie sich so
glücklich fühlte. — Erleichtert fühlte sie sich, als sie end-
sjch mit Olga in das Musikzimmer gehen und dieselbe zum
Gesang begleiten mutzte. Als sie das Gesellschasts- !
Zimmer durchschritten, hörte sie die Stimme eines alten
Herrn, welcher für einen fremden Gast, den er mitbrachte. !
um Verzeihung bat, und eine Stimme, die ihr so bekannt
erschien, sprach Begrüßungsworte, die sie nicht deutlich ver- i
«ahm. Es mußte ein Traum sein; wie käme er hierher! >
jemals hatte sie den Namen des Baron Reden hier gehört;
erinnerte heute alles an ihn; wie sollte er selbst in ihrer
Aahe weilen? Sie konnte ihrem Gedankengang nicht folgen,
T^lga reichte ihr das Notenhetr und sie begann die Begleitung
°u einem Schubertschen Liede.
Als der Gesang zu Ende, bemerkte Magdalene, daß nur !
kleiner Theil der Gesellschaft ihnen gefolgt war, und als >
LE nun gebeten wurde, ebenfalls zu singen, schlug sie den !
sU-unsch nicht ab, sie sang das Lied, welches ihrer augenblick-
lichen Gemülhsstimmung am besten entsprach:
Da lag ich unter den Bäumen,
Trüb ist das Herz mir und schwer.
Sie hatte vielleicht noch niemals so gut gesungen, niemals
den richtigen Ausdruck gesunden, wie in diesem Augen-

Gruppe der Vorschläge zielt darauf ab, unvermeidliche
kriegerische Auseinandersetzungen so human wie nur irgend
möglich zu gestalten.
— Die Deutsche Kolonialgesellschaft hat
jetzt über 30 000 Mitglieder.
Baden. Die Hochzeit des Prinzen Maximi-
lian von Baden mit der Großfürstin Helene, Tochter
des russischen Großfürsten Wladimir, ist auf die letzten
Tage des Monats August festgesetzt. Die Neuvermählten
werden zunächst auf Schloß Salem am Bodensee Wohnung
nehmen. Der feierliche Einzug in Karlsruhe findet dann
im ersten Drittel des Septembers, kurz vor oder nach dem
Geburtstag des Großherzogs statt. Bis zu diesen Feier-
lichkeiten werden die badischen Kaisermanöver beendet sein.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Hauptlehrer Josef Läule an der Volksschule in Riedern das
Verdienstkreuz vom Zähringer Löwen, dem Kammerdiener Ludwig
Reiuhold Schmidt im Dienste des Reichskanzlers Fürsten
zu Hohenlohe-Schillingsfürst die kleine goldene Verdienstmedaille
verliehen, den Professor Dr. Jakob Richter am Gymnasium in
Baden auf sein Ansuchen unter Anerkennung seiner langjährigen
und treuaeleisteten Dienste auf 11. April l. Js. in den Ruhe-
stand versetzt; in gleicher Eigenschaft versetzt: den Professor Ju-
lius Durler am Gymnasium in Tauberbischofsheim an jenes in
Karlsruhe, den Professor Dr. Julius Steinhoff am Progym-
nasium in Durlach an das Gymnasium in Baden, den Professor
Leo Seger am Gymnasium in Lörrach an jenes in Baden und
den Professor Gerhard Z utt am Gymnasium in Baden an jenes
in Lörrach.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den
Kassier Oskar Er har dt bei der Eisenbahnhauptkasse bis zur
Herstellung seiner Gesundheit in den Ruhestand versetzt, den auf
1. Mai d, I. zum Landgericht Heidelberg versetzten Landgerichts-
rath Dr. Oskar Puchelt in Mannheim mit Wirkung vom
gleichen Tage zum Untersuchungsrichter beim Landgericht Heidel-
berg, den Staatsanwalt am Landgericht Mannheim mit dem
Amtssitze in Heidelberg, Dr. Gustav Sebold, mit Wirkung vom
1. Mai d. I. zum Staatsanwalt am Landgericht Heidelberg,
den Obertelegraphisten Konstantin Kraus in Fretburg zum Te-
legrapbenkontroleur ernannt.
— Telegraphenkontroleur Konstantin Kraus wurde dem
Großh. Stationsamt Freiburg zugetheilt. Expeditionsassistent
Gottfried Hofstetter in Breisach wurde seinem Ansuchen ent-
sprechend aus dem staatlichen Dienste entlassen. Grenzkontroleur
Hermann Schneider in Gaienhofen wurde nach Kadelburg
und Grenzkontroleur Ehristian Lehmann in Brennet nach
Wangen versetzt.
— (Iustizaktuare.) Auf Grund der vom 27. März bis
1. Avril l. Js. abgehaltenen Prüfung sind folgende Jncipienten
als Justizaktuare aufgenommen worden: Karl Andlauer von
Ettenheim, Rudolf Beck von Kirckizarten, Georg Boos von
Ladenburg, Karl Diehm von Waibstadt, Ferdinand Dörr von
Dürrheim, Gustav Gattung von Ladenburg, Karl Geist von
Weinheim, Friedrich Grüner von Karlsruhe. Adolf Gut von
Gernsbach, Hermann Haas von Pfullendorf, Theodor Harsch
von Breiten, Heinrich Hirsch von Wagenstadt, Friedrich Wil-
helm Hoch von Waldkirch, Erwin Hübner von Neustadt, Her-
mann Kern von Karlsruhe, Friedrich Kleinschmitt von
Schwetzingen, Gustav Lei von Freiburg, Emil Mamier von
Ettlingen. Leonhard Martin von Buchen. Johann Müller von
Ladenburg, Ernst Mutter von Striltmatt. Emil Stöber von
Mühlbach, Wilhelm Ullrich von Kreuznach, Gustav Wik von
Biethingen. Ludwig Zaiß von Eppingen, Johann Zimmer-
mann von Freiburg. .
Karlsruhe, 7. April. Gestern Abend fand jm
Großherzoglichen Schlosse eine musikalische Aufführung statt,
welche auf Veranlassung der Fürstin zur Lippe zu Stande
kam. Ihre Großh. Hoheit hat unter ihrer Leitung uud
Mitwirkung einen Damenchor gebildet, welcher unter Kla-
vierbegleitung verschiedene Gesänge in vorzüglichster Weise
ausführte. Außerdem wurden von einigen Damen Solo-
stücke gesungen, die große Anerkennung fanden. Die Di-
rektion der Chöre führte Ministerialrath Dr. Krems, der
auch sein großes Talent auf der Violine zur Ausführung
brachte. Es waren viele Angehörige der mitwirkenden

blicke, und die lautlose Stille bewies ihr mehr als der rau-
schendste Beifall es aethan hätte, daß sie die Herzen ihrer
Zuhörer ergriffen habe. Sie erhob sich und stand auf den
Flügel gelehnt neben Olga, welche nicht von ihrer Seite wich,
als der Herr des Hauses mit mehreren jungen Herren aus
sie zutrat. „Leider versäumten wir den Genuß, Sie zu
hören." sprach er liebenswürdig, „diese spät erschienenen Gäste
tragen die Schuld, gestatten Sie, daß ich Ihnen dieselben
vorstelle; hier unser neuer Forstmeister, der, wie ich soeben
erfahren habe, unfern alten Freund Wehrseld ablöst."
Magdalene hatte die Augen von einem zum andern gewandt,
Baron Reden stand ihr gegenüber, zwischen fünf bis sechs
Herren der Imposanteste; wie ein Nebel versank alles, was
zwischen heute und damals lag, es war ihr, als stünde sie ihm
das erste Mal gegenüber, als sie in die Augen schaute, welche
einst ihres Lebens Glück verhießen. Mechanisch hatte sie die
Begrüßung der anderen Herren erwidert, die jetzt mit Olga
sprachen; da ermannte sie sich ; er sollte nicht ahnen, was sie
empfand und sich zu dem Hausherrn wendend, verließ sie mit
demselben daS Gemach. Schnellen Fußes durcheilte sie die
Gesellschaftsräume und betrat den Wintergarten. Sie suhlte,
daß ihr Benehmen vielleicht etwas auffallend gewesen sein
müsse, sie hatte aber nicht anders handeln können; sie mußte
erst ruhig werden, ihr Stolz durfte nicht zulassen, daß er in
ihrem Herzen las; denn er halte gewiß längst jene Zeit ver-
gessen.
Hier war es so lauschig, so still: die Ampeln schienen nur
dämmerig durch das Grün der hohen Palmen; Magda lehnte
ihr Haupt an die Lehne ihres Fauteuils und schloß die
Augen.
Was sie halb ersehnt, halb gefürchtet, — ein Wiedersehen
mit ihm — war ihr beschieden: wie oft hatte sie es sich aus-
gemalt! Eine Aenderuna hatte sie ja nicht mehr erwarten
können, aber der Gedanke, ihn wiederzusehen, war oft ge-
kommen, ohne ihren Willen, und jetzt, — so plötzlich, — so
unvorbereitet. Gewiß war Adelaide auch hier; alles Blut
drängte nach ihrem Herzen, sie hatte nur den einen Gedanken,
fort zu können, dorthin, wo sie ihn nie wieder sähe. Nun

Damen, sowie andere Personen eingeladen. Zur Früh-
stückstafel erschien heute die Prinzessin Wilhelm, sowie die
Erbprinzessin von Anhalt und Prinz Max.

Ausland.
Oesterreich. Wien, 7. April. Wie man hört, wur-
den in zwei hiesigen Buchhandlungen von einer behörd-
lichen Commission alle die auf die Bewegung „LoS
von Rom" bezüglichen Sachen mit Beschlag belegt, gleich-
viel ob sie bisher konfiscirt waren oder nicht. Man
bringt dieses Vorgehen mit den heute hier begonnenen
Bischofsberathungen in Verbindung. — Der unlängst
ernannte czechische Abgeordnete Dr. Dvorak sprach
im Prager Landtag gegen den Dreibund, dessen Ein-
fluß schädlich sei. Deutschland arbeite auf eine wirth-
schaftliche Unterjochung Oesterreichs hin.
Frankreich. Die Veröffentlichung des Enquete-
Protokolls durch den Figaro wird fortgesetzt. Wie
erinnerlich, waren die Aussagen des Untersuchungsrichters
Bertulus vor dem Gericht sehr belastend für einige
Generalstabsosfiziere. Vom Kassationshof ist dann noch-
mals der General Roget vernommen worden, der als
Führer des Geueralstabs anzuseheu ist. Er hat die Aus-
sage von Bertulvs zu entkräften gesucht. Auch dieser
Theil des Protokolls wird jetzt vom Figaro veröffentlicht.
Diese zweiten Aussagen Rogets haben, nachdem sie durch
die Veröffentlichung des Figaro bekannt geworden sind,
sofort den Widerspruch der Betheiligten hervorgerufen.
Zunächst läßt Bertulus durch einen Freund öffentlich er-
klären, er sei nicht verwundert über die Auslassungen des
Generals Roget, da überhaupt ihn nichts mehr in Staunen
setzen könne seitens eines Mannes, der sich zum cinge«
standenen Vertheidiger Esterhazys und der um diesen sich
bewegenden Bande von Fälschern aufgeschwungen habe.
Die Verleumdungen Rogets. fährt Bertulus fort, halten
eine Analyse nicht aus, besonders von meiner Seite, da
ich alle Schriftstücke der Angelegenheit in den Händen hatte.
Ich werde meine Antwort auf die Verleumdungen Rogets
bis zu meinem Erscheinen vor dem gesammten Cassations-
hof aufsparen. Was die Geständnisse Henrys angeht, so
erkläre ich zunächst, daß angesichts der Wichtigkeit derselben
ich sie sofort zu Protokoll genommen habe. Aber ich bin
noch besser bewaffnet, ich bin in der Lage, Zeugen anzu-
rufen, die meine Behauptungen bestätigen werden. Ich
begehre vom Cassationshof, Roger gegenübergestellt zu
werden, und es wird mir eine große Freude sein, meinem
Verleumder in die Augen sehen und ihn überführen zu
können. Weiter veröffentlicht der Schwiegervater des
Dreyfus, Herr Hadamar, ein Schreiben, worin er erklärt,
daß die Behauptung Rogets, er habe für seinen Schwieger-
sohn Schulden bezahlt, unwahr sei. Dreyfus habe keine
Schulden gemacht. Dazu kommt ein Schreiben der Frau
Dreyfus gegen die Behauptung Rogets, ihr Gatte sei ein
Lebemann und ein Spieler gewesen. Frau Dreyfus weist
darauf hin, daß vor dem Kriegsgericht von 1d94 diese
Anklage sogar von dem Regierungscommissar in seiner
Anklagerede fallen gelassen worden sei.
Paris, 7. April. Senator Rane erklärt im Radical,
im Laufe des verflossenen Jahres habe bei einem Früh-
stück im Ministerium des Aeußern ihm, sowie zwei Mit-
gliedern der Akademie der ehemalige Minister des Aeußern,
Gabriel Hanotaux wörtlich erklärt: „Die Ange-
legenheit Dreyfus ist das Unglück meines Lebens gewesen;
ich habe den General Mercier beschworen, den Prozeß
nicht einzuleiten. Ich fürchte, daß die Schuld des Dreyfus
nur ein abscheulicher Roman ist." Rane fügt hinzu, Hano-
taux werdeihn^mchtLügmstrcffen.

ihr ein Wiedersehen beschieden war, war es ihr, als sei dies
das Schrecklichste, das ihr nun noch habe widerfahren können.
Zum ersten Mal dachte sie Adelaide an seme Seite; sonst
hatte sie seiner nur so gedacht, wie er ihr damals gegenüber
getreten war, jetzt fühlte sie, daß dieselbe allein Rechte an ihn
besaß. Ob er sie an ihrem Gesang erkannte? Nein dies
war nicht möglich, sonst hätte er eine Begegnung vermeiden
müssen; oder vergessen Männerherzen so schnell, so voll-
ständig?
__— (Fortsetzung folgt.)
Kleine Zeitung.
g. Zeitgemäße Betrachtungen. In den April geschickt mit
Unmuth — sah Mancher sich schon. „Nichts für ungut!" — so
ruft man schadenfroh ihm zu- — Und er im Innern flucht dazu.
— Wenn Einer schnell zu forschen eilte — wo Beef und Salms
Vertreter weilte, — die Heidelberg verproviantiren — mit
Fleisch und Fischen regaliren, — zu Schleuderpreisen gerne
wollten, — wenn auch die Metzger alle grollten, — der fand sich
tückisch angeschmiert — und bös' in den April geführt. — Auch
wer die Ziegelhäuser Frauen — auf ihrem Dampfer wollte
schauen — „Heilbronn" genannt, nach Mannheim eilen, — .die
Osterwäsche auszutheilen, — auch der Word richtig eingefangen,
— ist arg in den April gegangen. — Indessen, wenn mans recht
bedenkt — und tief sich in die Sach' versenkt, — dann findet
man (ist's höh'rer Will' ?);— fast ständig herrscht der erst' April.
— Wer munter glaubt, daß der Verstand von Wen'gen zu
der Meng' entschwand — und ihn bei ihr zu suchen trachtet, —
hat's krü'sche Dalum nicht beachtet. — Wer gläubig auf die
Worte hört, — die ihm ein list'ger Augur schwört: — die
Menschheit wäre gleich zu machen, — den darf man alle Tag'
auslachen. — Wer glaubt, daß Deutschlaud's Eisenbahnen —
Reformen selbst, von sich, anvahnen — und wartet darauf hoch-
beglückt, — der ist in den April geschickt. — Und wer der
Friedenskonferenz — zu Haag in dieses Jahres Lenz — als
Bringerin des Friedens harrt, — den hat man wirklich böj' ge-
narrt. — D'rum seht euch vor, prüft selbst, trau Keiner — den
schönen Worten. Fidel Greine r.
 
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