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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0438
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Präsidenten durch den Umstand, daß dieselben das Aner-
bieten annehmen, sich schon jetzt pensiomren zu lassen und
drei Jahre lang den vollen Gehalt fortzubeziehen. Neben
dem Oberlandesgericht werden noch die Landgerichte Ko n-
stanz, Karlsruhe und Mannheim genannt. Neben
den Präsidenten sind es auch noch eine Anzahl Räthe,
welche die gleiche Bereitwilligkeit ausgesprochen haben.
Man scheint demnach als sicher anzunehmen, daß die zu
erwartende Gesetzesvorlage von der Kammer angenommen
wird.
L. 0. Karlsruhe, 24. April. Heute tagte hier der 16. Ver-
bandstag der landwirthschaftlichen Konsumvereine
unter dem Vorsitz des Kommerzienraths Reiß. Anwesend waren
260 Delegirte von 456 Vereinen. Nach einer Begrüßungsan-
sprache des Ministerialraths Dr. Krems erstattete Verbands-
sekretär Rtehm den Jahresbericht. Darnach sind im Jahre 1898
dem Verband neu hinzugctreten 42 Vereine; der Verband ver-
einigt jetzt 442 Genossenschaften mit rund 26000 Mitgliedern.
Im Bericht wird den badischen Genossenschaften der Dank aus-
gesprochen, daß sie der auf dem letzten Verbandstag beschlossenen
Parole, kein Thomasmehl zu kaufen, gefolgt haben, da hierdurch
die in Aussicht stehende bedeutende Preissteigerung Hintertrieben
wurde. Der Kassenumsatz balancirtc mit rund 1580000 Mk. in
Einnahmen und Ausgaben. Der Werth der vermittelten Maaren
betrug 1400000 Mk. <140000 Mk. mehr als im Vorjahre). Es
wurden bezogen 315530 Ctr. Düngemittel, 1(5942 Ctr. Futter-
mittel, 6855 Ctr. Sämereien. Saatgetreide und Kartoffeln; ferner
21000 Rebpfähle, 22000 Maschinen und Gerüche. — In den
um 4 Mitglieder erweiterten Vorstand wurden gewählt: Sänger -
Diersheim, H aus er-Dettighofen, Blessing-Villingen, A.
M ü l l e r - Thtengen. Die ausscheidenden Mitglieder wurden
wiedergewählt. — Nach einem Vortrag des Geh. Hofraths
Neßler überdas „Schwefelnder Trauben" wurden dem Vorstand
verschiedene Anträge aus dem Verband zur weiteren Behandlung
unterbreitet. Sodann folgte der Rechnungsnachweis, worauf
die Versammlung mit einem Hoch auf Kaiser und Großherzog
geschloffen wurde.
Preußen. Berlin, 25. April. Der Bezirksausschuß
verhandelte heute die Klage des Berliner Magistrats
gegen den Polizeipräsidenten wegen Versagung der
Bauerlaubniß des F r ied h o fp o r ta ls der März-
gefallenen. Der Vorsitzende, Geh. Rath Kahler, er-
mahnte die Parteien zur Einigung. Das Vorgehen des
Magistrats lasse erkennen, daß er lediglich beabsichtige,
dem Friedhof eine würdige Gestalt zu geben. Irgend-
welche monumentale Verherrlichung der Revolution sei
nicht beabsichtigt. Der Magistrat möge einen anderen
Entwurf einreichen, in dem von der Gewohnheit nicht ab-
gewichen wird, daß auf dem Portal der Friedhöfe wohl
der Stand des Eigenthümers, nicht aber eine Bezeichnung
der Begrabenen angegeben ist. Der Vorsitzende schlägt
deshalb zur Ermöglichung dieser Aenderung eine Vertagung
vor. Da der Vertagung von keiner Seite widersprochen
wird, beschließt das Gericht demgemäß.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Dem Hauptlehrer Karl Hof map er in St. Blasien
wurde die etatmäßige Amtsstelle eines Musiklehrers an der
Lehrerbildungsanstalt in Meersburg übertragen.
— (Erste juristische Staatsprüfung.) Auf^Gruud
der im Frühjahr 1899 abgehaltenen ersten juristischen Ttaats-
prüsuug sind folgende Rechtskandidaten zu Rechtspraktikanten
ernannt worden: Hans Bartnmg aus Chemnitz, Josef Baumann
aus Bodwan, Erich Becker aus Bruchsal, Emil Berrsche aus
Oppersheim, Max Castenholz aus Metz, Waller Degen aus
Hügelheim, Karl Delcker aus Durlnch, Otto Ehemann aus Wall-
dürn, Dr. Salo Friedmann aus Posen, Ludwig Ganter aus
Freiburg, Valentin Geiler aus Mannheim, Karl Grindiger aus
HLfingen, Wilfried Hartmann aus Pforzheim, Ignaz Hirt aus
Gutinadingen, Andreas Ihle aus Bruchsal, Eugen Jmyoff aus
Görwihl, Karl Kälberer aus Gaiberg, Wilhelm Kästner aus
Freiburg, Otto Kiefer aus Oberbaldingen, Oskar Kiefer aus
Freiburg, Heinrich Köhler aus Wolfach, Karl Krauß aus Mann-
heim, Hermann Krieg aus Karlsruhe, Emil Kutruff aus
Heidelberg. Kamill Lauck aus Sinsheim, Otto Leers aus
Heidelberg, Arthur Levis aus Karlsruhe, Karl Lorenz aus Karls-
ruhe, Richard Lutz aus Pforzheim, Adolf Marx aus Heidels-
heim, Fritz Meichxlt aus Donaueschingeu, Karl Müller aus
Bonndorf, Otto Müller aus Siensbach, Hermann Rüdiger aus
Kaiserslautern, Wilhelm Rothfcitz aus Bruchsal. Fritz Rüde aus
Pfullendorf, Karl Sanier aus Wertheim, Hermann Schieck aus
Neckarbischofsheim, Ludwig Schultz aus Herxheim, Adolf Schu-
macher aus Pforzheim, Karl Sidler aus Sinsheim, Christian
Specht aus Lichtenau, Isidor Strauß aus Ulm, Franz Walter
aus Mannheim, Friedrich Wenz aus Königsbach, Pius Wetzel
aus Häg, Arthur Weygoldt aus Lörrach, Josef Winter aus
Dürrheim, Ottmar Woblgemuth aus Karlsruhe, Gustav Wöhrle
aus Gutach, Johann Wolfhard aus Mannheim, Friedrich Wall
aus Philippsburg, Dr. Emil Ziegler aus Hardheim, Heinrich
Zitsch aus Triberg.

Ausland.
Oesterreich. Wien, 22. April. Zur Abfallbe-
wegung wird gemeldet: Am letzten Sonntag (16. April)
traten aus Turn bei Teplitz 50 Personen zum Prote-
stantismus über, im Ganzen bisher 100, die mit den
älteren Protestanten zusammen einen Kirchenbauverein ge-
gründet und ein Grundstück für die künftige protestantische
Kirche am Marktplatz um 12 000 fl, bereits angekauft
haben. — In Schwaz bei Bilin, der Sommerresidenz
des Prager Cardinals, konnte der altkatholische Pfarrer
Adalbert Schindelar am Ostersonntag mehr als 100 Alt-
katholiken, darunter 30 neuen, das Abendmahl spenden.
Im Ganzen wird die Zahl der Altkatholiken in Nord-
böhmen Ende 1898 auf 11579 angegeben. In Villach-
Steiermark traten diesen Sonntag 13 Personen zum
Protestantismus über. InKarbitz empfingen 50 Personen
das Abendmahl von einem protestantischen Pfarrer. Der
neuen evangelischen Gemeinde in Karbitz wurden verschiedene
Altargeräthschaften von sächsischen Gemeinden gewidmet,
die das Vaterland sorgsam notirt. Außerdem fahren die
klerikalen Provinzblätter fort, Listen der Uebertretenden mit
Namen, Charakter, Abstammung zu veröffentlichen. Die
Pfarrämter wurden in einigen Bischofssprengeln auch an-
gewiesen, übertretende Beamte und Abhängige den Behörden

bieten auch dem Fachmann werthvolle neue Gesichtspunkte. Ganz
vorzüglich ist die Darstellung der Entstehungsgeschichte dieser
Dramen, und als ein Gelehrter, der auf der Höhe der modernen
Literaturwissenschaft steht, bleibt Professor Brandt nicht bei der
trocknen Aufzählung der Daten und Thatsachen stehen, sondern
weiß stets das gelehrte Material für das intimere ästhetische Ver-
ständniß des Dichterwerkes nutzbar zu machen.

anzuzeigen. Andere Pfarrämter verweigern in höherem '
Aufträge die Ausfolgung von Taufscheinen.
Frankreich. Paris, 25. April. Der Figaro ver-
öffentlicht die Aussage des Hauptmanns Cu i gn et, der von
General Gonsemit der Sichtung derAktenstückcin der Angelegen-
heit Dreyfus-Esterhazybeauftragt war. Als Cavaignac Kriegs-
minister wurde, beauftragte dieser ihn, einzelne Stücke der
Drcyfusakte zu prüfen. Dabei wurde eine Fälschung ent-
deckt, in welcher der Name Dreyfus ausgeschrieben stand.
Cuignet sagt in sehr belastender Weise über Paty de Clam
aus und spricht die Ueberzeugung aus, daß Paty de Clam
der Urheber der Fälschungen Henrys sei. Ferner
habe Paty de Clam zweifellos den mit Weyler Unter-
zeichneten falschen Brief, durch den Dreyfus belastet sein
soll, sowie die mit „Blanche" und „Speranza" Unterzeichneten
Telegramme geschrieben. Uebrigens habe du Paty de Clam
bereits lange vor der Drcyfusfache sich verschiedener an-
rüchiger Machenschaften schuldig gemacht, die sehr schlechtes
Licht auf ihn würfen. Cuignet glaubt übrigens, daß das
Bordereau von Dreyfus hcrrühre.
Avignon, 25. April. Als Pressenso, der gestern
hier einen Vortrag gehalten hat, worin er die Revision
des Dreysusprozeffes befürwortete, heute früh in offenem
Wagen abreisen wollte, wurde er angegriffen und durch
einen Faustschlag am Kopfe verletzt. Er kehrte sofort in
die Stadt zurück, um die Klage zu erheben. Bei der
Ankunft auf der Mairie fanden verschiedene Kundgebungen
tatt.
Italien. Rom, 24. April. An dem Grabe Gari-
baldis trat gestern Garibaldis Tochter Teresita, die
Gattin des Garibaldianer-Generals Canzio, auf den König
zu mit den Worten: „Majestät, bei dem Grabe meines
Vaters bitte ick Sie, amnestiren Sie die politischen Ver-
urtheilten." Der überraschte König erwiderte, ein solcher
Akt der Milde läge ihm nicht fern. Er werde ihn bei
passender Gelegenheit ansführen.
Asien. Peking, 23. April. Es wird täglich klarer,
daß die chinesische Regierung reactionärer wird.
Ihre Haltung gegenüber den Ausländern droht unerträg-
lich zu werden. Das Tsungliyamen besteht jetzt aus
Männern ohne Einfluß und politische Kenntnisse, deren
Anstellung ein Theil des Planes der Kaiserin-Wittwe ist,
den Verkehr mit den Ausländern zu erschweren. Ver-
sprechungen des Tsungliyamen sind, wenn sie nicht durch
den von bitterer Fremdenfeindschaft erfüllten Großen Rath
gebilligt werden, werthlos. Somit wird das Tsungliyamen
lediglich zum Sündenbock. Die ausländischen Vertreter
klagen darüber, daß die Verhandlungen mit dem Tsung-
liyamen die reine Zeitoerschwenduug seien. Man darf an-
nehmcn, daß bei Fortdauer dieses Zustandes ernste Gegen-
vorstellungen unmittelbar an die Kaiserin gerichtet werden.
Amerika. Nach einem Berichte des Bureau Reuter
aus New-Iork vom 23. d. M. hat Kapitän Coghlan
in seiner zweiten Rede am Samstag im Army and Navy
Club u. A. Folgendes erzählt:
Ich will heute Abend nur einige Worte sagen, weil das, was
ich gestern Abend gesagt habe, bei Einigen in Washington Anstoß
erregte und die dagegen protestirt haben. Was ich gestern Abend
sagte, ist wahr, und bin ich bereit, es zu wiederhole». Ich sagte
es, weil ich es fühlte. Ich bin sicher, daß Alle fühlten, daß
wir in Manila genörgelt wurden. Wir wurden fast zu Tode
genörgelt. Es giedt etwas, wie die Nörgelei zu weit kreiden,
und Gott verdamme mich, wir waren in Bereitschaft für sie (die
Deutschen). Ich hatte viel in den Zeitungen über die Vorgänge
an verschiedenen Plätzen auf den Philippinen gelesen und ich
dachte die Zeitungen hätten den großen Alten (Dewey) nicht in
das gehörige Licht gestellt. Aus diesem Grunde hielt ich es für
angezeigt, ihn in sein gehöriges Licht zu stellen. Meine Aus-
lassungen in den Zeitungen sind entstellt; ich will nicht sagen,
daß sie im Wesentlichen unrichtig oder unwahr sind, aber ihr
Sinn ist entstellt. Der Admiral ist ein Mann, der Nörgelei
jederzeit aushalten konnte, aber als der Augenblick erschien, setzte
er derselben ein Ende. Sie (die Deutschen) rührten sich alsdann
nicht mehr. Einmal waren wir so nahe dran, sie zu tödten, daß
ein einziges Wort, eine einzige Handlung dazu geführt haben
würde. Wir waren Alle fähig und mehr als bereit, die Ehre
des Landes aufrechtzuerhalten und bei unserem Admiral zu stehen.
Auf dem Montauk-Club in Brooklyn erwartete
man den redseligen Kapitän vergeblich, denn er hatte mitt-
lerweile den Befehl erhalten, sich ans sein Schiff zn be-
geben. — Alle New-Aorker Blätter mit Ausnahme des
Sun sprechen ihr Bedauern über die Ausschreitung
Coghlans aus. Coghlan erklärte in einer Unterredung,
daß er persönlich für das deutsche Volk und die deutsche
Marine eine große Achtung hege. Bei freundschaftlichen
Besuchen an Bord der deutschen Schiffe vor Manila habe
er mit Vergnügen die Wirksamkeit der Disciplin und die
Schießknnst der Artillerie beim Scheibenschießen gesehen
und selbst in den kritischen Tagen die Deutschen in vielen
Beziehungen bewundert. Seine Bemerkungen über Admiral
v. Diedrichs seien mißverstanden, sein- ganze Rede sei in
ungehöriger Weise von Berichterstattern aufgebauscht
worden.
15. General-Versammlung der landwirthschaftlichen
Kreditgenossenschaften.
8. bl. Karlsruhe, 25. April.
Im großen Eintrachtssaal fand heute der 15. Verbandstag
der Landwirthschaftlichen Kreditgenossenschaften
statt unter dem Vorsitz des Landtagsabgeordneten Oekonomierath
Schmitd - TauberbischosLheim. Derselbe begrüßte in herzlichen
Worten die Anwesenden und besonders die Vertreter der Re-
gierung, Ministerialrath Krems und Regierungsrath Märklin,
sowie die Vertreter der zweiten Kammer.
Verbandsdirektor Bunz erstattete den Jahresbericht, aus
dem ersichtlich, daß der Verband 205 Vereine zählt mit 27 000
Mitgliedern, im verflossenen Jahre sind 39 Vereine mit 2700
Mitgliedern hinzugetreten. Besonderen Dank, so wird in dem
Bericht ausgeführt, gebühre der Regierung, die den Verband in
hervorragender Weise unterstützt haoe, besonders dadurch, daß
die Amortisationskasse ermächtigt wurde, der Geldausgletchkaffe
mit erheblichen Darlehen und zwar bis zu 1 Million Mark zu
billigem Zinsfuß beiziisprtugen. Im Jahre 1897 betrug der
Gesammtumsatz 32787174 Mk., im verflossenen Jahre über
37 Millionen Mk. Der Neservefond betrug Ende 1897 780 337
Mark, die Geschäftsantheile 1568 363 Mk. Der Geldverkehr mit
der Rheinischen Hypothekenbank sei glatt verlaufen und Gesuche
um Krediterhöhuug und Kreditbewilligung wurden bereitwilligst
genehmigt. Der der Ausgleichskasse von der Amortisationskasse

für Darlehen zugebilligtc Zinsfuß betrage 2'., Prozent. Aar
Schluß des Jahres wurde vom Verband der Zinsfuß für Geld-
einlagen auf 3H, Prozent, für Geldentnahme auf 4 Prozent fest-
gesetzt. Der Bericht erwähnt sodann eine Reihe innerer An-
gelegenheiten und schließt mit der Erwartung, daß durch rege
Äutheilnahme der Verband immer weiter blühen und gedeihen
möge. Auf Anregung aus der Versammlung, unterstützt vom
Vorstand, wird eine Deputation dem Minister des Innern
Exz Eiseulohr und dem Finanzminister Erz. Buchenberger den
Dank für die lebhafte Unterstützung aussprechen.
Hofrath Claus, Direktor der Versorgungsanstalt, bringt die
Vortheile der Lebensversicherung zur erneuten Kenntniß und
Seitens der Rheinischen Hypothekenbank ist eine Mittheilung
eingclaufen über ihren Geldumsatz als Geldausgleichstelle, der
im Jahre 1898 von l'/r Millionen Mk. auf ca 4 Millionen Mk-
gestiegen ist.
Mit einem warmen Appell, treu zum Genossenschaftswesen zu
halten, schließt der Vorsitzende die Generalversammlung, die von
131 Vereinen von 205 besucht war.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 26. April.
ZZ Roher Unfug. In der Nacht vom 23. auf 24. April sind
auf der Landstraße nach Wieblingen eine Anzahl Obstbäume von
rohen Händen beschädigt worden. Der oder die Thäter sind noch
nicht ermittelt.
— Polizeibericht Ein Maurer wurde wegen Laudstreicberer
und ein „Künstler" aus Mainz, der auch unsicherer Wehrpflich'
tiger ist, wegen Uedertretung der Gewerbeordnung verhaftet; ein
Gärtner-Gehilfe kam wegen Thätlichkeiten zur Anzeige, ebenso
zwei Arbeiter wegen Unfugs.
O Waldmichelbach, 26. Avril. Von dem Einbrecher Sa-
li ah ini, der, wie wir Mitte Februar berichteten, durch die Um-
sicht der diesigen Gensdaimerie in Köln verhaftet worden ist,
kännen wir heute auf Grund der aus Oldenburg eingegang ne»
Mtttheilungen noch Folgendes berichten: Am 17. Januar kam Z»
dem Uhrmacher und Goldarbeiter Lührs in Oldenburg ein FreM-
der und brachte einen Ring zur Reparatur. Als ander»
Morgens Lührs seine» Laden betrat, war derselbe vollständig
ausgeraubt. Sämmtliche Uhren, Ringe, Ketten, Broschen rc., dff
das Schaufenster schmückten, waren verschwunden. Auch ver-
schiedene Kasten waren erbrochen und ausgeraubt. Die Diebe
waren über den Laden, der das Inster schützt, emporgekommc»
und durch das Oberlicht eingedrungen. Sie haben so vorsichtig
gearoeitet, daß im Hause und in der Nachbarschaft nichts ge'
merkt wurde. Lührs hatte sogleich den Fremden, der den R'.»S
zur Reparatur gebracht hatte, in Verdacht. Derselbe Holle den»
auch den Ring nicht ab. Als Sabadini in Köln verhaftet wurde,
stetste sich alsbald heraus, daß die bei ihm Vorgefundenen GolA
waaren im Taxungswerthe von 6000 Mk. Herrn Lührs m Olde»;
bürg gehörten. Allein dies war nur der kleinere Theil der ist
Lührs gestohlenen Waaren. Nun wurde auch in Bochum s»
Westphaleu ein Koffer entdeckt, der die restirenden dem Lührs »
Oldenburg gestohlenen Waaren enthielt. Sabadini wurde d»
mals von Köln aus zunächst nach Waidshut zur AburtheilMft
eines auch dort veiüblen Betrugs gebracht. Zur Zeit ist «»
badiui in Säckmgen inhaftirt, um auch dort wegen eines Die»
stahls abgeurstieilt zu werden. Daun erst kommt er nach Olde»
bürg. Frau Sabadini kam von Köln aus dwekl in llnten
iuchungshaft nach Oldenburg, wo sie noch in Nummer Siche
sich befindet. Als ihr der anfangs genannte Ring norgeM
wurde, erklärte sie sofort, dieser Ring sei ein Erbstück von ihs».
Mutter, sie habe denselben ihrem Manne geschenkt. Sabad"
hatte also nur den Ring in den betreffenden Laden gebracht, »st
gehörig Umschau halten zn können. Es ist auch sicher, o»»
Sabadini letzten Sommer in der Gastwirthichaft von Jost»'
Knapp hier 800 Mk. gestohlen hat; denn es unterliegt doch SA
keinem Zweifel mehr, daß Sabadini, der noch schleunigst
seiner Festnahme hier ausriß, nachträglich öfter nächtlicher Wen
hier bet seiner Frau Besuche gemacht hat. -
ff Mannheim, 25. April. In der heutigen Sitzung »v
B ür g e r a ussch u s s es wurde der vom Stodirath im Pros-"
Alvary abgeschlossene Vergleich, wonach die Alvaiy'schen ErM
18000 Mark von der Stadt erhalten, angenommen. Fe»» ^
wurden für die Einführung des elektrischen Lichtes im Hofthea-
75600 Mark, als Nachforderung für den SchlachthofneiM»,
154212 Mark, sowie verschiedene beträchtliche Summen für
nastsat onszwecke und für Bereitstellung von Spiel- unv UevunS.
Plätzen für die Jugend bewilligt. Endlich wurde noch dem
scheu dem Skadstarh und der Brüsseler Trambahngesellschaft
geschlossenen Vertrag zugestimmt, nach welchem die Stadt ftderöA
berechtigt ist, die bis znm Jahre 1901 dauernde Conccssion l
die hiesige Trambahn abzulöiea und das ganze Trambahn»^
welches elektrischen Betrieb erhalten und beträchtlich ausgedeh»
werden soll, anzukaufen. . ^
ff Mannheim, 25. April. Mit einem entsetzlichen Rohheit-
exzeß hatte sich heute die hiesige Strafkammer zu beschäftig^
Angeklagt waren 9 Burschen aus Seckenheim. Der Thatbesta)^
ist folgender: In der Nähe des Seckenheimer Bahnhofs >tst
gegenwärtig Anffüllmaterial für die Mannheimer Stadtcrlvcitcr»"
gegraben. Hier war nun für die Arbeiter eine Mannschaft-
baracke znm Uebernachten derselben errichte worden. Die Arde>
wurden mehrfach bestohlen; ihr Verdacht fiel auf den PiitaNS,
klagten Horwedel, der deshalb seine Entlassung erhielt.
sann nun auf Rache. Er hetzte verschiedene Seckenheimer Bnricye
ihm zu helfen, seinen früheren Genossen einen Denkzettel zu
setzen. Am Sonntag den 26. Febr. fielen, sie zuerst über »^
Sandarbeiter Eugen Zollinger aus Rheinsheim her und
mit Fäusten, Stöcken und Trommelschlägeln auf ihn ein, bis ^
Mißhandelte flüchtig ging. Unmittelbar nachher kam UM»
Sandarbeiter Adolf Zimmermann in den Weg. Horwedel ein
diesem seinen Stock, schlug ihn ihm über den Kopf und trat > ^
Füßen auf dem Unglücklichen herum. Nachts 11 Uhr geschah
Hauptschlag. Um diese Zeit traten die Sandarbeiter Gustav
Ludwig Bensinger und Robert Degen den Heimweg vom
nach ihrer Baracke an. Plötzlich ertönte ein Pfiff, und rM
waren die drei Heimkehrenden überfallen. Zwei von ihnen
es zu entkommen, während der dritte, Degen, mit Prügeln
geschlagen und jämmerlich zugerichtet wurde. Das Blut rann
über das Gesicht herab. Hierauf nahmen ihn die Unholde
warfen ihn eine 2 V, Meter hohe Straßenböschung hinab-
einigen noch hinznkommcnden Burschen holten sie dann den ^
glücklichen wieder herauf, schlugen aufs Neue auf ihn em
traten mit den Füßen auf ihm herum. Nachdem man ih»
mit Fäusten traktirt, ihm ins Gesicht gespuckt hotte u. st .p
überließ man ihn seinem Schicksal. Im Laufe der Nacht er " K
Degen das Bewußtsein wieder und schleppte sich nach der -am
Er mußte noch in derselben Nacht in das Krankenhaus
werden, wo er nach zwei Tagen starb. Der am meisten »e-^c
Angeklagte Horwedel wurde zu 3H, Jahren Gefängniß, der
alte Maurer Georg Fuchs zu 2'/, Jahren Gefängniß, der
alte Maurer Georg Meyer zu 1 Jahr 3 Monaten »erur ' ^
Die übrigen Angeklagten erhielten 15 Monate bis zn 4 M
Gefängniß. , ^ n-MtiE
8. bl. Karlsruhe, 26. April. Nach Ermittlung des NA <eU'
statistischen Amtes stehen zur Zeit 304 Wohnungen AA.jgck'
Zum ersten Mal besitzt Karlsruhe seit Oktober v. I- eine . S
maßen respektable Anzahl vyn verfügbaren kleineren .--ft Hx,,»
zimmerigen Wohnungen, wie sie dem Bedürfniß der 'lem "
entsprechen, während die Zahl der verfügbaren 1?""
Wohnungen auch jetzt noch völlig unzureichend ist. . t»
8. bl. Karlsruhe. 25. April. Gestern Nachmittag HM N '
seit etwa 10 Jahren pensionirte, 55 Jahre alte, ledige Recyi ^r
rath Josef H e i l aus Mannheim durch Aufschnerd e"
Bauches mit einem Rasirmesser hier entleibt. Der U S
hat die That augenscheinlich in einem Zustand von Geiß
 
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