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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177 - 203 (1. August 1901 - 31. August 1901)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37097#0328
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Die Schlußrede hielt Abgeordneter Dr- Bachem über
das Thema: „Der Katholik und die moderne Zeit mit ihren
Anforderungen auf praktischem Gebiet, besonders auf den
Gebieten des Handels, der Industrie und der Technik." Diese
Frage, die mit der Parität im Zusammenhang steht, wurde
1898 aus dem Katholikentage in Krefeld vom Zentrum zunr
ersten Male in solch öffentlicher Verhandlung angeschnitten
und auch im vorigen Jahre in Bonn erörtert. Sie ist anschei-
nend für die llltramontanen eine brennende geworden. Dr.
Bachem, der sogar die Instrumente von der großen Mauer in
Peking in seinen Vortrag einzuflechten verstand, führte im
wesentlichen folgendes aus: Die Paritätsbewegung, in die
wir Katholiken eingetreten sind, nachdem der schlimmste Kul-
turkampf beendet war, die uns sichern soll vor weitern Kul-
turkämpfen, hat uns von unfern Gegnern bald den Einwand
gebracht: Was wollt ihr Katholiken? Ihr erkennt doch an,
daß ihr auf allen modernen Gebieten rückständig seid. Noch
kürzlich hat ein großes Blatt, ein liberales natürlich, über die
Rückständigkeit der Katholiken auf wirtschaftlichem Gebiete ge-
schrieben. Nun wohl, was haben wir geantwortet? Zeigt mir
der Freund was ich kann, lehrt mich der Feind, was ich soll.
Vom Feinde müssen wir lernen. Nehmen wir den Kampf auf,
zeigen wir, daß wir nicht rückständig sind und wir dort, wo
Rückständigkeit vorliegt, sie besiegen. Einen Einwand können
wir sofort unfern Gegnern machen. Alle Leute, die da leit-
artikeln, hüten sich wohl, ihre Untersuchungen auszudehnen
auf die Rückständigkeit der Protestanten gegenüber den Juden.
'(Lebhafte Zustimmung.) Wenn Reichtum das Kriterium ist,
ob eine Religion die wahre, ob eine Weltauffassung die richtige
ist, dann ist es nicht das Christentum, dann ist es nicht der
moderne Liberalismus, dann ist es der nackte Mammonismus,
dann sind es die Leute, die das Zuchthaus mit dem Aermel
streifen, wenn sie nur ihren Geldsack füllen dürfen. (Stür-
mischer Beifall.) Wenn mau aber bei den Vorhaltungen der
Gegner die Lage prüft, so findet man, daß auf vielen Ge-
bieten des wirtschaftlichen Lebens der katholische Bolksteil nicht
die Stellung einnimmt, die ihm gebührt. Christus hat gesagt:
An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Er hat nicht ge-
sagt: An ihrem Reichtum sollt ihr sie erkennen. (Heiterkeit.)
Sie müssen uns erinnern an das Gleichnis von den Talenten.
Wir müssen uns fragen: ob nicht in unfern Reihen Talente
schlummern, ob uns nicht Umstände dazu geführt haben,
Fehler zu machen. Als Christen müssen wir uns voraus-
schicken: Wir streben nicht nach Geld und Gilt zum Lebens-
genuß, sondern um höhere Interessen zu erfüllen. Der Redner
geht jetzt näher ein auf die Kulturarbeit der katholischen Mis-
sionare im Auslande und bemerkt dabei: Noch ragten jüngst
auf den Mauern von Peking jene herrlichen Instrumente, die
von Jesuiten dort aufgerichtet worden sind. Es scheint ja wahr
zu sein, daß sie fortgeuommen, daß sie nach Deutschland ein-
geführt wurden. Eine merkwürdige Erscheinung: „Ein echter
deutscher Mann kann keine Jesuiten leiden, doch seine In-
strumente hat er gern." (Stürmische Heiterkeit und Beifall.)
Ich meine, auch von dieser Stelle sollen wir Protest ei,liegen
gegen diese Beraubung, die eines Kulturvolkes nicht würdig
ist. Was auf der großen Mauer in Peking ein Kulturwerk
ist, ist in einem Berliner Museum höchstens eine Kuriosität.
Wenn man die Instrumente der Jesuiten einführt, dann soll
man die Jesuiten lieber selber hereinlassen. (Stürmischer
Beifall.) Doch zurück zu unserm Thema. Der Redner em-
pfiehlt tüchtige Durchbildung der jungen Kaufleute und Tech-
niker, vermehrte Pflege der Realien durch die Katholiken und
tritt dringend für den Besuch unserer Handelshochschule ein.
Das große Problem für die Katholiken in unfern Tagen des
wirtschaftlichen Lebens ist Fortschreiten auch auf den Ge-
bieten des Handels und der Industrie. Bestrebt, die Güter
dieser Welt uns unterthan zu machen, dürfen wir dabei nicht
vergessen, daß wir nach diesen Gütern streben sollen, nicht
um unserer selbst, sondern um höherer Interessen willen.
Wenn dieser Geist wieder rege wird, dann wird unsere wirt-
schaftliches Leben immer mehr vor Schattenseiteil bewahrt
bleiben, wie wir sie gerade in den letzten Tagen beobachten
konnten, Schattenseiten, herbeigeführt durch die auri sacra
fames. Wenn wir diese Schattenseiten unseres wirtschaftlichen
Lebens vermeiden wollen, muß unser wirtschaftliches Leben
auch wieder durchtränkt werden von wahrem christlichem Geiste.
Ein gewisser Wagemut, gcpart mit Besonnenheit, gehört dazu.
In vielen Kreisen herrscht heute Blasiertheit War es immer
wie jetzt? Vor hundert Jahren fiel das Wort: Ich kann das
Geschlecht nicht begreifen, nur das Alter ist jung und die
Jugend ist alt. Das ist die Charakterisierung vieler Kreise
von heute. Die Jugend, die nichts weiß als radeln, photo-
graphieren und Skatspielen, ist eine Jugend, die schon alt
ist. Woher diese Schattenseiten? In dem Streben nach Geld
und Gut ist der sittliche Boden verloren worden. Es muß
Sache der katholischen Kaufleute und Techniker sein, diesen
Boden wiederzugewinnen. Es handelt sich um einen Emanzi-
pationskampf des katholischen Volkes auf allen diesen Ge-
bieten. Gelingt es uns, in diesem Kampf zu siegen, dann
wirb es besser auf allen Gebieten, dann wird es sogar erträg-
lich werden.
Am Schluffe dieser Sitzung feierte Präsident Trimborn
den Abgeordneten Frhrn. v. Heereman, den Ersten Vize-
präsidenten des preußischen Abgeordnetenhauses, der heute sei-
nen 70. Geburtstag begeht.
Deutsches Reich.
Baden.
80 Villingen, 27. Aug. Die Schwarz-
Wälder Handelskammer nahm in ihrer letzten
Sitzung folgende Resolution an: „Der neue deutsche
Zo l l t a r i f - E n t w nr f enthält für Getreide und an-
dere landwirtschaftliche Produkte so exorbitant hohe
Zölle, daß das Zustandekommen von günstigen Han-
delsverträgen aussichtslos, das Zustandekommen von
Handelsverträgen überhaupt in hohem Maße gefährdet,
wenn nicht ebenfalls aussichtslos, erscheint. Diese Be-
fürchtung wird um so sicherer sich verwirklichen, wenn es
nicht gelingt, den Doppeltarif, den der Entwurf für die
hauptsächlichsten Getreidesorten vorgesehen hat, aus dem
Letzteren zu entfernen. Die Schwarzwälder Handels-
kammer, die ein sehr erhebliches Interesse an dem Zu-
standekommen von günstigen Handelsverträgen hat,
spricht sich gegen die im Entwürfe enthaltene Erhöhung
der Getreidezölle, sowie gegen den Minimaltarif aus
und bittet den hohen Bundesrat, dem hohen Reichstag
dem Zolltarif-Entwurf in dieser Hinsicht die Zustimmung
zu versagen." — Der Schwarzwälder Handelskammer
wäre etwas mehr Objektivität und etwas weniger Furcht-
samkeit dringend zu wünschen.
R,üs. Engen, 26. August. Eine Vertrauensmänner-
versammlung der liberalen Partei des 5. Landtagswahl-
kreises Engen-Stockach hat einstimmig die von den
Gemeinden des Amtes Stockach empfohlene Kandidatur des
6 e n ü b er epilept o'i den Men scheu Hem
wahrend Gebildete ur scheinbar objektiver Abwägung der
beobachteten Handlungen solchen Personen ein verhäng-
nisvolles Vertrauen schenkten.

Herrn Landgerichtsrats Dr. Ottendörfer in Konstanz
gutgeheißen. Herr Ottendörfer hat die Kandidatur ange-
nommen. Danach scheint der bisherige nationalliberale
Abgeordnete Müller-Welschingen nicht mehr kandidieren zu
wollen.
80 Mannheim, 27. Aug. Von der deutschen
Katholikenversammlung in Osnabrück kommt die Nach-
richt hierher, daß als Ort für die nächstjährige Katholiken-
versammlung wahrscheinlich Mannheim gewählt
werde. Bis jetzt tagte der deutsche Katholikentag von
bad. Städten nur in Konstanz und Freiburg; die Karls-
ruher Zentrumslsute hätten die Versammlung auch längst
gerne in den Mauern der bad. Residenz tagen sehen,
aber sie trauten bisher nicht — es fehlt ihnen an her-
vorragenden Leuten, nun scheinen die Herren Amts-
gerichtsdirektor Gießler und Schlosser König den Karlsl
ruhern den Rang abgelaufen zu haben.
— Die Neb enb abn Mannheim-Heidelberg-Weinhetm Mann-
heim hat vom 1. April bis 31. Juli d. I. 286 668 Mark ein-
genommen, das ist 1741 Mk. weniger als im gleichen Zeitraum
des Vorjahres. Die Einnahme der Strecke Wies!och-Mcckesheim<
Waldangelloch betrug seit der Eröffnung am 14 Mai ds. Js.
13321 Mk.
Elsaß-Lothringen.
— Aus Rom wird gemeldet: Der Papst ernannte
den Abt des Benedictinerklosters von Maria-Laach, Benzlcr.
zum Bischof von Metz. Der Sekretär der päpstlichen
Nuntiatur tu Madrid, Frhr. Zorn v. Bulach, wurde
zum Weihbischof von Straßburg ernannt. — Da-
mit ist eine Angelegenheit zum Abschluß gelangt, die sich
lange hingezogen und in die Kreise des reichsländischen
Klerus lebhafte Bewegung gebracht hat. Der Name Zorn
v. Bulach regte den immer noch nach Frankreich schielen-
den reichsländischen Klerus stark auf, denn die genannte
Familie hat sich mit den neuen Verhältnissen ausgesöhnt.
Gegen den Bischofskandidaten Zorn v. Bulach wurden
bitterböse Angriffe gerichtet. Das hat aber die römische
Kurie, die mitangegriffen war, sich nicht gefallen lassen.
Sie hat in der Bischofsangelegenheit das Einverständnis
der Reichsregierung gesucht und dementsprechend die obigen
Ernennungen vollzogen. Dem bisherigen Weihbischof Dr.
Marbach in Slraßburg wurde freigestellt, nach Metz über-
zusiedeln. Er Hai es indessen vorgezogen, seinen Abschied
zu nehmen.
Preuße«.
-— Die „Berl. Korresp." meldet: Die vom Finanz-
minister mit dem Kriegsminister und dem Reichsschatzamt
über die N i e d e r l e g u n g der i nn e r e n B e s e sti-
gungsanlagen von Posen geführten Verhand-
lungen gelangten zum Abschluß. Preußen kauft die ge-
dachten Anlagen bom deutschen Reiche für den in Jahres-
raten bis 1905 zu zahlenden Kaufpreis von 11^ Mil-
lionen Mark. Die erste Rate von 3 Millionen wird be-
reits in den nächsten Etat eingestellt.

Aus der Karlsruher Zeituug.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben
den nachgenannten Mitgliedern der freiwilligen Feuerwehr
in Waldshut, und zwar: dem Kassier Augustin Schupp,
dem Messerschmied Theodor Bornhauser, dem Schmied
Josef Soder, dem Taglöhner Gregor Leber, dem Schnei-
der I. G. Morat h, dem Sattler Moritz Zimmerma n n
und dem Schmied Esaias Zachmann, sämtlich in Waldshut
das Ehrenzeichen „Für 40jährige treue Dienste bei der frei-
willigen Feuerwehr" berliehen.

Ausland.
Schweiz.
— lieber die Ankunst der ch i n e s i s ch e n Sühne-
gesandtschaft in Basel schreibt man ^ dem
„Schwöb. Merk." von dort unterm 26. d.: „Die Ch i-<
nesen sind hier", erscholl es gestern von Mund zu
Mund. In der That, es war so. Daß sie kommen, das
wußte man, allein man erwartete sie mit dem üblichen
Gotthardzug, der um 9 Uhr abends in Basel eintrifst.
Nun kamen sie schon um 1 Uhr 27 und um 3 Uhr fuhren
sie in drei großen Hotelwagen durch die Mitte der klei-
nen Stadt nach dem Hotel „Drei Könige". Die Wagen
waren voll besetzt, die Chinesen schauten k e ck in die Welt
hinein, von Schüchternheit und Befangenheit keine Spur.
Auch deutsche Offiziere in Khakiuniform sah man mitten
in der bunten Gesellschaft. Das Hauptaugenmerk lenkte
sich in erster Linie, auf den 19jährigen Prinzen Tschn n,
der sich inmitten dickleibiger Trabanten wie ein Kind
ausnahm. Er war in seidene Oberkleider gehüllt und
sah in der That angegriffen aus; ob diese übliche
Neisekrankheit aber der Grund der Sistierung der Reise
war, wird billig bezweifelt. Am Tisch saß er nicht;
er ließ sich in seinem Zimmer bedienen, wo sich auch sein
Leibarzt, ein Engländer, aufhielt. Die deutsche Dele-
gation, Generalmajor Höpfner und sein Adjutant Major
v. Lüttewitz, hatten im Hotel Krafft Absteigequartier
genommen. Sie sind heute, nachdem sie in Erfahrung
gebracht, daß die Reise nach Berlin für die nächsten Tage
aufgegeben worden. sei, wieder heimgereist. Am späten
Nachmittag haben sich mehrere Mitglieder der Sühnege-
sellschaft auf die Straße begeben, wo sie von der Bevöl-
kerung neugierig umstellt wurden. Die Mehrzahl der
Chinesen ist des Englischen halbwegs mächtig, auch
sprechen einige ein paar Worte französisch. Die Auf-
nahme der Chinesen bei der Bevölkerung war nicht
gerade eins sympathische; abwechselnd hörte
man schrille Pfiffe aus der Menge, wenn ein Chinese
sichtbar wurde. Wie lange diese Gäste hier bleiben, weiß
man nicht; der Gastwirt hat die Mitteilung erhalten,
daß der Aufenthalt 8 Tage währen könne. Zwischen
Berlin und Basel spielt der Telegraph sehr lebhaft.
Rußland.
Petersburg, 27. Aug. Zu einer Besprechung
der politischen Bedeutung des Besuches des russischen
Kaisers in Frankreich führt die „Nowoje Wremja" aus,
man dürfe diesem Besuche keinerlei besondere Zwecke
zuschreiben. Der Umstand, daß der Kaiser Danzig und
Kopenhagen besuche, verbiete es, irgendwelche Vermu-
tungen besonderen Charakters an den Kaiserbesuch zu
knüpfen, um so mehr, als derselbe schon im Prinzips im
vorigen Jahre beschlossen war.

Amerika.
— Zwischen den beiden im Norden Südamerikas ge-
legenen Nachbarrepubliken Venezuela und Columbia
ist ein Streit ausgebrochen. Der Grund ist, kurz ange-
geben, folgender: An der venezolanischen Grenze von Co»
lumbia haben sich aufrührerische Venezolaner angesammelt.
Diese Thatsache, die noch nicht einmal über alle Zweifel
erhaben ist, benutzt der Präsident von Venezuela, Castro,
um sich Luft zu verschaffen, denn seine Stellung im Lande
ist sehr mißlich. Er ist liberal, die Revolutionäre sind
konservativ, was mau dort so nennt. Die Liberalen von
Columbia sympathisieren mit ihm, die Konservativen von
Venezuela mit den Revolutionären. Es steht also mehr
ein Bürgerkrieg, als ein Krieg zwischen zwei Staaten in
Aussicht. Die nächste Folge der Wirren ist die, daß die
Regierung von Columbia erklärt hat: 1) die Zahlung aller
schwebenden Rechnungen für Kriegsmaterial vorläufig ein-
zustellen und die Ausgaben und die Zahlungen der
Heeres- und Verwaltungskosten vorläufig zu beschränken,
2) alles zum Unterhalt, zur Ausrüstung und Mobilisierung
des Heeres Erforderliche zu enteign n, und 3) Zwangs-
und freiwillige Anleihen und Kriegskontributionen zu er-
heben. Das fremde Kapital, das in den beiden Republiken
arbeitet, wird durch die unsicheren und unruhigen Verhält-
nisse leider stark in Mitleidenschaft gezogen.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 28. August.
— Polibeibericht Zwei Taglöhner wurden wegen Bettelns
und eine Köchin wegen Umhcrztehens verhaftet. Wegen
Unfugs kamen 6 Personen zur Anzeige.
(I) Spechbach» 24. Aug. (G e m e i n d e r ats w crh l.)
An Stelle dreier Gemeinderäte deren Dienstzeit abgelaufen
war, wurden bei der heute abgehaltenen Gemeinderatswahl
Joh. Adam Bähr, Adam Weinmcmn und Karl Jungmann,
Ärrisor, mit großer Mehrheit zu Gemeindcräten gewählt. Es
erhielt Joh. Adam Bähr 86 Stimmen, Adam Weinmann 67
und Karl Jungmann 62.
)?( Von der Schwnrzbach, 27. Aug. (Ueberfall.)
Ein Mädchen von Flinsbach, das seinem Bräutigam am Sonn-
tag in der Richtung nach Helmhof das Geleite gab und dann
wieder heimkehrte wurde kurz vor dem Heimatsorte am Hel-
len Tage das Opfer eines unsittlichen Attentats. Der
Thäter, ein Bursche von Helmhof, wurde gestern früh von der
Gendarmerie im Wirtshaus in Helmhof verhaftet und sieht
nun seiner Bestrafung entgegen. In Flinsbach herrschte
ziemliche Aufregung wegen dieses Verbrechens, da derartiges
seit Menschengedenken daselbst nicht vorkam.
8 6. Vadrn-Badm, 27. Aug. (Jffezheimer Rennen.
2. Tag) Das Ereignis des heutigen Tages war der Doppel-
sieg der französischen Ställe in der großen Zweijährigenprüfung
und im Kampf um den Preis der Stadt Baden. Der Sieg
Alentzon's wurde von den zahlreich anwesenden Franzosen mit
lautem Bravo ausgenommen. Der Besuch war namentlich auf
dem I Platz ziemlich stark. Die Rennen nahmen bei leidlich
gutem Wetter folgenden Verlauf: 1. Eberstein-Renneu, 3000
Mark, Distanz 1800 m 1. Dr. Lemke's . Regenbogen", 2. Hrn.
G. Pfaul's „Nibu", 3. Hrn. Balduin's „Feuerstein". II. Sand-
weier-Rennen, 4000 Mk., Distanz 1400 m. 1. Hrn. A. Münt-
mann's „Bärenhäuter", 2. Hrn. B.Naumann's „Connex", 3. Hrn.
A. Manske's „Counteß". III. Zukunftsrennen, 36 000 Mark,
Distanz 1200 m. 1. Hrn. M. Ephrussi's „Alentzvn", 2. Hrn.
U. v. Oertzen's „Pülcher", 3. König!. Preuß. Hpt.»Gest. Graditz's
„Rabenschwinger". IV. Preis der Stadt Baden, 20 OM Mark,
Distanz 2000 m. 1. Hrn. M Ephrussi's „Monsieur Amsds",
2 Hrn. G. Johnson'« „Swiftfoct". 3. Hrn. A. Beit's „Ordon-
nanz". V. Oos-Handicap, 10 000 Mt., Distanz 1800 m. 1. Kgl.
Pr. Hpt.-Gest. Graditz's „Legende I", 2. Graf I. Sierstoipff'S
„Fifeshire , 3. Baron A. Schickler's „Plantagenet". VI. Merkur-
L-teeple-Chase, 8M0 Mt, Dist. 3500 m. 1. Lt. Brix's „Brown
Hackle", 2. Hrn. K. v. Depper-LaSkr's „Bayard II.", 3. Hrn. A.
Heymel'S „Catmint".
8. 0. Freiburg, 27. August. (Von der Universität.)
Der Staat Hot die frühere Rempartkaserne, die sich in städtischem
Besitz befindet, angekauft und beabsichtigt, darauf ein K ollegien»
gebäude für die Universität zu erbauen. Die dafür bezahlte
namhafte Summe wird jedenfalls im nächsten Staatshaushalt
erscheinen. — Der außerordentliche Professor Dr. A. Thumb an
der hiesigen Universität hat einen Ruf an die Universität Marburg
angenommen.
8. 0. Wiesenthal, 27. August. (D e r R a u b m o r d.) Zu
der Meldung über den Leichenfund ist nachzutragen, daß nach
den Ergebnissen der Leichenöffnung sicher ein Raubmord
vorliegt. In den Kleidern des Ermordeten wurde nachträglich
ein Miuiatur-Portemonnaickalender gesunden, aus welchem laut
Aufzeichnungen die allerdings in Folge Ausweichen»! nicht mehr
gut leserlich sind, die Wahrscheinlichkeit hervorgeht, daß er vom
Januar bis Februar 1900 als Bierbrauer in Luxemburg
und von da bis Juni als solcher in einer Bierbrauerei in Köln
a Rh. in Arbeit stand ; daß der Ermordete seiner Profession nach
Bierbrauer war. dürfte mit Bestimmtheit daraus hervorgehen,
daß er an seiner Uhrkette die Symbole des Bierbrauergcwerbes
trug. Die Kleidung und Wäsche ist in bestem Zustand und es
ist daraus zu schließen, daß er in besseren Verhältnissen lebte.
Vorgestern Abend wurden hier zwei Handwerksburschen einge-
bracht. welche im benachbarten Hambrücken verhaftet wurden.
Nach deren Konfrontation mit der Leiche wurden dieselben ge-
schloffen nach dem Philtppsburger Amtsgefängnis überführt.
Außerdem wurde gestern in Kirrlach ein Handwerksbursche namens
Johann Schwarz aus Heidelberg aufgegriffen und inhaftiert, dessen
Kleider Blutspuren zeigten und der auch verdächtig erscheint, die
That begangen zu haben.
8. 0. Vom Vodensee, 27 Aug. (Dementi.) Die Mel-
dung der „Konst. Nachr" vom Brande des Pfänderhotels
bestätigt sich nicht._—^
Kleine Zeitung.
— Hochschulnachrichten. Wien, 27. Aug. Dis
„N. Fr. Presse" meldet aus St. Anton am Arlberg:
Professor Haym aus Halle a. S. ist heute hier gestor-
ben. (Rudolf Haym, geboren 6. Oktober 1821 zu Grüp
berg in Schlesien, studierte in Halle und Berlin The'' ^
und Philologie und Mar dann einige Zeit im Le.
thätig. Eine politische Schrift, die er veröffent
gab den Anlaß, daß er als Abgeordneter der l
Mansfelder Kreise Mitglied der Frankfurter ..
tionülversammlung wurde, über die er vorn
altliberalen Standpunkt aus eine geschichtliche Betracht
tung veröffentlichte. In seiner darauf folgenden Publü
zistischen Thätigkeit geriet er mit der Berliner politischen
Polizei in Streit und wurde aus Berlin ausgewiesen-
1851 begann er in Halle seine Wirksamkeit als Dozent
der Philosophie und neueren deutschen Litteraturge-
schichte, wurde 1860 zum außerordentlichen, 1868 zurN
ordentlichen Professor der dortigen Universität er-
nannt. Von 1858—1864 redigierte er die „Preußischen
Jahrbücher" und war im preußischen Landtage von 186«
 
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