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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 125-149 (2. Juni 1902 - 30. Juni 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#1136
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Tomikrslag, 19. Jmi 1902. Grstes Blatt. 44. Jahrima. — 14V.

Erscheint täglich Sonntags ausgenommen. Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-

zogen vicrteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

Anzcigcnpreis: L0 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Ranm. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebenen Tagen wird keine Perantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate aus den Plakattafeln der Heidclbergcr Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschlnß Nr. 82

Mom 6. internationtllen WoHnungskongreß
in Püsseldorf.

Auf dem gcgeiiwärtig in Düsseldorf tagenden i n-
t e r n a t i o n a l c ii Woh n n n g s t o n g r e sz, der
am 16. ds. seine Beratnngen begann, erstattete
Professor FuchS - Freiburg das erste Referat und zwar
über die Abhängigkeit der W o h n u n g S ißi i e-
ten bon BodenpreiS, B a u k o st e n und B e-
st e u e r ii n g. Er fiihrte nach deni Bericht der „Frankf.
Zeilung" Folgendes aus: 1. Die Frage, woher die Stei-
gerung der modernen Mietspreise koiniiie, sei auf der
letzten Generalversammluiig deS Vereins für Lozialpoli-
tik in München angeschnitten und seitdcm weiter geför-
öert worden. Namentlich drei Berichte, die deni zlongreß
vorliegen, seicn da zu nenncn, die von Dr. Stein-Frank-
turt a. M., Professor Baumeister-Llarlsrnbe und Doktor
Cberstädt-Berlin. In Deutschland sei die Steigerung
der MietSPreise insofern anders, als dadurch alle Schich-
ten der Bevölkerung getrosfen seiei.i, wäbrend sie iu
andereii Ländern nur die Arbeiter belaste. Tie PreiS-
bildung stehe bei den Micten ebenso unter deni Gesetz von
Angebot und Nachfrage wie bei anderen Dingen. Jn
Deutschland haben wir seit 30 Jahren einen starken An-
drang in die Städte. Dies habe eine starke Wohnungs-
uachfrage gezüchtet. Ebcnso habe das Abvernüetcn an
Ehambergarnisten und Schlafgänger den kleinen Leu-
ten gestattet, zicmlich viel Gcld für Akiete auozugebeii,
bei fchlcchter Befriedigung deS WohnungSbedürsnisses.
Dies hätteii die Hausbesitzer selbstverständlich zur Stei-
gerung der Mietspreise benutzt.. So sind Lohn und
Miete ganz autzer Verhältnis gekommeii. Ferner ist
das Baugewerbe in Deutschland kapitalschwach. Gerade
die llnternehiner, welche für kleine Leute bauen, haben
teinen Großbetrieb, wie dies in Amerika und England
der Fall ist. Vcamentlich in Zeiten wirtschaftlichcn Auf-
stlstvungs versagt dics Baunternehmertuin infolge des
«teigens der Lohne, der Materialpreise und vor allem
deS Geldes, das heißt des Zinssutzes. Ferner hindern
die Behördcn die Bauthätigkeit durch schwerfällige Be-
dauungspläne, Baiiordnungen und steuerliche Maßnah-
Meii, Zii Deutschland nuii ist zuerst Berlin, danii nach
leiiiem Muster zum Teil dadurch in den iibrigen Grotzstäd-
ten durch eincn schematischen Bebaungsplan — tiefe
Blöcke und breite straßen — zusammen mit dem weit-
verbreiteten Grundsatz, daß die Haushöhe iileich der
Dlraßenbreite sein darf, die Mietskaserne nicht nur im
Dtadtinnern, sondcrn auch, und zwar am ineisteii in
een eben erschlossenen Außengebieten Mode geworden.
Weil die Hausbesitzer durch Spekulationsbanken über-
chäßjgen Kredit bekominen und kein Geld haben, so sührt
ledes Steigen des Zinsfußes zu einer Steigerung der
Eieten. Dies Steigen der Mieten hat nur eine Grenze
?n der Leistiingsfähigkeit der Mieter. Der Bcieter wohnt
^ninicr so teuer, wie er nur irgend zu leisten vermag
^'og. chernes Wohngesetz). Lohn- und Gehaltssteige-
^uigen werdcn 'lom Hausbesitzer absorbicrt.

2. Die cigentlichen B a u k o st c n weisen in den letzten
oO Fahren ein Tteigen der Löhne (20—30 Prozent)
Nud der Materialien, auf dem aber ein Sinken des Baist-
Uuternehmergewinns und ökonomischen und geschickten
Eauaudführung gegeniiberstehen. Die gestiegenen Bau-
stpsten sind dnhcr nur soweit Ursache dcr Mietssteigerung,

! als sie einer besseren Wohiiuiigsproduttion für gcstiegcne
Ansprüche entsprechen. Dagegen sind die allenthalben
vermehrten öffentlichen rechtlichen Belastungen Zweisel-
los eine allgemeine Ursache des Steigens der tMieten.
Ebenso das.. Anziehen des Zinsfußes.

3. Der B o d e n p r e i s wird durch natürliche und
durch künstliche Faktorcn gesteigert. Die natürliche
Bodenpreisbilduiig erzeugt im Stadtinnern die höchsten
Bodenpreise, dann nach außen immer niedrigere Preise.
Dem entspräche ein Fortschreiten von dichtester und höch-
ster Bebauung nach antzen zu weiträumiger und niedri-
gcr, als die natürliche Form des Stadtbaus. Wo
aber durch die Bauordnniig die Mietskaserne in den
Autzenbezirken zur wirtschaftlichen AuSnntzung der tie-
fen Grundstücke anreizt, crmöglicht dicse Bauform den
ersten Erwerbern von Grttiidstücken in einem Autzenbezirk
so grotze Gewimie, daß sie dic allgenieine Bausorm wird
und die Preise der betreffenden Gegeiid bestinimt. An
Stelle der Hauptplatzrente tritt die KaseriiierttiigSrente.

6. Die Steucrn. Die Gebäudesteuer wird in
der Regel abgewälzt. Auch bei der Grundstcuer ist diesc
Möglichkeit vorhandcii. Trotzdem ist sie notwendig, bc-
sondcrs ist die Erhebung nach dem allgemeinen Wert an-
zustreben, weil sie gerecht ist und die Spckulation ciii-
dänimt. Sie macht die Baustellensteuer überflüssig. Von
einer Zitwachsrentensteucr will Rcferent absehen, solange
.stonsunkturgewiniie anderer Art nicht besteuert werden.
Zum Schluß spricht sich Referent für K o m m n n a I i-
sier u ng de s Kredit s aus, weil damit der solide
Kredit gefördert, der iingesunde gehindert werde. För-
derung der Bauthätigkeit würde das Wohiiungsangebot
steigern und damit die P^üise heruntersetzen. (Leb-
hafter Beifall.)

Fn der Diskussion unterschied Geheimrat S t ü b -
ben - Köln zwei Arten von Spekulation, einc sehr gute
und eine schlimme. Wenn ein Gemeiiiwchen einen gröllern
Kompler Land an der Peripherie der Städt kanfe, es
mit Kanälen und Straßen durchziehe uud es für die
Bebauung fertigstelle, so sci das eine segensreiche Spe-
kulation. Thue sich jedoch eine Gesellschaft von Kapita-
listcn zusamnien, kaufe allcs vorhandene und mit der
Zeit notwendig zu brauchende Bauland auf, iini es fest-
zuhalten und später zu möglichst hohen Preisen loszu-
schlagen, so sei das eine iingesunde Spekulation. Der
Redner betonte hauptsächlich die Wichtigkcit der Bau-
ordnung, die von den Geineindeverwaltniigeii aufzuftellen
und die dcr Grundstückspeknlatioii ziemlich bedentenden
Abbruch zu thun geeignet seien. Vor allen Dingen müsse
mit dem sogenannteii Mietskaseriiensystein gebrochen
wcrden.

Der ehemalige holländische Rlinister Dr. B o rge -
sius schildert die holländischen Wohnungszustände.
Auch in Holland sei der Boden fast ganz in den Händen
der Kapitalisten, und diese wüßten, daß ihnen das Land
in Zukunft mit schwerem Gelde abgekauft werden müßte.
Jn Holland sei ein neues Wohnungsgesetz geschaffen, wo-
nach den Gemeinden eine größere Bercchtigung zur
Enteignung gegeben sei. Die breiinende Frage in Hol-
land sei auch die Arbeitcrwohnungssrage. Die Boden-
frage sei sehr verwickelt, es heiße. die Ursachen der
schlechten Zustände entdecken, dann seien auch die Hcil-
mittel zu finden.

Gemeinderat Retti ch - Stnttgart kann sich nicht da-

von überzeugen, daß das Einfamilienhaus an der Peri-
pherie der Stadt vorzuziehen sei und hohe Gebäude den
Jnwohnern Luft und Licht raubten (Widerspruch), das
große Reservoir des Himmels spende Licht in Hülle und
Fülle, imd dcshalb seien die 4- und ö-stöckigen Wohn-
häuser keineSwegs gänzlich zu verwerfeu. Das Aus-
einanderziehen der Städte aber habe doch ungeheur'ä
.Kosten im Gefolge, und der Redner fragt, wie denn hente
Berlin aussehen würde, wenn dort nach einer scheniati-
schen Zonenordniing gebaut worden wäre.

L e h n e - Hamburg hob die schlechten Wohnungsver-
hältnisse Hamburgs hervor. Dort herrsche ein solcher
Wohiiuiigsmangel, daß bei QuartalSschluß einc große
Anzahl von Familien keinc Wohnimg bekommen könne
und in Cholerabaracken untergebracht werden müßte. Die
Wohnungsfrage sei keine Lohnfrage. Die Hauptsache
hinsichtlich der Arbeiterwohnuiigen sei nicht: Was ver-
dicnt der Arbeiter? sondern: Wie muß die Wohnnng
beschaffen sein, damit sie den Aiiforderungen in jeder
Beziehung genügt.

Zm Schlußwort bezcichnete Professor Dr. Fuchs die
Verstantlichung oder Kommiinalisierilng des gesamten
Hypothekarkredites als das einzige durchschlagende Mit-
tel, um alle die vorgetragenen Fragen gründlich zu Iö°
sen. Das sei allerdiiigs ein Weg, auf dcn unS erst die
Zukimft sühren könne.

Deutsches Reich.

— Wic das „Mil.-Wochenbl." meldet, ist Edler von -
der P l a n i tz, General der Artillerie und Gen-Znsp. der
Fußartillerie, in Genehmigimg seines Abschiedsgesnches
nüt der gesetzlichen Pension zur DiSPosition und gletch-
zeitig ü In «iiite des Garde-Fußartillerie-Regiments ge-
stellt worden. Ferner enthält das amtliche Blatt fol-
gende Meldung: Prinz Stanislans Radziwill,
Leutnant, auf sein Gesuch aus dem Verhältnis ü In
8iiit« dcr Armee, unter Wegfaü der ihrii erteilteu Er-
laubnis zuni Tragen der Ilniform des Köiiigs-lllanen-
Regiments (1. hannov.) Nr. 13, ausgeschieden und zu
den verabschiedeten Ofsiziereu übergetreten. Der Name
des Prinzen Radziwill wurde kürzlich viel genannt, als
seine Verlobung mit der Gräfin Chotek rückgängig ge-
macht wurde.

Baden.

— Zu der N a ch t r a g s f o r d e r u n g für katho-
lisch-kirchliche Zwecke schreibt inan dem „Schwäb. Merk.":
Jn Zentruniskreiscn scheint man das Kommende geahut
zu haben, und manches tätselhaste Vorkommnis dürste
sich jetzt erklären lassen. So hat in der Sitzung der
Zweiten Kammer vom 20. Januar bei der Zolltarif-
debatte die überaus artige Haltung des Abgeordnetcn
Wacker gegenüber dem Ministerium Braner-Schenkel
allgemeine Verwunderung erregt, da man doch wnßte,
wie wenig das Minifterium gesonnen war, in dem Haupt-
Punkt, in der Verfassimgsfrage, den Wünschcn des Zen-
trums nachzugeben. Dennoch floß Wacker über von Lie-
benswürdigkeit, und er schloß (nach dem stcnographischen
Protokoll) mit den Worten: „Möge also dieses Mini-
sterium, das ein so schönes Programm hat hören lassen,
welchcs uns so sehr sympathisch berührt, recht lange
dauern und möge dann, wenn es dem allgemeinen Gang
der menschlichen Dinge seineu Tribut zahlen muß, aus

Ker Urozeß gegen die Lciter der Leipziger
Mank.

, Lcipzig, 17. Jum. Am l)cutigcn zwciten Vcrhaudlungs-
wtze crklärtc das mitangcklagte Anfsichtsrntmitglicd W ö l k e r,
"vtz cr als Mitglied dcr Obligo-Kommission in Sachen Trcber-
Ucllschaft jede Verantwortung für dicses abgelchnt habe. Sein
Bublick in die Trebcrtrocknungsgcscllschaft habe ihm aber
K" gnnstigcs Bild bon der Ausnutzung des Bergmannschcn
"Kentes gegebcn.

> Der Angeklagte Fiebinger behauptet, daß er über die
»°Igenschwcrcn Beschlüsse bctreffs der Trebergesellschaft erst
UZter, zum Teil sogar crst aus dcm Prozetzverfahrcn Kcnnt-
erhalten habe. Ohne scin Wisscn sci die eigcntliche Vcr-
>u>dung mit Kassel 1895, als cr sclbst noch Direktor gcwescn,
Krch eingeleitet worden. Er (Fiebigcr) sei nur wenig

rMr Kassel unterrichtet gewescn, cbcnso wcnig über die miß-
Lage der Lcipziger Bank.

,, Deu Angeklagtc Mayer sagt aus, er habe ststs die Rc-
^ZiNesucht Exners gemißbilligt. Der Aufsichtsrat glaubte,
K w dcn Trcbcrgründungcn mit cinem gnt prosperierendcn
>„Z^nehmen zu thun zu habeu. Die Angriffe der Prcssc
^nrden >nir als Ausfluß dcr Konkurrenz beträchtct. Das
Fj Ogo in Kassel in mäßigen Grenzen zu halten, sci der Bank
ä ot r^üst gelungen. Der Gcdanke einer Fusion mit der
„"ncrgesellschaft habe nickst zur Vcrwirklichung kommen kön-
xy^nnd ^ Ereignis des Zusammenbruchs der Bauk

H,. Angeklagte Schröder sagt aus, äls man in den
tz "Pn Verwaltung dcr Lcipziger Bank sich über die
b^.o^nungcu zur Trebcrtrocknuugsgcscllschaft ,'in Kassek Al
l-L^^igcn bcgann, sei im Frühjahr 1900 beschlossen, ihn
st„5^nder), Dodel und den Prokuristen Wuthc uach Kassel zu
de„ nm die Vcrhältnisse zu priifcn. Man sci dabci aber auf
rnergischsst,, Widerstand des Gcneraldircktors Schmidt gc-

stoßeu.DenRcchenschaftsbcrickst nnd dieBilanz vonlOOO habe er
(Schrüder) unbefangcn geprnft und das Vcrtraucn gehabt, daß
dic Direktoren keine Posten cinstcllcn, dic nicht der Wahrheit
cntsprächen, anch habc cr sich über das in der Generalvcrsamm-
lnng vorgelcscne Expose kcine Skrnpcl gcmacht, weil er dcr
Anstckst war, daß es von vertranenswürdigen Männern ver-
faßt sei. Nach der Generalvcrsammlung im März 1900 be-
gann die Zcit der Beunruhigungen. Die Ansprüche der Treber-
gcscllschaft wuchsen nnd machten 88 Millionen Mark aus. Man
crwog dic Entlassung der Dircktoren, wcil man von der Höhe
des Obllgos in Kassel erfuhr und dcn Engagemcnts, die von dcn
Dircktorcn der Leipziger Bank gcnehmigt seicn, ohne dem
Aufsichtsrat eiue Andcutung zu machcn.

Die Angeklagten Vörster und Wilkeus crklären
cbenfalls, daß ihnen die Höhe dcr an dic Trebergesellschaft
geivährtcn Kredite unbckännt war nnd daß sie durch deu Zu-
sammenbruch der Leipziger Bank ihr ganzcs Vermögen vcr-
loren hätten. Sic hättcn ihrc volle Schnldigkeit gethan nnd
seien sich nickst bewußt, eine Verschlcicrung der Bilanz bc-
gangen zu haben.

Leipzig, 18. Juni.

Am dritten Vcrhandlungstag schildert der Angeklagte
E x n c r seincn Lebcnsgang bis zur Wahl als Direktor dcr
Leipziger Bank. Scin Nnfangsgehalt betrug 12,000 Mark: an
Tantiemen wurdcn ihm'2 Prozcnt zngcsichert. Diese bctrn-
gen im crsten Jahre seincr Thätigkeit etwa 20 000 Mark, im
zwciten 30 000 Mark. Als Dr. Fiebiger abgehen wollte,
wünschte Exncr als zweiten Dircktor cincn Kanfnian», als
juristischen Beirat cinen Syndikus, aber der Aufsichtsrat giug
auf diescn Vorschlag nickst ein. Drei Direktarcn seie» zu
vicl, und einen Juristcn müsse man doch unter allen Um-
ständen habcn, und zwar an verantwortlicher Stclle. Wenn
man eincn Shndikus engagierc, so sei dicscr doch der Direktion
imtergeordnet und das sei nicht angängig. Abcr, so sagte
der Aufsickstsrat in eiuer Sitzung: „Wir wollcn Sie von allcr
Kontrolle befreien. Der jnristische Direktor soll nur die ge- I

schäftlichcn Angelegenheiten zu übernchmen habcn, dic speziell
rechtlicher Natur sind, isie aber, Herr Exncr, können dann mit
vollcr Kraft stch dcr Anfgabe widmcn, das Geschäst zu heben
imd nach allcn Rickstimgen hin auszudehnen." Bci dem Ein-
tritt des Dr. Gentzsch in die Dircktion wurde Exners Gchalt
auf 16 000 Mark erhöht. Die Tautiemcn Exners stan'deir
in dcn Jahren 1895 bis 1900 zwischen 62 000 und 229 357
Mark, diejenigen Gentzschs im gleichen Zcitraum zwischcii
86 000 und 125 104 Mark. Exner war auhcrdem noch Auf-
sichtsrat in ztvauzig anderen Gcsellschaften, Ivill aber dabei
jedes Jahr 20 000 Mark zugesetzr habeu. Exncr besaß von
Haus aus kein Vermögcn. Er' hatte stch iu China ungefähr
20 000 Mark crspart. Jm Jahre 1892 verheiratete er sich.
Seine Frau ist die Tochter eines Rhecders nnd besitzt ein be-
deutcndcs Vermögcn. Sie ist noch jetzt Teilhaberin der Rhee-
derci. Exner lebtc „standcsgemäß". Er hiclt Gespann und
Diencrschaft, hatte cine Villa, maclste jedes Jahr großc Er-
holungsreisen, sein Haushalt kostete jahrÜch gegeu 65 000
Mark. Sein Vcrmögcn hatte er ausschließlich angelegt in
Nktien dcs Treber-Concer» imd andercr Gescllschaften, deneu
cr angehörtc. Frau Exncr hatte bei der Lcipzigcr Bank ihr
Privatdepot, das daraus entstandeu war, daß ihr Maim ihr
bei der Gcburt cincs Kindcs jedesmal 20 000 Mark schcnttc;
cbensolche Geschcnke machte er ihr an Erümerimgstagcii. Das
Depot bctrug 200 000 Mark Effektcn unb 20 000 Mark, zu-
sammcn also 220 000 Mark. Exner hat diescs Depot abgehobcn
imd nach England an eine L o n d o n e r "Bank geschickt, nnd
zwar crst im Januar 1901, also wcnige Monate vor dem Zu-
sammcnbruch der Leipziger Bank. Eingetragen in dic Bücher
der Bank sind als Gnthabcn der Frau Exncr zusammeu313 000
Märk. Als Grimd, warum cr dns Vermögeu seiner Frau nach
England gcschickt habe, giebt Exner an, er habe dadurch an
Steueru sparen wollen. Vorsitzendcr: Das ist ja auch nicht
wahr, was Sie da sagen. Es besteht dcr Verdackst, daß Sie
cs gcthan haben, um das Geld fnr Jhre Fran und Kinder
zn rettcn, als Sie die Katastrophe unausblciblich herankom-
 
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