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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 75-100 (1. April 1902 - 30. April 1902)
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tisch Minister Schenkel, Ministerialdirektor Heil, Oberbau-
direktor Honsell. Budget der Oberdirektio n des
Wasser- und Straßenbaues.

Wg. Hergt (Zentr.) führt als Berichterstatter asts,
datz die Äusgaben für die Budgetperiode 10 158 404 M. be-
tragen, im autzerordentlichen Etat L00 000 M., die Ein-
nahmen 2 396 284 M. und im autzerordenrlichen Etat 142 257
Mark. Der Etat sei den Jnteressen des Landes entsprechend
mit Sorgfalt und Sparsamkeit zugleich aufgestellt. Die
Uebernahme der bisherigcn Leistungen der Kreise an die Be-
amten der technischen Bezirksbehörden auf die Staatskasse
strebe nach der Entlastung der Kreise eine gerechtere Vertei-
lung au. Für diese Vergütungen seien 30 000 M. eingestellt,
die aber nicht als Nebengehälter anzusehen seien. Für die
Fortbildung jüngerer Jngenieure werden 1000 M. aufgefor-
dert; die Kommission sei daher der Ansicht, datz die Bewillig-
ung der Reisestipendien nicht von der vorgängigen Einrcich-
ung einer wissenschaftlichen Arbeit abhängig gemacht werdeu
solle. Jn Bezug auf die Unterhaltung der Landstratzen ist
für die Budgetperiode beabsichtigt, mit Einstellung vou 6
Dmnpfwalzen weitere 277 592 Kilometer Stratzen einzu-
decken, so datz bis 1903 im Ganzen 409 104Kilom. Landstratzen
mit neuen Schotterdecken verseheu sein werden. Redner er-
örtert sodann die eingegangene Bilte des Geometervercins
betreffend die richtigc Einrcihung der geprüften Geometer in
den Gehaltstarif. Schon auf dem letzten Landtag sei eine
Resolution angenommen worden, die sich für eine Teilrcvision
des Gehaltstarifs zugunsten der Geometer ausgesprochen habe.
Jmmerhin sei anzuerkenneu, daß die Regierung eine gewisse
Besserstellung habe cintreten lassen; die Kommission glaube
daher, von eincm Antrag auf Abäuderung des Gehaltstarifs
uoch in dieser Tagung abzuseheu, dagegen die Erwartung
aussprechen zu sollen, datz die Regierung auf dem nächsten
Landtag eine Teilrevision vornehme, falls die allgemeine
Gehaltsrcvision noch nicht durchführbar erscheinen sollte. Des-
gleichen sollten die Pctitionen der Landstratzenwärter betref-
fend die Neuregulierung ihrer Gehalts- und Anstelluugs-
derhältnisse der Regierung empfehlend überwiesen werden.

Abg. Schüler (Zentr.) dankt der Regierung, datz sie
fortgesetzt bemüht sei, weitere Stratzenstrecken nach dem
Deckshftem einzuwalzen, für den Fuhrwerksverkehr sei dies
von autzerordentlichem Vorteil; auch die Gemeindewege und
Kreisstratzen sollten mit dem Decksystem behandelt werden.
Erfreulich sei auch die in diesem Budget eingestellte Auf-
hebung der Flutzbaubeiträge. Weniger erfreulich sei der
Stand der Frage des Oberrheinkanals, die zu ruhen scheine.
Jm Jnteresse der Landwirtschaft wie auch der Jndustrie sci die
Crstellung desselben dringend gsboten, wie auch die Stadt
Freiburg einen grotzen Nutzen haben werde. Er hoffe, datz
der Minister eine erfreuliche Mitteilung über den Stand der
Angelegcnheit machen werde.

Abg. Kist (ntl.) begrützt die Berufung eines weiteren
Zentralinspektors, da die Geschäftsaufgaben der Oberdirektion
im besten Wachsen begriffen seien. Redner erörtert sodann
die Geometerverhältnisse mit dem Bcdauern, datz von einer
Leilrevision habe abgesehen werden müssen. Die technischen
Assistenten seien nicht in die richtige Gehaltsklasse eiugereiht,
wie auch der Wohnungsgeldtarif iu der neuesten Vorlage sie
nicht berücksichtige. Weiter bitte er, die Kulturmeister mehr
als bisher bei Revision des Gehaltstarifs zu berücksichtigeu,
da sie durchaus nicht ihren Leistungen entsprechend bezahlt
würden. Auch er sei der Ansicht, datz die Bewilligung cines
Reisestipendiums für Fngenieure nicht abhängig gemacht wer-
den solle von einer wistenschaftlichen Arbeit, da die Rcgierung
die Auswahl zu treffen habe.

Ab. Pfefferle (natl.) sprichi seine Befriediguug aus,
datz man zum Decksystem übergegaugen sei, dessen Durch-
führung nicht große Schwierigkeiten bereite und den Fuhr-
werksverkehr nebenbei ermögliche. Auch der Nachlatz der
Flußbaubeiträge könne nur begrützt werden, doch sei deren
schlietzliche Aufhebung anzustrebcn. Was den Oberrheinkanal
anbelangt, so hoffe er, dah die Gutachten über die Erstellung
desselben noch auf diesem Landtag bekannt würden. Jedenfalls
follte man nichi bis zum nächstenLandtag warten, sondern die
Gutachten bekannt geben, wenn sie fertiggestellt seien, damit
die öffentliche Erörterung sich dieser wichtigen Angelegenheit
bemächtigen könnte.

Minister S ch e nk c l dankt dcn Rednern für die wohl-
wohlende Kritik der Beamten, die ihre Aufgabc mit Fleitz
und Hingabe lösten. Gcwundert habe es ihn, datz im Bericht
der wichtigen Frage nicht gedacht sei, datz der Staat mit diesem
Jahre darauf verzichte, die Gemeinden zu den Flutzbartbei-
trägen heranzuziehen. Die jetzige Generation erinnere sich gar
nicht mehr, wie der Rhein vor 50, 60 Jahren ausgeseheu und
welche sanitären Mihstände der unkorrigierte Rhein im Gefolge
gehabt habe. Die Bestimmung über die Verteilung dcr Kosten
zum weiteren Ausbau der Binncnflüsse werde eine Neurege-
lung erfahren müssen, wenn in das bestehende Steuersystem
die Vermögenssteuer aufgenommen lverde. Die Regierung
fei mit der Ausarbeitung eines Gesetzes beschäftigt, das die
Schaffung von Fluhbauverbänden vorsehe. Das Projekt des
Oberrheinkanals würde nach den neuesten Erhebungen
mindestens 25 Millionen Mark kosten. Jn der jetzigen Zeit de
Depression sollte man aber mit der Durchführung zurück-
halten, denn man brauche kapitalkräftige Unternehmcr uud er-
hebliche Staatszuschüsse. Wenn dcr Staat etwas leiste, so
thue er dies aber nicht etwa, um Bewäfserungsschäden, die
möglicheriveise durch die Rheinkorrektion entstandcn seien,
wieder gut zu machen. Die Regierung müsse auch überlegen,
ob das Matz der Vorteile grotz geuug sei, um eine so grotze
Mitwirkung des Staates, die sich nach Millionen berechnen
werdc, zu rechtfertigen. Es sei daher begreiflich, wenn die
Regiermig hier langsam vorgehe. Die Aeutzerung des land-
wirtschaftlicheu Gutachtens sei noch nicht eingegangen, sodatz
ein Schlutzurteil noch nicht möglich sei. Das Richtigste
würde sein, wenn die I n t e r e s s e n t e n einen
Unternehmer für diesen Kanal fänden. Die
wichtige Frage der Entwässerung des Renchgebietes müsse in
erster Linie von den Jnteressenten in Angriff genommen wer-
den, dann werde auch der Staat zur Stelle sein. Mit einem
gewifsen Bedauern habe er fich dem Beschlutz des Staatsmini-
steriums gefügt, von einer Teilrevision zugunsten der Geo-
meter abzusehen. Doch müsse er betonen, datz man in dcm
jetzigen Stadium der Gehaltsrevision znwarten müsse, bis
zur Gesamtrevision; von einer Teilrevision könne also nach
den jetzigen Grundsätzen auch auf dem nächsten Landtag nicht
die Rede sein, wenn die Gesamtrevision noch nicht zustande
ikommcn sollte. Gewundert habe es ihn, daß die Beamten in
etwas kräftiger und nicht bescheidener Weise um Aufbesserung
eingekommen seien. Zufrieden könne man die Beamten über-
haupt nicht stellen; in der Hebung der wirtschaftlichen nnd
sozialen Verhältnisse der mittleren und unteren Beamten sei
sehr viel geschehen, und auch bei dcn Geometern sei alles ge-
schehen, was unter den obwaltendeu Verhältnissen möglich
gewesen sei.

Die Abgg. Eder (Dem.) und Greiff (natl.) verbreiten
sich über das Decksystem, das auch in den beteiligten Kreisen
Beifall gefunden habe. Der Regierung gebühre auch Dank
für das Cntgegenkommen der Stratzenbauverwaltung bei Er-
stellung von Stratzenbahnen.

Oberbaudirektor Honsell führt zur Frage des Reise-
stipendiums aus, datz das Verlangen nach einer wissenschaft-
lichen Arbeit von erzieherischer Wirkung sein sollte. Die ba-

dischen Jngenieure hätten sich in ihrcr wissenschaftlichen Durch-
bildung immer vor den Norddeutschen ausgezeichnet. Die
Reiseunterstützung zur Besichtigung und Studium von bedeu-
tenden Anlagen würde aber auch ohne diese wissenschaftliche
Arbeit gewährt. Die deckungsweise Unterhaltung der Land-
stratze sei vor allem bei Stratzen mit starkem Verkehr anzu-
empfehlen. Die Frage der Stratzenbahnen ohne Geleise sei
nicht leicht zu beantworten; mit den gegenwärtigen Unterhal-
tungssystemen sei es schwer, eine Stratze so herzustellen, datz ein
solcher Verkehr möglich sei.

Fortsetzung der Beratung Montag 4 Uhr.

M»»»»»U»-^»,»^»>E»»»»MWW^z,W———

Aus der Karlsruher Zeitung.

Karlsruhe, 19. April. Der Großherzog nahm
während deS ganzen Vormittags die Vorträge des Chess
der Oberhofstellen entgegen und empfing um 12 Uhr den
Gymnasialdirektor Geheimerat Dr. Wcndt, welcher Seiner
Königlichen Hoheit die von dem Lehrerkollegium des Gym-
nasiunis verfaßte Jubiläums-Festschrift überreichte. Die-
selbe enthält acht Aufsätze historischen und allgemein wissen-
schaftlichen Jnhalts, welche zum Theil die Geschichte des
Gymnasiums betreffen. Darnach meldeten sich einige
Offiziere. Zur Frühstückstafel erschienen die Kronprinzessin
Victoria, die Prinzessin Wilhelm, die Erbprinzessin von
Anhalt, der Prinz und die Prinzessin Max. Nachmittags
hörte der Großherzog den Vortrag des Geheimdn Legations-
rats Dr. Freiherrn von Babo. Abends folgen die höchsten
Herrschaften der Einladung zum Festkonzert des Gesang-
vereins Liederhalle im großen Saal der Festhalle.

Ausland.

Oesterreich-Ungaru.

Budapest, 19. April. Nach schwerem Todeskanxps
ist Handelsminister Horanszky gestorben. Als Nach-
folger wird der Abg. Hieronymi, seinerzeit Minister im'
Kabinet Wekerle, genannt.

Holland.

Schloß Loo, 19. April. Das heute früh aus-

gegebene Bulletin lautet: Die Königin hatte eine ziemlich
ruhige Nacht. Die Krankheit nimmt den gewöhnlichen
Verlaus weiter. Jrgendwelche Komplikationen sind nicht
eingetreten, wenngleich die Kräfte, wie dies im Verhältnis
zur Dauer der Krankheit steht, ein wenig abnehmen.

Schloß Loo, 19. April. Nach dem heute aus-

gegebenen Bulletin ist über den Krankheitsverlanf der
Königin heute nichts Besonderes zu melden. Die Königin
schlüft zeitweilig und ist ununterbrochen bei vollem
Bewußtsein.

Belgicn.

— 84 aegcn 64 betrug das Stimmverhältnis, mit dem
die belgische Kammer den Antrag auf Revision der
Verfassung behufs Einführung des allgemeinrn gleichen
Stimmrechts abgelehnt hat.

Löwen, 19. April. Eine gestern Abend veranstaltete
Kundgebnng, deren Teilnehmer die Straßen durchzogen, gab
Anlaß zu zwei Znsammenstößen mit der Bürger-
garde. Der erste derselben fand vor der Wohnnng deS
Vizepräsidenten Kapimer Schollach statt, der zweite in der
Tirlemontstraße. Beide Mal feuerte die mit Steincn be-
worfene Bürgergarde. Jm Ganzen gab es 5 Tote, davon
2 oder 3 beim ersten Zusammenstoß, und 12 Verwnndete.
Die Toten und Verwnndeten wnrden von den Manifestanten
fortgeschafft.

Afien.

Hongkong, 19. April. Das Reutersche Bureau
meldet aus Canton: Die Aufständischen belagern
Nanwing. Es geht das Gerücht, die Stadt sei bereits
in ihren Händen. Die Telegraphendrähte zwischen Nanning
nnd Wntschou sind zerschnitten.

Amerika.

Chicago, 19. April. Ein Burenfreund von
Vlissingen wendet sich in einem offenen Brief an den
Präsidenten Roosevelt in ausführlicher Darlegung gegen
die englischen Ankäufe von Pferdcn und Maul-
tieren in den Vereinigten Staaten, die er für Verletznng
des Washingtoner Vertrags erklärt. Das Schreiben fordert
dcn Präsidenten auf, der Angelegenheit die ernstcste Auf-
merksamkeit zu schenken.

Aus Stadt und Land.

H eldelb erg, 21. April.

** Der König und die Königin von Württembcrg trafen
vergangenen Samstag Abend nm 8,42 Uhr aus Stuttgart
hier ein und setzten um 8,50 Uhr ihre Rcise in der Richtnng
nach Frankfurt fort.

X Beerdigung. Am Samstag Nachmittag wurde die
sterbliche Hülle des verstorbenen Kaufmanns Herrn Georg
Wegerle zu Grabe getragen. Die kirchlichen Zeremonien
verrichtete Herr Stadtpfarrer Wilms unter Assistenz zweier
jüngerer Geistlicher. Der Liederkranz sang seinem Vorstands-
mitgliede am Sarge zwei Lieder. Dann wurde der über und
über mit Kränzen bedeckte Sarg zur Gruft geleitet. Dort
legten Herr Direktor Schott namens der Handelskammer, Herr
Direktor Dünkel namens der Volksbank, Herr Schepp na-
mens dcr Bewohner der Steingasse, Herr Ueberle namens
dcs Kaufmännischen Vereins, Herr Alt - Oberbürgermeister
Bilabel namens des Vereins Altheidclberg und Herr Gott-
mann namens der Gesellschaft der „Räuber" mit ehrenden
Ansprachen Kränze nieder. Eine auherordentlich grotze Zahl
von Leidtragenden erwies dem so früh Dahingeschiedenen die
letzte Ehre.

K. Der Pflug auf der Hauptstraße ist nun auch bildlich
festgehalten worden. Photograph Vögele, Hauptstratze 23,
hat eine Aufnahme des denkwürdigen Ereignisses bei der
Bräuerei Zum Engel gemacht und es so dem Anblick späterer
Geschlechter gerettet.

** Der Uhrmacher-Gehilfenverband der Kreise Karlsruhe
und Mannheim hielt gestern dahier seinen Bezirkstag ab. Die
Teilnehmer äutzerten sich hochbefriedigt über ihren Aufenthalt
in Heidelberg und lobten besonders die gcfftliche Aufnahme,
die sie in der Wirffchast zur „Diemerei" fanben.

** Eine Revolveraffaire spielte sich vergangene Nacht in der
Krämergasse ab. Jn der Zeit zwischen 12 und 1 Uhr ver-
lietzen etwa fünf oder sechs Personen ein in der west-
lichen Hauptstratze gelegenes Restaurant, nm ihre in der Ost-

ftadt gelegenen Wohnungcn ausznsuchen. Jnfolge von An-
rempelungen kam die Gesellschaft in einen Woriwechfel mit
einem Versicherungsinspekror, der nun der Gesellschafr folgre
nnd in der Krämergasse auf eine der Personen, einen Ofsizier
der Handelsmarine, sechs Revolverschüsse abgab, wovon ciner
den linken Unterarin durchbohrte, der andere den rechten
Unterarm streifte. Rach dieser Affaire nahm der Revolver-
schütze Reihaus. Ein hiesiger Arzt enfferntc alsbald die
noch im Arme steckende Kngel und verband die Wunden.

X Polizeibericht. Verhaftet wurden drei Personen Ivegen
groben Unfugs, ein von einer auswärtigen Behörde wegen
Betrngs verfolgter Knecht und ein Taglöhner wegen Körper-
verletzung. 33 Personen kamcn wegen Unfugs zur Anzeige,
vier weitere Personen, weil sie gemeinschaftlich in der Eppel-
heimer Landstratze einen Schlossergesellen zu Boden schlugen
nnd denselbcn durch Messersiiche verletzten.

Mnnnheim, 20. April. (Ueber dieTeilnahme des
h i e s i gen Regiments an den Grotzherzogs-
I u b i l ü u ni s f e i e r n in der Residenz Karls-
r uh e) crfährr der „Gen.-Anz." Folgcndes: Der Komman-
dcur des 2. Bad. Grenadier-Regiments Kaiser Wilhelm I
Nr. 110, Oberst v. Safft, ist zum Ehrendienft bei Sr. Majestät
dem Kaiser während Allerhöchstdessclüen Amvesenheit in Karls-
ruhe befohlen. — Das hiesige Regiment nimmr anf Bcfehl
Sr. Majcstät dcs Kaisers an der am Samstag, den 26., in
Karlsruhe statffindenden Parade teil.

f Mllnnheim, 20. April. (D i e F e i e r l i ch k e i t e n)
zum 50jährigen Regierungsjubilänm des Grotzherzogs wnrden
hcute in unserer Stadt eröffnet durch die Fahncnweihe des
Vereincs ehemaliger badischer Leibgrenadiere. Der vor etwa
zwei Jahren gegründete Verein hat sich recht krüftig ent-
wickelt. Der Weiheakt fand vormittags 11 Uhr im Apollo-
theater statt. An den Grotzherzog wurdc ein Huldigungstele-
gramm abgesandt, ferner erhielt das Präsidium des Badischen
Militärvereins-Verbandes eine Begrützungsdepesche. An den
Festakt schlotz fich ein Festessen, dem abends eine llnterhalrung
mit Tanz folgte.

8E. Karisruhe, 20. April. (D i c Jubilänms-
: e i e r l i ch k e i t e n) wurden gestern Abend durch ein Fest-
konzert der Liederhalle in schönster und würdigstcr Weise
eingeleitet. Schon lange vor Beginn der Feier war der grotze
Festhallesaal dicht besetzt von einer illustren Gesellschaft, dar-
untcr die Prinzen Karl und Max mit ihren Gemahlinnen,
die Fürstin zur Lippe, die Hofstaaten, die Minister, die höheren
Offiziere, die Spitzen der staatlichen nnd städtischen Behör-
den. Als die Grotzherzoglichen Herrschaften die Vorhalle be-
traten, entbot Stadtrat Dr. Binz dem hohen Prolekror der
Liederhalle die inngsten Glück- und Segenswünsche zum Re-
gierungsjubilüum, währcnd seine Tochter, Frln. Klara Binz,
der Grotzherzogin einen prachtvollcn Blumcnstrautz üüerrcichte.
Der Grotzherzog dankre herzlich für die Ovation und begab
sich, nachdem das Hoch, das Hauptlchrcr Hahner ausbrachte,
und der Sängerspruch verklungen, in dcn Saal. Ein schwung-
voller Prolog, verfatzt von dem Vereinsdichter Karl Doll-
maatsch, gesprochen von der Großherzoglichen Hofschauspielerin
Petzet, eröffnete die Feier. Dann folgtc ein Festhhmnus für
Männerchor, Knabcnstimmen und Orchester, Dichtung von
Dollmaatsch, kompoiiiert von Karl Beincs. Mit diescr Kompo-
sition har der Dirigent der Liederhalle nnstreitig eine der
schönsten musikalischen Festgaben zum Wubilüum geboten.
Von besonders ergreifender Wirkung war die im Volkston
gehaltene Schlntzhymnc, bei der ein von Reallehrer Gönner
trcfflich geschulrer Chor von 120 Oberrealschülern mitwirkte,
Wgesehen von diesem Festhymnus, dcr Wüllnerschen Kantate
und dcn Solovorträgen, setzte sich das ganzc Programm aus
Volksliedcrn zusammen, die von dcr Liedcrhalle mit bekannter
Meisterschaft zum Vortragc gebracht wnrden. Den Schlutz
bildcte das Kantatc für Männerchor, Soli und Orchester,
„Heinrich der Finkler" von Franz Wüllner, das von dec
Liederhalle erstmals zu Gehör gebracht und mit grotzem Jnter-
esse cntgegengcnommen wurde. Der Grotzherzog sprach allen
Mitwirkende», besonders den Solisten Frl. Mina Rode aus
Frankfurt (Violine), Hofopernsänger Gorkum (Bariton),
Robert Hutt (Tenor) und Franz Gauer (Batz) scine An-
erkennung aus. Heute Mittag wurde im Beisein ber Grotz-
herzoglichen Herrschaften, der Minister und vieler höherer
Staats- und Gemeindcbeamten dic vom Badischen Kunstge-
werbevercin veranstaltete Ausstellnng dcs künstlerischen Nach-
lasses von Drrektor Hermann Götz cröffnct. Jn seiner Er-
widerung auf die Begrützungsansprachc des Direktors Hoff-
acker gab der Großherzog seiner Freude darüber Ausdruck,
datz die Kunstgewerbeschule in solcher Weise das JubiläuM
feierc nnd das Andenken eincs Mannes ehre, der sich nm das
badische Kunstgewerbe unsterbliche Verdienste erworben habe.
Die Ausstellung, welche sich im großen Saale dcs Kunstge-
werbcmusenms befindet, weist zahlrciche Entwürfe nnd Skiz-
zcn auf von Pokalen, Truhen, Tafelanfsätzen, Portalen, Wcmd-
schränken, Wappen, Denkmälern, Brunncn, Ehrenpforten,
Mappen, Uhrengehäusen, Sesseln und anderen Dekorations-
stückcn. Sie gewährt ein treues Bild von der gewaltigen
Schaffenskraft des allzu früh verstorbenen gcnialen Direktors
der badischen Kunstgewerbeschule. — Der Verein für cvan-
gelrsche Kirchenmnsik veranstaltete hcute Nachmittag eine Fest-
aufsührung zur Jubiläumsfeier unter Mitwirkung der Konzert-
sängerin Fr. Tilly Koencn aus Amstcrdam, des Konzertsängers
Hermann Sauter aus Ludwigsburg, des Cellovirtuosen Fried-
rich Grützmacher aus Köln, des Musikdirektors Hänlein aus
Mannheim und einiger Mitglieder des Grotzherzoglichen Hof-
orchesters. Auch diescm in allen Teilcn recht wohl gelnngeneN
Konzerte wohnten die Grotzherzoglichen Herrschaften an.

bc. Karlsruhe, 20. April. (D i e Karlsruher
Bahnhoffrage) wird von dcr Zweitcn Kammer anschest
nend noch nicht als entschieden behandelt. Wie vcrlautet,
wurde in der Budgetkommission ein Antrag gestellt, die Regie^
rung möge noch einmal genane Pläne von dem Ucberführungs-
projekt vorlegen. Ein Teil der Abgeordneten, namentliÄ
vom Zentrum, scheut die grotzen Kosten der Verlegung oder
Höherlegung des Bahnhofes und giebt dem billigeren Projc"
der Uebefführung der Geleise den Vorzug. Nach den be-
stimmten Erklärungen des Staatsministers von Brancr ist ^
dessen kaum anzunehmen, datz die Regierung das Projekt der
Verlegung, für welche bekanntlich bereits über cine Millroff
Gelände erworben und weitere 8 Millionen ins Budget einge^
stellt sind, fallen lassen wird.

bc. Triberg, 20. April. (U e b e r f a h r e n.) Jm Eistu^
bahntunnel zwischen Station Niederwasser und der Blvck-
station ereignete sich vorgestern ein betrübcnder Unglücksstuff
Maurermeister H. Siebert, der mit seinen Leuten dort arbei-
tete und mit dem Zuge von Niederwasser hierheffahren woute-
wnrde von dem abwärts fahrenden Güterzuge überfahren un
getötet. Ein Schenkel ist vollständig abgefahrcn, der undeff
fast ganz, antzerdem erlitt Siebert schwere Berletzungen A
Kopf. Der Verunglückte war ein bravex, fleihiger und tuw
tiger Geschäftsmann. v

UE. Müllheim, 20. April. (Strategische Bahu^
Wie verlautet, beabsichffgt das Reich eine Seitenbahn
Müllheim via Kandern mit Anschlutz an die strategische Bah
Schopfheim-Brennet zu erstellen. ^

Eingesandt.

Heidelberg, 21. April-

Manche Mitzstände sind auf diesem Wege beseiffgt iuorve ^
und deshalb wcndet sich auch Schreiber dieses an die Oeffeu
 
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