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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0424
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und denselben auf sein Ansuchen wegen vorgerückten Alters unter
Anerkennung seiner langjährigen treugeleisteten Dienste in den
Ruhestand versetzt, dem Freiherrn Karl von Neuen st ein in
Karlsruhe die Erlaubniß zur Annahme und zum Tragen der ihm
von dem Kaiser von Oesterreich verliehenen, aus Anlaß von dessen
SOjährigem Regierungsjubiläum gestifteten Jubiläumsmedaille am
Bande des Franz-Joseph-O dens ertheilt, sowie den Betriebs-
assistent Friedrich Kraft in Wahlen zum Stationsverwalter er-
nannt.
Karlsruhe, 21. April. Heute Vormittag 11 Uhr
19 Minuten traf König Oscar von Schweden und
Norwegen, aus Paris kommend, hier ein. Begleitet
von dem General a 1a srrita Generalmajor Müller begab
sich der Großherzog in der kleinen schwedischen Uniform
zum Hauptbahnhof, begrüßte den ankommenden König und
stellte sodann alle zum Empfang Anwesenden vor. Beim
Eintreffen im Großh. Schloß wurde der König von der
Großherzogin auf's herzlichste begrüßt und in seine Woh-
nung geleitet. Hier erfolgte die Vorstellung der Damen
und Herren des Hofstaates. Zur Frühstückstafel erschien
die Prinzessin Wilhelm. Später machte der König mit
den Großherzogl. Herrschaften eine Spazierfahrt. Hierauf
stattete derselbe den Mitgliedern der Großherzogl. Familie
Besuche ab. Um 6 Uhr besuchten die Höchsten Herrschaften
gemeinsam die Oper Lohengrin im festlich erleuchteten Hof-
theater. — Die Groß Herzogin traf gestern Vormittag
halb 12 Uhr in Riegel ein und wurde am Bahnhof von
dem Landeskommissär Geheimen Oberregierungsrath Dr.
Reinhard, dem Amtsvorstand von Emmendingen Geheimen
Regierungsrath Salzer und dem Bürgermeister Meyer em-
pfangen. Dieselbe begab sich zunächst im Wagen nach
dem Rathhaus, woselbst die Vorstellung des Gemeinde-
raths und des Vorstands des Frauenvereins stattfand.
Hierauf besichtigte Ihre Königliche Hoheit die katho-
lische Pfarrkirche, die evangelische Kirche und das erz-
bischöfliche Armen-Kinderhaus, wo dieselbe von dem Dom-
kapitulur Behrle aus Freiburg begrüßt wurde. Ihre
Königliche Hoheit setzte nun die Fahrt nach Endingeu im
Wagen fort und begab sich dort zuerst in das städtische
Schulgebäude. Hier nahm dieselbe die Begrüßung des
Bürgermeisters Meier und sodann die Vorstellung des Ge-
meinderaths, der Vorstände der Frauenvereine von En-
dingen und ans der Umgegend, der früheren Luisenschü-
lerinnen und der decorirteu Dienstboten entgegen. Hierauf
besichtigte Ihre König!. Hoheit die Handarbeitsausstellung,
welche von 21 Gemeinden beschickt war. Nach Schluß der
Besichtigung besuchte dieselbe die Kleinkinderschule, die kath.
Pfarrkirche und das Spital. Sodann nahm Ihre Königl.
Hoheit einen derselben von der Stadtgemeinde angebotenen
Thee im Rathhause und trat um 6 Uhr die Rückfahrt uach
Riegel an. Die Ankunft in Karlsruhe erfolgte mit Extra-
zug nach halb 9 Uhr.

Ausland.
Frankreich. Paris, 21. April. Die vereinigten Kam-
mern des Kassationshofes traten heute Mittag halb
1 Uhr zu einer geheimen Sitzung zusammen. General
Chanoine und Paleologue erschienen im Verhör als Zeugen.
Amerika. 14 000 Mann reguläre Truppen sollen
uach Manila verschifft werden, sobald die Transport-
schiffe bereit sind. Der Kriegsminister Alger und der
Generaladjutant Corbin hatten allerdings 25000 Manu
verlangt, nämlich 15 000 zur Verstärkung und 10 000
zum Ersatz ausgedienter Freiwilliger. Sie sind also mit
ihren Forderungen nicht ganz durch gedrungen, indem die
14 000 Manu überhaupt nicht zur Verstärkung der Truppen
des Generals Otis, sondern nur zum Ausfüllen der Lücken
dienen sollen. Die Freiwilligen, die nicht kapituliren,
sollen zu Anfang Juli wieder in der Heimath sein. Bei
den Berathungen, die der Präsident mit den betheiligten
Kabinetsmitgliedern gepflogen hat, traten bereits Meinungs-
verschiedenheiten hervor, ob der Krieg fortzusetzen sei.
New-Jork, 21. April. Einer Meldung des Herald
zufolge hat der Staatssekretär May den amerikanischen
Consul auf Samoa angewiesen, er solle versuchen, den
Frieden vor der Ankunft der Samoakommission wieder her
zustellen. May sandte ferner dem Admiral Kautz den
Befehl, Konflikte mit den Eingeborenen zu vermeiden und
sich auf den Schutz des Lebens und des Eigenthums der
Amerikaner zu beschränken. Der englische Vertreter dürfte
ähnliche Anweisungen erhalten haben. Das Staats-
departement vernimmt, der englische Consul sei ermächtigt
worden, sich den andern Consuln betreffend eine Prokla
mation an die Eingeborenen anzuschließen, in der sie auf-
gefordert werden, bis zur Ankunft der Kommission sich der
Feindseligkeiten zu enthalten.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 22. April.
* Städtisches Elektrizitätswerk. Unter den gedruckten Vor
lagen, die dem Bürgerausschuß für seine nächste Sitzung unter-
breitet werden, befindet sich auch eine wegen Errichtung eines
städtischen Elektrizitätswerkes. Die Errichtung des-
selben soll der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft in Berlin
übertragen werden, die dafür 680000 Mk. erhält, dazu kommen
noch für Gebäude, Kamin, Aufzug für Schlacken und Säure,
Ausrüstung der Diensträume, Hausanschlüsse. Zähler u. s. w.
ca- 320000 Mk. und weitere 50000 Mk, falls die bei Um
Wandlung der Pferdebahn in eine elektrische Bahn nöthige Maschine
zur Aufstellung gelangt. Es muß also auf alle Fälle ei» Betrag
von ungefähr einer Million Mark für die neue Anlage
bestimmt in Aussicht genommen werden. Ob es gleich von vorn-
herein gelingen wird, die Quote, welche durch die Verzinsung
und Amortisation einer so bedeutenden Summe alljährlich er-
fordert wird, durch die Betriebsergebnisse zu decken, ist einiger-
maßen zweifelhaft, namentlich dann, wenn man den verhältniß
mäßig niedrigen Preis für die zur Abgabe kommende Elektrizität
(2b Pfg. für den Kraftstrom und 70 Pfg. für den Beleuchtungs-
ftrom pro Kilowattstunde) zu Grunde legt, von welchem Herr
Dr. Rasch in seinem ersten Gutachten ausgeht, über den aber
noch ein besonderer Gemetndebeschluß herbeigesührt werden muß.
Auch sind zwei Eventualitäten bisher nicht eingetroffen, mit denen
Dr. Raff gerechnet hat. Die Verhandlungen über die elektrische
Beleuchtung der Bahnhofsanlage und die Umwandlung der Pferde
bahn in eine elektrische haben bisher zu keinem Resultat geführt.
In elfterer Beziehung ist es wahrscheinlich, daß die Bahnver-
waltuug überhaupt nur die für Beleuchtung des Aufnahmegebäudes

erforderliche Elektrizität von der Stadt beziehen, dagegen die-
jenige, weiche für die Beleuchtung der Perrons und Gleis-Anlagen
nöthig ist, von einer umfangreichen, in Schwetzingen zu erstellenden
bahnärarischeu Eentrale her zuleiten wird. Auf der anderen Seite
wird allerdings auf neue größere Abnehmer insofern wieder ge-
hofft werden dürfen, als die von Heidelberg nach Wiesloch zu
erbauende elektrische Bahn die Hälfte ihres Strombedarfs aus
der hiesigen städtischen Centrale decken und als letztere, wenn es
zur Erbauung der von Mannheim und Heidelberg angestrebten
elektrischen Bahn zwischen beiden Städten kommt, voraussichtlich
auch an der Stromlieferung für diese Bahn betheiligt werden
dürfte. Beide Unternehmen sind indeß der Verwirklichung noch
nicht so nahe gerückt, daß in Bezug auf die Stromlief-rung für
dieselben zu Gunsten unseres städtischen Elektrizitätswerkes jetzt
schon mit sicheren Faktoren gerechnet werden könnte. Die nach
dem Projekte zu erstellende Centrale reicht für etwa 8000 gleich-
zeitig brennende oder ungefähr 18000 angeschlossene Lampen zu
16 Kerzen oder deren Aequivalent aus. Sie wird mit zwei
Maschinen zu 360 bis 450 Pferdekräften sowie mit drei Kesseln
zu 160 Qm. Heizfläche ausgestattet. Das unterirdisch zu ver-
legende Kabelnetz ist für etwa 29 Kilometer Straßenlänge be-
rechnet. Als Bauplatz für die Centrale ist die nordöstliche Ecke
des Gaswerksgrundstückes (bisheriger Dienstgarten des Direktors)
vorgesehen. Das Akkumulatorenhaus soll an der Eppelheimer.
das Maschinenbaus an der Gaswerkstraße liegen, während Kessel-
haus und Gradirwerk nach dem Hof zu erstellt werden sollen.
Für Versorgung der Heidelberger Straßenbahn sowie der in Aus-
sicht genommenen Bahn Heidelberg—Wiesloch mit elektrischem
Strom sind die nöthigen Vorkehrungen getroffen. Beide Unter-
nehmungen können nach Aufstellung weiterer Kessel und Maschinen
in den projektirten Bauten mit passendem Strom versehen werden.
Dagegen wäre für eine etwaige Versorgung weit abliegender Ob-
jekte (Handschuhsheim, Schlierbach, Ziegelhausen oder elektrische
Bahn Mannheim—Heidelberg) entweder noch eine weitere besondere
Drehstrommaschiue oder eine doppelte Umformung nöthig. Der
Antrag des Stadtraths geht dahin: Verehclicher Bürgerausschuß
wolle die Errichtung eines städtischen Elektrizitätswerkes in
Heidelberg nach Maßgabe unserer Vorschläge gutheißen, den
zwischen dem Stadtralh und der Allgemeinen Elektrizitätsge-
gesellschaft in Berlin abgeschlossenen Vertrag genehmigen und
der Deckung des voraussichtlich erwachsenden Gcsammtaufwandes
von 1000 000 Mark ans Anlehensmitteln zustimmen.
chch Kunstverein. Unser einheimischer Künstler, Herr Guido
Schmitt, hat die Ausstellung mit einem reizenden Bilder-
cyklus — die vier Jahreszeiten darstellend — beschickt. Es sind
4 Frauen in den entsprechenden Lebensjahren: ein Mädchen in
knospender Schönheit, eine voll erblühte junge Frau und Mutter,
eine Frau in den Vierzigern und eine Greisin mit dem Enkel-
kind. Jede der Gestalten hat Beigaben erhalten, die zu der
Jahreszeit passen. Die Idee ist poetisch und doch fest bestimmt
durchgeführt. Man vertieft sich gerne und mit steigender Be-
friedigung in die Betrachtung dieses neuen Werkes unseres
fleißigen und talentvollen Mitbürgers. Hr. Schmitt hat außerdem
eine Kohlenzeichnung — drei Schwestern darstellend — eingesandt,
die in ihrer meisterhaften Ausführung eine lebendige Sprache
redet und Zeugniß ablegt nicht nur von seiner Kunst, sondern
auch von seiner brüderlichen Liebe. Sehr bemerkeuswerth
ist auch das von ihm ausgeführte Herreuportrait. — Unter
den weitern, neu ausgestellten Oelgemälden sind besonders
ein flott gemaltes Blumenstück von Frl. Marie Leopold hier,
dann ein gleiches von Resi Borgmann u. A. zu nennen. Mathias
Schmid, F. Schlesinger und Stephan Kern sandten interessante
Genrebilder» während W. Fritzel und einige Andere gute Land-
schaften bringen. Die Oelgemälde und Zeichnungen von Frln.
Georgine Nnhn sind morgen zum letzten Mal ausgestellt; es
wäre zu wünschen, daß die vielen Freunde und Bekannten der
wirklich tüchtigen Künstlerin sich diese Arbeiten ansehen und auch
etwas kaufen möchten, da der Künstlerin sonst der Glaube an den
Kunstsinn ihrer Vaterstadt verloren gehen müßte. Es ist über-
haupt wenig erfreulich, daß bei dem Vielen, was der Kunstverein
auch in diesem Jahre schon geboten hat, so wenig gekauft wird.
Der Besuch des Knnstvereins darf mit Recht nur bestens
empfohlen werden.
** Postalisches. Das Verzeichniß der Postkurse mit Personen-
beförderung vom 1. Mai d. I. ist erschienen. Für hiesige Gegend
bringt es keine nennenswerthen Aeuderungen gegenüber den be-
stehenden Kursen. Aus dem Verzeichniß ist in Folge d:r Eröff
nung der Albthalbahn der bisherige Kurs Ettlingen-Langenstein-
bach verschwunden.
** Der Wasserstand des Neckars hat eine bedeutende Höhe
erreicht und die tiefer gelegenen Stellen des Vorlandes sind
überschwemmt. Von Heilbronn wird noch weiteres Steigen ge-
meldet ; die Schifffahrt erleidet eine Unterbrechung, auch das im
Gange befindliche Aufschlagen der Badeanstalten ist gehemmt.
Weiter bedrohlich ist die Sache nicht, und wenn der Regen aus
hört, werden sich die Wasser bald verlaufen.
* Das Romanfeuilleton findet der Leser im heutigen
zweiten Blatt.
— Polizeibericht. Ein Schreinerlehrling wurde wegen Dieb
stahls und eine Mannsperson wegen Bettelns verhaftet.
/X Wiesloch, 22. April. Als der 16jährige Sohn des Fuhr
manns Eckert in Altwiesloch gestern Nachmittag eine Fuhre
Mergel für die hiesige Thonwaarenfabrik an der sog. „Bayerthaler
Steige" laden wollte, stürzte eine große Masse dieser Erdart so
herunter, daß der junge Eckert vollstänig davon verschüttet
wurde. Derselbe war natürlich sofort eine Leiche. Man brauchte
gegen zwei Stunden, bis der Verunglückte ausgegraben war.
Der kränkliche und vom Schicksal schon oft schwer heimgesnchte
Vater desselben wird allgemein bedauert.
Zwingenberg a- d. B., 17. April. In den Neuen Hessischen
Volksblattern lesen wir: Der altbekannte, namentlich in Juristen
kreisen sehr beliebte Gasthof „zum Löwen" ist, wie schon
mitgetheilt, in anderweitigen Besitz und zwar in denjenigen des
Herrn Trau aus Heidelberg käuflich übergegangen. Wir
freuen uns, daß nun dieser Gasthof der alten „Accessistenschule
Zwingenberg" und des so schön gelegenen Städtchens am Fuße
des Melibokus wieder durch einen gewandten und zuvorkommenden
Gasthalter bewirthschaftet wird. Der Gasthof „zum Löwen" soll
nun allmählich vollständig neu umgewandelt werden, so daß sich
in nicht allzu ferner Zeit dieser Gasthof einem jeden anderen
unserer schönen Bergstraße würdig an die Seite stellen kann.
Der jetzige Gasthalter Herr Trau und dessen umsichtige Gattin
sind gerade die geeigneten Persönlichkeiten, diesen alten Gasthof
wieder auf seine frühere, des alten „Zeitgeistes" Höhe zu bringen.
Jedem Besucher Zwingenbergs kann heute der „Löwe" nur warm
empfohlen werden und es wird wohl nicht lange dauern, so wird
auch unser schönes Städtchen mit den anderen Kurorten der
Bergstraße wieder vollständig rioalistren. Auch das Gasthaus
„zur Traube" wurde in letzter Zeit für den Fremdenverkehr
vorthcilhaft renovirt und kommt in demselben echtes Münchener
Bier zum Ausschank. Ueberhaupt macht Zwingenbecg, dem elek
irisches Licht in naher Aussicht steht, in den letzten beiden Jahren
lobenswerthe Fortschritte, denn mehrere Fremden haben sich
angekauft. Hoffentlich wird nun auch die Gemeinde sich all
mählich herbeilassen und für bequeme Wege in das Gebirge
sorgen, was für die fernere Entwickelung Zwingenbergs von
größter Bedeutung ist.
LI Unter-Schönmattenwag. 22. April. Herr Jagdaufseher Peter
Beisel im nahen Brombach hatte gestern das Glück, ein Pracht-
exemplar von einem Hirsch zn erlegen, das nicht weniger als
212 Pfd. wog.
^ Mannheim, 21. April. (Stra fkam mer.) 1. Die Fabrik-
arbeiter Peter Ren sch und Ludwig Klingmann vonjNußloch
waren vom Schöffengericht Heidelberg wegen Körperverletzung zu
3 bezw. 1 Woche Gefängnis verurtheilt worden. Auf seine
Berufung hin wurde Renschs Strafe auf 8 Tage festgesetzt. Die
Berufung Klingmanns wurde als unbegründet verworfen. — 2,
Der 22 Jahre alte Taglöhner Georg Lenz von Heidelberg stieg

am 12. März d. Js. durchs Oberlicht in die Küche des Stadt«
gartenrestaurants ein und trat mit mehreren Flaschen Dessert-
weinen und 3 Kistchen besserer Cigarren im Betrage von 40 Mk.
den Rückzug an. Das Urtheil gegen den bisher noch Unbestraften
lautete auf 5 Monate Gefängniß. —3i Der 19 Jahre alte
Maurer Maurer Friedrich Brandelvon Handschuhsheim wandte
sich im Februar d. Js. mit einem Eifer dem Diebeshandwerkzu,
der einer besseren Sache würdig gewesen wäre. Er brach kurz
nacheinander in verschiedene Garten- und Feldhänschen auf
Handschuhsheimer Gemarkung ein und nahm u. a. ein dem Feld-
hüter Hebert gehöriges doppelläufiges Gewehr im Werthe von
70 Mk., verschiedene Flobertgewehre, Kleidungsstücke u. s. w. weg.
In der Nacht vom 5. zum 6. März entwendete er ans der Rauch-
kammer des Landwirths Heinrich Grün I ca. 70 Pfd. Dürrfleisch,
und aus dem Speicher des Landwirths Friedrich Grün 9 Pfd.
Zwetschgen. Eines der gestohlenen Gewehre schenkte er dem
heute Mitangeklagten 25 Jahre alten Maurer Johann Reinig,
der ihm auch in der Nacht vom 8. auf 9. Febr. d. Js. half, aus
dem Schweinestall des Landwirths und Metzgers Friedrich Neu-
reicher 4 Stallhasen zu stehlen. Brandel war geständig, Reinig
leugnete. Das Gericht verurtheilte Brandel zu 8 Monaten. 7
Wochen Gefängniß und 4 Wochen Haft, Reinig zn 8 Wochen Ge-
fängniß
Mannheim, 21. April. In der Angelegenheit der Ab-
leitung der Mannheimer Schmutzwässer in den
Rhein hat, wie die Südd. Reichskorr. erfährt, das Großh. bad.
Ministerium des Innern nunmehr auf den von den Städten
Mannheim und Worms gegen das Bezirksrathserkenntniß vom
14. Juli v. I. eingelegten Rekurs im Sinne der von der zweiten
Sachverständigen-KomMission vorgeschlagenen Verschärfung
hinsichtlich der Reinigung der Abwässer Entscheidung ge-
troffen. (Damit werden der Stadt Mannheim zwar erhebliche
Mehrkosten auferlegt, die Verunreinigung des Rheines, gegen die
Worms mit Recht protestirt, aber nicht beseitigt. Red.)
Eingesandt.
Heidelberg, 22. April. Zum Zwecke der Verlängerung der
Häusserstraße von der Kronprinzen- nach der Allee-
Straße wird zur Zeit an der Ausebnung der schon auf-
gefüllten Straßenstrecke gearbeitet. Zu solchen Auffüllungen soll
bekanntlich aus technischen und aus sehr schwerwiegenden hygieini-
schen Gründen nur Material verwandt werden, das frei von allen
organischen Stoffen ist. In den öffentlichen Aufforderungen
zum Auffüllen wird diese Bestimmung nun zwar regelmäßig und
ausdrücklich betont, aber von den Fuhrleuten aus Bequemlichkeit
leider gac oft nicht beachtet.
Ein Blick auf die fragliche Straßenstrecke zeigt z B. einen
solchen Fall; auch da besteht ein Theil des flüllmaterials aus
organischem Unrath aller Art, der denn doch nicht in eine
Straßenauffüllung gehört. Zudem kommt noch, daß diese Auf-
füllung an einer sehr besuchten Stelle liegt. Einmal steigen viele,
nach Kirchheim Gehende täglich darüber hinweg, und dann halten
sich die zahlreichen Spaziergänger darüber auf, die ihren Weg
durch die Häusserstraße daran vorbei nach dem Kirchhofe,
Speyererhof u. s. w. nehmen.
Eine strengere Handhabung der bezüglichen gesetzlichen Be-
stimmungen möchten wir also dringend empfehlen.
Kleine Zeitung.
g. Zeitgemäße Betrachtungen Man munkelt, daß die
Schwalben sich — schon da und dort gezeigt; — doch sei ihr
Sinn noch unruhig, — dem Bleiben nicht geneigt. — Geduld,
Geduld, es kommt der Tag, — er ist schon jetzt zu schan'n —
da Schwillbchen wieder bauen mag — sein Nest in Deutschlands
Gau'n. — Die heule noch vereinzelt, scheu — zur Kundschaft
vorgeeilt, — sie sieht man morgen, meiner Treu — in Schaaren
schon vertheilt. — So sendet auch der Wahrheit Macht — (ein
Blinder, der's nicht säh'!) — eh' sie zertheilt der Lüge Nacht —
die Boten ihrer Näh' — zu künden bald im Flüsterton, — bald
mit Dromentenstoß, — sie wäre auf dem Wege schon — erleuch-
tend, sieghaft, groß! — So hat der Wahrheit Morgenroth — in
Frankreich sich gezeigt, — des armen Dreyfus bängste Noch -
und lange Qual verscheucht. — So hat der feste Lügenthurm -
bedenklich schon gekracht,— den unsere Vettern sich zum Sturm-
auf uns zurecht gemacht — in jenem fernen Jnselreich, — das
man Samoa nennt;—der Wahrheit Sonne schmolz ihn weich —
wie man schon jetzt erkennt. — Ja, ja, die Wahrheit hält nichts
auf — Versuch' es lieber Keiner, — sonst fällt er ihrem
Siegeslauf — zum Opfer. Fidel Greine r.
— Bismarcks Gebet. Folgende ergreifende Episode aus den
letzten Tagen des Altreichskanzlers Fürsten Bismarck ist zwar
nicht ganz neu, verdient aber nach der Erzählung eines nahen
Verwandten des fürstlichen Hauses, auch in ihren Einzelheiten
bekannt zu werden. In den letzten Tagen vor dem Hinscheiden
des Fürsten vflegte seine Tochter, die Gräfin Rantzau, Abends
dem Vater vor dem Schlafengehen noch einen Besuch in seinem
Schlafzimmer zu machen und ihm „gute Nacht" zu wünschen;
wenn sie dann die Stube verlassen hatte, hörte sie vom Gang
aus, daß der Fürst laut ein kurzes Gebet sprach. Eines Abends
begann er damit, als die Thüre noch nicht ganz geschlossen war,
und so hörte dann die Gräfin des Vaters Worte, die lauteten:
„Mein Gott schenke mir ein leichtes Ende und schütze das deutsche
Reich".
— Berlin, 2l. April. Der Geograph und Kartograph Prbi
Heinrich Kiepert ist heute früh hier gestorben.
— Brüssel, 21. April. Die internationale afrikaN-
Antialkoholkonferenz ist gestern hier zusammengetreten.
Elf Mächte sind vertreten. Auf Vorschlag des englischen Ge-
sandten wurde Staatsminister Baron Lambremond zum Vor-
sitzenden gewählt. Die Conferenz wird heute ihr Programm
feststellen. Deutschland ist vertreten durch den Gesandten Grasen
Alvensteben, Geh. Rath Dr. Goering und den Bezirkskomniiff^
von Victoria-Kamerun, Boeder.__
Theater- und Kunftnachrichten.
Mannheim sGroßh. Hof- und Nationaltheater," Sonntag'
23. April: „Tell." (Oper.) Montag, 24. April: „Die bezähm^
Widerspänstige." (Lustspiel.)
Karlsruhe. (Großh. Hoftheater.) a. Im Hoftheater in Karls-
ruhe : Sonntag, 23. April: „Der Trompeter von Säckingefl-
Dienstag, 25. April: „Der Sturm." Donnerstag, 27. Apr"'
Zum ersten Male: „Der Bärenhäuter." Von Siegfried Wog»?,.
Freitag, 28. April: „Zar und Zimmermann. Samstag, 29- AM'
„Brunhild." Sonntag, 30. April: „Aida." — b. Im Thea>e
in Baden-Baden: Freitag, 28. April: „Brunhild."_
Handel und Verkehr.
Mannheim. 21. April. (Aktien.) Oberrh. Bank 126.20 A
Rheinische Lreditbank 146.— G. Rheinische HypothekenbM
166.— B, Heidelberger Aktienbrauerei 137.— B. Schrödli«
Brauerei-Aktien 147.— B. Portland -Cementwerk Heiden^
166.— G. Mannh. Bank 133.— G. Bad. Anilin- u. SodaE
—- B. 448.— G. Westerregel Alkali-Werke Stamm 216.—
dto. Vorzugs 106.— G- Verein deutscher Oelfabriken 111.90
Waghäusler Zuckerfabrik 62.25 G. Mannheimer ZuckerraW"
117.— G. Mannheimer Aktienbrauerei 172.— G. Eichbaü«
Brauerei 179.— G. Bayrische Brauerei Schwarz 117.50 .
Brauerei Sinner 270.50 B. Ganter's Brauerei Freib»
118 - G. ,.hr.
Frankfurt, 21. April. Effektensocietät. Abends 6'/«^ isiz
Oesterr. Credit 222—222.60 b. Diskonto-Kommandit 194.90 ^
195.10 b. Darmstädler Bank 151 B 150.90 G. Deutsche 2- y.
209.80—210 b. Dresdener 160.20 b. Nationalbank 144.50—8" h,
Ottomane 115.20 B. 10 G. Berliner Handelsgesellschaft 164-2"
Berliner Bank 118.40 b. G. Effektenbank 123.50 b. G. Oeü
Staatsbahn 153.90—154.30 b. Lombarden 25.80—26 b. A:
Hard-Aktien 144.20—30 b. Schweizer Central 142—142--A,v.
Schweizer Nordost 97.90-98.10 b. Schweizer Union 76.70-»"
 
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