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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 125-149 (2. Juni 1902 - 30. Juni 1902)
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Freitüg, 27. Juni l902

Aweites Blatt.

44. JahrgüNg. — 147

Erschcinl täglich, Sountags ausgenommen. — Preis wit FamUienblättcrn monatlich 5V Pfg. in'S Haus gebracht, bci der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be»

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

Enzcigenprcis: 20 Pfg. für dic Ispaltigc Petitzcile odcr deren Rcum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen crmäßigt. — Für dic Anfnahme von Anzeigen an bcstimmt
dorgcschriebencn Tagen wird keine Derantwortlichkeit übernommm. — Anschlag dcr Jnscrate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Die Kriegskosten.

Einen Bcgriff vcm der Grotze des Kainpfes in Siid-
ofrika crsiallen ivir nur, wcnn wir nnS im Einzelncn die
Ungelicnrcn Opfcr an Gcld nnd Bcenfchcnlebcn nochmals
bergcgclNvärtigen, die der afrit'anische F-eldzng anf Zeite
öer Buren wie der Britcn verlangt hat. Eo ist noch nicht
Uiöglich, die Verlnste der Bnren zn bercchnen, abcr die
Zahl der Gcfangencn nnd der in den Konzcntrations-
Logern znsainniengcpferchten Personen ist bctannl:

Gcfangene in Bcrmndas, St. Helena, Eeplon, In-
dien, Barbados und Südafrika 45 000: in den Konzen-
trationslagern Südafrikas (112 733 Idavon 19 381
Männer, 44 265 F-ranen und 49 067 Kinder).

Anf Seite der Engländer ist der Preio des Sieges
nichl gering gewesen. Tor lctzten amtlichen, am 8. Mai
deröifentlichten Statistik gemätz ift die Verlnstlifte fol-
gende:


Unterosfiziei-e
Ossizicve imd

Getöbtet iin Kampfe

516

5211

^estorben an Wundcn

!81

1815

Gestorbeu in dcr Gefanqenschast


97

^estorben an Krantheiten

328

12 664

'Zufällige Todessälle

25

733

Totalität der Todessälle in Südasrita

1055

20 520

^ermißt nnd gesangen

1

131

Heimgesandt als (snvalide
<wn diesen Fnvaliden sind 487 gestorben
nnd 5531 sind als nntauglich entlassen

3030

70 942

worden.



^otalikät der Verluste

4086 91 593
95 679

Wie viele Millionen Psnnd der Krieg den Buren ge-
^vsret hat, werden wir wohl nie erfahren; indefsen kennen
Ihir die pekuniären Opfer der Engländcr. Folgendes
nnd die Zahlen, die Ehamberlain nenlich in Birming-
^ani mitgeteilt hat:

Kosten des Krieges:

^rhoben dnrch Anleihe Lstr. 150 000 000

^rhoben dnrch Einkommenstener „ 40 000 000

! ^rhoben durch indir. Beftenernng ,,_ 38 000 000

3ufammen (Mk. 4 456 Millionen) Lstr. 228 000 000

Aber das ist nicht alles, denn man bilde sich nicht
^)wa ein, üatz die 40 000 000 Lstr. für Kriegsausgaben
h. für Anfrechterhaltung der Streitkräfte in LÜd-
^i.rika in ihrer gegenwärtigen Stärke von 250 000 Ncann
ü>r acht oder nenn Monate), sowie die 16 bis 17 000 000
Mr. für nnvorhergesehene Kriegszwecke, — man bilde
üch nicht ein, datz diese 57 000 000 Lstr. jetzt ohne Wei-
^res durch den Schaykanzler vom Bndget abgesetzt wer-
^ii. Es ist nicht nnr antzerordentlich kostspielig, Krieg
)u rühren, es ist anch ein höchst kostspieliges Ting, einen
'^rieg zu beendigen. England wird große Snmmen sür
^ratifikationen nnd Geschenke an die Soldaten zn zah-
A haben, grotze Suminen für die Entlassnng und den
^ücktransport der Trnppen nnd sür die Aufrcchterhal-
ANg einer ansehnlichen Militärmacht in südasrika.
^eitere Millionen sind zu opfern für llnterstütznng und
,°?.u Wiederanfbau nnd die Wiedereinrichtnng der zer-
,!°rten Farmen, den Rücktransport der 15 000 depor-
Uerren Bnren n. s. w. Tie Kostenrechnung ist also noch
^Ujge nicht abgeschlossen.

Leoni.

Novellette von E. Fahrow.

(ischluß.)

^ "Entwcder du giebst diescn romantischcii Habcnichts auf,
^r mich."

tzz.Das war die Altcrnative, vor dcr sie stand. Und der
g.!°erstand eines Atädchens wird ja durch nichts leichter
itz?rochx^, giZ puxch tägljche häusliche Quälercieu. Leonie
stark uud eucrgisch, aber ihr alter Vater war noch stärkcr
, uoch eucrgischer.

llnd Horst mußtc machtlos zuschauen.

kam es, datz sie sich eiues Tages uuter Thränen und
^nden Schmerzen trennten.

Horst ging iu die Laudeshauptstadt, wo er durch Empfeh-
Ij,^3 scines väterlichen Frcundes vcrhältnismätzig gute Stcl-
ii fand; er wurde Disponent im Bankhaus Riedel.

^eonie vergatz er kcinen Tag.

b^llls Leonie am nächstcn Morgen nach der oben bcschrie-
li, ,.n Auscinandersetzung ohne ihrem Vatcr etwas davon
4qi/^8en, ihr Billet nach der nahcn Landcshanptstadt gelöst
schrieb sic ihm eine Postkarte in cnglischcr Sprache.
^Alahre zu Riedel", stand darin, „ich 'werde mir gcnaue
wiifi übcr die bcwutzte Affäre holen. Spätestens morgen
, Ps bin ich zurück. Deine treuergebene Tochter Lconie."

schricb immcr „Deine treucrgebene Tochter", und
sk^^al zog ihr dabei ein bitteres Lächeln die Mundwinkeln

bem eleganten Haufc des Bankicrs Riedel lag ein
Ikjl aiiker Mann auf dcm Schmerzenslager. Herr Riedel war
^ grotzcn Kassendiebstahl — es handelte sich um fünfzig-
?>iic> ^ Gulden — ein veränderter Mann. Unstät und traurig
umher, und feine Freunde wunderten sich, datz ihn
siyx EAust ciner Sutnmc, die freilich grotz, aber für ihn doch
^agatelle lvar, so niederdrücken konnte.

Kisenöaöntarif-Aragen in der württem-
öergischen Avgeordnetenkammec.

iii.

Freihcrr v o n Wöllwarth (F. V.): Wcnn man
wollc, datz die Finanzlage die Rcform gestatte, dann dürfe
dcr Abgcordnete Hautzmann nur einen Antrag auf Anschlntz
an die prcnßisch-hcssische Gemeinschaft cinbringcn. Er wollc
hcnte nur zu ciner Aeutzerung des Ministcrs betrcffcnd die
4. Klasse Stellnng nehmen. Es sei gar kcine Redc, dah das
preutzische Volk jcmals auf seine 4. Klasse vcrzichten werde.
Diese Klasse diene autzerdcm dcm Transport der Vcrwunde-
tcn. Die 4. Klasse werdc durch die 3. Klasse mit 2 Pfennig-
Tarif kcincswcgs ersctzt. Staatsrat von Balz vcrliest
Einzclheitcn aus dcm Protokoll der Bcrliner Eisenbahnkonfe-
renz vom 8. und 9. Dezembcr 1890. Darin sci n. a. gesagt,
dic würtetmbcrgische Verwaltung halte eine befricdigende all-
gcmeine Rcgclung der Tarifverhältnissc nur anf dem Wege
möglich, datz dcm Publikum cinc crhebliche, fühlbare Herab-
setzung dcr Tarife, dic zum Rcisen anreize, gewährt werde.
Wenn man dic 12 Jahre alten Verhandlnngcn lcsc, mcine
man: „so ctwa sagt cs Herr Hauhmann auch, nur mit wcnig
andcrn Worten". Dic Zeiten, die Finanzlage wnrden in-
zwischen schlcchter, so datz nicmand dcn Mut fand, dic Vcr-
haudlnngen wcitcrzuführcn. So endctcn dic Reformbestrcbnn-
gcn 1891 bcinahc gcradc so wie jetzt. 1898 wurden dic Vcr-
handlungcn wieder anfgcnommen auf Grund eincs Neichs-
lagsbcschlusses von 1897; dieselben führtcn aber ebcnfalls
wicder nicht zn cincm Resultat. Dann sci Württcmbcrg dcr
Frage wieder nähcr getreten und dcr Erfolg der Konferenz
vom Dezcmber lctzten Jahres sei ja bekannt. Dcr Bericht-
crstatter sage in dcm Bericht, die Grundtaxen des jctzigen
Gencraltarifs seicn fofsil; es mache ihm dcn Eindrnck, als
habc sich der Berichtcrstatter hicr von dcm Schriftstellcr Engel
bccinslussen lasscn, der nicht geradc mit Engelsznngen rede.
Wcnn man dic viclcn im Lauf dcr Zeit vorgcnommcncn
Abändcrungcn und Umwandlungen dcs Tarifs betrachte, die in
Anvassung an das Vcrkchrsbedürfnis erfolgten, könnc man
nicht sagen, cs sei fossil. Wie es denn bci Einführung dcs
6, 4 und 2 Pf.-Tarifs scin werde? Dcr Berichtcrstattcr
lcgc wcscntlichcn Wcrt darauf, datz cr sagc, alle Verwaltun-
gcn habcn erprobt, datz Tarifcrmätzigungen eine Vcrkehrs-
sieigcrnng herbciführen, Es könne allerdings unter Um-
ständen auch eine Tarifcrhöhung cinc Einnahmesteigerung her-
beiführcn, aber davon sei jetzt abzuschen. Datz einc nam-
haftc Ermätzignng dcs Tarifs eine erhcblichc Steigerung dcs
Verkchrs hcrbciführc, sci sicher, aber wic schon der Aügcordnete
Hildcnbrand trcffcnd ausgcfiihrt habe, dürfe man nicht mcinen,
datz man aus dcr Stcigcrung dcs Vcrkehrs cinc Stcigcrnng
der Rcnte, dcr Rcincinnahmen erziele. Auch die sächsische
Verwaltung habe mit ihren Tarifermätzignngcn kcin bcfricdi-
gendcs Rcsultat crzielt. Man wcisc ferncr auf dic Erfolge
-er hessischen Ludwigsbahn hin; hier ergab die Einführung
dcr 4. Klasse eine namhaste Verkehrssteigcrung. Ein grotzcr
Teil der Pcrsoncn, die in dcr 4. Klasse fahren, wcrdcn aber
nicht zum 2 Pfennig-Tarif, sondcrn zum 1 Pfennig-Tarif
befördert, da dcr ganzc Arbcitcrverkehr in dcr 4. Klassc bc-
wältigt wcrde. Jn Oesterrcich sci cinc Erhöhung der Fahr-
preise in Form ciner Fahrkartensteuer in die Wege gcleitet, in
Ungarn werde an dcm Zoncntarif herumgedoktert, dabei haben
beide Verwaltnngcn cin namhaftes Defizit. Bcsonders in-
teressant sei das Beispiel von Dänemark, mit dcm namcntlich
der Abgeordnctc Hildcnbrand operiert habc. Dcr Pcrsonen-
tarif Dänemarks sei 1897 durch ein inzwischen wieder auf-
gehobenes Tarifgesetz gercgelt wordcn. Es sci dann der
Verwaltnng übcrlasscn worden, dic Tarife zn normicren und
diesc habc dann dic Tarife herabgesctzt. Jctzt schlage der
Landtag in Däncmark wicdcrnm cinc namhafte Erhöhung dcr
1897 bcschlossenen Tarife vor. (Hört, hörtl) Wenn dic preu-
tzische Vcrwaltung besscre Ergcbnissc erziclt habc, so licge das
daran, datz der Gütcrverkehr in Preutzcn eine ganz andere

„Es ist nicht dcr Gcldvcrlust", sagte der Bankier, „cs ist
der Vcrtraucnsbrnch, dcr mich so mitnimmt."

„Wclch idcal denkendcr Mcnschl" sagtcn die vcrwunderten
Freundc.

Abcr nachdcm der Prozctz gcgcn Horst Elsingcr beeudet
und dicser zu langjährigcr Gefängnisstrafc vcrurtcili war,
brach Hcrr Riedel ganz und gar zusammen.

„Marasmus", sagtcn die Aerztc.

Um drei Uhr nachmittags satz Leonie vor dcm Rcchtsan-
walt, der Horsts Sache geführt hatte, und lietz sich gcnau den
Gang des Prozcsses crzählcn. Die Klagc gründcte sich anf
einen sehr cinfachen Vorgang:

Herr Ricdel hatte am 2. Juni cine Erholungsrcise nach
den Alpcn angctreten nnd seincn Disponcntcn Elfinger mit
Gencralvollmacht und allen Schlüsscln vcrschcn zurückgclasscn.

Am 12. Juni früh fand man den Geldschrank erbrochen,
seines Jnhalts bcranbt und Horst Elfinger war sonderbarer
Weisc nirgcnds zu finden gewesen. Endlich, zwci Stunden
später als sonst, betrat cr das Bureau — auffallend erregt
und bleich. Er sagte, er habe eine schlechtc Nacht gehabt und
deshalb gleich cincn Morgenspaziergang gcmacht.

Spätcr stelltc sich hcraus, datz er in jcner Nacht gar nicht
seine Wohnung bctreten hatte. Bei dcr Haussuchung fandcn
sich fünftauscnd Guldcn in Wertpapieren in — Horsts Klci-
derschrank. Er hatte also dcn Einbruch fingicrt.

„Das Bewcismaterial war erdrückend", schloß der Rechts-
anwalt, „und was das Allerschlimmste war, cr konntc sein
Mbi für jenc Nacht nicht erbringen."

„Wo sagte er dcnn, datz er gewescn sei?" fragte Lconic
mit Anstrengung.

„Ach, cs war ctwas Unglaublichcs — er bchauptct, in
jcncr Nacht wie allc Jahrc einmal in N.burg gewescn zn scin;
— nur, um scine Vatcrstadt wicderzusehen, rcist man doch
nicht in der Abcnddunkelheit hin, nnd beim Morgcngrauen
wieder zurück."

„Vielleicht wollte er dort nicht geschen werdcn," sagte

Rolle spiele. Eine allgemeine Erfahrung sei es, daß die
Eisenbahnvcrwaltung gute Ergebnisse nur mit dcm Güterver-
kehr erziclen könne. Es sei autzer Zweifel, datz man in jetziger
Zeit an eine erhebliche Tarifermätzigung nicht herangehen
kann. Sie würde auf Kosten der Steuerzahler gehen. Die
Entfernung der 1. Klasse aus den Dnrchgangszügen sei einfach
nicht durchführbar. Wenn der Reisende dcs Durchgangs-
vcrkchrs in Ulm oder Crailsheim die 1. Klasse verlasscn unü
durch Württemberg in der 2. Klasse fahren mützte, dann könnte
maii darin auch cine gewisse RLckständigkeit sehen. Dic Ein-
führung dcr 4. Klasse bedinge eine gewisse Komplikation des
Betriebcs und habe ohne Zweifel ihre Mihständc. Abcr für
dcn Fall, daß das Haus sich dafür ausspreche, habe schon der
Ministcr Verhandlungen mit den anderen Verwaltungen nach
dieser Richtung in Aussicht gestellt. So vicl sei sicher, datz
Württemberg für sich allein die 4. Klasse keinenfalls einführen
könnc. . >4

Dambacher (Z.): Er bezweifle, daß durch die Herab-
sctzung dcr Tarife cine Steigcrung des Verkehrs bewirkt werde.
Cs würdc übrigens auch gar nicht gut sein, wenn die seßhafte
Bevölkernng des flachcn Landes in Bewegung gesetzt würde.
(Sehr richtig! Heiterkcit.) Wir sollten erst dann eine Tarif-
rcform in Angriff nchmen (Keil: Wenn Ellivangen Grotzstadt
gcwordcn ist!) Jaivohl, auch Ellwangen! -— wenn die eisen-
bahnloscn Gegenden genügcnd berücksichtigt sind und von einer
Tarifrcform auch etwas haben. Gegen die Einführung der
4. Wagenklasse wende er sich nicht, weil einmal der Aufwand
nicht so grotz sei und er das Fahren in der 4. Klasse nicht für
unwürdig halten könne.

Vogt (Bb.): Eine Erinätzignng des Fahrpreises mache
ihm Bcdcnken; die Gcschäftsleute kleiner Plätze wcrden Kun-
den vcrlicren. Der Zng der Zeit, der dahin gehe, die Ein-
känfe womöglich in den grotzen Städten ansschlicßlich -u
machcn, sollte nicht noch gefördert werden. Andererseits werde
allerdings !dcr Geschäftsmanck, namentlich der intelligente
Gcschäftsmann, auch seinen Nutzen von einer Verbillignng
des Tarifs haben.

Nach kurzcr weiterer Diskussion wurde, wie schon gemcldet,
init kleiner Mehrheit der Antrag angenommen, der die Regie-
rung auffordert, sobald dic Finanzverhältnisse einen vorüber-
gehenden Ausfall zulassen, für die 3. Wagenklasse die Grund-
taxe von 2 Pf. für den Kilometer ins Auge zu fassen.

Deutsches Reich.

— Die Militärverwaltnng hat die Notwendigteit der
V e r I e g u u g des iu D ü s s e I d o r f zur Zeit garui-
souiereudrn H u s arenregimeut s läugst erkannt.
Währeud das dort stehende Ulaueuregiinent nnmittel-
baren Auschlutz an den Erercierplatz hat und in neuen
zweckmätzigen Kasernements uutergebracht ist, liegen
die Husareu in alten, den Bedürsnissen teineswegs ent-
sprechenden Räumlichkeiten in der Stadt, fern nicht bloß
vom Exercierplatz, soudern auch von allen auderen Reit-
wegen, und sind daher vom militärischen Gesichtspnukte
so uugünstig wie möglich untergebracht. Dienstliche
Rücksichten lassen die Verlegung des Regiments an einen
anderen geeigneteren Ort nicht bloß notwendig, sondern
dringlich erscheineu, uud es dürfte auch bereits früher
als ueuer Garnisonsort für das Regiment die Stadt
Crefeld in Erwäguug gezogen seiu. Wenn jetzt die
Entscheidung in dieseiu Siune gesällt ist, so handelt es
sich daher um eine sachlich wohl erwogene und von den
zuständigen Organen der Militärverwaltung bereits vor-
bereitete Matzuahme.

lcbhaft Lconic, „cr woillre vcrmciden, frühcrcn Freundcn
zu bcgcgnen/''

„?lber ich bitte Sic, meine Gnädigste, solche romantische
Sommernachtsfahrten glaubt ihm doch cin Gcrichtshof uichtl
Besondcrs wcnu cr auch in den beiden Jahrcn vorhcr, wo cr
dort gcwcsen sein wollte, vou niemcmd gesehen worden ist, in
kcincm Hotel abstieg uud die ganze Nacht im Stadtpark und
i» dcn Stratzeu umhcrgewaudert seiu will."

Leonie schwieg eine Weilc, dann sagte sic, wiederum mit
Austrenguug:

„Jch habc Herrn Elfingcr in jeucr Racht gcsehcn uud ge-
sprocheu."

Der Rechtsanwalt sprang von scincni Stuhle auf, setzte
sich aber soglcich wieder hin und sagte gelassen:

„Wollcu Sic das vor Gericht bezeugen?"

Leonics bleiches Antlitz wnrde um noch eiuen Schcin
blasscr, während sic mit festcr Stimme bejahtc.

Jhr Herz schlng zum Zerspringen. Was sic jetzt dcm
Rcchtsanwalt eingestandcn hatte, würde ihre Ehre kostcn, abeu
Horsts Ehre rettcn. Freilich, sie hatte ihn in jener Nacht
mutterseelenallcin im vätcrlichen Garten gesprochen. Anf ihre
schriftliche Bitte war cr nach N .. burg gekommen, sie hatte
ihre Schnsncht nicht mehr bczwiugcn können, sie wollte cin-
mal, ein einzigcsmal nur, den Kopf an scine Schulter legcn
wie in altcr Zeit nud die verborgenen Qualen all dicscu
Jahre an scinem geliebten Herzen ausweinen. Dort hattcn
sic sicki unter erneutcn Schmerzen wiedergeschcn und wicder
— getrcnnt, denn die Hosfnung auf cine Hcirat hatten sie beide
nnn crmüdct aufgcgebeu. Es war cine selige, thräucnreiche
Stunde gcwesen, an deren Erinncrung sie beide langc zu
zehreu gedachten. —- Und in jener Nacht war der Diebstahl
bcgangen worden.

Lconie und dcr Rcchtsanwalt konferiertcn noch cine Stunde
mitcinandcr, daun schlng dic ersterc den Wcg zu dcr Riedel-
scheu Wohnung cin.

Ta cs cine Junggcsellcnwohnung war, nahm sie sich eine
 
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