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Heidelberger Zeitung — 1899 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 230 - 255 (2. Oktober 1899 - 31. Oktober 1899)
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https://doi.org/10.11588/diglit.39313#0457

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tafeln der Heidelb. Zeitung
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Fernsprech-Anschluß Nr. 82
I8SS.

Erscheint täglich,
sonntags ausgenommen.
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mit Familienblätter«
, .monatlich 50 Pf.
frei in's HauS gebracht.
Durch die Post bezogen
Vierteljahr!. 1.2S
ausschließlich Zustellgebühr.
Zernsprech-Anschluß Nr. 82.
Ai-. 255.

AikilMz, den 31. Gciobcr

Zum neuen Flottenplan.
Der neue Flottenplan wird in der Presse selbst-
redend lebhaft besprochen, aber doch nicht mit dem leiden-
schaftlichen Eifer, der bisher bei der Diskutirung der Ver-
stärkung der deutschen Wehrmacht üblich war. Die Sozial-
demokraten, Demokraten und Deutschfreisinnigen Richter'scher
Observanz möchten sich ob der neuen „ungeheuerlichen Zu-
^uthung" an das deutsche Volk auf den Kopf stellen, allein
ber Versuch es zu thun gelingt ihnen nicht recht und macht
'sinen rechten Eindruck. Der Gedanke, daß Deutschland
Wt nur zu Land sondern auch zur See mächtig sein
Aüsse, hat in den letzten Jahren in Deutschland feste
Wurzeln geschlagen. Man fühlt es, ja man sieht es klar,
baß Deutschlands Zukunft auf dem Wasser liegt. Deutsch-
mnd muß den Dreizack in seine Faust nehmen, wenn es
t«ne ruhige Weiterentwickelung, die so schön im Gange ist,
bchern will. Das sind Gedanken, das sind Empfindungen,
heute ganz Deutschland durchziehen. Hierzu kommt
as Gefühl, daß das arbeitsame, intelligente deutsche Volk
das leisten kann. England gibt für sein geworbenes,
schwaches Landheer jährlich 400 Millionen Mark aus, für
Aue Flotte 500 Millionen, das macht zusammen 900
Millionen. Deutschland gibt für sein unvergleichlich größeres
leistungsfähigeres Landheer 600 Millionen, für
'e>ne Flotte 133 Millionen, zusammen also 733 Millionen
bus. Noch ist uns ja England im Umfang seines Handels
W voraus. Aber die deutsche Handelsflotte ist doch die
Abeitgrößte. Unsere Handelsinteressen, unsere Umsätze
Achsen im Verhältniß schneller als diejenigen Englands.
Mehr wir England im Handel nachkommen, desto mehr
bissen wir ihm auch in der Macht zur See nachkommen.
.. Was in dem neuen Flottenplan vorgeschlagen wird,
nichts weiter, als daß im Schiffsbau in dem Tempo
/^fahren wird, das wir für die drei nächsten Jahre
^gesetzt haben. Das wird Deutschland nicht ruiniren,
?bhl aber ihm ein drittes Geschwader bringen. Sehr
.Zeichnend für die heutige Situation ist, daß selbst Deutsch-
Minnige wie der Abg. Barth ganz unbefangen sich über
Floiteuplan aussprechen. Den Ausschlag giebt das
bntrum. Da ist es nun charakteristisch, daß die Ger-
ania gegen den Plan bis jetzt nichts vorbringt, als daß
nicht vom Bundesrath herrührt, auch nicht von den
/eußischen Ministern oder dem Reichskanzler, sondern
ber deren Kopf hinweg dem deutschen Volke vorgelegt
orden ist. Nun man weiß ja, wer in Marinedingen
/"ib zum Glück die Führung hat. Unter dem alten
^Mser Wilhelm, der nur Landsoldät war, ist die deutsche
wrine nur sehr schwach gediehen.
^ Erwähnt sei noch, daß die englischen Blätter sich
A objektiv über den deutschen Flottenplan aussprcchen,
Ungleich sie durchaus nicht verheimlichen, daß er ihnen
angenehm ist.

Bestellungen
-uf die Heidelberger Zeitung für die Monate November
Dezember werden bei allen Postanstalten, den Brief-
trägern, den Agenten, bei den Trägern in der Stadt, so-
b>ie in der Expedition, Untere Neckarstraße 21, ange-
nommen.
Bezugspreis: monatlich nnr 50 Pfg., frei in's Haus
^bracht; durch die Post bezogen für die Monate Novem-
ber und Dezember, wenn am Schalter abgeholt, 84 Pfg.,
^it Zustellgebühr Mk. 1.14.

Der Krieg in Südafrika.
Die gestrigen letzten Nachrichten gingen dahin, daß der
englische Kommandeur in Ladysmith am Samstag mit
5 Bataillonen Infanterie und 3 Regimentern Kavallerie
einen Vorstoß gegen die die englische Stellung immer enger
umschließenden Buren gemacht habe, ohne indessen einen
Erfolg zu erzielen. Die Truppen haben hierauf die Nacht über
draußen biwakirt. Am Sonntag erwartete man dann
einen ernsten Kampf. Derselbe hat indessen an diesem
Tage nicht stattgefunden. Vielmehr berichtet das Bureau
Dalziel: Als die britischen Truppen gegen den Lombards
Kop, nordöstlich von der Stadt und der Eisenbahn, vor-
rückten, zogen sich die Buren sofort gegen die Grenze des
Freistaates zurück. In Anbetracht der späten Stunde hielt
man cs nicht für gerathen, den Rückzug der Buren zu
verfolgen und nur etwas vereinzeltes Schießen fand statt.
Der Feind zeigte keine Neigung zum Kampf.
Die Buren hatten sich augenscheinlich vorgenommen,
nicht eher zum Angriff zu schreiten, bis sie Ladysmith
vollständig eingeschlossen haben. Im englischen Lager
verwendet man Luftballons zu Recognoszirungszwecken.
Man kann da genau beobachten, wie die Buren einen
vollständigen Ring um Ladysmith zu ziehen suchen.
Ein Bericht meldet: Die Buren bewegen sich süd-
wärts, man glaubt, daß sie Ladysmith umzingeln
wollen. Von den fünf Meilen (km.) südlich belegenen
Hügeln aus sieht man sechs Kommandos, während eine
Truppe unter Joubert sich auf der Straße von Elands-
laagte heranbewegt. Drei kleinere Abtheilungen sollen
gegen die Eisenbahn zwischen Durban und Pietermaritz-
burg vorgehen. Krüger soll in einem eleganten Salon-
wagen zur Front gereist sein und sich bei der Haupttruppe,
welche Joubert befehligt, befinden. Diese Truppe war
am Samstag sechs Meilen von Ladysmith entfernt. Die
Buren konzentriren ihre Kolonnen, errichten Erdwerke aus
Bergen und bringen Geschütze in Position; ihre Zahl zu
schätzen, ist schwer, nach der Größe des Lagers zu ur-
theilen, muß sie aber sehr bedeutend sein. Die Röhren-
leitung von den Wasserwerken bei Ladysmith nach der
Stadt ist zerstört, man hat dafür aber in Ladyshmith sechs
Brunnen gegraben und eine große Centrifugal-Pumpe in
Thätigkeit gesetzt.
Der Nachdruck in dieser Mitiheilung ist auf die Mel-
dung zu legen, daß die Buren schon im Süden von Lady-
smith zu sehen sind. Sie haben also den Ort thatsächlich
umzingelt. Nach Süden zu führt die Bahn und damit
die Rückzugslinie der Engländer auf Pietermaritzburg.
Gestern, Montag, haben die Buren dann den Angriff auf
Ladysmith begonnen. Der erste Bericht von Morgens halb
6 Uhr meldet: Die Kanonade hat soeben begonnen. Die
Buren werfen Geschosse aus Belagerungsgeschützen. Das
Feuer wurde nach 7 Schüssen der englischen Batterien zum
Schweigen gebracht. Die Buren gehen jetzt auf der linken
Flanke der Engländer vor.
In einem Bericht von Nachmittags 3 Uhr meldet der
kommandirende General White, der Franks. Ztg. zufolge:
Ich verwendete heute alle Truppen hier, außer den für
die Arbeiten in der Garnison nöthigen. Ich beauftragte
die zehnte Gebirgsbatterie mit irischen Füsilieren und dem
Gloucester-Regiment, eine Stellung auf den Hügeln zu
nehmen, um meine linke Flanke frei zu machen. Die
Truppe rückte um elf Uhr aus. Gestern Abend und
während des nächtlichen Schießens gingen M^thiere mit
einigen Kanonen durch, die ich jedoch wieder zu er-
langen hoffe. Die zwei Bataillone sind noch nicht zurück-
gekehrt, werden aber heute Abend erwartet. Ich sandte

zwei Brigade-Divisionen der Feldartillerie und fünf Bataillone
Infanterie, unterstützt durch Kavallerie, unter General
French, um eine Stellung anzugreifen, auf der der Feind
gestern Kanonen aufgcpflanzt hatte. Wir sanden, daß diese
Stellung geräumt war, aber unsere Truppe wurde mit
erheblicher Macht angegriffen, und zwar durch,
wie ich gla"be, Jouberts Truppen. Sie hatten viele
Kanonen und zeigten sich in großer Zahl. Unsere Truppen
waren sämmtlich im Treffen und wir trieben den Feind
verschiedene Meilen zurück. Es gelang uns aber nicht,
sein Lager zu erreichen. Unsere Verluste werden auf 80
bis 100 geschätzt, aber die des Feindes müssen viel größer
gewesen sein. Das Feuer unserer Kanonen schien sehr
wirksam. Nachdem unsere Truppen verschiedene Stunden
im Treffen gewesen waren, zog ich diese zurück. Sie
kehrten unbelästigt in ihre Quartiere zurück. Der Feind
ist in grober Zahl und seine Kanonen reichen weiter
als unsere Feldgeschütze. Ich habe jetzt einige
Marinegeschütze, die die besten Kanonen des Feindes, mit
denen er die Stadt von über 6000 Jards aus bombar-
dirte, zeitweilig zum Schweigen gebracht haben und die,
wie ich hoffe, diese stets beherrschen werden.
Man sieht aus diesem Bericht, daß die Lage der Eng-
länder sehr bedenklich ist. Die Buren haben weitreichende
Kanonen, sie bombardiren Ladysmith. Die Engländer aber,
die sich Luft machen wollen, kommen nur schwer an die
Buren heran, und wenn sie sie erreichen, so richten sie
nichts Nachhaltiges gegen sie aus, müssen vielmehr, wenn
sie ermüdet sind, sich wieder zurückziehen.
Es ist klar, daß eine solche Situation für die Eng-
länder sehr bald unerträglich werden muß. Es wird für
die Engländer sehr bald heißen: entweder mit aller Macht
den Belageruugsring zu sprengen, oder den Durchbruch
und Rückzug nach Süden zu versuchen oder sich zu
ergeben.
Die Times meldet aus Ladysmith, das Gerücht erhalte
sich, daß Truppenverstärkungen von Port Natal und Pieter-
maritzburg von den Buren abgeschnitten worden seien und
General White noch nicht erreicht hätten. Pietermaritzburg
soll von Port Natal abgeschnitten sein. Die Schweigsam-
keit des Londoner Kriegsamtes, so fügt das Blatt hinzu,
gebe zu pessimistischen Gerüchten Anlaß.
Nach einer Meldung des Bureaus Reuter aus Pre-
toria ist das deutsche Korps unter dem Hauptmann
von Albedyll reorganisirt und auf seine ursprüngliche
Stärke von 600 Mann gebracht worden.

Deutsches Reich.
— Ter Kommandeur der königlich großbritannischen
1. Royal-Dragoons hat am 26. October an den
Kaiser folgendes Telegramm gesandt: „Ich habe die
Ehre zu melden, daß Ew. Majestät britisches Regiment,
die Royal Dragoons, sich am nächsten Sonntag in Tilbury-
dock nach Südafrika an Bord des Schiffes „Manchester"
begeben wird. Murdock, Oberst und Commandeur der
Royal Dragoons." Hierauf hat der Kaiser geantwortet:
„Ich danke für Ihr Telegramm. Entbieten Sie dem Re-
giment ein Lebewohl. Mögen sie alle unverletzt und wohl
zurückkehren."
— Der Staatssekretär des Reichsmarineamtes Tirpitz
wurde am Montag zum Jmmediatvortrage bei Sr. Maje-
stät dem Kaiser nach Liebenberg befohlen.
— Am 27. d. fand im fünften württembergischen
Reichstagswahlkreis Eßlingen-Kirchheim-Urach eine
Ersatzwahl statt. Eigenartige Umstände haben dazu
geführt. Bei den Hauptwahlen im vorigen Jahre waren

Romanfeuilleton mußte heute Raummangels wegen

Stadt-Theater.
Heidelberg, 30. October.
Juan". Es verdient die höchste Anerkennung, daß
vieir Oper sich wiederum au das grandiose Werk wagt und
tzZ noch, daß mit dem vorhandenen Sängermaterial die große
wesentliche Kürzungen überhaupt fertig und ohne
„herausgebracht wird. Es spricht das Resultat von
hij/" für Direktor Radig's eiserne Energie. Was wir zu
amen, war jedenfalls ein Produkt allseitigen reichlichen
brav hielt sich das Orchester, ganz besonders (im großen
/O kam, dies auch von dem Chor gesagt werden.
den Solisten handelte es sich um ein möglichst glückliches
ofinden mit Aufgaben, welche die größte, vollendete
"Mschaft verlangen.
^/".Zachsten dem Ziel stand Herr Borrts, der einen sehr
id>ki - n Don Juan herausstellte. Er schonte sich allerdings
St/f/ittel des Abends, aber ohne daß diese Dämpfung der
unangenehm auffiel, und gab erst zum Schluß sein
iikhie n her. Er behandelte seinen Part recht geschmackvoll,
tG, Untugenden, wie das viele Staccato-Singen und das Ab-
der Endsilben, abgerechnet.
8ie io ziemlich auf dem Weg zum Ziel ist Fräul. Es sek.
dramatisches Temperament, singt mit Ausdruck und
Aier/M,- von Schwankungen in den Koloraturen abgesehen,
hin/„ M ist es, wie die Stimme oft plötzlich hohl und erschöpft
We n ° dann wieder Klang und Fülle gewinnt. Ihre Gesten
Hoch »Mannigfaltiger werden. Einen viel weiteren Weg Hot
n,! . Szanto zurückzulegeu. Ihre Höhe klingt sehr scharf
W Detoniren. Sie gab sich große Mühe, die aber
zu?" Gelingen führte. Die erste Bedingung für die
M di-r 8 Technik ist die Beschaffung eines Zungen-R's.
S^/?./<muiigcn R wird sic unmöglich durchkommen.
^ouspielerisch hat Herr Dr. Co Pony dem gesungenen

Brakenburg von Ottavio nicht sonderlich nachgeholfen. Stimm-
lich ist ihm recht Gutes nachzusagen. Er hat seine angenehme,
nach der Höhe wirklich schöne Stimme in gutem Vortrag der
schweren Arien auf's angenehmste entfaltet. Nur singt er nach
Tongebung viel zu ungleich, schmettert zu sehr in der ihm be-
quemen Höhe. Und daun dunklere Vocale, nicht so offen flach,
nicht „Himmäl", „gebän" fingen!
Recht ansehnliche Routine scheint Herr v. Borkowsky
(Leporello) zu besitzen. Im Anfang klang die Stimme etwas
matt, der Registerarie gebrach es — auch schauspielerisch — an
Verve. Später entwickelte sich Gesang wie Spiel immer erfreu-
licher. Sehr deutsch klingt sein Deutsch allerdings nicht. Das
bäuerliche Liebespaar, Herr Rudolph und Fräul. He sch, war
nicht genug auf die Oper, viel zu derb auf die Posse gestimmt.
Gesanglich bot Frl. Hesch unter den Damen die erfreulichste und
fertigste Leistung. Schauspielerisch thut sie eher etwas zu viel
als zu wenig. Vor Allem sollte sie ihre seltsamen Schüttel-
bewegungen oblegen. Und dann — ein bischen koketter wird
sich Zrrlinchen schon kleiden.
Die, wie es scheint, beste Stimme bekam man in der kleinsten
Rolle, der des Comturs (Herr Gugel) zu hören.
Szenisch war Einzelnes, wie der Kirchhof und der Ballsaal,
recht hübsch.
Das Publikum würdigte das mit so viel Fleiß Gebotene
und erwies sich außerordentlich anerkennend. vr. 8.

Heidelberg, 31. October.
„Madame Sans GSne", Lustspiel in 4 Akten von
Victorien Sardou.
Es ist wahrhaftig ein Teufelsweib, diese Madame Sans
G^ne; mit ihrer urwüchsigen Schneidigkeit hat sie fertig gebracht,
was nur sehr wenig Anderen gelungen wäre: sie hat au einem
Montag nach einer stark besuchten Sonntags-Opcrnvorstellung
das Theater bis fast zum letzten Platz gefüllt.
Man hatte es lieb gewonnen, dieses ungeberdige Naturkind
mit dem Herzogstitel, als es sich vor einigen Jahren hier zum
ersten Male zeigte und man kam gern, um cs gestern aus's
Neue zu begrüßen.

Es ist keine Kleinigkeit, wenn man nur ein charmantes
Waschmädel und eine saubere Marketenderin war, dann in geretf-
teren Jahren als Herzogin auftreten zu müssen. Immerhin mag
das noch leichter sein, als eine Herzogin mit solcher sehr klein-
bürgerlichen Vergangenheit zu spielen, denn das liebe Publikum
will die Verstöße gegen den Takt und die gesellschaftlichen An-
forderungen recht deutlich sehen und hören und bringt damit die
Darstellerin in die Gefahr, zu dick aufzutragen.
Auch Frl. Klär ist der Gefahr nicht ganz unversehrt ent-
ronnen; in der Scene mit dem Tanzmetster und bei dem
Empfang der Schwestern Napoleons wurde sie etwas über die
Grenzlinie gedrängt, aber das Publikum hatte seine Freude da-
ran, daß Madame Sans GZne als Herzogin sich äußerlich un-
geschickter zeigte, als vordem als Wäscherin. Auf die Gefahr
hin, daß diese Partien der Rolle weniger drastisch wirken, wäre
der Versuch zu empfehlen, die Unbeholfenheit der ehemaligen
Wäscherin nicht künstlich zu steigern, zumal wenn man einen
solchen Fond von frischer Natürlichkeit und eine solche einnehmende
Erscheinung mitbringt, wie Frl- Klär.
Von den übrigen Personen des Stückes interessirt besonders
der Kaiser Napoleon. Herr Kauer spielte ihn in Maske und
Haltung mit großem Geschick. ES ist ja weniger der Welt-
erschütterer, den er uns zu zeigen hat, als der verdrießliche
Bruder nnd eifersüchtige Ehemann. Die überragende Persönlich-
keit muß allerdings immer festgehalten werden und das hat Hr.
Kauer im Wesentlichen auch gethan.
Die Schwestern des Kaisers wurden von den Damen Krü-
ger und Freytag dargestellt. Ihre Hauptscene ist die, in der
sie im Kabinet des Kaisers auf corfisch gegen einander gerathen
und ganz aus der aristokratischen Rolle fallen. Sie gelang ihnen
sehr gut. Den Fouchs hielt Herr Meltzer-Burgetwas
biedermännisch. Die angeborene Neugier und Spionirlust dürfte
schärfer betont werden. Diese Figur verträgt ein paar starke
Lichter und im 1. Akt selbst einen leichten Anflug von Lächerlichkeit.
Bon den zahlreichen andern Personen des Stückes ist dann
noch der Marschall Lefdbre hervorzuheben, dessen sympathische
Persönlichkeit von Hrn. Hermann Rudolph in befriedigen-
der Weise verkörpert wurde. Erwähnt seien weiter noch der
 
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