Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 51-74 (1. März 1902 - 29.März 1902)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0503
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Antwort des Ministers wurde einstimmlg znr Kennt-
nis gcnommen.

W i e n, 13. März. Die deutsche Volkspartei beschloß,
schars gegen den llnterrichtsminister Hartel vorzugehen,
an den sie eine Anfrage wegeu der ö st e r I i ch e n E x e r-
citien gerichtet hat. Diese hätten nur die Herrschaft
der Hierarchie iu dcn Btittelschuleu zum Zweck und der
Minister begänstige sie durch seine Liebedienerei. Schoil
vorige Osteru hätteu achtzig Abgeordnete uud zahlreiche
Gemeindcn dagegen Eiuspruch erhoben.

Asicn.

— Aus Tientsin berichtet eine der Januar-
nummern des „Wocheilblatt für die Angehörigen der ost-
asiatischen Besatzlingsbrigade", dessen Gründung neu-
lich besprochen wurde, Nachstehendes über die Einweih-
ung der dortigen deutscheu Garnisontirche: Am 24. Dez.
abeuds halb 5 llhr fand iu Tientsin die Einweihung der
ueuen Garnisoukircho statt. Das Bedürfnis, gerade hier
in unserem Hauptlager ein wiirdiges Gotteshaus für
unsere Soldaten zu bauen, hat sich als unabweisbar her-
ausgestellt und dem Kommaudo der Brigade gebührt
dcr aufrichtige Dank der Truppen, dem allgemein geheg-
ten Wunsche so bald und so thatkräftig entsprocheu zu
haben. Alle Anerkennung diirfen wir auch unseren
wackeren Pionieren zollen, die den Plan der Kirche selbst
entworfen und die Ausführung des Baues in der denkbar
kürzestcu Zrist zu allgemeiner Zufriedenheit zil stande
qebrackit haben. Einem don den Mannschaften geäutzerten
Wunsche folgend, hcrt das Bataillon Jängtsu damit
begounen, englischen Sprachunterricht an jc 1o Alann
aus seder Kompagnie erteilen zu lassen.

Aus Stadt und Land.

8. 6. Karlsrulie, 13 Miirz. «Ueber dic Erwerbs
th ä r i g k e i t d e r F r a u c n in B ad e u) hielt diescr Tage
die Grotzh. Fabrikiuspektorin Frl. Dr. v. Richthofen in
Pforzheim eincn stitercssautcn Vortrag. Die Reduerin fuhrte
nack eiucm Bcricht des „Pf. G.-A." u. a. aus: Bei einer Be-
bölkerung bon Millioncn, wobou ctwa 800 000 Fraucn,
sind rund 800 000 Fraucu beruflich thätig, das ist bon dcn
schuleiitlasseucn die Hälftc. Dic Zunahme bon 1882 bis 1895
bctrage eiu Vicrtcl und sei inzwischen iwch gewachsen. 'Die
Gründe hicfür seieu 1. die verändcrtcu Vcrhältnisse in dcr
Hauswirtschaft, in wclcher scit Grotzmutters Zeitcn viele
Frauenhäudc frei gcwordcn; 2. die wachsenden Bedürfnissc nach
Arbcitshändcii iiü Jndustric und Handel; 8. dcr zunehmende
Begehr nach Kultur- und Lnxusgiitern und darnm die Not-
wendigkcit, zu dcsscn Befricdigung Gcld zu verdienen. Jn
der Landwirtschaft siud noch die meisten Frauen (140 000)
wie scit Alters her thätig, in Badcn ctwas mehr als im Reich.
Dicse Bcschäftiguiig ist noch immer die abwechslungsreichste,
die zwar uicht immer zuträglich, aber doch wieder den Vorzug
hat, viel Bewcgung zu bieten uud nicht mechanisch zu sein.
Wo Jndustrie und Landwirtschaft nebeneinander hergehen,
wird die Frau zumcist die letzterc bcsorgen, während der Mann
in die Fabrik geht; sie paßt sich am besten der Hauswirtschaft
an. Fn dcr Jndustrie sind 70 000 Fraueu gezühlt, dabon
45 000 oder cin Vicrtcl dcr Fabrikarbeiterschaft in Fabriken;
deren Zahl ist seitdem auf 60 0OO gestiegcn. Die mcisten Ar-
beireriiineu siud iu den Cigarrcnfabrikcn (23 000), sodann
17 000 iu der Textilbranche, 6000 in der Bijoutericfabrika-
tion thätig. Dic Fabrikarbcit ist wegcn der ciuseitigcn Be-
wegung eiueS eiuzeliieii Körpcrteils (man bctrachte die Arbeit
dcr AuZhaiicriiinen) den Fraueu besoudcrs nachteilig. Jhre
Arbeitszeit ist mit täglich 11 Stunden geietzlich qeregelt, ein
Umstaiid, dcr auch auf diejeiiigcn (28 000 Fraueu dcr
Fraucuarbeit im Kleingewerbe güustig eiugewirki hat. Jm
Handel nnd Vcrkehr, wo seit 'alten Zeiten die Frauen mit
kleinen Lädcu ihrcn Erwcrb gcsucht habcu, hat sich vou 1882
bis 1895 die Zahl dcr sclüstäudig Erwerbsthätigeu durch ihre
zunchmeude Vcrweuduiig iu Wareuhäuserii uud auf Kouioren
geradezu berdoppelt. Auch hicr mutzte dcr gesctzlichc Arbeits-
tag gcrcgelt werde»; cs gcschah durch Festsetzung der Mini-
malruhezcit. Zugcuommen hat auch die Verweuduug der
weiblicheu Arbeiiskraft in Posi uud Telegraphie. Jn der Be-
rufsgruppe, Behcrbcrgung uud Erquickuug siud gleichfalls zu-
meisr als Kclliicriunen 13 000 Fraucu uud Madchen thätig.
Jn der Abieilung „Frcic Berufe" (7000) findcu wir die
Frau iu dcr Erziehung, im Unterrichi, in dcr Kraukeupflcge,
wo sie ciue segeusreichc Wirksamkeit eutfaltet. Dio Zahl dcr
Dicnstbotcu ist chcr zurückgcgaugcii, Grund dabou dcr Draug
nach pcrsönlichcr Frerheit und die gröhere Wertschätzung dcs
Geldlohnes gegcnüber dcr Naturalvergütuug. Autzer diesen
300 000 im Hauptbcruf erwcrbsthätigen Fraucn sind in Ba-
den noch 100 000 als im Ncüenberuf thätig gczählt wordcu.
Nach den Berufsschichtcu betrachtet sind die selbstäudig Er-
werbsthätigen au Zahl zurückgegangeu, die unselbständig Thä-
tigen, vier Firnftcl, gewachscii. Dic Selbstäiidigcn nnter dcn
Fraueu siud zumeist Nähcriiiucu, Wäscheriniieu, Büglerin-
nen rc. Eiu Vicrtcl der arbeitendcn Frauen iu Badeu (in ganz

gendliebe. wach, als er an dcm Hause borbeiging, wo er da-
mals au dem Rcgeutage Cücilie zum erstenmale gcschen hatte.
Das Haus ivar noch dasselbe und die Anlagcn des Gartcus
ebensalls bciuahc uuberäudert gcbliebcn; über die Brüstuug
der Gartenmaucr lehnte sich eiu hübschcs rosiges Dieustmäd-
cheu, eincn Strausz Schneeglöckchcu iu der Hand.

„Bckomme ich uicht ein?" rief ihr Zaruoiv zu, und lacheud
ivarf ihm das Mädcheu dcn gauzen Strauh hinab. Er dankte
mit ciuer Kußhand und schritt weiter. Die kleine anmutige
Episode hatte übcrraschend schnell die trübsinnigen Gedanken
verscheucht, die sich seiner wieder zu bemächtigen drohteu.

Nuu wanderte er auf der um diese Zeit noch verhältnis-
mähig ciusameii Landstratze hin, welche durch Billwärder nach
den Vierlauden und deren friedlichem Hauptorte Bergedorf
führt. Junges frisches Grün bekleidete die Bäume am Stratzen-
randc, in den vereinzelteii Landhäusern zeigten Tulpen uud
Aurikcl ihre. feurig lohende Farbeupracht, die Dornheckcn
ivaren hier mit iveihcm Blütenschnee, dort mit rosigem Blüteu-
flor überdeckt; von den Feldern stiegen Lerchen auf uud tril-
lerten, zu Häupteu des einsamen Wanderers fliegend, ihr an-
spruchsloses Lied; gelb blühte an den Rändern der Bäche die
Dotterblumc, gclb die Primel auf den Rainen und Gras-
flächen, violett das Veilchen und das Leberblnmchen unter den
Hecken. Bkickte Zarnoiv nach dem Süden hin, wo die Elbe,
ihm uufichtbar, ihrc Wassermassen der giotzen Hanfestadt und
dem Meerc zuivälzte, so lag es wie ein goldig grünlicher
Schimmer über den Fluren und in den Lüften. .Mehr als
cinmal setzte er sich hin, nicht weil er ermüdet war, sondern
um die wundersame Holdscligkeit des deutschen Frühlings in
vollen Zügen mit allcn Sinnon in sich aufzunehmen. Er fand
einige Veilchen uud gesellte sie seineu Schneeglöckchen zu.

„Welch eiu hübsches Mädchen das da oben warl" dachte
er bei sich. „Und weun ich hingiuge und bäie frank und frei
um ihre Hand, welch' eine gute, treue Frau würde das licbe
Kind mir iverden l Wahrhaftig, Frani Cäcilie Gerard, Sie
mit allen Jhrcn Millionen iviegen das armc Kind aus dem
Volke uicht auf."

Ciu Häschen eilte iu cilferiigcn Sprüugen über seinen

Deutschland 2 Millionen) ist verheiraiei. Jhr Los ist viel
ungünstiger als das der Arbeiter. Sie müssen nach Schluß
ihrer Berufsthätigkeit noch ihre häuslichen Arbeiten berrichten
und vermögen doch nicht eine angenehme Häuslichkeit zu bieten.

Heidelberger Vereinsangelegenbeiten.

** Der Vaycrn Verein „Monachia", welcher in dcr kurzen
Zeit seines Bestehens bereits eine ansehnliche Mitgliederzahl in
sich vereinigt, feierte am Dienstag Abend in dem Saale des
Hotel Rheingold das Geburtsfest Sr. Kgl. Hoheit des Prinz-
regenten Luitpold von Bayern in einer wohlgelungenen Vcr-
anstaltung, in deren Verlauf der 1. Vorstand, Hr. Strauß, in
schwungvoller Weise die Festrede hielt und die Regententugenden
des bayrischen Landesherrn riihmend hervorhob, dem die kräftige
Luft der herrlichen bayrischen Berae, in denen er so gerne weilt,
Gesundheit und Lebenskraft sür viele Jahre verleihen möge- Jn
das auf den Prinzregenten ausgebrachte Hoch stimmten die Ver-
sammelten in begeisterter Weise cin. Den Toast anf Se. Kgl.
Hoheit den allverehrten Großherzog brachte Hr. Ringler in
zündenden Worten aus und verlas später folgende anf eine Be-
grüßungsdepesche an den greisen Landesfürsten eingegangene tele-
graphische Antwort desselben:

„Jch danke den werten Vereinsgenossen für die mir gewid-
meten Grüße und freundliche Kiindgebung treuer Gesinnungeii.
Jch erwioere ihre Begrüßmig mit warmcn Wünschen für das
fernere Wohlergehen Jhres verehrten Prinzregenten

Friedrich, Großherzog von Baden,"
Aus München traf folgende Depesche ein:

„Seinc kgl. Hoheit der Prinz-Regent entsenden den festlich
versammelten Mitgliedern des Bayern-Vereins Monachia für
freundliche Glückwünsche allerhöchstihren huldvollsten Dank.

Jm allerhöchsten Anftrag:

Freiherr von Wiedemann, Generaladjutant.
Ein reichhaltiges, amüsautes Programm mit sehr hübsch vor-
getrageucn Solis, humoristischen Couplets u. s w. fand eine flotte
Abwicklmig. Stürmische Heiterkeit fanden divcrse komische Vor-
träge. Die Liedervorträge des Herrn Ringler bewlesen, daß der
Sänger über ein Stimmmaterial von großem Umfang und außer-
gewöhnliche Touschöiiheit verfügt Den Reigen dsr Toaste eröff-
nete Herr Zahnarzt Dietrich mit einem Trinkspruch auf den
Bayern-Verein Monachia und nun solgte Toast auf Toast, sodaß
die Veronstaltmig m!t einem völligen Geliugen in allen ihren
Teilcn abschließen komite.

Kleine Zeitung.

-- Tarmstadt, 11. März. Die raffimerte Schwiird-
lerin Margaretha Schweighofer, die das G e s u n d-
b e t c n bctrieb, und besonders in Ossenbach viele Glän-
bige gesunden und dabei in 26 Fällen 250 Mark ver-
dient hatte, wurde von der Strafkammer zn 3 Jahren
GefängniS nnd ebensoviel Jahren Ehrverlnst verurteilt.

- Frankfnrt a. M., 12. März. Die Blntthat auf
der Polizeiwache, welche der Metzger Philipp Eckert aus
Fränkis-ch-Crumbach ani 22. Januar an zwei Schutz-
leuten vollführte, fand heute vor deni Schwurgericht nn-
ter ungeheurem Andrange ihre Sühne. Bei der Beweis-
führnng zeigte der Schutzmann Baumann seine furcht-
bare Schnittwunde am Obörarm, welche die 'Streck-
schnen durchschnitten, aber glücklicherweise die Schlag-
ader nicht getroffen hat, sonst wäre Verblutung einge-
treten. Bei dem Schntzniann Baron war es ein gtück-
licher Zufall, das; der Magen nnvcrletzt blieb. Beide sind
hergcstellt und wieder dienstfähig. Das Urteil lautet
auf eine Gesamtstrafe für beide Fälls von dreizchn Jah-
ren Zuchthaus und zehnjährigem Ehrverlust.

— Weilburq, 13. März. Am Montaq starb zu
Bermbach im Alter von 75 Jahren der Landwirt Philipp
Pcter R ücke r. Am 5. April st849 stand er als Kano-
»ier bei jener nnssanischcn Standbatterie, welche bei
Eckernförde das dnnische Linienschiff „Christian dpr
Achte" tn Brand schojz, so dast es in die Lust ftoq.

— Vicl bclacht wird in sächsischcn Landtagskreisen
cin Schcrz, der cinen bekannten liebenswürdiqen und sehr
reichen Vcteranen der Ständekammer bctrifft. Der alte
Herr zoq sich eine tleine Vcrletzmiq an einem Finger
zn. Zu seincm Hausarzt zn gehen, war ihm zn nmstäiid-
lich, nnd so fragte er einen inedizliiischen Landtagskol-
legen, was er mit dem Finger thnn solle. Meser besich-
tigtc die Verletzung eingehend und verordnete Seifein-
bäder. Zn seinem gröstten Erstannen erhielt nun der
Verletztc am nächsten Tage von dem Kollegen in aller
Form eine Liquidatian über zchn Mark für „eine ärzt-
tiche Konsultation". Vertraulich sraqte cr seinen Kammer-
nachbar, einen Jnristen, wie er sich einer so ganz unge-
wohnten Fordening geqenüber verholtcn sollte. Dieser
nieinte, die Fordernng sei allerdings etwas eigeiitüm-
lich, aber wenn es wirklich zn ciner gerichtlichcn Ent-
scheidung tomme, werde er wohl zahlen müssen, also
besscr gleich als später. Zu seiner noch größeren Ver-

wnndernng erhielt der Witzbegierigc nun von seinem zwen
ten Berater ebenfalls eine Liquidation über zehn Btark
für eine „juristische Beratnng". Das ging dem alten
Herrn doch über die Hntschnnr und er beschwerte sich bcr
anderen Kollegen über diese — Unkollegialität. Dielk
wohnten Forderung gegenüber verhalten sollte. Dieser
vor die sogenannte „Kommission", d. i. jenes Vehmgericht,
welches über alle Persönlichen Verhältmsse der Landtags"
kollegen zn befindcn hat. Der Urteilsspruch dieses Ge-
richtshofes ging nun aber, wie dic „Dresdener Nacw
richten" verraten, zum allergrößten Erstannen des alteN
Herrn dahin, daß er wegen „unkollegialer VorcnthaU
tung vollbrachter Fordcrungen einen — Korb Champag"
ner zn zahlen habe. Der verletzte Finger ist, dank inner-
licher Behandlung mit Kohlensäurc inzwischen gehcilt.

— Die Aufhebung de^, Forstakndcmic Tharandt.
Eines der berühmtesten wisscnschaftlichen Jnstitute de^
Königreichs Sachsen, die Forstakademie Tharandt, a»s
der seit ihrer Begründung dnrch Heinrich Cotta dst
ansgezeichnetsten Forstmäner aller Länder hervorgegaw
gen sind, wird voraussichtlich in nächster Zoit eingehew
um sortan nnr noch als ein Anhängsel der Universität
Leipzig weiter zn bestehen. Der königlichen Forsü
akademie hat es schon seit Jahren an der genügendea
Zahl von Hörern gefchlt, um die hohen Staatszuschüsi^
zu rechtfertigen, die sie fortwährend erheischt. So wareü
für dieses Jahr 77 900 Mark Staatsbeihülse nötig'
während man in diesem Wintersemester in Tharandt M>k
51 Stndenten zählte. Da nnn gar noch kaum ein
Drittel von ihnen Sachscn sind, tann man es dem sää?
sischen Staat bei den jetzigen schlechten wirtschaftlicheis
Berhältnissen nicht verargen, wenn er daran denkt, aR
diesen kostspieligen Lurus einer setbständigen Forsb
akademie zu verzichten. Bei der Angtiederung an die LaM
desumversität würden die Unterhaltniigskosten erhebliK
geringer werden, während die dortigen Waldnngen rechk
Ivohl auch eine praktischc Schnlung iieben dcr thcor^
tischen ermögticheii. Zngleich würde aber dort de»
Forststndenten noch die Möglichkeit zn vielseitigerer Bm
dung geboten, weshalb bcsonders die Oberförster ei>^
Verlegung schon längst wünschen.

— Altkathotischcr Kongreß. Jn der Zeit vom 5. bis
zum 8. Augnst findet in Bonn der fünfte internatioila^
Altkatholikenkongretz statt. An demselben beteiligen sich
ein Erzbischof (von Utrecht in Holland), vier Bischöst
(zwei ans Holland, einer aus der Schweiz) nnd einer aus
Deutschland) und ein Bistumsverweser (ans Oestek"
reich).

— Tcn Errcgcr dcs Krcbses entdcckt haben will ei»
Berliner Arzt Dr. Feinberg. Jn der jüngst erschieneiie>s
Nummer der „Deutschen rnedizinischen Wochenschrist
teilt er das Ergebms seiner Untersuchungen, die teiw
in das Jahr 1899 znrückreichen, mit. Es handelt stw
nm Krsbsgeschwülste, stie ganz kurze Zeit bestandev
hätten. Dr. Feinberg hat dicse an der Hand exakter
thoden untersucht und in den Gewebsschnitten eigcnartiff^
Gebilde gefunden, die er als „einzellige, selbständige tie^
rische Organisnien" bczeichnet. Sie unterscheiden s>ä>
von den allen Körperzellen und ähnlichen Dingcn gaiU
scharf und stehen nach Dr. Feinbergs Ueberzengnng siiW'
in nrsächlichen Zusammenhang mit den Krebsgcschwul'
sten. Dr. Feinberg glaubt sogar, in zweifelhaften FälteU
dnrch Aufsinden dieser Gebilde die etwaige bösartlg»
Natur einer Geschwulst sicherstellen zu lönnen. Die Um
tersuchungen, deren Ergebnis sicherlich berechtigtes Aul"
sehen erregen dürften, sind Zum Teile in der ersteu
medizinischen Klinik der Charitee, die Professor -wU
Lehden nntersteht, zum anderen Teit in dem botanisWi
Jnstitut der hiefigen landwirtschaftlichen Hochschnle aU'
gestellt und von autor.itativcr Scite kontrolliert worde'"
Weitere Prüstmgen werdcn zeigen inüssen, ob Dr. Feim
bergs Untersuchungen wirklich zur Entdeckung der eigeun
lichen Krebserreger geführt haben.

— London, 12.Marz. Das neueste, was die AmerikaneO
oder richtiger Amerik.mwinneil in gesellschaülichen
gnüguugen drüben crfunden haben, sind „Jmpsabend^
mit Tanz", und da dic Blattern trotz aller Vorsich^
maßregeln in London immer uoch stetig wenn auch langsaiu
zunehmen, so wird di-se neueste Art, sich zu amüstercn, jedew
salls auch hicr bald fashionabel werden. Sobald das Dinst
vorüber isl, erscheint ein Arzt, bewaffnet mck Lanzette ui^
Lymphe, und impft zunächst die Damen im Salon, »nv
dann die Her'en im Rauckz mwer. Wenn dann die Operw

Weg: die Spatzen tummelteu sich um tleine, uoch uicht ein-
getrockuete Regenpfützen und schuattertcn, als weun dic ganze
Welt ihucn gehörte. Ein Edelfiuk schmetterte von einem
Zwergc, dcu Zaruow bcinah streifcu mutzte, seinen Lockruf
hinaus und lletz sich nicht störeu, als jener stillstaud, um ihm
zuzuseheu. Die schwarzen Aeugclchen musterten einige Augen-
blicke den Waudersmanu, dauu setzte der Vogel uubekümmert
seiuen Gesaug fort.

Wenigen Meuschen begegnete Zaruow auf seiner stunden-
laugen Wanderuug. Es ivar für die Kirche noch zu früh, und
gearbeitet wurde hcute nicht. Rur hie und da tauchte ein
Bauer auf, der ciuen Gaug durch seine Felder machtc. Zar-
now war wie.allcin mit der crwachendcn Natur.

Dies Gefühl vcrtiefte sich, als er, nicht weit von Reinbeck,
in eiue Waldparzelle eintrat, uud vom Hauptwege iu einen
kleinen Seitenweg eiubog, der ihm von früher her wohl be-
kant war. Bucheu, Erlen und Eichen wölbten sich mit ihrem
frischen Laube über ihn, datz er wie unter einem grünen Dome
dahinging. Die drolligen Eichhörnchen flogen, aufgeschreckt
durch seincn Futztritt, in Windeseile den nächsten Stamm
hinauf, die Spechte stellteu, indem er näherkani, ihr Häm-
mer>i ein und betrachteten ihn ueugierig. Zu dem unermüd-
lich wiederholten Brautlicd der Fiuken gesellte sich das Plau-
dern der Staarc, das Zwitschern der Goldhähuchen und Meisen,
der tiefe Drustton der sangesfrohen Drossel. Uuf einem freien
Plätzchen inmitten der Bäume warf sich Zarnow ius Gras
und lietz deu Waldeszauber und die Waldeinsamkeit auf sieb
wirken.

Eine Stunde niochte er träumend und sinnend dagelegen
haben, da erscholl in das tausendstimmige Konzert der zarten
Vogelkehlen der misztönende Klang einer Ziehharmonika und
einer Kindertrompete von der nicht allzufernen Landstrahe
hinein. Erzürnt sprang Zarnow auf; er war rucht mehr allein,
der Märchenzauber war zerstört. Er pflückte einige Lichtnelken
und Leberblumchen zu seinen Schneeglöckchen und Veilchne,
dann setzte er seincn Weg fort.

Bald schimmcrten rote Ziegeldächer durch das Laub,

Pferdehufe, Wagenrädcr uud Menschcnstimmcu machtcu stck

veruehmbar: er war in Reiubeck augclangt. Der langc Martvl
hatte ihn nicht ermüdet, aber hunqrig gemacht. Er kchrte >
dcm altbekännten Wirtshause ein, um ein ordentliches FruV
stück zu sich zu nehmeu, ehe er seür eigentliches Ziel aufsuch'''
Lauge war seiucs Bleibens nicht; denn immer mchr PfingR
ausflügler kamen heran, und Zarnow war nicht in dcr Laupe-
gegcn die lärmende Fröhlichkeit seiner Aöitmeuschen Nachs'w
zu üben. Er hatte seinen Kaffee getrunken und dazu „Runoi
stücke" Schinken und Spiegeleier verzehrt; nun wollte cr nout
eine nachdenksame Zigarre rauchen; aber eü.> Verein, der de
Gartcn mit Getöse erfüllte, und unter seinen Mitgliedern eiU
hatte, das allerlei Vogelstimmen nachahmte, .war Zarnow 1
unansstehlich, datz er sich eilfertig entfernte. .

Er schritt nunmehr am Rande des Waldcs hin, um an o'
Stclle zu gelangen, wo eüi primitiver Steg dcn idyllischo'
Nebenflutz der Elbe, die Billo, überbrückte. Daun Svar es uial
mehr weit bis Bcrgedorf, wo er geradc zur passendqu Zcit a>u
langen würdc, um Juanita aufzusuchen. Der Steg wu'o
gefunden und überschritteu, und nun sührte ihn eiic Futzpfuo
durch die letzten Ausläufer des Sachseuwaldes, hinter deut'
die ersteu Häuser von Bergedorf auftaucheu mutztLn. Os
war hier sehr cinsam; diese Verbinduug zwischen den bcido>
Ufern dcs Flutzchens war nur wcnigen Leuteu bekanut u»
wurde an Alltagen uur von Laiideskindern benutzt. He'"
war Nicmand dort zu sehen.

Der Futzpfad niachte eine Bicgung, und plötzlich^
ein großer gelber Bernhardiner hinter eüier mächtigcrt Buchj
hervor und auf Zarnow zu. Der Doktor war ein. große'
Hundefreund und fand seine Zuneigung immer rasch cr widcrst
Äuch dieser löwenartige grotze Hund erwiderte seüie frirchtlost
Anrede: „Schau, schau, wo kommst Du denn her?" mit- eines»
tiefen, frcuudschaftlichen Bellen uud begrützenden Wedeiln de^
Schwanzes, worauf er neben Zarnow hergüig, als halte'-x»
für Anstandspflicht, seinem neuen Bekannten noch eine/3^
lang Gesellschaft zu leisten.

(Forffetzung folgt.) ^
 
Annotationen