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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-74 (1. März 1902 - 29.März 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0415
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Deutschland und England am 16. Okiober 1900 abgeschlossene
Uebereinkunst, die dcm deutschen Handel und der deutschcn
Schiffahrt namentlich freieu Zugang zu den Gebieten des
Uangtsekiangstromes sichert und die wirtschaftlichc Gleichberech-
tigung im Uangtsethale und au den Küsten des chiuesischen Nei-
ches durch den Grnndsatz der offenen Thür zur Geltung bringt,
bleibt unveründcrt in Kraft. Englische Zeitungcn haben in
den letzten Tagen sich aus Peking telegraphieren lassen — ich
habe hier einen Zeitungsausschnitt mir einem solchcn Telegramm
der „Timcs" — wir hätten in Schantung auf Kosten anderer
Monopole und Ausschlietzungsrechte erstrebt. Jch möchte keinen
Augenblick zögern, dieser Ente so rasch wie möglich den Hals
umzudrehen. (Heiterke.it.) Deutschland verlangt in Schan-
tung offcne Thür, d. h. dieselbe freie wirtschaftliche Bcthätig-
ung, wie wir auch anderen Staaten in Schanrung und in allen
übrigcn Teilen des chinesischen Reiches uichts abstreiten.
Wenn wir in Schantung für deutsche Unternehmer von der
chinesischen Regierung cinige konkrcte Eisenbahu- und Berg-
werkskouzessioncu erlvarben, was übrigens schon vor drei und
vier Jahren geschah, thaten wir damit nur dassclbe, was auch
andere fiir ihre istaatsangehörigen in anderen Teilen Chinas
in weit gröherem Umfange thatcn. Also von deutschen Aus-
schliehungeil ist in Schantung keine Rede. Wir wollen in
China keine Extrawurst, wir verlangcn aber die gleiche Ration
wie die übrigen. Jch möchte abcr noch eines erwähnen hin-
sichtlich des englisch-japanischen Abkommens. Jch bin neuer-
dings ili dcr flusländischen Presse hie und da der Bermutung
Legegnet, daß Deutschland mitwirkte bei den Verhandlungen,
die zum Abschlutz des englisch-japanischen Bündnisvertrages
führten. Von eincm solchen Mitwirken dcutscherseits bei dem
englisch-jahanischen Bündnis ist mir nichts bekannt. Richtig ist
nur, dah sowohl die englische wie auch die japanische Regicrung
uns Kcnntnis gab von dem Jnhalte des Abkommens nach sei-
riem Abschluh. Das war ein Beweis des Vertrauens, das die
Leutsche Chinapolitik dank ihren durchaus freundlichen Zielen
den übrigen Mächte» einflötzt, und deshalb dankten wir für
diese Mittcilung höflichst. Jch konstatiere aber, datz wir zivar
von dcr Publikation dcs englisch-japanischcn Vertragcs, die,
wenn ich nicht irrc, am 11. Fcbruar stattfand, aber nicht vor
seiner linterzeichnung am 30. Januar Kenntuis von dem Jn-
halte des Abkommens hatten. Mit anderen Worten: Wir haben
die Gcburtsanzeige des Abkommens erhalten, und sogleich er-
Halten, aber wir 'haben nicht bei dem Abkommcn Pate gestan-
den, und vollends mit der Vaterschaft haben wir erst recht nichts
zu thun. Das sage ich ohne jede Tendenz, sine ira et stuälo,
denn ich bin weit entfernt,die Bcdcutung des englisch-japanischen
Abkommcns zu verkennen. Es ist das erstemal, datz ein hoch-
Legabtcs asiatisches Volk vollkommen gleichberechtigt in Ver-
Lindung tritt mit ciuer europäischen Grotzmacht und endlich
tritt auch bei diesem Anlatz zu tage, datz unsere Zeit im Zeichen
Ler Wcltpolitik steht. Deutschland will nicht Hans in allen
Gassen spielen; es will in deu Greitzen der Vernunft :ind der
Möglichkcit dic Jnteressen des deutschen Gewerbefleitzes und
Haiidelsgeistes Pflegen. Die dentsche Besatzungsbrigade wrrd
uicht einen Tag länger in China gelassen werden, als es pol,-
tisch geboten ist. Wir habeu keiuc politischeu Bedenken gegen
die Auflösung der provisorischen Regierung in Tientsin noch
gegen die Rückgabc Tientsins an die chinesischen Behörden. Wir
hoffen von China ausreichende Garantieen für die Werter-
führung der Regulierung des Peiho durch die chinestschen Be-
hörden zu erlmrgen. Wir haben im rechten Augenbuck un,er
Expeditionskorps auf den sechsten Teil reduziert. Hätten wir
sie aber vorzeitig aus China zurückgezogen, so wurden wir an-
deren die vielleicht nicht unerwüuschte Möglrchkeit geboten
haben, sich dort auf unserc Kosten besser zu betten. Wir wurden
durch einen überstürzten Rückzug denen gewitz ernen recht gro-
tzen Gefallen erwiescn haben, dic es überflüssig lwden, datz
Deutschland jetzt auch in überseeischen Fragen eiu Wort mit-
spricht Nachdem unser Chinaprogramm in allen Punkten rca-
lisirt ist, sind das grotze Expeditionskorps nnd un,ere Schme
iu die Heimat zurückgckehrt. Wir mussen aber in China ,o-
stark sein, datz das, lvas durch das emtrachtige Zusammeii-
wirkeu aller Mächte erreicht ist, nicht wieder aufs Spiel gesetzt
wird, und auch so stark, datz uns niemand an den
Wagenfähr t. Nach Shanghai wurde eine d e u t s ch e
Garnison verlegt nach englischem Vorgang, um die Rupc
rmd Ordnung im Dangtsethale zu sichern und der guten Oe-
sinnung des dortigen Vizekönigs einen Ruckhalt zu geben.
Anser Vorgehen ist ohne feindliche Spitze gegen irgend cine an-
dere Macht; namentlich hat sich Englaud seinerzeit mir un,erem
Vorqehen durchaus einverstanden erklart. Es empfiehlt ,w,.
Die Garnison vorläufig noch in Shanghai zu belassen, damrt dre
öortige Beruhigung noch gröhere Festigkert erlangt. ^on oen-
selben Erwägungen werden offenbar auch die anderen .Nachte
oeleitet und was Hinsichtlich ihrer Haiidelsintcressen den an-
deren recht ist, ist auch uns in Ostasren und ,pezicll in Shanghai
billig. (Bravol rechts und in der Mitte.)

Abg Singer (Soz.): Die Weltpolitik wird nicht vom
Reichstage gemacht, auch nicht vom Bundcsrat, sondern an
eincr Stelle, auf dic !vir/keinen Einfluh haben. Der englisch-
japanische Vertrag flötzt auch uns keine Besorgms ein. Wenn
schon Weltpolitik gemacht werden soll, dann ist es am bcsten
mit friedlichen Verträgen. Wir stimmcn dem Abstrich von 5
Millionen zu, lehnen aber die ostasiatische Brigade ganz und
verkürzt ab.

Abg. Freese (freis. Ver.): Der englisch-iapanychc Ver-
trag dürftc unsere Jnteressen nicht schädigen. Gewih miitzen
wir wünschen, die Besatzung in Ostasien möglichst bald zuruck-
zuziehen, jedenfalls aber ist gerade unsere Besatzung in Shang-
hai zur Zeit von allergröhter Wichtigkeit „ o-,. m

Titel I. Ausgaben mit cinem Abstrich von 5 304 000 M.
wird mit grotzer Mehrheit angenommen, cbcnso die weitexen
Titel und 'die Resolution der Kommission betreffend Gewah-
rung von Demobilisirungsgeldern. Der Rest der Aiwgaben de-,
Etats wird angenommen; die Einnahmen an dre Budger^om-
mission zurückverwiesen.

Es folgt der Etat des Auswärtigen Amtes.

Abitz Prinz A r e n b e r g (Centr.) berichtet iiber die 5tom-
missionsverhandlungen.

Bei Kapitel IV Titel 1, Gehalt des Staatssekretars, be-

Dr. Hasse (natl.): Die Reise des Prinzen Hcinrich
nach Ämerika °wird schon Früchte zeitigen, besonders dadurch,
datz die englischen gegen ein dcutsch-amerikanisches Emver-
nehmen gerichteten Machenschaftcn zerstört wnrden und das
deutsche Element in den Vereinigten Staatcn gestärkt werdc in
dem Sinne, datz es cin wichtiges Glied sei zur Aufrecherhal-
tung friedlicher Beziehungen. Anderseits müssen wir all unsere
Kraft zusammen nehrncn, um der amerikanischen Konkurrenz
zu bcgegncn. Redner bringt daun mehrere Fälle vor, wo ihm
der Schutz der Deutschen im Ausland nicht genügend erscheine.

Frhr. v. Richthofen erwidert dcm Rcdner, datz die
berufencn Konsulate nach besten Kräften helfcnd zur Seiie
ständen.

Abg. Münch-Fcrber (nat.-lib.) bedauert, datz der
Reichskauzler die Rcsolution wcgcn Einführung vou deutschen
Handelsabkommen im Ausland uicht berücksichtigt habe.

Abg. Gradnauer (Soz.): Gegen die bei uns erfolgte
Reichspolitik mutz der Reichstag Front machen. Die Reise
des Prinzen Heinrich köiine man nicht mit Jubel begrützen.
Rcdncr kvmmt auf die Haager Friedenskonferenz zu sprechen
und auf den Fricdcnskampf der Buren. Keine Macht habe ver-
sucht, daß Vermittlungsvorschläge gemacht iverden. Das dcut-
sche Volk verlange eine Jntervention.

Reichskanzler Graf Biilotv bedauert die Ausführuugen
Graduauers bezüglich der Prinzeureise, die umso bedauerlicher

seien im Hinblick auf die schöne Aufnahme, die Prinz Heiurich
beim amcrikanischcn Volk gefuudeu. jSehr richtig auf alleu
Seiteu des Hauses.) Die Reise vcrfolge keinen bestimmteu
pokitischen Zwcck. Was wir mit großem Ernst anstceben, ist
die Aufrechterhaltuug der traditiouellen, guteu Beziehuugeu
zwischeu Preußeii-Deutschland und Amerika. Beide Völker
hcchen alles Jnteresse daran, auf der Gruudlage voller Gegeu-
seitigkeit in Frieden uud Freundschaft zu leben. Auch iu fern-
ster Zukuuft sieht mein Auge keinen Punkt, wo die politischeu
Wege beider Völker sich zu durchkreuzen brauchen. (Bravo.)
Jch bin überzeugt nnd sage dies nicht nur für das Jnland,
sondern anch für das Ikusland, datz ich mich in
llebereinstiminung befinde mit der großen Mehrheit dcs Rcichs-
tages, wenn ich ancrkennc, dah das deutsche Volk mit
lebhafter Befriedignng verfolgt hat die g a st-
f r e i e, r i t t er l i ch e, glänzende Aufnahme, welche
das a m e r i k a n i s ch e Volk dem Bruder des deuischen Kai-
sers bere.itet. (Brabo.) Der Reichskanzler erörtert dann die
Nngekegcnheit der Pekinger a st r o n o m i s ch e n I n-
st rumente und kommt zu dem Schlutz, datz dieselben recht-
mätzig in deutschen Bcsitz übergegangen und unter die Kate-
gorie dcrjenigen Geschenke fallen, die von piegiernng zu Re-
gieruug seit lange wechselseitig üblich sind. Bezüglich der von
Gradnauer gewünschten Einmischuug in den sÜDafrikaui-
scheu Krieg erklärt der Reichskauzler, eine Einmischung
iväre, rein akademisch gesprochen, iu dreierlei Weise möglich:
durch Anrufung dcs Haager Schiedsgerichts, durch Mcdiatiou
oder Jntervention. Die Anrufuug des Haager Schiedsgerichts
ist seitcus der Burendelegirten erfolgt, hat abcr, wie dies bei
der Struktur des Haager Vertragswerks, au der ich uichts zu
änderu vcrmag, nicht anders möglich war, keiuen Erfolg ge-
habt. Auch eine Mediation hätte keinen Erfolg. Jch crinncre
an die Antwort, die die englische Regierung auf den aus edel-
sten Motiven an fie ergangenen Antrag der holländifchen Re-
girung erteilt hat. Eine An tervention würde eventuelle
Anwendung von Z tv a n g s m a tz r e g e l n voraussehen. Tas
entspricht n i ch t d e n d e n t s ch e n Jn t e r e s s e n. Jch habe
dies bereits im vorigen Jahre auscinandergesctzt nnd das ist
schon damals und seitdem von den meisten Seiicn anerkannt
ivorden. Der Reichskanzler schlietzt: von keiner anderen Macht
ist gegenüber dem südafrikanischen Krieg oder gegenüber der
Art uiid Weise der englischen Kriegführung in Südafcika irgend
welcher Einspruch erhoben worden. Wir haben gar keine Ver-
anlassung, in dieser Beziehung eine fiihrende Rolle zu über-
nehmen, bei solchen internationaleu Aktioucn die Tete zu
uehmen. Mag persönliche Eitelkeit schmeicheln, praktisch Pflegt
dabei nicht viel Erspriehliches herauszukommeu. Ich verweise
auf die Geschichte des zweiten französischen Kaiscrreichs, die
in dieser Beziehuug lehrreiche Beispiele aufweist. (Sehr rich-
tig.) Giuge es nach Gradnauers Willen, so würden wir nicht
blotz iu Afrika iutervenieren, sonderii auch in Armenien, auf
den Philippinen uud sogar in Finland. Wir wolleii aber uicht
Hansdampf in alleu Gassen spieleu, folche Politik werdcu lvir
nicht machen. (Beifall.) Auf eine Provokation Gradnauers
bezüglich der Chamberlains-Angelegenheit erklärt der Reichs-
kcmzler schließlich: Jch habe bewiesen, dah ich mich nich: scheute,
dem Vorfall näher zu treten, aber die Angelegenheit breitzu-
treten, halte ich nicht für uützlich. Dem Staatsinteresse würde
dadurch nicht gedient. Vo n d e m, was ich damals g e-
sagt, brauche i ch n i ch t e i n e Sitbe h i n w e g-
zunehmen, habeaber auch nichts hinzuzu-
fügeu. (Lebhaftcr Beifall.)

Nach weitcren Bemerkungen Frese's (freis. Ver.) und Le-
derers (Soz.) wird die Fortsetzung der Beratung auf morgen
vertagt. __

Badcn-

— Da man Grund hat, auf jedes Anzeichen von
wirtschaftlicher Besserung zu achten, ist der diesma-
lige Manatsbericht der badischen Privatbahnen zu
begrüßen. Seit vielen Monaten hatte regelmäszig die
Hälfte der 16 Privatbahnen Mindereinnahmen gegen-
über dem gleichen Zeitraum des Vorjahres. Nun bringt
der Januar 1902 eine Ueberraschnng, eine beinahe Plötz-
liche Aufmärtsbewegnng. Nicht weniger als 14 von den
16 Bahnen haben im Personenverkehr Mehreinnahmen,
die zum Teil recht ansehnlich sind und bei einer Bahn fast
20 Prozent erreichen. Beim Güterverkehr ist der Wechsel
nicht so bedeutend, immerhin haben 9BahnenMehreinnah-
men nnd nur 7 Mindereinnahmen und die ersteren sind
ebenfalls zum Teil bisträchttich. Jm Ganzen haben 12
Bahnen ein Mehr, nur 4 ein Weniger. Auf das Ge-
samtergebnis bei den 14 Bahnen, die ihr Rechnungsjahr
anr 1. April beginnen, hat der eine Monat natürlich noch
keinen großen Einflnß, da haben nur 6 Bahnen Mehr-
und 8 Mindereinnahmen. Auch dies bedeutet innnerhin
eine kleine Besserung.

Aus Stadt und Land.

Heidelb erg, 4. Mär,.

Wolstthiitigkeits-Abeud. Wie wir vor einigen Tagen
mitteilten, planen Mitglteder der Harnwnie-Gesellschaft nnterstiitzt
von Schülern der Sahlender'schen Munkschule ein Konzert mit
Buntem Theater (Ueberbrettl) zu wohlthätigm Zwecken.
Dasselbe findet nun bcstimmt nächsten Samstag, 8. März statt
nnd zwar soll der Erlös den Franen nnd Kindern der
Buren zngute kommen. Wie ans dem Anzeigcnteil hervorgcht,
beginnt der Kartenverkauf heute; das ntthere Programm wird
morgen veröffentlicht werden-

X Fuhball. Mittwoch Nachmittag 3 Uhr soll auf dem Spiel-
feld von Heidelberg - College das zweite Wettspiel in viesem
Winter, zwischen der ersten Fünfzehn des College und der Fuß-
ball-Mannschaft des Heidelberger Rnder-Klnb stattfinden.

Besitzwechsel. Herr Bureanvorsteher Georg Höhr verkaufte
sein Anwesen Plöck 16 an dcn cv, Diakonissenverein um den
Preis von 85 000 Mk. Herr Höhr hatte das Haus s. Zt. fiir
63 000 Mk. gekauft.

L Der bekannte Schulbücherverlag Ch - Th- Kroos, hier,
ging in den Besitz des Verlagsbnchhändlers Otto Winter
über.

** Verhaftet wurden gestern zwei junge Leute, die sich obdach-
und mittellos hier hernmtrieben. Es sind cin Schlosserlehrling
und ein Bäckerlehrling aus Stettin nnd erit 15 bezw. 16 Jahre
alt. Der erstere hatte seiner Mutter 172 Mark entwendet nnd
mit seinem Freunde das Weite gesncht. Bei der Festnahme wurde
dem eincn etn Revolver, dem anderen ein Stellmeffer abgenommen.

* Den Vericht über die gestrige Sitzung der 2. bad Kammer
könncn wir erir moigen brinaen.

— Polizeibericht. Verhaftet wurden drei Arbeiter, die sich in
einer Wirtschaft eines Hausfriedensbrnchs schuldig gemacht hatten,
ein Bäckergeselle wegen Kuppelei und drei Frauenzimmec wegen
Umherziehens.

** Leimeu, 3. März. (Schwere Körperverletzung.) Jn
verflossener Nacht, etwa um 11 Uhr, wurde der Landwirt Johann
Nenner von dem Taglöhner Jakob Vogelbacher durch mehrere
Schläge mit einew großen Prügel zu Boden geschlagen. Der
Mißhandelte liegt nnn lebensgefährlich verletzt darnieder, der un-
menschliche Taglöhner aber sitzt hinter Schloß und Riegel.

O Walldorf, 3. März. Das Fest der Erhebung
Walldorfs zur Stadt und derEinweihnng unserer
Str aßenbahn nahm einen sehr schönen Verlanf. Am
Samstag Abend bewegte sich ein stattlicher Fackelzug, an dem

sich sämtliche hiesige Vereine beteiligten, durch die Straßen des
Orts. Nach dem Umzug fand im Saal des Gasthauses zum
„roten Ochsen" ein Bankett statt, wobei Herr Pfarrer Speyerer
die überaus wohlgelnngene Festrede hielt. Sein Hoch galt
nnserem gelicbten Fürstenpaare, dem Großherzog nnd der Groß-
herzogin. Nnn wechselten Neden mit beiteren Welsen der Stadt-
kapclle und Gesangsvorträge der hiesigen Gesangvereiue in an-
genehmer Weise ab. Am Sonntag Morgen nm 9 Uhr war
Festgottesdienst in den beiden Kirchen. Hierauf zog unter
klingendem Spiel ein stattlicher Festzng anf den Marktplatz-
Nach dem Vortrag eineS Liedes dnrch die vereinigten Gesang-
vereine verlas Herr Bürgermeister Abel aus dem Gesetzes- nnd
Verordnungsblatt die Erhebnng Walldorfs zur Stadtgemeinde
und schloß mit einem Hoch auf den Landesfürsten. Unter Musik-
begleitung sang die ganze Versamnstnng die Nationalhymne.
An diescn Akt schloß sich die Einweihung der Straßcnbahn mit
Probefahrt an, woran sich nebcn vielen andern answärtigeN
Gästen auch die Vertrcter der Großh. Regierung, die Herren
LaNdeskomniissär Pfisterer ans Mannheim nnd Oberamtmann
Dr- Klotz von Wiesloch beteiligten. Während des Festessens im
Hotcl „Ästoria"^ wurden Hnldigungstelegramme an Se. Königl.
Hoheit den Großherzog nnd unscren Ehrcnbürger Hcrrn Willianl
Walldorf-Astor in London abgesandt. Noch im Lanfe deS Rach-
mittags traf von Sr. Königl. Hohcit dem Großherzog folgende
Drahkantwort ein:

Herrn Bürgermeister Abel in Walldorf.

Jch danke der Stadtgemeinde nnd Jhren Gästen für die

mir gewidmete frenndliche Knndgebung trener Gesinnnng

nnd erwidere diese werte Begrüßung mit herzlichen Wünschen

für das fernere Wohl der Stadtgemeinde.

Friedrich, Großherzog.

Neben verschiedenen anderen Begrüßungstelegrammcn trasen
anch solche cin von unserm Landtagsabgeordneten Herrn ^reiff,
Karlsrnhe, nnd von der Straßen- und Bergbahngesellschaft
Heidelberg. Begünstigt durch das schöne Wetter statteten viele
auswärtige Gäste der jüngsten Stadt Badcns einen Besuch ab,
so daß nnsere Straßenbahn kaum im Stande war, die große Zahl
der Gäste zu befördern.

^ Eppingen. 3. März. (Verschiedenes.) Der heute nach
Jahren langer Unterbrechung erstmals dahier wieder abge-
haltene Viehmarkt war von 122 Stllck Rindvieh beschickt, vo»
welchem 35 bis 40 Stück vcrkauft wnrden, 44 crhielten Weggelder-
— Vor inehreren Tagen hatten wir 25 Dragoner von Karlsruhe
hier im Qnartier, welche Felddienstübungen nnternahmen. —
Jm Dachraum des Ääckers Philipp Schmelcher alt, brach gestern
Fener ans, wurde rechtzeitig entdeckt und sofort gelöscht, so daß
nur ein Schaden von wenigen Atark entstanden ist.

Neckarbischofsheim, 28. Februar. (F i s ch r L u b e r.)
Heute wurde hier, dem „Landboten" zufolge, vom Gräflich
bon Helmstattschen Diener A. Müller in dem Krebsbach ein
selten grotzes Fischottermämichen von 22 Pfund Gewicht
gefangen. Das Tier mißt von der Schnauze bis zur Schwanz-
spitze 1,18 Meter, ohne Schwanz 75 Centimeter. Es scheint
ein alter Onkel zu sein, der den gräflichen Forellen schweren
Schaden zufügte. Hoffentlich gelingt es Herrn Müller, auch der
lieben Tante bald habhaft zu werden.

ö. X. Karlsruhe, 3. März. (B e er d ig u n a.) Heute Vor-
mitta^ fand unter Beteiligung einer großen Zabl von Leid-
tragenden die Beerdigung des Hrn. Ministerialrats Dr. Scklus-
ser statt. Die allcrböchsten Herrschaften ließen sich durch Ober<
schloßhauptmann v. Offensandt-Berckholtz, Se.Großh. Hoh.Prinz
Karl durch Rittmeister v. Frisching vertreten. Ferner waren der
Schwiegervater des Verstorbenen, Mintster a. D. Geh. Rat Dr.
Eisenlohr. Staatsminister v. Brauer, Finanzminister Dr. Buchen-
berger, Präsident des Ministeriums des Jnnern Geh. Rat Dr.
Schenkel, Präsident des Ministeriums der Jultiz, des Kultus und
Unterrichts Frhr. v. Dusch, Staatsrat Dr. Reinhard und unter
zahlreichen MMärpersonen auch der ehemalige Kommandeur des
14. Armcekorps General v. Bülow anwcsend. Die Trauerrede
hielt Hofprediger Fischer, der ein erhebendes Bild von dem
Wesen und Leben Schlussers entwarf. Am Grabe wtdmele Mt-
nifter Dr. Schenkel dem Verstorbenen namcns des Ministeriums
des Jnncrn einen ehrenvollen Nachruf, indem er gletchzcittg
einen Kranz niederlegle. Seinem Beispiel folgte namens der
Stadt Lahr Landtagsabgeordneter Höring; ferner namens der
nat.-lib. Fraktion des Landtags Oberbürgermeister Dr. Wilckens,
Nameus der Sparkasse in Lahr Hr. Verwalter Leser und im
Namen des dortigcn evang. Gemeinderats Stadtpfarrer Zand,
sowie schließlich namens der Oberbnrgermeister der bad. Städte
Oberbürgermeister Habermehl-Pforzheim.

L.6. Offeuburg, 3. März. (Bürgermeister Hermann)
der sich demnächst einer Neuwahl zu unterziehen hat, erklärte einer
Abordnung des Gemeinderats und Bürgerausschusses, die ihn er-
suchte, die Wiederwahl anzunehmen, er könne eine bestimmte Ant-
wort znr Zeit noch nicht abgeben, da er sich mit dem Gedankeir
trage, in den Staatsdienst wieder zurückzukehren.

— Dieustnachrtchte». Versetzungen unv Ernennnngen auS
dem Bereiche des S ch ulwes ens. Versetzt wurden: Friedrtch
Birmele, Hilfslehrer, von Neckargemünd nach Nonnenweier,
Hugo Kast, Unterlehrer, von Karlsruhe nach Heidelberg, Karl
Köchler, Hauptlehrer, von Hörden nach Neckargemünd und
Karl Schäfer, Unterlehrer in Hetdelberg, als Hilfslehrer nach
Gauangelloch.

Kandel und Aerkehr.

Frankfurt, 3. März. Effektensozietät. Abends 6V< Uhr.
Kreditaktien 21910 b., DiSconto Commandit 191.90—195 b.,
Deutsche Bank 214.10 b, Darmstädter Bank 138 50 b., Berliner
Handeisges. 153.20 b., Banque Ottomane 11170 B. 60 G..
Mitteldeutsche Creditban? 112 b„ Lombarden 18 20 b. ult. 18.40
b. cpt., Hambura -Amerik. Packet 114.25 b., 3proz. Vortugieseil
28 iO b. G , 4'/,proz Chtnesen 91 b. cpt.. Bochumer 197.80 b.,
Harpener 163 30 d. G., Hibernia 160.75 161 b„ Obersckl. Eisen»
Fndustrie 123 b., Concoidia 283.50 b. G, Eschweiler 197 ü. G-,
Schöffer u. Co. (Command.-Ges.) 84 80 b. G., Bad. Zackerfabrik
74 b. G.

67.-6'/!, : Staatsbahn 145.80.

Bei ruhiaem Verkehr blieben dte Kurse auf allen Gebisten
gut behauptet.

Schweizerische Kreditanstalt und Oberrheinische Bank. Jn
dcm soeben erschienenen Jahresbericht der Schwciz. Kceditanstalt
Zürich, einss bochangesehenen Jnstituts, Kopital Fr. 40080000,
tetzte Dividendc 8 pCt.. findet sich folgender Lassus, der für
nniere Leser, von denen ja viele Akiiouäre der Oberrhetn. Bank
sind, von Jnteresse sein düifle: „Unser Besitz an Aktien der
Bank in Winteithnr und der Oberrhein. Bank in ManN'
heim ist unverändert geblieben. Dic steügs Entwicklung unserer
Beziehmigcn zu diesem letzteren Jnstiiut, in dessen Aufsichtsrat
und Baseler Lokal.Komits wir vertreten sind, hat auch im Be-
trtebsjahre angedauert, und der Erfolg dteser im Jahre 1899
eingecanqenen neucn Verbindung war durchaus befriedigend.
Das Jnstitut ist von der über eine Reche deulscher Banken htn«
weggegangenen Krisis glücklich verschont geblieben; seine Divt'
dcnde pro 1900 betrug 6 pCt. uud wird pro 1901 in gleicher
Höhe erwartet. Der Kurs der Aktien ist auch in den ungünsttg'
sten Zeiten dcs letzten Sommers nur wenig berübrt worden und
hat sich bald wieder auf nahezn den früheren Stond aehoben.
Eine Begebung der Aktien durch uns ist einstwetlen nicht beab-
sichtigt, wie auch die Vollzahlung derselben noch nicht in Aus'
stcht steht, da das Jnstitut sonst über reichliche Betriebsmittel
verfügt."

WafserstandSchnarichten

N e ck a r.
Heidelberg, 4. 2,05, gef. 0,08m
Heilbronn, 1., 1,12, gef. 0.00m
Mannheim, 3., 3,66, gest. 0,38m

Rhein.

Lauterburg, 3, 3,81, gest.O.llro
Maxa«, 3., 3,97, gest. 0,17m
Mannheim, 3„ 3,55, gest, 0,31
 
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