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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0368

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Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 8. April.
— Meiner Brand. Gestern Nachmittag brach in dem Lager-
raum des Fabrikanten Klotz aus noch unermittelter Ursache Feuer
aus, wobei einiges Stroh und etliche Bretter anbrannten. Das
Feuer wurde gleich gelöscht, so daß ein nennenswerther Schaden
nicht entstand.
— Polizeibericht. Ein Arbeiter wurde wegen Diebstahls ver-
haftet; zwei weitere Personen kamen wegen Ruhestörung zur
Anzeige.
8 Wieblingen, 7. April. Gestern Abend versammelte sich auf
ergangene Einladung der Cacilia im Gasthaus zum „schwarzen
Adler" ein großer Theil der Bürger unseres Ortes, an der
Spitze die Ortsbehörde, die Geistlichkeit und die Lehrerschaft, um
zu Ehren des nach Odenheim versetzten Herrn Lehrers Land-
wehr eine Abschiedsfeier zu veranstalten. Im Namen der
Cacilia begrüßte Herr Elfis Hans die in großer Anzahl
Erschienenen und eröffnete damit die Feier. Herr Pfarrer Fuchs
gedachte in anerkennenden Worten der Verdienste des Scheidenden
auf dem Gebiete der Schule und Kirche. Mit dem heißen
Segenswunsche für das fernere Wohlergehen der Familie Land-
wehr in ihrem künftigen Heim schloß er seine mit großem Beifall
aufgenommene Rede. Herr Gemeinderath Baumann stattete
im Namen der Gemeinde dem Scheidenden den Dank für seine
segensreiche Thätigkeit in hiesigem Orte ab. Ganz besonders
habe er durch sein freundliches Benehmen gegen Jedermann sich
die Achtung und Liebe eines Jeden erobert. Mit einem Hoch
auf die Familie des Scheidenden schloß Herr Baumann. Herr
Hauptlehrer Emig sprach im Namen der Lehrerschaft. In
poesievollen Worten schilderte er das kollegiale Verhältniß zu
dem Scheidenden und gedachte der Verdienste desselben. Mit
großer Ruhe und staunenswerther Ausdauer habe er in der
Schule gewirkt und gewiß manch' gutes Samenkorn in die
Ktnderherzen gestreut. Auch diese Rede klang in einem Hoch
aus. Nun überreichte Herr Elsishaus im Namen der Cacilia
Herrn Lehrer Landwehr eine Urkunde, laut welcher derselbe zum
Ehrenmitgliede der Cacilia, deren langjähriger Dirigent er war,
ernannt worden ist. Herr Retzbach, Vorstand des Gesangs-
vereins Eintracht, übermittelte der scheidenden Familie Landwehr
im Namen der Sängerschaar Eintracht deren herzliche Segens-
Wünsche. Nun ergriff Herr Landwehr das Wort, um
seinen Dank für die ihm erwiesene Ehrung adzustalten. Mit
dem festen Vorsatze, den konfessionellen Frieden zu wahren, habe
et seine Stelle hier bezogen und scheide nun aus derselben mit
der Ueberzeugung, stets in diesem Sinne gehandelt zu haben.
Mit bestem Wunsche für das fernere Wohlergehen der Gemeinde
Wieblingen schloß er seine öfters von Rührung unterbrochene
Rede. Die Zwischenpausen zwischen den Reden und der Rest des
Abends wurden durch Gesänge der Cäcilia und Eintracht, sowie
durch Vorträge ernsten und heiteren Inhalts ausgefüllt. Erst in
später Mitternachtsstunde entschloß man sich endlich zum Heim-
weg mit dem Bewußtsein, einem tüchtigen Manne die ihm ge-
bührende Anerkennung gezollt zu haben.
ä Wiesloch, 7 April. An Stelle des zurück utreienen H rrn
Bürgermeisters Klare wurde am gestrig n Nachmittage, wie schon
kurz gemeldet, Herr Gerbereibesttzer Julius Burckvardt zum
Stadtoberhaupt gewählt. Er erhielt 53 von 58 abgegebenen
Siimmen. Am Abend brachten ihm sämmtliche hiesigen V, reine
eine Ovation in Form eines Fackelzuges dar, wobei die vereinig-
ten Männergeiangvecrine ihn durch ein Ständchen noch besonders
ehrten. Ein Bankett in der Festhille des G isthauses zum Erb-
pr nzni srbloß diese schöne Feier.
L. 6. Mannheim, 8. April. Ein Barbiergehilfe rasirte in be-
trunkenem Zustande einen Herrn, und brachte diesem eine erheb-
liche Wunde am Halse bei. — Die Mannheimer Pferderennen,
speziell die Handicaps haben einen glänzenden Nennungsabschluß
gefunden. Der Borsteler Stall wird ein aussichtsvolles Quartett,
darunter die aus den Badener Rennen bekannten Steepler Peter-
zell und Loreley I an den Neckar entsenden.
L, bl. Pforzheim, 7. Apul. H > te Nacht 12 Uhr ers choß
sich der 23 Jahre alte Robert Rößler aus Baden-Baden, in
letzter Zeii hier bei dem Friseur Pfisterer in Stellung. Erst
heute Morgen wurde die That bemerkt und Rößler mit durch-
schossenem Kopfe in seinem Zimmer ausgefuuden. In einem
aufgefundenen Briefe hinterläßt Rößler an alle seine Bekannte
Grüße und erklärt, es wäre ibm unmöglich, weiter zu leben.
Das Motiv der That ist noch unbekannt.
Aus Baden- Der kath. Pfarrer Krieg aus Holzhausen,
der wegen Slttlichkeitsverbrechens von der Freiburger Staatsan-
waltschaft verfolgt war, wurde in Bregenz verhaftet und nach
Freiburg verbracht. — Die Apotheke zum „Delphin" in Ober-
kirch ging um 230000 Mk. an Herrn Tritschler aus Gengen-
dach über. — In Seppenhofen starb die Frau des Straßen-
warts Beck. Am Grabe trauern 18 Kinder; das jüngste ist erst
3 Wochen alt. — Mir dem Bahnbau in der Gegend von
Löf fingen ist am 4. April begonnen worden.
— Dieustnachrichten. Aus dem Bereiche des Groß h.
Gendarmerie-Corps. Versetzt wurden die Gendarmen
Karl Pritz lass von Neckarbischofsheim nach Hilsbach, Christ.
Heitzelmann von Mannheim nach Neckarbischofsheim,
Friedrich Horcher von Mannheim nach Hardheim, Friedrich
Speer von Mannheim nach Weinheim.

Kreisversammlnng.
/X Heidelberg, 8. April.
Die 34. ordentliche Kreisversammlnng des Kreises Heidelberg
wurde heute Vormittag 9'/< Uhr im großen Saale des Rath-
hauses von dem Kreishauptmann, Geh. Reg.-Rath Pfister,
eröffnet. Aus den Vorlagen, die der Kreisausschuß der Kreis-
versammlung unterbreitet, haben wir das Wesentliche erst in den
allerletzten Tagen veröffentlicht. Wir setzen es also als bekannt
voraus und können somit den Bericht über die Versammlung
kurz fassen, zumal auch die Berichterstatter über die einzelnen
Vorlagen sich auf den als bekannt vorausgesetzten Bericht be-
zogen.
Anwesend sind 37 Mitglieder, darunter als Vertreter des
Großgrundbesitzes Frhr. August v. Degenfeld. Graf Victor von
Helmstadt, Frhr. August v. Gemmingen und Frhr. v. Laroche-
Starkenfels.
Anwesend ist ferner Landeskommissär Frhr. v. Rüd t.
Zum Vorsitzenden wurde Oberbürgermeister Dr. Wilckens
erwählt; zum Stellvertreter Frhr. v. G em min g e n - Hornberg;
zu Schriftführern die Herren Schick von Neckarbischofsheim
und Heiß von Lampenhain.
Oberbürgermeister Dr. Wilckens übernimmt den Vorsitz
mit einigen Worten des Dankes.
Hierauf tritt die Versammlung in die Tagesordnung ein.
I. Allgemeiner Geschäftsbericht für das Jahr 1898, erstattet
von Dr. W. Blum. Wird ohne Debatte genehmigt.
II. Bericht über die Armenkinderpflege des Kreises, erstattet
von Prof. F. Eisenlohr. Der Berichterstatter bezieht sich auf
den gedruckten Bericht und empfiehlt die darin gestellte Forderung.
Dieselbe wird ohne Debatte genehmigt.
III. Bericht über die Kreisabtheilung der Luisenheilanstalt,
erstattet von Prof. F. Eisenlohr. Der Berichterstatter weist
kurz auf den gedruckten Bericht hin, und stellt dar, daß die ge-
forderte Erhöhung der Beiträge zur Verpflegung in der Luisen-
heilanstalt sachlich begründet sind. Im letzten Jahre hätten die-
selben nicht gereicht. Die Forderung wird ohne Debatte ge-
nehmigt.
IV. Bericht über die Verpflegung von Kreisangehörigen in
der akademischen Augenklinik erstattet von Prof. F. Eisenlohr.
Der Berichterstater empfiehlt kurz die Anträge des Kreisaus-
schusses. Dieselben werden ohne Debatte genehmigt.
V. Bericht über die Landarmenpflege des Kreises, erstattet
von Prof. Dr. A. Seng. Der Berichterstatter ist am Erscheinen
in der Sitzung krankheilshalber verhindert. Statt seiner weist

Dr. Blum mit kurzen Worten auf den Bericht und die ver- '
dienstvolle Thätigkeit von Prof. Seng hin. Zur Sache theilt
Dr. Blum mit, daß der Regierungsbeilrag für die Armenpflege
auch im hiesigen Kreis nicht mehr ausreiche. Es würde eine
Petition der Kreise wegen Erhöhung des Regierungsbeitrages
an den Landtag gehen. Nur der Kreis Baden brauche zur Zeit
noch weniger als der Regierungsbeitrag beträgt.
Der Antrag des Kreisausschusses wird debattelos angenommen.
VI. Bericht über die Benützung des Soolbades Rappenau
durch arme Kranke des Kreises, erstattet von Dr. W. Blum.
Der Berichterstatter führt aus, daß die Zunahme der Kinder, die
nach Rappenau geschickt werden, groß ist, so daß die angeforderte
Summe wohl sicher gebraucht werden wird.
Der Antrag des Kreisausschusscs wird debattelos genehmigt.
VII. Bericht, den Kreisbeitrag für die Arbeiterkolonie Ankenbuck
betr., erstattet von Dr. W- Blum. Nach knrzer Empfehlung
durch den Berichtserstatter wird der Antrag des Kreisausschusses
ohne Debatte genehmigt.
VIII. Jahresbericht über die Kreispflegeanstalt in Sinsheim,
erstattet von dem Sonderausschuß und dem Vorstande der
Anstalt. Herr Schweinfurth führt Einiges aus dem ge-
druckten Bericht näher aus, insbesondere hebt er die Annehmlich-
keit der elektrischen Beleuchtung hervor. Sodann weist er auf
die Ueberschreilung einiger Ausgabepositionen hin. Der Voran-
schlag nebst Kreiszuschuß sowie 1000 Mk. für den Baufond werden
genehmigt. Zuvor führt Dr. Blum aus, daß der Betriebsfond
zu gering sei und nicht einmal für ein Vierteljahr hinreiche. In
kaum einem anderen Kreise werde so billig gewirthschaftet, wie in
der Sinsheimer Anstalt. Der jetzige Lester derselben sei außer-
ordentlich sparsam. In späterer Zeit werde man doch vielleicht
an die Einführung des landwirthschaftlichen Betriebes denken
müssen. Nur durch die äußerste Anstrengung sei es möglich ge-
wesen, eine Erhöhung des Kreiszuschusses für dieses Mal noch zu ver-
hindern. Eine Erhöhung der Sätze der Verpflegungsbeiträgc
werde zu erwägen sein.
IX. Bericht über die landwirthschaftliche Kreiswinterschule zu
Eppingen, erstattet vom A u f si ch t s r a t h. Berichterstatter
Frhr. v. Gemm i n g en, hebt die guten Erfolge der Schule
hervor. Der Antrag des Kreisausschusses wird ohne Debatte
genehmigt.
X. Bericht, die Errichtung einer zweiten landwirthschaftlichen
Winterschule im Kreise Heidelberg betr., erstattet von Kreisaus-
schußmitglied Z im me rman n. Der Berichterstatter weist auf
den Druckberiast hin und empfiehlt den Antrag des Ausschusses.
Herr Werner bedauert, daß bei der Bewerbung um den Sitz
der Schule Neckargemünd so schlecht weggekommen sei. Der
Vorzug der Lage Wieslochs, gegenüber Neckargemünd, sei durch-
aus nicht so groß wie geschildert. Beide lägen nicht central, und
daß die Bahnverbindung Wieslochs besser sei, als die von Neckar-
gsmünd, sei unrichtig. Von den meisten Gemeinden kann man
besser nach Neckargemünd kommen, als nach Wiesloch. Wenn nun
Neckargemünd außer Frage gestellt sei, so wolle er keinen weiteren
Antrag stellen, aber er wollte doch dem Eindruck Worte verleihen,
daß man sich in Neckargemünd durch den Bericht des Kreisaus-
schusses unangenehm berührt gefühlt habe.
Herr Greifs weist auf das Bahnnetz hin, das in Wiesloch
demnächst zusammenlaufen werde, hebt die Bereitwilligkeit Wies-
lochs zur Uebernahme der für die Schule aufzuwendenden Lasten
hervor, dankt dem Berichterstatter für seinen ausgezeichneten Bericht
und empfiehlt warm den Antrag des Kreisausschusscs.
Herr Maier aus Malsch empfahl den Antrag, die Schule
in Wiesloch zu errichten, gleichfalls, ebenso zwei weitere Mit-
glieder, darunter auch Herr Vielhauer, Vertreter von Eppingen.
Herr Blum begrüßt das Ergebniß der Diskussion. Nach einigen
empfehlenden Worten des Berichterstatters wird der Antrag des
Kreisausschusses genehmigt.
H. Bericht über die Kreishaushaltungsschule Neckarbischofs-
heim, erstattet vom Aufsichtsrath. Der Berichterstatter hebt hervor,
daß die Schule vorzüglich prosperirt. Der Betrieb decke sich nahezu,
nur die Unterhaltung des Gebäudes und seine Reparatur mache
den Kreiszuschuß nöthig. Der Antrag des Kreisausschusses
wird debattclos genehmigt.!
XII. Bericht über die Betheiligung des Kreises an der Aus-
bildung von Arbeitslehrerinnen, erstattet von Dr. W- Blum.
Wird ohne Debatte genehmigt.
XIII. Bericht über die Ausbildung von Haushaltungs-
lehrerinnen an Fortbildungsschulen, erstattet von Dr. W. Blum
Der Berichterstatter empfiehlt mit einigen Worten die Forderung
des Kreisausschusses. Dieselbe wird debattclos genehmigt.
XIV. Bericht des Sonderausschusses für Lanüwirthschaft, er-
stattet vom Vorsitzenden PH. H. Stoll. Der Berichterstatter
weist auf den ausführlichen Druckbericht hin. Dr. Blum weist
auf die guten Erfolge der Ziegenzucht-Vereine hin. Die Anfor-
derungen des Kreisausschusses werden genehmigt.
XV. Bericht des Sonderausschusses für den Obstbau, erstattet
von Major a. D. Koenhorn. Der Berichterstatter fügt seinem
Bericht hinzu, daß der Bedarf an Obstbäumen, namentlich in den
s. Zeit verhagelten Gegenden gestiegen ist und voraussichtlich
auch dieses Jahr hoch bleiben wird, wegen der voraussichtlichen
Abgänge. Der Antrag des Kreisausschusses wird genehmigt.
XVI. Bericht über die Betheiligung des Kreises an der Er-
leichterung der Verstcherungsnahme gegen Hagelschaden, erstattet
vom Kretsausschußmitglied Neuwirth. Der Berichterstatter
rekapitulirt die Ausführungen des gedruckten Berichtes und hebt
dabei hervor, daß der Kreisausschuß sich eingehend mit der im
vorigen Jahre aufgeworfenen Frage beschäftigt habe, ob der
Kreis nicht den Geschäftsbetrieb der Hagelversicherung leiten
solle. Leider habe die Norddeutsche Hagelversicherungsgesellschaft
die Verträge gekündigt, wahrscheinlich sei ihr das Risiko zu groß
gewesen und sie wollte eine Rückversicherung anbahnen, was ihr
aber nicht gelungen sei. Nun müsse man das Weitere abwarten.
Vielleicht gelinge es doch, die alten Verträge mit der Nordd.
Hagelversicherungsgesellschaft zu erneuern. Dann könnte der
Kreisausschuß selbst den Geschäftsbetrieb leiten. Von der an-
geregten badischen Landesversicherung hält der Redner nicht viel;
er glaubt nicht, daß eine solche billiger wirthschaften würde.
Herr Greifs unterstützt die Anregung des Berichterstatters,
die Negierung möchte nochmals versuchen, mit der Nordd. Gesell-
schaft von Neuem zu einem Uebereinkommen zu gelangen. Auch
er hält nichts von einer etwaigen badischen Landesanstalt.
Frhr. v. G em m ing en glaubt gehört zu haben, daß man
in Eppingen mit den Entschädigungen der Nordd. Gesellschaft
nicht zufrieden war. Herr Vtelhauer bestätigt, daß die
Schätzer sehr ungünstig abgeschätzt hätten. Herr Neuwirth
weist darauf hin, daß die Abschätzungskommission für die Ab-
schätzung verantwortlich ist. Die Gesellschaft sei dafür nicht ver-
antwortlich zu machen. Im Uebrigen seien sehr wenig Klagen
laut geworden.
Herr Werner bezeichnet die Nachprämie als etwas sehr Un-
angenehmes; würde der Kreis sie nicht übernehmen, so würden
wenige Landwirthe versichern. Bei etwaigen neuen Verträgen
mit der Nordd. Gesellschaft sollte man möglichst auf feste
Prämien ohne Nachschuß Hallen. Gebe doch die Gesellschaft in
guten Jahren nichts heraus. Vielleicht konnte der Kreis dann
einen festen Zuschuß gewähren. Herr Schick empfahl die An-
träge des Kreisausschußes, die auch Hr. Dr. Blum empfiehlt.
Bezüglich der Leitung der Versicherung durch den Krcisausschuß
hat Letzterer in den Kreisen, die das übernommen haben, große
Unklarheiten gefunden. Wenn der diesseitige Kreis die Aufgabe
übernehmen würde, so würden die Rathschreiber in erster Reihe
herangezogen werden. Die Gemeinden müßten aber die Ga-
rantie sür das finanzielle Gebühren der Rathschreiber über-
nehmen.
Landeskommissär Frhr. v. Rüdt konstatirt Herrn Werner
gegenüber, daß die Nachschußprämten auf einen bestimmten Be-
trag zu beschränken, nicht angehe. Feste Prämien seien nur
bet Aktiengesellschaften möglich, wo Versicherer und Versicherter
verschiedene Personen seien. Redner freut sich, daß die Versiche-

rungsnahme auch im Kreise Heidelberg steigt. Diese Thatsache
zeige, daß das Verständniß für die Vorzüge einer Versicherung
wachse. Sollte es zu einer Zwangs-Landes-Hagelversicherung
kommen, so wäre auf alle Fälle ein Reservefond sehr nötbig.
Im Kreise Heidelberg wachse dieser Reservefond nicht in dem
Maße wie das im Verhältniß zur Versicherungssumme erwünscht
wäre. Redner will nicht die Anregung geben, daß der Fond
schon in diesem Jahre verstärkt werde, aber im nächsten Jahr
werde es nöthig sein.
Herr Keim konstatirt, daß im Bezirk Sinsheim die Gesell-
schaft sehr glatt regulirt habe. In Eppingen mögen die sach-
verständigen Abschätzer zu penibel vorgegangen sein. Auch aus
dem Oberland höre man keine Klage über die Gesellschaft. Em-
pfiehlt die Uebernahme der Hauvtagentur durch den Kreis für
den Fall, daß ein neues Abkommen mit der Norddeutschen zu
Stande kommt. Richtig sei, daß man in diesem Falle von den
Gemeinden die finanzielle Garantie für die Rathschreiber, die alS
Agenten fungiren, fordere.
Nach einem Schlußwort des Berichterstatters, werden die An-
träge des Kreisausschusses qenekmigt.
XVII. Bericht über die Straßenunterhaltung im Kreise Heidel-
berg, erstattet von Major a. D. Koehnhorn. Berichterstatter
hebt hervor, daß die Hochwasserschäden in ihren Folgen im Vor-
anschlag für die Kreisstraßen immer noch ihren Ausdruck finden-
Das Budget der Kreisstraßen wird genehmigt.
Zu den Kreiswegen bemerkt der Berichterstatter, daß die
Anforderungen der Bevölkerung immer mehr steigen. Eine ganze
Menge Sachen mußten zurückgestellt werden, um die Kreisumlage
nicht zu hoch gehen zu lassen. Noch stehen wir damit auf der
goldenen Mittelstraße. Aber es wird nöthig sein, die Wünsche
einzuschränken und nur das nothwendigste anzufordern. Das
wirklich Nothwendige müsse aber geleistet werden, sonst komme
später alles auf einmal.
Herr Werner bittet, daß dem Weg Neckargemünd-Bammen-
thal mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird, denn er sei sehr schlecht-
Herr Maier empfiehlt die geplante Umpflasterung des Wegs 24
im Orte Malsch. Er hätte gewünscht, daß es schon in diesem
Jahre dazu gekommen wäre. Der Berichterstatter erwidert, daß
ein Voranschlag noch nicht vorliege.
Herr Dr. Blum rekapitulirt die Geschichte des Krähenbuckel-
weges bezw. des Projektes seiner Ersetzung durch einen besseren.
Nur eine Gemeinde habe einen Zuschuß zugesagt. Er glaube,
das Projekt habe nun für lange Zeit keine Aussicht.
HerrWerner führt aus, daß durch die Verlegung des Krähen-
buckelwegs doch der Neckargemünder Verkehr abgelenkt worden
wäre, woraus sich die Opposition des Orts erklärt. Er bittet
nochmals um Verbesserung des Wegs Bammenthal-Neckargemünd.
Die Anträge des Kreisansschusses betr. Kreiswegc werden
genehmigt.
Es folgen Rechnungsprüfungen.
Frhr. v. Gemmingen dankt den Rechnungsprüfern. Die
Bescheide werden genehmigt.
!- Der Voranschlag, der eine Umlage von 40,5 Pfg. von
1000 Mk. vorsieht, wird debattelos genehmigt.
Anträge aus der Mitkc der Versammlung. Die
Herren Krall, Ammann und Leimbach beantragen eine neue
Gebührenordnung für die Thätigkeit im Kreis interesse.
Die Tagesgebühr soll nach dem Muster der Freiburger Gebüh-
renordnung auf 8 Mk, festgesetzt werden.
Herr Am mann begründete den Antrag mit Hinweis auf die
anderen Kreise und auf das alte Datum der Heidelberger Ge-
bührenordnung.
Der Kreishauvtmann erklärt, daß die Regierung kein
Bedenke» gegen den Antrag habe.
Herr Dr. Blu m erklärt, daß die bisherigen Diäten sich als
unzureichend erwiesen haben, so daß er in einem Falle die Diäten
selbstständig erhöhen mußte. Er unlerstütze den Antrag.
Der Vorsitzende schlägt einige kleine redaktionelle Acnderungen
des Antrags vor, insbesondere soll ausdrücklich auswärtige
Dienstgcschäfte gesagt werden. Der Antrag wird genehmigt.
Den letzten Punkt der Tagesordnung bildeten Wahlen.
Die Wahlen der Mitglieder des Kreisausschusses wurden durch
Stimmzettel vorgenommen.
Die bisherigen Mitglieder wurden wiedergewählt.
Um 12 Uhr schloß der Kreishanptmann die Versammlung mit
dem Dank an den Krcisausschuß für die sorgfältige Ausarbei-
tung der Vorlagen und den Herrn Dr. Wilckens für die ge-
wandte Geschäftsführung.
Um 1 Uhr fand im Museum ein gemeinsames Mittagsmahl
statt.___
Theater- und Kunstnachrichten.
* Heidelberg, 8. April. (Musikalisch-deklamatorischer
Abend.) Am Dienstag, den 11. ds., werden drei langjährige
und wohlverdiente Mitglieder des hiesigen Stadttheater-Ensembles,
das sich am Ostermontag aufgelöst hat, nochmals und zum
letzten Male vor das Publikum treten. Im Gartensaal der
Harmonie veranstalten nämlich die Herren Stettner und
Dankmar und Fräulein Anna Sander eine musikalisch-
deklamatorische Soirse, mit der sie sich von hier verabschieden
wollen. Den ernsteren poetischen Theil des Abends wird Herr
Dankmar ausfüllen und zwar durch Vortrag von herrlichen
Melodramen; man wird Gedichte von Felix Dahn, Strachwitz,
Uhland, Lenau und Shelley zu hören bekommen, musikalisch
illustrirt von Componisten wie Krinninger, Liszt. Schumann u. s. f.
Daß der Humor aber auch an diesem Abende vollauf zur Geltung
komme, dafür bürgt uns der Name des beliebten Komikers
Herrn Stettner, der das Publikum durch Vortrag von humori-
stischen Vortragen, decenten Couplets und durch im Verein mit
der allbelievten Anna Sander gesungene Duette in heiterste
Stimmung versetzen wird. In Anbetracht der Beliebtheit der
drei tüchtigen Künstler und in Anbetracht des Umstandes, daß
sie sich mit diesem Abend endgültig verabschieden, ist wohl ein
reger Besuch des Publikums zu erwarten, bas sich gewiß vor-
trefflich amüsiren wird. — Vorverkauf der Karten findet statt in
der Musikalienhandlung Eugen Pfeiffer und in der Buchhandlung
P. Hönicke, L. Meders Nachfolger.
Mannheim (Größt, Ho;- und Nationaltheatsr.) Sonntag,
9. April: „Faust." II. Theil.
Karlsruhe. (Gr. Hoftheater.) a. Im Hoftheater in Karlsruhe:
Sonntag, 9. April: „Die Trojaner in Karthago". Dienstag,
11. April: Zum ersten Male: „Morgiane." Oper in 3 Akten
nach Motiven aus 1001 Nacht von Ferdinand Lamey, Musik von
Max Brauer. Donnerstag, 13. April: „Brunhild." Freitag,
14. April: „Das Glöckchen des Eremiten." Samstag, 15. April:
„Das fünfte Rad." Sonntag, 16. April: „Tannhäuser." —
6. Im Theater in Baden-Baden: Mittwoch, 12. April: „Das
fünfte Rad."_
Handel und Berkehr.
Frankfurt, 7. April. Effekten societät. Abends 6'/. Uhr-
Oesterr. Credit 224 20 b. Disconto-Kommandit 194 50 b. Darm-
städter Bank 150.70 b. Dresdener Bank 160.90 b. Berliner
Bank 117.60 b. G. Berliner Handelsgesellschaft 162.50 b. Oesterr.
Staatsbahn 155 b. Lombarden 29 b. Northern 79.10—78.80 b.
Gotthard-Aktien 143.60 b. Schweizer Central 142 b. Schweizer
Nordost 98.10—98 b. Schweizer Union 77.30 b. Jura-Simplou
37.90 b. 3pCt. Mexikaner 26.10 B. 26 G., 5pCl. dto. 3. S-
amort. 42.30 B. 20 G. 4pCt. Spanier 59.70 b. Italiener 94.50
b. G. 6pCt. Buenos 41.20—10 b. 5pCt. Mexikaner 99.10 b.
Gelsenkirchen 197.80 b. Harpener 192.80 B. 70 G. HibernM
204.30 B. 20 G. Edison 298 b. Spinn- u. Web. Hüttenheim
99 b. Concordia 287 b. Courl 161 b. Masch. Gritzner 208 b.
Eschweiler 226 b. G. ,
6'/.—6V- Uhr: Diskonto 194.40 P. 30 G. Deutsche Bank
207.90—80. Northern 78.70—60.
Bei lustlosem Verkehr waren die Kurse kaum veränderl-
Northcrn Pref. notirten niedriger.
 
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