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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 75-100 (1. April 1902 - 30. April 1902)
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Ehrhard steht erst im 40. LebenSjahr; er ist ein hervor-
ragender Gelehrter, ein Mann von gelvandten Umgangs-
formen und ein vortrefflicher Redner. Auch ist cr ein
warmer Freund der Studenten; er ist alter Herr des
theologiich-wissenschaftlichen Vereins „Unitas".

8.1^. Hornberg, 13. April. Wie vergangenes Jahr,
so kommt auch dieses Frühjahr und zwar Ende April der
Kaiser als Gast des Fürsten von Fürstenberg zur
Auerhahnjagd nach Hornberg.

L.O. Waldshut, 13. April. Dem „Albbote" zu-
folge soll Waldshut demnächst auch mit einem neuen
Zentrumsblatt beglückt werden. Als Gefchäftsführer
soll Schuldiener Alois Fütterer in Aussicht genommen
sein, welcher gegenwärtig mit den Vorarbeiten beschäftigt
ist. Man scheint demnach mit der Haltung des „Säck.
Volksblattes" nicht mehr ganz zufricden zu sein.

Madischer Landtag.

8.6. Karlsruhe, 12. April. (62. Sitzung der
zweuen Kanumr). Farisetzung der Beculung des Eisen-
bahnbetriedsbuvgers.

Abg. Dieterle (Zentr.): Mit Rccht sei dem Staats-
minister die Anerkennung fnr die Verwaltung ausgesprochen
tvorden, doch anch den unteren Bcamtcn gebühre Anerkennung
für den Takt und die Hingabe, mst der sie ihr Amr verwalten.
Jn den Arbeiterzügen sollte die Scheidung dcr Geschlechter vor-
genommen werden ans Rücksichl auf die Sittlichkeit und die
guten Elemcnte nnter den Reisenden. Wenn das alte Wagen-
material auch nicht sosort beseitigt werdcn könntc, so sollte
man es doch von Zeit zu Zeit durch Anstrich erneuern. Redner
bringr Beschwerden über die Art und Weise der Geländecrwer-
bung vor, bei der die llnterbeamten im Lande oft recht eigen-
mächtig vorgingen, nnd schlietzt mit einer Reihe von Wünschen
örtlicher Natur.

Abg. Binz (Natlib.) weist darauf hin, datz der Bericht
in eingchender Weise jede aktuelle Frage in unbefangener
und zugleich grnndlicher Weise erörtert habe. An dieser Be-
handlung haüe auch dcr Staatsminister rcgen Anteil. Fort-
schritrliche Ntatznahmen würden aus Rücksichten des Dienstes
wie des Publikums eingeführt, wie überhaupt die Verwaltung
fortschrittlich sei, ohne mit Ueberstürznng zn arbeiten, sondern
oas Wohl des Ganzen im Auge behalte. Abgeordneter Früh-
auf habe Vorschläge zur Erörternng gcstelll, deren ernsthafte
Erörterung angezcigt erscheine. Gewisse Zielpunkte mützten
im Auge behaltcn werden, diesen Standpunkt teile auch die
Kommission, wie zum Beispiel in Sachen der Tarifverbilligung.
Den Vergleich mit dem Auslande könne die badische Verwaltung
wohl aushalten, besonders was das Wagcnmaterial dritter
Älasse betrcffe, das freundlich, ja wohnlich eingerichtet sei.
Auch dem Dienstpersonal gcbühre dic vollste Anerkcnnung, der
Minister bringc diesem Stande frei von bureaukratischem
Geiste das weitestgehende Wohlwollcn cntgegen, wofür ihm
Dank gebühre. Redner befürwortet sodann besondere Zugver-
bindungen mit crmähigten Preisen Karlsrnhe-Baden, wie solche
Züge anderswo schon eingerichtet scien. Freibnrg wie Heidel-
berg erfrcnen sich eincs bortrefflichen Lokalverkehrs. Die Bahn-
steigsperre sei vor Jahren zwar nicht populär gewesen, auf
die Dauer habe man sich ihr nicht entziehen können im Jnter-
esse der Sichcrheit des Verkehres und der Schaffner, die die
Züge zu bedicnen haben. Zum Falle Weipert könne er nnr
bcmcrken, datz man nicht darüber hinanskomme, datz der Dienst
von diescm Bcamtcn gewissenlos verrichtet worden sei; gegen
folche Gewissenlosigkeit helfen die schönsten Vorschriften und
besten Verwaltungen nichts. Auch die Volksvertretung müsse
aussprechen, datz niemand ohne Hingebung und peinlichste
Gewissenhaftigkeit ünd ein starkcs Empfinden für die Verant-
wortlichkeit zum Fahrdienst als tauglich befunden werden
solle.

Abg. Eichhorn (Soz.) weist den Vorwurf zuriick, als
ob seine Partei die Eisenbahnrcform oberflächlich behandle,
wenn sie auch nicht eine so einseitige Stellung einnehme,
wie der Abgeordnete Frühauf. Die Lösung der sozialen
Frage erblicke er allerdings auch nicht allein in der Eisenbahn-
reform. Durch eine mutige Tarispolitik werdc die Gefahr
beseitigt, von Prenßen aufgesaugt zu werden. Durch eincn
voriibergehenden Ausfall der Einnahmen branche man sich nicht
erschrecken zu lassen im Hinblick auf die volkswirtschaftliche
Seite der Eisenbahnen. Redner bcmängelt, daß Ausgabcn
auf das Betriebsbudget gesetzt worden seien, die eigentlich
auf das Eiscnbahnb aubudget gehörten; auf diese Weise ent-
stehe ein nicht ganz zutreffendes Bild der finanziellen Lage
unserer Staatsbahn. Jedenfalls dürfe man sich dadurch nicht
von weiteren Reformen zurückhalten lassen. Mit der Bahn-
steigsperre sei auch seine Partci einverstanden und er glaube,
datz diese Einrichtung sich bald einleben werde. Nuch er sci
ein Anhänger des Sparsystems; dicses könne beschritten wer-

Vortrag, jedcs seincm Gehalie entsprechend feinfühlig ausge-
führt. Das Publiknm war so enthusiasmiert, datz nicht iveniger
wie drei Zugaben erfolgen mußten, wodurch leider die wun-
derbare Stimmung, welche die Sängerin mit dem letzren
Strautz'schen Liede zu erreichen verstanden, wieder zerstört
wuvde. Es war nns eine grotze Freude, diese vortreffliche Gc-
sangskraft kcnnen zu lernen und wir wünschen aufrichtig, die-
selbe recht bald wieder hier begrüßen zu dürfen.

Von den a cLpellä - Chören des Liederkranzcs zeichncten
sich die Volkslicüer von C. Jsenmann und F. Silcher durch
ihre einfach schönc Jnnigkeit aus, während das Zöllner'sche
„Schelmenliedel" mit seinem kindischen Humor nicht viel an-
ziehender wirkte als die zu Grunde liegende parfümiert bur-
schikose Poesie von Jul. Wolff. Ein lieber Gast aus Lud-
wigshafcn, Hcrr Georg Keller, erfreute uns wieder ein-
mal durch den prächtigen Vortrag mehrerer Lieder von Strauß,
Brahms und Schumann. Herr Gompf begleitete alle Lieder
am Klavier mit gewohntem Geschmacke.

Den zweiten Teil des bedenklich langen Konzcrtes bildeten
die „Szenen aus der Frithjof-Sage" von Max Bruch. Bruch
gehört zu den Komponisten, welche über ein respektables Matz
von technischem Können, über eine FLlle guter Einfälle, geist-
reicher Jdeen und-geschmackvollxr Wendungen, besonders aber
Lber das Talent, überkommenei Güter grötzerer Geister in
geschicktcr Wcise zn verwerten, verfügen. Trotz alledem vermag
er indessen auch in seinen besten Werken, zu welchcn die Frith-
jofmusik unstreitig gehört, nicht andaucrnd zu fesseln. Auch hier
fehlt der wirklich lcbendige Pulsschlag des ursprünglichen Ge-
nies, der Ton, der vom Herz zum Herzen spricht; der Mangel
an eigenster Erfindung tritt fühlbar hervor und die Kunst der
Dtache überragt bedeutend die Kunst der Empfindung. Bei
borliegendem Werke stört noch überdies das Fehlen wirksamcr
Kontraste, die übermätzig vorherrschende Molltonart ohne die
dabei nötigen kräftigen Accente bringt uns schlietzlich zur Ver-
zweiflung und statt eincr düster-tragischen Nordlandstimmung
vermag der Komponist nur eine weinerlich-klägliche Rührselig-
keit hervorzubringen. Das Werk, welches an den Chor erheb-
liche Anforderungen stellt, wurde sehr tüchtig wiedergegeben,
die Solopartien (Frl. Weidt und Herr Keller) trefflich
ausgeführt und so sieht der Liederkranz nnd desscn ausgezeich-
neter Leiter, Herr Musikdirektor W e i d t, wiederum auf eine
künstlerischc Leistnng bester Qualität zurück. O. 8.

dcn mit Aufhebung mindestcns der ersten Wagenklassc, die
ein ganz bedcutcndes Geld tofte, ohne daß sie in irgend einer
Weise renticre. Das Ausgabebndget dürfte auch kleiner wer-
den, wcnn man beim Ankanf von Maschinen geschäftlicher
als es den Anschein habc, vorgehc. Unrecht sei es aber,
daß man etwa die Löhne der Arbeiter und die Arbeitszeii
verantwortlich mache für die Sieigernng der Ausgaben. Die
Durchschnittslöhne der Arbeiicr belicfen sich auf 2,50 bis
2,60 Mark, eine Summe, die man doch nicht als übergroß
bezeichnen könne. Auch die Herabsetzung der Arbeitszeit dürfe
man nicht anziehen, denn früher seien die Verhältnisse in
Bezug anf die Arbeitszcit so traurig gewesen, datz eine Bcs-
scrnng notwendiger Weise habc cintreten müssen. Die ent-
standenen Mehrausgaben kämcn dabei nicht in Betracht. Was
dcn Fall Weipert betreffe, sv habe diescr Bcamte die ihm ge
bührende Strase erhalten, doch sei auch die Verivaltung
nicht frei von jedcr Schuld. Eine Steigerung dcs Vcrkehrs
sei anch dadurch herbeizufiihren, daß die Nebenbahncn einen
vcrnünftigen Betrieb einrichten und die Hauptbahnen besser
als bisher alimentieren. Auf diese Weise würde auch der
Betriebskocffizient zürückgehen. Redncr befürwortet sodann
einc gesunde Tarifpolitik nnter Mitwirkung der Kammer. Mit
Schärfe müsse er sich gegcn die Ausführungen Dieterles wen-
dcn, der einzelne Roheiten in den Arbeiterzügen verallgemeinert
habc. Der Arbeiterverkchr sollte aus volkswirtschaftlichen
Griindcn erweitert iverden. Der Arbeiter könnc anf dcm
Lande wohnen bleibcn, ivas auch in Bezug auf die gesnnd-
heitlichen Verhältnisse sehr wünschenswert sei. Die Arbeiter-
ziigc solltcn so gelegt werden, daß sie nach Schluß dcr Arbeits-
zeit zu erreichen seien, ohne datz dcr Arbeiter sich abzuhctzen
habc oder noch lange auf den Zug ivarten müsse. Wünschcns-
wert sei es auch, datz die Wochenkartcn aus den Kurszügen
Verwendung fünden. Schlietzlich bcfürwortet Redner eine
süddeutsche Tarifgemeinschaft, um durch gemeinsame Konknr-
rcnzmaßnähmcn gegcn den Rorden etwas zu erreichcn.

Staatsminister v. Braner betont dem Vorredncr gcgen-
über, daß die volkswirtschaftliche Scite allerdings dic Haupt-
rolle in der badischen Eisenbahnpolitik spielc, und weil dies der
Fäll, seien die Ausgaben bedcntend gestiegen; anch aus den
gleichen Gründen banc der Staat Bahnen, die nicht gcwinn-
bringend seien. Er haüe auch kcin trübes Bild der finanziellen
Lage dcr Bahnen gegebcn, sondern lediglich die Lagc als
ernstc bezeichner. Was dic Fcststcllung dcs Budgcts bctreffe,
so geschche dies nach den Grundsätzen, die auch die anderen
Staaten befolgten. Mit Freuden habc er die Stellungnahme
znr Bahnsteigsperre begrüßt, damit würde auch das Klettern
der Schaffner an den Zügen aufhören. Redner verbrcitet sich
sodann iiber die Arbeiterlöhne und die Arbeitszeit, die eincr
Besserung gewiß noch fähig sei, im allgcmeinen aber besscr als
andcrswo seien, was die Arbeiter ihm wiederholt sclbst bezeugt
hätten. Selbst in Zeiten wirtschaftlicher Hochflut scicn dic
Staatsarbeiter gern geblieben. Die Viclgestaltigkeit dcs Tarifs
sei vom volkswirtschastlichcn Standpunkte aus nicht nnbillig;
mit der Zeit werdc es nicht ausgeschlossen sein, daß auf Grund
der 45tägigen Rückfahrkartcn cine Grundtaxe geschaffcn wer-
dcn könne, für die auch dic andercn Staaten eintreten dürften.
Gcgcn cine süddeutsche Tarifgcmcinschaft habe er gleichfalls
nichts einzuwenden. Gern habe er vom Abgeordncten Dieterle
gehört, daß die Verkehrsbcamten sich taktvoll und freundlich
gegen das Publikum benchmen. Was die Grundstückscnteig-
nungcn bctreffe, so seien die Beamten angewiesen, die Jnter-
essen der Eigentümcr zu wahren. Auf der andercn Seite
^seien auch die Gerichte da, die die Rechtc der Eigentiimcr zu
schützen wützten. Nne weitere Vcrbilligung der Züge von
Karlsruhe nach Baden könne cr nicht in Aussicht stellen.

Abg. Neuwirth (Natlib.) bringt eine Rcihe Wünsche
örtlicher Natnr vor und bemängelt dic schlechte Belenchtung
in dcn Nebcnbahnen.

Es wird hierauf die Sihung abgebrochen. Fortsehnng der
Bcratnng Montag 4 Uhr.

Ans der Karlsruher Zeitung.

— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog habcn
dem Hofapotheker Fricdrich Stroebe in Karlsruhe die Er-
laubnis zur Annahme und znm Tragen der ihm von dcm
.Kaiser verliehenen China-Denkmünze aus Stahl und dcm
Kaufmann Georg Scheid in Wicn die Erlaubnis zur An-
nahme und zum Tragen des ihm von dem König von Serbicn
vcrliehenen Ofsizicrkreuzes des Takowoordens crteilt.

— Regierungsbaumeister Bahnbauinspektor Iohannes
Riegger in Ucberlingcn wurde nach Karlsruhe versetzt und
der Großherzoglichen Gencraldirektion der Staatseisenbahnen
zur Dienstleistung zugeteilt.

— Der mit Versehnng dcr Stellc eines Verbandsinspekiors
betraute Bezirkstierarzt Karl Schneider wurde ctatmäßig

angestellt. >

Karlsruhe, 12. April. Der Großherzog nahm
heute Vormittag von 10 Uhr an den Vortrag bes Präst-
denten Dr. Nicolat entgegeu. Danach empfing Se. Kgl.
Hoheit den General der Jnfanterie z. D. Freiherrn Röder
von Diersburg, Präsidenten des badiscken Militärvereins-
verbandes und hierauf die Herren Felsing in Berlin und
Thiergarten in Karlsruhe. Letztere überreichten den Groß-
herzoglichen Herrschaften Abdrücke in Kupferätzung nach
einem von Maler Hans Fechner in Berlin gefertigten Bilde
Jhrer Königl. Hoheiten. Nachmittags gaben die
höchstcn Herrschaften dem Hofphotographen Suck Gelegen-
heit zu weiteren Aufnahmen. Dann empfing der Groß-
herzog den Generalleutnant und Generaladjutanten von
Müller zur Vortragserstattung und hörte die Vorträge des
Geheimen Legationsrats Dr. Freiherrn von Babo und des
Legationsrats Dr. Seyb.

Ausland.

Asien.

Hongkong, 12. April. Nachrichten aus Nanning
vom 1. April zufolge sind die Städte Pintschau, Hengtschau
und Kinyenfu in der Provinz Kwangst und die Stadt
Pingyuen in der Provinz Kweitschau in die Hände der
Aufständischen gefallen. Die Mandarinen der be-
treffenden Städte wurden gefangen genommen.

Amerika.

New-Iork, 11. April. Die Appellationsabteilung
des höchsten Gerichtshofes bcstätigte die Verurteilung
von Johann Most wegen eines in seiner Zeitung zur
Zeit der Ermordung des Prästdenten Mac Kinley ver-
öffentlichten aufrührerischen Artikels.

Aus Stadt undMand.

Heidelbrrg, 14. April.

O Der gestrige Sonntag trug den Charakter eines Sommer-
tags. Die Luft war ziemlich schwül und die Sonne brannte heiß,
sodaß die zahlreichen Ausflügler, die in der näheren und der
weiteren Umgebung Heidelbergs herumspazierten, manchen Schwetß

tropfen vergossen und mancher ziemlich gebräuut zu den heimischen
Penateu zurückkehrte. Gegeu 3 Uhr ließ sich im Osten eiuige
Male ein Donner hören und es stiegen Gewitterwolken dort auf,
doch blieb es tagsüber schön und erst abends gegen 8 Uhr ging
ein heftiger aber kurzer Regenschauer nieder. Äuf die Pflanzen-
welt hat dieses Wetter einen günstigen Einfluß ausgeübt. An der
Bergstraße entfaltet sich die Pracht der Baumblüte. Wer den
gestrigen Sonntag nicht benutzt hat, der mache am nächsten eineu
Ausflug an die Bergstraße, im Laufe dieser Woche wird sich die
Baumblüte dort aller Voraussicht nach zu ihrem höchsten Glanz
entwickeln.

i. Eoangclische Kirchengeiiicindeocrsammluiig. Die Be-

sprcchung verschicdciicr ivichrigcr Angelegenhcireii führtc gestern
Vormittcrg 11 Uhr die Lllitgliedcr dcr evaiigelischen Kirchen-
grmeinde zu einer Versammlung iu die Providenztirche.
Stadlpfarrer T. W. Hvnig als Vorsitzcuder gedachre Vvr
Einrrirl in die Tagcsordnung in war-men Worren der versror-
bencii Mirglieder Amrsgerichlsdirektor Süpflc nnd Privarmaim
Engelmanii nnd fordertc die Anwcsenden aus, sich zum chrenden
Gedüchrnis sür sie von dcn Sitzen zu erhebeu. Nachdem dies
goschehen war uud als Beisitzer Kvudiror Krall und Polizci-
kommissär a. D. Ege am Vorftaudstisch Platz genommeu hatrcu,
gelaugrcu dic zwci erfteu Puntte dcr Tagesordnuug zur Ver-
handlung. Sie betrafcn 1. Piairdvcrtrag in betrcfs cincs
L'ftproz. Anlehens im Berrage von 75 000 M. aus der Großh.
Amortisatloiistässc und 2. Vcrrrag mit der städt. Sparkafte
in betreff eines 4proz. Anlehens im Bekrage von 100 000 M.
Städrpfarrer D. Hönig vertrat und befürwortete bcidc An-
träge, die er in lüngeren Ausführungcn mit lanfcndcn Aus-
gaben sür den Bau der Chrisluskirche, dcr bis Endc dicses
Jahres bis auf dic inncre Einrichtimg fertiggcstellr wcrden
soll. rc. bcgründete. Die Gelder sind als cinc'Vcrwaltrmgs-
sachc bereirs vom Kirchengemeinderat beschafft worden. Jeyt
handelt es sich darum, da die hicrfür hiutcrlcgten Pfaudbriefc
und Staats - Obligationeu veräußert werdcu sollcn, für
Ersatz zu sorgen. Die Großherzogliche Amorrisatwns-
kasse hat das Darlehen laut Vertrag vom 2. Juli 1901
rnit 3A Prozent rmd vierteljährlichcr Kündigungsfrist herge-
geben und mit d'er Sparkasse ist der Vcrtrag vom 27. Febr. d. I.
mit cinem Zinsfuß vou 4^ abgeschlossen wordcn. Der Re-
fcrcnt cmpfahl die Mittel für dic beir. Handluug aus dcm
Lokalkirchensonds zu entuchmen. Da ja nur eiuc Sicherheits-
hinterlcgung stattfände, seien irgend welche Bedeukeu wohl
ausgeschlossen. Oberbürgermeister Dr. Wilckens crachtete
es nicbt für zweckmäßig, Kirchengeldcr, ivenn anch nur vorüber-
gehend,.in Staatspapieren anzulegen. Bei den Kursschwank-
ungcn, denen solchc ansgesetzt seien, könnten dicse Papicre dcr
Kirchengemeinde große Verluste bringen, umsomchr, da nur
oierteljährlichc Kündigungsfrist ausgemacht sei. Er empsahl
für dergleichcn Aktionen die städtische Sparkasse zu benutzen,
dic die Geschäfte gcwitz ebensogut wie auswärtige Jnstitute be-
sorgen köime. Jm Uebrigen brachte Oberbürgermeister Dr.
Wilckens seine Befriedigung darüber zum Ausdruck, daß der
Kirchenbau so rasch vorangeschritten sci. Stadtrat Ammann
bcmängelte gleichfalls die viertcljährliche 5kündigung bei dem
Abkommen, hob aber gleichzeitig hervor, daß dies ja nur cin
provisorischer Zustand sei. Die Anregnng dcs Oberbürger-
meisters sei gcwiß scbr schätzenswert, aber cr müsse dem gegen-
überhalten, daß die Sparkasse Darlehen nur bis zn ciner ge-
wissen Höhe gäbe. Die Finanzkommission habe, wie cr in
einem Rückblick ausführtc, alles versuchte, um eiiicu möglichft
günstigeu Abschluß herbeizuführen. Stadtpfarrer Hönig be-
merkte hierzu, dah es sehr schwierig, ja uudeukbar geweseu
sei, solch hohe Summe mit längerer als oierteljähr-
jährlicher 5tündigungsfrist zu erreichen. Die darauf zur
Abstimmung gebrachten beiden Auträge wurden ein-
stimmig angenommen. Punkt 3 der Tagesordnung, Verbeschei-
dung der Rechnung für das Jahr 1900, mußtc ausfallen, da
die nach Karlsruhe eingesandren Akten, resp. die Bestätigung
uoch nicht wieder eingetroffen sind. Die Veränderung des
Bauplanes in Bezug aus den Turmhelm der neucn Kirche
wurde einstimmig gutgeheitzen. Der 5ftrchenbau ist uunmehr in
ein neues Stadium gctreten. Nachdcm die Nkaurerarbeiten
beendet sind, sollen jetzt dic Zimmer-, Blechner- und Schieser-
dcckerarbeiten ausgeführt werden. Die günstige Kunjuutttir
iu Verbindung mit dem Unterangebot auf die ausgeschriebenen
Arbeiten gegenüber dem Voranschlag haben es der Lkirchenbau-
inspektion ermöglicht, noch Verüesserungen an der Kirche vor-
nehmen zu lassen. So soll der Kircheuhclm statt eiues Ziim-
belags eincn Kupferbelag erhalteu und die Ausgcstaltung des
Turmes selbst eine wesentliche Verschönerung crsahren. Die
vorgesehene einfache Turmspitze harmouiert wenig mit dcM
übrigen, reichgegliederten, beweglichen Bau. Es ist nuu eine
neue perspektivische Skizze von dem Tunnc angefcrtigt worden,
die alle die vorcrwähntcn Mängel abstellt und dem gauzen
Bau ein ciuheitliches Bild gicbt. Stadtpfarrer Hönig zcigte
den Aiiwesenden die ausgestellren Skizzen, machte sie auf die
mannigfachen Vorzüge des ncun Bauplanes und seine Bedeu-
tung für den ganzen Charakter des Stadtbildes aufmerksaM
und bemertte bezüglich der Kosten, daß die Mehrausgaben,
wie er zahlenmäßig nachwies, nur sehr gering seien: sür das
alte Projekt sind 44 859 M. ausgeworfcn (die Submission er-
gab 35 281 M.), während der neue Plan mir eincn Aufivcrnd
vorr 45 421 M. vorsieht. Wie schon oben erwähnt, wurde
diesem Antrage debattelos zugestimmt. Der letzte Punkt be-
traf den Wunsch des Stadtpfarrers, im Pfarrhause neberr dec
Providenzkirche eine Gaseinrichtung anzulegen und einen Teü
der Anlagckosten arif die Gemeinde zu übernehmen. Sie be-
tragen in der Hauptsache 223 Mark. Die VersarnM-
lung genehmigte diese Summe. Zum Schluß braclste
dcmn noch Privatier Burckhardt vcrschiedeuc Wünschc bez-
Abhaltung von Gottesdiensten an den Konsirmations - SonM
tagen, Erteilung des Abendmahls in dcr Schule zu Schlierbach'
Einrichtung von Frühgottesdiensten usw. vor, auf die Stadt-
pfarrer Hönig iroch kurz einging.

-i- Die Wohlthiitigkeitsvcranstaltung i,r der Loge
Wahrheit und Treue". Der ziemlich geräumige Saal der Loge
„zur Wahrheit und Treue" konnte das zahlreiche Publikuo
kaum fassen, welches gestern der von der Loge in dankenswerter
Weise zu Grmsten der notleideniden Burenfamilien veranstalte-
ten Matirräe beiwohnen wollte. Das geschmackvoll zusamweN(
gestellte Programm und die ausübendeu Kräste haben die Er^
wartungen weit übertroffeu, die an derartige Wohlthättgken^-
veranstaltungen mcist geknüpft werderr Das Konzert lvutt^
durch eirren stimmungsvollen Hymnus Gotthelf in Klavier
Weinreiter), Violine, Cello und Harnronium (Hch. Bartcft'
Brumm uird Sahlender) eingeleitet. Darauf folgte dre fttt
aus dem Nachtlager von Granada von .Kreutzer für Barrto
mit obligater Violine. Die Herren Hofopernsänger KroiM
und Konzertmeister Schnster aus Mannheim, begleitet von
Schuster, entzücktcn die Zuhörer, Ersterer durch die Pra^,
seiner Stimme, Letzterer durch seinen wun'derbar großen

edlen Ton.
talentvolle

Als dritte Nummer spielte Frl. Weinreiter,

dre

die

jmrge Schülerin des Herrn Sahlcn-der, der >
Dame auf dcm zweiten Klavier begleftete, den 1. Satz aus d ^
6. Konzert von Beethoven, der von Frl. Wcinreiter technü
glatt, rmbefangen und innerlich ttef und frei wiedergege^
ivurde. Das Streichquartett (Hch. Bartelt, Franklin, Wilb^
und Brumm) brachte darm den mittleren Satz aus dem
bert'schen D-moll-Ouartett (Varration auf das klagende
ma der Tod und das Mädchen") zart rmd discret abgetönt S
Gehör. Herr Hofopcrnsänger Kromer sang darauf die
jrmgen Lieder von Rubinstein „Es blintt der N>au" und
sucht" rmd nls drittes — das reizende Lied von Seidl
 
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