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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0527
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Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

>>'. 1l7. Erstes Klstt. SiMstag, den 20. Mai

I89S.

Des Pfingstfestes wegen erscheint die nächste
Nummer am Dienstag.
Haager Abrüstungskonferenz.
Haag, 18 Mai. Die Haager Abrüstungs-
konferenz hat die Geheimhaltung ihrer Berathungen
beschlossen. Nach Mittheilungcn von zuständiger Stelle
wird die Konferenz drei Kommissionen niedersetzen.
Die erste Kommission wird über die Einschränkung
der Rüstungen und der militärischen Ausgaben, die
zweite über die Festsetzung von Kriegsgesetzen be-
rathcn. Die dritte Kommission wird vom praktischen Stand-
punkt aus die wichtigste sein und sich mit der Vermittlung
und dem fakultativen Schiedsspruch zu beschäftigen
haben. Um einen Ueberblick über die Arbeiten der Kom-
missionen zu geben, sind die Schriftstücke aufzuführen, die
als Grundlage der Arbeiten zu dienen haben.
Die erste Kommission wird sich zu beschäftigen
haben 1. mit dem Memorandum des Fürsten Metternich
vom Jahre 1810 über den vom Kaiser Alexander I. von
Rußland unterstützten Vorschlag des Prinzregenten von
England, daß in einer internationalen Konferenz der Normal-
friedensstand der Armee einer jeden Macht festgestellt werden
solle; 2. mit dem Schreiben Napoleons III. an die
Souveräne Europas vom 4. November 1863, in welchem
eine in Paris abzuhaltende Konferenz vorgeschlagen wurde
zur Bcrathung über die Grundlagen einer allgemeinen
Pazifikation; 3. mit dem von Rolin Jacquemins im Jahre
1887 dem Institut für internationales Recht in Heidelberg
gemachten Vorschläge, vom Standpunkte des internationalen
Rechtes aus die Frage zu prüfen, ob cs möglich sei, durch
ein Uebereinkommen zwischen den europäischen Staaten den
Effektivbestand der Armeen und die militärischen Ausgaben
in Friedenszeiten einzuschränken; 4. mit der Meinungs-
äußerung des Professors Lorimer von der Universität Edin-
burg über die Frage der Abrüstung; 5. mit den Be-
trachtungen des Komarowski über die zunehmende Rüstung
Europas; 6. mit der Schrift von Dudley Field über
dauernde Beschränkung der Streitkräfte; 7. mit der Schrift
Merighers über die gleichzeitige allgemeine propositionelle
und progressive Abrüstung: 8. mit der Schrift des russischen
Staatsraths Johann v. Bloch; 9. mit der Schrift Bastians
über die Entlastung im Heere; 10. mit der Schrift des
Fürsten Obolenski über die Idee des allgemeinen Friedens
und der Abrüstung.
Die zweite Kommission wird sich mit folgenden
Schriftstücken beschäftigen: 1. Deklaration des Pariser
Kongresses vom 6. April 1856; 2. Genfer Konvention
vom 22. August 1864; 3. noch nicht ratifizirten Zusatz-
artikeln zur Genfer Konvention vom 20. Oktober 1868;
4. Petersburger Konvention betreffend Verbot des Ge-
brauches gewisser Geschosse; 5. Brüsseler Konferenz von
1874 über Kriegsgesetze und Kriegsgebräuche; 6. dem von
Rußland auf der Brüsseler Konferenz Angebrachten Ver-
tragsentwurf über Kricgsgesetze und Kriegsgebräuche; 7. dem
Oxfordhandbuch betreffend Gesetze über den Landkrieg, ange-
nommen vom Institut für internationales Recht in der zu
Oxford abgehaltenen Berathung von 1»80; 8. Regeln für die
Beschießung offener Städte durch Seestreitkräfte, ange-
nommen vom Institut für internationales Recht in der
Berathung zu Venedig im September 1896; 9. der Er-
klärung Frankreichs und Englands betreffend die Zusatz-
artikel zur Genfer Konvention; 10. Entwurf einer Revision
der Genfer Konvention von Mognier; 11. vorläufigem
Programm, vorgeschlagen durch den schweizerischen Bundes-
rath; 12. Zirkular des niederländischen Ministers des
Aeußeren an die Vertreter der Niederlande vom 13. Februar

1871 betreffend die Bitte der Amsterdamer Handelsbank,
das Prinzip der Unverletzlichkeit von Privateigenthum auf
dem Meere zu billigen und den Begriff Kriegscontrebande
näher bestimmen zu lassen.
Die dritte Kommission wird sich mit folgenden
Dokumenten befassen: 1. Vorschlag des Lord Clarendon
auf dem Pariser Kongreß am 14. April 1856 wegen In-
anspruchnahme der Vermittlung eines befreundeten Staates
vor Anwendung von Gewalt; 2. Antrag Masini, einge-
bracht am 24. November 1875 in der italienischen De-
putirtenkammer, dahin gehend, daß das Institut des Schieds-
gerichts ein allgemein angewandtes Mittel werde, um nach
Gerechtigkeit internationale Streitfragen zu lösen; 3. Ent-
schließung des Instituts für internationales Recht in Be-
treff einer schiedsrichterlichen Klausel, angenommen in der
Züricher Berathung von 1877; 4. Artikel 12 der Gencral-
akte der Berliner Konferenz von 1885 wegen Vermittlung
oder schiedsrichterlicher Entscheidung für Streitfragen im
Congo- und Nigerbecken; 5. dem Entwurf eines Reglements
für internationales Schiedsgerichtsverfahren, vorbereitet vom
Institut für internationales Recht auf der Session im Haag
im Jahre 1875; 6. dem Antrag Dudley Fields auf Ein-
setzung eines Schiedsgerichts; 7. den Grundregeln für eine
Bearbeitung eines internationalen Schiedsgerichtsvertrags,
ausgestellt vom Institut für internationales Recht in der
Brüsseler Session vom Oktober 1895; 8. dem Entwurf
für die Errichtung eines ständigen internationalen Schieds-
gerichshofs, angenommen von der interparlamentarischen
Konferenz von 1897; 9. dem Vertrag von Washington
vom 8. Mai 1871; 10. dem Entwurf zur Errichtung eines
Schiedsgerichts zwischen den Staaten Nord-, Mittel- und
Südamerikas, unterzeichnet in Washington am 18. April
1890; ll. dem Brief Lord Salisburys an den britischen
Botschafter in Washington vom 5. März und 18. Mai 1896
wegen Abschlusses eines Schiedsgerichtsvertrages; 12.
Schiedsgerichtsvertrag zwischen England und den Ver-
einigten Staaten, der zwar abgeschlossen, aber nicht ratifizirt
worden ist; 13. allgemeinem Schiedsgerichtsvcrtrag zwischen
Italien und Argentinien vom 25. Juli 1898; 14. Artikel
55 und 58 der am 2. Juli 1890 auf der Brüsseler Kon-
ferenz Unterzeichneten Gcneralakte; 15. Artikel 23 der
Weltpostkonvention vom 4. Juli 1891; 16. vom Justiz-
kongrcß 1892 in Madrid angenommenen Beschlüsse;
17. Schrift Descamps über Schiedsgerichte.
Die Thätigkeit der Kommission ist selbstverständlich nicht
auf diese Schriftstücke beschränkt.
Haag, 19. Mai. Die Königin und die Königin-
Mutter geben am nächsten Mittwoch den Mitgliedern
der Friedenskonferenz eine Soiree im großen Saale
des Schlosses. — Die Antwort des Kaisers von Ruß-
land auf das Huldigungstelegramm der Friedenskonferenz
wird in der morgigen Sitzung verlesen werden. — Heute
früh hat Baron v. Staal die ersten Vertreter der ver-
schiedenen Länder zu einer Privatbesprechung eingeladen,
um sich über das zugrunde zu legende Programm schlüssig
zu werden. — In der morgigen Sitzung der Friedens-
konferenz wird der Vorsitzende Baron v. Staal eine Ansprache
halten, worin er den Zweck der (Konferenz darlegen und
mehrere Punkte des Programms erläutern wird.

Deutsches Reich.
— Kronprinz Wilhelm will in Plön bei
dem dortigen Drechslermeister Heuer einen Kursus im
Drechslerhandwerk durchmachen. Der Unterricht
beginnt schon in diesen Tagen.
— Laut einem Telegramm aus Peking ist dort am

18. d. durch die Deutsch-Asiatische Bank und die Hong-
kong-Bank namens des deutsch-englischen Syndikats der
vorläufige Vertrag betreffend Bau der Eisenbahn von
Tientsin nach Tsch in-Kiang abgeschlossen worden.
Der endgiltige Vertrag, worin auch der Betrag der zur
Beschaffung der Mittel für den Bau dieser Linie aufzu-
nehmcnden kaiserlich-chinesischen Staatsanleihe festgesetzt
ist, kann erst nach Beendigung der technischen Vorarbeiten
stattfiuden.
Wiesbaden, 19. Mai. Der Kaiser hielt heute früh
eine Gefechtsübung der Garnison ab. Beim Passiren der
Leichtweishöhle wurde der Kaiser von Hunderten von
Schülern begrüßt, denen heute freigegeben war. Das
Frühstück nahm das Kaiserpaar bei dem ehemaligen Ober-
hofmarschall v. Liebenau ein._
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Königlich Belgischen außerordentlichen Gesandten und bevollmäch-
tigten Minister Baron Gr ein dl das Großkrcuz des Ordens
vom Zähringer Löwen verliehen und dem Professor Hermann
Volz an der Akademie der bildenden Künste in Karlsruhe die
Erlaubniß zur Annahme und zum Tragen des ihm verliehenen
Königlich Preußischen Kroncnordens zweiter Klasse ertheilt.
Karlsruhe, 19. Mai. Um 12 Uhr crtheilte der
Großherzog heute dem Königlich Belgischen Gesandten Baron
Greindl eine Privataudienz, in welcher derselbe ein Schreiben
des Königs Leopold II. der Belgier überreichte, worin
Seine Majestät Seiner Königlichen Hoheit die Absicht
äußerte, Seiner Königlichen Hoheit dem Erbgroßherzog
den Königlichen Leopoldorden zu verleihen und dafür die
Zustimmung des Großherzogs wünscht. Der Königliche
Gesandte wurde hierauf auch von Ihrer Königlichen Hoheit
der Großherzogin empfangen. Um 1 Uhr fand zu Ehren
desselben eine Frühstückstafel von etwa 20 Gedecken statt.
Der Gesandte will noch heute Abend nach Koblenz reisen
und wird morgen dem Erbgroßherzog die Militärklasse
des Königlichen Leopoldordens überreichen. Nachmittags
machte der Großherzog einen Besuch bei der Prinzessin
Wilhelm._
Ausland.
Oesterreich-Ungarn. Wien, 19. Mai. In Gegen-
wart des Cardinals Gruscha, des Weihbischofs Schneider,
des Präsidenten des Abgeordnetenhauses Dr. v. Fuchs u.
a. m. wurde gestern eine sehr zahlreich besuchte Versamm-
lung gegen die „Los von Rom-Bewegung" abge-
hackten.
Asien. Hongkong, 19. Mai. Nach Meldungen der
„Times" von hier sind in Wutschau heftige gegen die
Ausländer gerichtete Aufrufe angeschlagen worden,
die besagen, daß sie von den Mandarinen au alle Be-
völkerungsklassen ausgehen. Die Aufrufe enthalten die
Aufforderung, die Ausländer ohne Gnade niederzumetzeln,
und richten sich besonders gegen die Christen._
Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 20. Mai.
X Aus dem Ttadtrath. In den Stadtralhssitzungen
vom 17. und 19. d. M. wurden u. A. folgende Gegenstände zur
Kenntniß bezw. Erledigung gebracht:
1. Die Ernennung des Schlossers Wilhelm Krauß zum Diener
der freiwilligen Feuerwehr dahier wurde genehmigt.
2. Eine beabsichtigte Aenderung an den Plänen über den
Neubau einer katholischen Kirche im westlichen Stadttheile wird
nicht beanstandet.
3. Das Ergebniß der Holzversteigerung vom 15. d. M. mit
einem Erlös von 649 Mk. 10 Pfg. wurde genehmigt.
4. Das Geschenk des Herrn Fabrikanten Fritz Landfried, be-
stehend in einem figürlichen Schmuck für das Giebelfeld des
hiesigen Krematoriums, wurde unter dem Ausdruck des Dankes
angenommen.

Josephiueus Glück-
4) Erzählung von A. von der Elbe.
(Fortsetzung.)
In seinem Verhalten herrschte keine bewußte Berechnung.
Er war ein Kind des Augenblicks und seiner Impulse; er
fühlte und dachte anders im Kreise seiner juristischen Be-
kannten, anders im Verkehr mit Leutnant von Pilar und
wieder anders bei den Steinbergs, gab sich aber selbst keine
Rechenschaft von seiner Chamäleon-Natur.
Wo er auf Scheu oder Mißstimmung traf, ließ er unbe-
wußt alle Künste seiner Liebenswürdigkeit spielen, bis er sich
als Sieger fühlte.
So war Bruno von Delbitz schon manchem jungen Herzen
gefährlich geworden, hatte manche zarten Beziehungen ange-
knüpft, sich aber nirgends fesseln lassen. Sein wärmeres
Empfinden pflegte sich abzukühlen, sobald der Widerstand
seinem leisen Werben und Sehnen gegenüber aufhörte.-
Der Landgerichtsrath fühlte sich von dem lebhaften Wesen
des jungen Hausgenossen so angenehm unterhalten, daß er
bald seine Tagesordnung den Dienststunden seines jungen
Gastes anvaßte.
Auch Josephine begann freundlicher zuzuhören, wenn
Bruno plauderte. Er schien nie die Ahnung zu haben, daß
er stören könne und war in allen Lagen so überaus behaglich,
daß seine Unbefangenheit befreiend wirkte.
Er setzte sich oft neben Josephinens Nähtisch im Eßzimmer,
spielte mit Scheere und Knäulchen, erzählte ergötzlich von
neuen Bekanntschaften und Erlebnissen bei seinen Besuchen
in der Stadt, oder plauderte mit ihr von der gemeinsamen
Jugendzeit.
Er erinnerte sie, wie sie ihm manchmal, um ihm Schelte
zu sparen, die zerrissene Jacke geflickt und versicherte, daß er
nie vergessen könne, wie wohl ihm geworden, wenn sie ge-
kommen sei, ihm vorzulesen als er mit den Masern im Bette
gelegen und sich durchaus habe ruhig halten sollen.
Auch ihr wurden kleine Einzelheiten wieder lebendig. Sie

vergaß die schweren Jahre, die zwischen damals und heute
lagen, fühlte sich merkwürdig verjüngt, begann wieder das
alte schwesterliche oder gar mütterliche Gefühl für ihn zu
empfinden, das sie für den hübschen Jungen gehegt, und über-
sah, was sie Ungünstiges über sein Leben und seine Thorhelten
gehört hatte.
Josephine saß, in ein Buch vertieft, auf der Veranda, als
Bruno mit der Miene eines schüchternen Knaben aus der
Thür des Eßzimmers um die Ecke sah, er hielt die Hand
auf dem Rücken und sagte, daß er mit einer Bitte komme.
.Es wird nichts Arges oder Schwieriges sein," erwiderte
sie freundlich. „Was verstecken Sie denn da so ängstlich?"
„Das ist es ja gerade!" rief er mit gutgespielter Ver-
legenheit und zog endlich auf ihr Zureden, einen Rock von
sich hervor. „Zwei Knöpfe sind abgerissen und ich bin so
schrecklich ungeschickt. Sollte die fleißige Nadel, die sich der
Dreiecke in meinen Jugendkleidern erbarmte, vielleicht auch
jetzt Rath wissen?"
„Welche Umstände! Geben Sie doch her."
„Ach, Sie liebe, gute Josephe! Nun bleiben Sie aber
ruhig sitzen. Ich hole Ihnen Ihr Nähkörbchen: o, ich weiß
alles sehr gut zu finden und dann sehe ich Ihnen wie früher
auf die flinken Hände."
„Sie dürfen sich auch eine Cigarre anzünden, Ihnen ist
ja sonst doch nicht wohl."
„Wird mit Dank angenommen. Die Cigarre ist ein so
nettes Spielzeug."
Er saß neben ihr, sah ihr zu und erzählte von einer Land-
partie, die er gestern im Kollegcnkreise mitgemacht hatte.
Josephine kannte einige der Theilnehmer, hatte sich aber bis
jetzt wenig für deren Umgangskreise intereffirt.-
Am anderen Tage kam es ihr in den Sinn, daß sie doch
wohl ihre alten Sommerkleider einmal durchsehen könne.
Was mochte noch brauchbar darunter sein?
Ihr Vater batte schon ein paarmal gefragt, ob sie denn
nie ihren grauen Sack auszieben wolle? Sie wußte, daß er
es liebte, wenn sie sich gut kleidete, daß er seine ganze Um-
gebung in einer gewissen geschmackvollen Harmonie zu sehen '

mnschte. So wollte sie sich denn seinem Begehren nicht
inger widersctzen.


Kleine Zeitung.
g. Zeitgemäße Betrachtungen. Im Haus zum Busch im
stillen Haag — beginnt ein groß' Berathen, — ob man zu stop-
pen nicht vermag — das Rüsten in den Staaten; — ob man
das Streben, stark zu sein, — nicht kappen kann, daß heiter —
die Mächte sprechen, groß und klein: — bis hierher und nicht
weiter I — Ist der Gedanke nicht famos, — daß, statt sich zu
bewähren — mit allen Kräften, man sich blos — pro rata
braucht zu wehren? — Es wirb fein säuberlich geschätzt, — wie
viel man darf vermögen; — das wird auf Pergament gesetzt, —
der Zar, der giebt den Segen. — Und trat'dann einmal Etwas
ein, — was man nicht dulden könnte, — so schlüg' man im Ver-
hältniß drein — zur Macht, die man uns gönnte. — Der Geg-
ner wäre auch beschränkt, — ans Pergament gebunden; — war'
damit nicht, oh Leute denkt I — der Weg zum Heil gefunden? —
Man reduzirt dann mehr und mehr — im gleichen Maaß die
Heere; — man schwächt im gleichen Maaß die Wehr, — daß
Niemand sich beschwere, — bis daß nur eine Kompagnie — für
jeden Staat verbleibet — für die die Stärk' man ohne Müh' —
prozentual vorschreibet. — Gelöst ist dann die schwerste Frag' —
im Umsehn.— Da sag'Einer, — das, was man da jetzt braut im
Haag, — wär' Unsinn! Fidel Gretner.
— Hochsch ulnachrichten. Leipzig, 19. Mai. Der Pro-
fessor der Philologie und Pädagogik Ludwig Strümpell ist
heute gestorben.
— Elise Polko, deren Ableben wir gemeldet haben, wurde,
wie man aus München schreibt, Mittwoch Nachmittag in aller
Stille ans dem östlichen Friedhöfe beerdigt. Hätte nicht der
Münchener Journalisten- und Schriftstellerverein eine Kranzspende
gewidmet, so würde wohl Niemand geahnt haben, daß der schmuck-
lose Sarg, dem nur wenige Leidtragende folgten, die sterblichen
Ueberreste einer Schriftstellerin barg, die einst zu den meistge-
lesenen zählte.
 
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