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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 (2. Januar 1902 - 31. Januar 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0036
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MgkNyllsl ivulc c-e,

Zmtrum und Soziaidnnokratie bestehe eiii „Ti'chtuch" oder
habe ein solrbes bestanden. west bet diiser oder jemr Feier
eines „Siezes" über bie Nutionallibeialen sowohl Lähler
der Zentrumsparlei wie auch solche der Sozi aldernokratie
sich einaefuuden habeu.

Wir iprecheu mit Bedacht von „Lüge", weil man
nach All m, waS scit 13 Iahren in Wort und Schrist
nnzählige Ma e festgestellt worden ist, nicht mehr an-
nehmen kaun, daß jemano soiche Dinge iu gutem Älanben
an ihie Wahrheit bchaupiet."

Der zwei Slecne-Maiin deZ „Bcob." machr alsoeincn
feinen Uuterschied zwischcn „Zusammcukommen bei Siegcs-
feiern" uud „gemeinsame Iiegesfeiera begeheu". Datz
ersterer stattgcfundeu hak, giebt er zu, wcr aber letzieres
behaupte dec lüge. Wir laden die ge.chrten Leser ei', sich
in dcn Unterschied zwischeu de> beiden Ausdrückeu ncht zu
verrief n uud mit uns die Berachtnng zu tcilen, d e wir
für S'e frivole Anschnldigung im „Beab." empfinden.

- — Jn Berliner nnterrichtcten Kreisen wird, einem
Telegramm der „Bad. Landesztg." znfolge angenommen,
das Kommando nber das 14. A r meekorPs (Karls-
ruhe) werde bei deni bevorstehenden Personenwechsal
auf den E r b g r o ß h e r z o g von Ba-d en über-
gehen.

— Wie grotz der Mangel an akademisch gebilde-
ten Lehre r n in nnserem Lande bererts ist, das geht
nach einer Notiz der „Landesztg." aus einer Einrichtung
hervor, die der Großh. Oberschulrat vor den letzten
Weihnachtsfeiern getroffen hat. Zur Vertretung für
zwei (!) erkrankte Lehrer des Gymnasiums in Lahr ist
ein (!) Lehramtspraktikant aus Bruchsal berufen worden.
Die Stelle dieses Herrn wird, weil verwendbare Lehr-
kräfte dafür nicht mehr vorhanden sind, nicht wieder be-
setzt. Die Professoren nnd Praktikantcn des Bruchsaler
Gymnasiums müssen das volle Deput des nach Lahr Be-
fohlenen (zwei Ordinariate — 24 Wochenstunden) durch
Kombinationen nnd Ueberstunden mit versehen. — Wer
Schulverhältnisse anch nur von fern kennt, wird ver-
stehen, welche Unznträglichkeiten eine derartige Neuord-
nung mitten im Schuljahr mit sich bringt, und wie sehr
der Unterricht in beiden Schnlen darunter leiden mnß.

8E. Karlsrnhe, 6. Jan. Die Zweite Kammer
des Badischen Landtags tritt morgen, nach Ablauf der
16tägigen Weihnachtsferien, wieder zusammen. Jn den
16 Sitzungvn vor Weihnachten konnten nur die Rech-
nungsnachweisungen, Wahlprüfungön, Jnterpellationen
über die Urbeitslosigkeit und kleine Gesetzentwürfe betr.
Kolonie Königsseld, Aorterhebung der Stenern, und
Ergänzung des Landstraßenverzeichnisses erledigt wer-
den, so daß der Landtag noch ein gewaltiges Arbeits-
pensum zn bewältigen hat. Neben dem Budget, das
immer reichlichen Stoff zu langen und breiten Erörte-
rungen geboten hat und zwerfellos auch wieder bieten
wird, harren mchrere wichtige Gesetzesvorlagen nnd
Jnitiativanträge der Erledignng, so die Aufbesserung
der Beamten nnd Volksschullehreq, der Nachlaß der
Flußbaubeiträge, die Abänderung der Gemeinde- und
Städteorduung, die lleberleitung des ehemaligen Güter-
rechts, der Vertrag betreffend die Main-Neckarbahn, fer-
ner die Gesetzentwürfe betreffend das Grnndbuchrecht,
das llnfallfürsorgegesetz, die Aufhebung des Organisten-
Pragraphen, di'e Errichtung einer LandlviAschafts-
kammer und die Einschränkung der Güterzersplitterung,
sowie einige Eisenbahnvorlagen. Dazu kommen die
Jnitiativanträge betreffend Slenderung des Wahlrechts
und Zulassung von Männerklöstern, die Jnterpellation
über den Zolltarif und zahlreiche Petitionen. Ob das
Budget mitsamt allen diesen wichtigen nnd einschneidenden
Vorlagen und Anträgen noch vor dem Negierungs-
jubiläum des Großherzogs (24. April) unter Dach ge-
bracht werden kann, erscheint sehr fraglich.

Nns der Karlsrrrsten ZeiLWAtz.8

— S ine Köniylich? Hoheit der Gronhsrzok; hrben dic
stinanzvraktikanten Peler Ehmann von Ko-stanz. E-nit Land-
frlsd von Heidelberq nnd Friedrich öerrmann von Bruchsal
unter Ve-.lelh'ina des Titels Finaniassessor zu -.meiten Beam-en
der Beziikssinanzvirloallung mit Hauptamlskontrolleursiaug
ernaimt.

— Finanzassessor Peler Ehmann wurde dem Giosih. Hanpk-
steneraml Stnhlingen. Finanzassessor Ernst Landfried drm
Sekretariat der Grohh Sleaerdireiticn zur D!ensti>istnnz zu-
gcteilt iiiid F'nanzassessor Friedrich Hcrrmann dcr Diensl d.s
Grohh. Steuerkommissäis sür den Bczirk Oterkirch übertragen.

Ldarlsruhe, 6. Aan. Gestern Vormittag be-
suchten der Großherzog nnd die Großherzogin, die Kron-
prinzessin Viktoria nnd Prinz Wilhelm von ischweden
sowie Prinz Friedrich Karl von Hessen und seine Ge-
mahlin den Gottesdienst in der Schloßkirche. Danach
machten die Hessischen Herrschaften Besuche und nm 1
Uhr nahmen alle die gennnnten Fürsttichen Personen
an der Frühstückstafel bei dem Prinzen und der Prinzes-
sin Max teil. Später besuchten der Großherzog und die
Großherzogin mit dem Prinzen und der Prinzessin Vik-
toria und dein'Prinzen Wilhelm von Schweden die neue
Majolikamanufaktnr. Hier wnrden die Herrschaften von
dem Präsidenten Dr. Nicolai erwartet und denselben der
Vorstand der Majolikämanufaktur, Krrnstmaler Wilhelm
Süs, vorgestellt, welcher die Führung bei der Besichti-
gung übernahm. Gegen fünf Uhr begleiteten der Groß-
herzog und die Großherzogin die Hessischen Hohen Gäste
zum Bahnhof, von wo deren Rückkehr nach Frankfurt
6 Uhr 46 erfolgte. Die Hessischen Herrschaften sind be-
gleitet von der Hofdame von Jasmund und deni Hofchef
Freiherrn von Flotow.

Zu der beute Nachmittag erfolgenden Beisetzungs-
feier für den verstorbenen Geheimen Hofrat Dr. Kraus
wnrde Oberhofmarschall Graf von Andlaw von döin
Großherzog nach Freibnrg gesandt, um Seine Königliche
Hoheit und Jhre Königliche Hoheit die Großherzogin
bei dieser Feier zu vertreten. Prinz Max ist heute gleich-
falls nach Freibung gereist, um dieser Trauerfeier an-
zuwohnen. Hieranf reist der Prinz direkt nach Berlin
und gedenkt einige Tage dort zu verweilen.

Der Großherzog nahm heute Vormittag von 11 Ulzr
an den Vortrag des Staatsrates Freiherrn von Dnsch
entgegen. Um halb 1 Uhr empfing seine Königliche
Hoheit den Königlich Bayerischen Leutnant Freiherrn

Auftrage seines Vaters, des^Freiyerrn ^eoporv o>.
man, den ersten Teil der von demselben bearbeiteten Ge-
schichte der Freiherrn v. Bodman überreichte. Freiherr
Leopold v. Bodnian hat früher iin 1. Badischen Feld-
artillerie-Regiment tllr. 14 gedient und an dem Feld-
zng 1870—71 als Batterieches teilgenommen. Später
nahm derselbe den Abschied als Major. Nachmittags
hörte Seine.Königliche Hoheit von 4 Uhr an die Vorträge
des Generalintendanten Dr. Bürklin, des Gehejimen Le-
gationsrates Dr. Freiherrn von Babo nnd des Lega-
tionsrates Dr. Seyb. __

Ausland.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 6 Jan. Die „Evnigetische Klrchenzeituilg"
schügt die Zrht dcrer, die im Jihr 1901 von oer röm i-
schen Kirche znr ev a u g c l i s ch e n Kirche über-
getreten sind, auf mehr als 6000 gegen 4516 ini Jahr
1900. Die GZamlzahl der Ucberlr.tie scit Bcgiiin dcr
Abfallbeioeguiig beträgt nahezu 19 000, wozn noh itva
8000 kommen, die zuc alikaihol. Kirche übcrgetrete i siiw.

England.

— London, 6. Januar. Jn Liverpool wurde ein
Geistlicher, namens Aked, der vor vierzehn Tagen
eine bnrenfrenndliche Predigt gehalten hatte, gestern
als er nach Beendigung des Gottesdienstes in einer
Droschke von der Kirche nach Hause znrückfuhr, von
3000 lärmenden Jingos verfolgt. Fast alle Fenster ser
nes Hauses ivurden eingeworfen, dann wurden anch die
Fenster der Droschke zertrümmert und der Droschkenbe-
sitzer selbst durchgeprügelt. Der Geistliche hatte, als er
sein Haus erreichte, etwas Blut an den Händen, weil er
sich gewehrt hatte, er war aber sonst unversehrt. Der
Krawall hätte eigentlich in der Kirche beginnen sollen,
die ganz von Menschen gefüllt nnd von Polizei bewacht
war. Da aber die Predigt keine Anspielnng anf den
Krieg enthielt, begann der Krawall erst ,als der Pastor
die Kirche verließ.

Spanien.

Madrid, 3. Jan. Jm gestrigen Ministerrat legte
Sagasta seine Absicht dar, die Cortes gegen den 20. ds.
wieder einzuberufen, um die noch schwebenden Wahl-
prüfnngen und Gesetzentwürfe bis Anfang April zu be-
raten nnd dann eine sechswöchige Pause eintreten zu
lafsen bis zur Thronbesteigung AIfons des
Dreizehnten. Bis zu dieser Pauss sind denn anch die
geplanten Aufbesserungen im Kongreßpalast verschoben,
die vor allem in der Schaffung eines großen Eingangs-
thores in den Sitzungssaal, wo die Eidleistung stattfin-
det, besteht. Der Saal selbst wird auch aufgefrischt, die
Sitze werden neu gepolstert und die schadhaft gewor-
denen Fliesen der Wandelgänge durch Marmorplatten
ersetzt. Die fremden Herxscherfamilien nnd Staaten
werden sich bei dem Akt durch besondere Gesandte ver-
treten lassen: das deutsche Kaiserhaus wahrscheinlich
durch Prinz Albrecht von Preußen, Oesterreich durch
dis Vrüder der Regentin. Jtalien durch den Herzog von
Aosta usw. Sogar die Vereinigten Staaten haden bereits
einen Vertreter zu diesem Zwecke bezeichnet. Die Mini-
sterien, bor allem das des Auswärtigen, werden einer
gründlichen Aufbesserung unterworfen, die Alcalastraße
wird neu gepflastert, kurz, Madrid schickt sich an, die
.auswärtigen Gäste würdig zu empfangen. Auch zahl-
reiche Festlichkeiten sind geplant, in erster Linie die
Grundsteinlegung zu dem Nationaldenkmal Alfons des
Zwölften in Retiron. Die Hauptsache dürfte aber doch
wohl sein, daß mit der neuen Herrschaft endlich auch
ein nener Geist üi die Verwaltung des Landes einziehen
möge.

X xrexxxx X X xxxxxErxx

MSVGZ, IIIIIIII

'' '

werden Bestellungen anf die „Heidelberger Zeitnng"
für das 1. Quartal 1902 von allen Landbriefträgern, Post-
anstalten und unseren Boten entqegen genommen, Bezugs-
preis: 1 Mk. 50 Pf. vierteljährlich mit allen Gratis-
beilagen.

xxxxxxxxx XXX xxxxxx

Die Zahk der verlarten Knnde in Wade«nH

Jni Monat Juni vorigen Jähres gelangten im Groß-
herzogtnm Baden zufolge des Gesetzes vom 4. Mai 1896,
betreffend die Hundstaxe, 61 726 Hunde zur Anmeldung,
von denen 18 taxfrei waren. Außerdem wnrden 7989
Hund« in dcr Zeit vom 16. Juni 1900 bis 31. Mai 1901
angemeldet. Hiernach beträgt die Gesamtzahl der 1901
znr Anmeldung gckommenen Hunde 69 715 gegen
66 829 im Vorjahre, woraus sich für das laufende Jahr
eine Zunahme von 2886 Hunden, d. i. nm 4,8 Prozent
ergiebt, während die Zunahme im Jahre 1900 3967—
7,5 Prozent, im Jahre 1899 2178—4,03 Prozent und
im Jahre 1898 3783^-8,07 Prozent betragen hatte.

Jn den Gemeinden unter 4000 Einwohnern, in denen
cine Tare von acht Mark zu erlegen ist, wurden im lau-
fenden Jahre 43 785 Hunde vertaxt gegen 41 802 im
Vorjahre, somit mehr 1983—4,5 Prozent (gegen 7,2
Prozent im Vorjahr), in den Gemeinden über 4000
Einwohnern, in denen eine Taxe von 16 Mark zu ent-
richten ist, 15 929 Hunds gegen 16 027 im Vorjahre,
somit mehr 902, d. i. 6,3 Prozent: 1900 waren in
diesen Orten eine Znnahme von 8,5 Prozent festgestellt
worden.

Das Verhältnis der Zahl der männlichen Hunde zu
der der weiblichen Hundä (46 165:13 660) hat sich
anch in dieseni Jahre nicht wesentlich geändert; es ent-
fällt nach wie vor auf drei männliche Hnnde eine Hündin.

Die Gesamteinnahme aus der Hnndstaxe betrng
604 896 M. gegen 574 848 im Vorjahre.

Aus Stadl und Land.

Seidelberg. 7. Jaiiuer.

A Die Omnibus-Gesellschaft Heidelberg Neuenhetm teilt
uns mit, datz si- nlckt erst den 1. April, sondern schon mlt d'eni
1. Februar ds. Js. ihren Betrieb einstellt nnd dasi

8t. 8-8.-i<. D r Maskenball im .Zaalvau" mit Peamnerung
findct in d.-r bishecigsn Weäe an I4 ms11q, 1. Fsd ruar
siait. — Nälnres ersolgi späier durch B-kanntmachung.

/X Heidelberger Narrenpost. Es wird beabsichtigt, auch in
diesem Jahre eine Nuwmer der „Heidelberger Narrer.
p o st" erscheinen z i lassra. Da die Fastnacht dicsmal sehr fcüh
fällt. so ist es notwendig, datz R-dakteure und Mitarbelter dcr
„Narrenposi" ungesäumt an die Arbeit gehen. Als Mitarbeilsr
ist Isdennann willkommen, der einen bumorlstischen Gedanken
zu dem Unternehmen beisteunt, mag er ihn nun gleich selbst in
die entiprechende Form brtngen, oder di-S der Redaklion übcr-
lass n. E8 ergeht demnach an nlle Heidslberger und Heidel-
berqerinnen die Auffordcrnng, in ihre-Ectnnsrung nachzukramcn,
ob sich da Et vas aus dem litztm Jahre vorstndet, was zur Ber-
wendung in der „Nmrenpost" geeiznet wire. G:fl. Zaschriften
wolle man so schleunig wis mögUch mir oder ohne Rameus-
unterschrift an die Nedaktion der „he!d.-lber,er Zeitnng" rtchten.

Weihnachtsverkehr Die Zohl der über Weihnachtm 1901
vom 16. bis 25. Lezembrr aus die nachgenannien Stationeii de:
badischen Staatsbahnen abgegangenen u id angikommenen Expreß-
gutserdungen hat betragen: (Die in Klammein beigesetzten Zahien
bezeichnen den Verkehr des Borjahres)
in V-rsandt:

13 667 (12 551)

6140 (5 5121
19 317 (16 897)

4 7!0 (4267)

10 297 (9407)

Manrhrim
Heidetverg
Karlsrnh:
Pforzheim
Freiburg .

'N Ewpfano:
9128 (8 3511

6 080 (58691
13 363 (12 2401

4728 (4 508)

7 835 ,7 056)

54131 (48 634) 41134 (38 024).

** Zur Frage der Wiederherstellung des Schloffes- Das
Zentralb : att der Ba U v e r m a I l u n g in Berlin bringt in
seiner nenesteii Nummer eineil Auszug aus dec Dknkschrift der
Regie'.ll>ig. die wir im Worilant avgedruckt haben, Das Bcrliner
Fachblatt bemerlt dazu: Die genaue Kenntnisnahme des Buches
set alle», deneu das Schtcksal des Heidelberger Schlosses am
Herzen lieqt, auf das angeiegentltchste empfohlen. Der Groß-
herzoaiicheu Regiernng stnd wir zum größten Dank verpflichter.
daß sie mit solch pstnlicher Sorgfalt und Gewissenhoftigkeit diese
ganz Dentschland bcwegende Frage behandelt. — Bcigegeben sind
dem Zentkaiblatt fünf Jllustratioiien, darunter ein Bild
der Westfassade drs Olto Hetnrich-Baues nach dem Schäfer'schen
Entwurf in erheblich größerem Maßstab als das Titelbildchen
der amtltchcn Schcist, i'owte ein Bild der O'iseite der Fassgde.
An dicser ist charakkeristifch, daß die beiden Giebe! tr.ppenförmige
Absätze zetgen.

* „Gelegenheit macht Diebe!" Jedem Fremden, der in
früher Morgenstiinde die Straßen dnrchschreitet, fallen die in
manchen Stadtteilen fast in allen Häuscrn bezw. den Thorein-
gängen, den Fensterläden rc. hängenden oder liegenden größeren
oder kleineren Säckchen oder Päckchen auf, welche die Früh-
stücksbrötchen enthalten. Der die betr. Backwaren liefernde
Bäckermeister erhält von seinen Abnehmern gewöhnlich die
Weisung, morgens zu einer bestimmten Zeit, „aber ja nicht zu
spät!" bestellte Sachen ins Haus zu liefern; kommen dann die
Brötchenträger oder -Trägerinnm, so finden sie gewöhnlich das
HauS verschlossen, und auf ihr Läuten hin reibt sich die Kaffee-
köchin, unliebsam im Schlafe aufgeschreckt, erst die Augen aus.
Die Lräger bringen dann die Sachen anf die oben angedeutete
Weise unter und entferiien stch. Bis die Köchin endlich das
Thor oder die Fensterläden öffnet, sind die Brötchen jedem
Straßenpassanten vollständig preisgegeben nnd man darf sich nicht
allzusehr wundern, wenn hin und wieder so ein Säckchen mit
frischgebackenen Waren von irgend Jemand, sei es aus Schabernack,
sei es zur Befriedignng seines Appetits „abgehängt" wird.
Dann schiU der Familimvaier oder die -Mntter auf die „ver-
schiafene" KSchin, die Köchin aber auf die „Schlechtigkeil" und
„Verdorbenheit" der Menschheit. Wcnn auch die Polizeibehörde
ein scharfes Augmmerk auf die Brötchendiebe richtet — und
z. B. gestern srüh wieder drei Personsn verhaftete, die in der
Lutherstraße etwa 60 Brötchen „mitgehen" hießen —, so kann
man doch von genannter Behärde nicht verlangen, daß sie jeden
Morgen in der Frühe in j-der Straße und an jedem Gäßchen
einen Sckutzmann posticrt, um das Stehlen oon Frühstücks-
drötckien zu verhindern.

— Polizeibeibericht- Wegsu Bettelns wnrden zwei Arbeiter
v e r h a f t e t.

X Handschuhsheim, 5. Januar. (Militärverein.) Die
statutengemäß alljährlich stattfindmde Generalversammlung
des hies. Mtlitärvereins wurde hente Mittag durch eine Ansprache
des 1- Vorstandes, Herrn Thurecht, eröffnet. Hierauf erstattete
der Kassier, Herr H einzelmann, Bericht über den Stand der
Vereinskasse, welcher, obwohl der Verein dnrch Anschaffung nener
Gewehre eine außergewöhnliche Ansgabe im Betrage von über
200 Mark zu verzeichnen hatte, 'ein sehr günstiger zu nennen ist,
indem das Vereinsvermögm einen Zuwachs von 285 Mk. erfuhr
und zur Zeit 2961 Mk. beträgt. Die Wahl der Vorstandsmit-
glieder und des Verwaltungsrates erfolgte durch Acclamation.
Nach Beendigung des geschäftlichen Teiles ergriff Kassier Heinzel-
mann das Wort zu eineni Vortrage über unsere Flotte. Aus-
gehend von unsern Altvordern, den Franken, Friesen, Sachsm
nnd Angeln, wußte Redner die Entstehung miserer Flotte und
derm Geschichte so interessant vorzuführm, daß, obwohl der Vor-
traq geraume Zeit in Anspruch nahm, die Anwesendm doch bis
zum tetzten Worte mit größter Spannung den trefflichen Aus-
führungen lanschtm nnd dieselben mit lautem Beifall belohntm.
Jm Anschluß an diesm Vortrag traten mehrere Mitglieder dem
deutschm Flottmverein bei. Auch der gemütliche Teil trat in
seine Rechte, indem der Refl des Nachmittages dnrch Absingm
patriotischer Liedec, wobet Hanptlehrer Heinzelmann die Klavier-
begleitnng übernommen hatte, ansgcfüllt wurde.

Hoffenheim, 4. Ian. (E t nb ru ch s dt ebstah l.) Vorgester»
wurde dem Johann Schrödel hier in stiner Wihnmig die Summe
von 160 Mark entwendet. Das Geld befand sich in einem Koffer,
dessm g-wa'.tsame Oeffmwg vermntlich durch eiu Beil bewerk-
stellir.t wurde. Dem Thäier ifl man, dem Landbotm zufolge,
aus der spur und hat decselbe ohne Zweifel s-ine baldige V- r
haftung zu gewartigen.

Aretburg, 6. Jan. (DieBeerdigung desGeh.Hof-
ra ts Pro fess o r K raus) erfolg!e heute im Betsein einer
nesigen Menschenmenge und unter Beteiltgung etncs großen
Trauergefolges durch Stadtpfarrer Dr- Hansjacob. Ais
Vertreter des Eroßherzogs war Graf Andlaw. als Bertreter der
Regieiung Staatsrat Dr. Böhm erschimm. Als perjönlicher Be-
kannter des Verstorbmen war Prinz Max von Baden zugegm.
Vertreter hatten ferner u. A. entsandt: Die Technische Hochschuie
in Kartsrube, des Verflorbenm Vaterfladt Trier und das
Historische Jnstitut in Florenz. Professor Brett sprach namms
der theologtschm Fakultät, zollte Kraus als Professor, Lehrer,
Schrtftsteller und Mitglied dteser Fakultät große Anerkennung
metnte aber auch, Kraus sei in der Kritik mitunter zu scha-.f ge-
worden; in der theologischm Fakultät habe ec als erfahrensr
Ratgeber gegolten, ohne jedoch in allen Fällen maßgebend ge-
wesen zu sein.

- S. 6. Freiburg, 6. Jan. (Für den Nenbau des Frei-
burger Sradttheaters) sind 22 Vorentwürfe eingelangt,
die von der Theaterkommission bereits geprüft wurden- Auf
Grund dieser Prüfung beschloß der Stadtrat, dm Entwnrf des
Architektm Heinrich Sooling in Berlin als Unterlage für daS
endgiltige Projekt anzunehmm und daher die Ausarbeituiig des
letzteren dem gmanntm Architekten zu übertragen. Weiter wurdc
beschlossm, daß, abgcsehen von der Erwerbung der Entwürfe der
zum Wettbewerb emgeladmm Architektm Heilmann und Litt-
 
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