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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150-176 (01. Juli 1902 - 31. Juli 1902)
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MitLLwch. 9. Juli1902.

IjVeiteS Bl<rtt.

44. Jahrgüüg. — L 1o7.

Iie Medeutung des australischen Mundes-
staates.

Der Kaiserliche Gesandte Wirkl. Geh. Rat Dr. R.
Krauel widmet in den „Prenßischcn Jahrbüchern"
dem Zusammenschluß Anstraliens einen beachtenswerten
Aufsatz, dem wir solgende Ergebnisse entnehmen: Mit
Lem Ansangstage des 20. Jahrhunderts, dem 1. Januar
1901, ist in die Reihe der grotzen Nationen ein neuer
Staat getreten, welcher den Anspruch erhebt und ohne
Zwsifel auch berusen ist, eine wichtige Rolle in der wirt-
schaftlichen und politischen EntwickÄungsgeschichte der
Menschheit zu spielen. Die bisherigen englischen Kolo-
nien Neu-Südwales, Viktoria, Queensland, Südaustra-
lien, Westaustralien und Tasmanien haben sich unter
Fortdauer der Oberhoheit der britischen Krone zu einem
unauflöslichen Bunde vereinigt, der nach seiner Versas-
sung den Namen „Commonwealth of Anstralia" führt.
Der neue Bundesstaat umfatzt den ganzcn australischen
Kontinent, den sogenannten fünften Welteil, und die da-
zu gehörige Jnsel Tasmanicn, zusammen ein Areal von
7 929 014 Ouadratkilometer mit einer Bevölkerung, die
nach Lem 1901 veranstalteten Zensus 4 357 360 Köpfe
betrug. Nichts ist verkehrter als die Ansicht, datz öie
australischen Kolonien die Notlage, in die England durch
die unglücklichen Anfänge seines südafrikanischen Krieges
geraten war, benutzt hätten, um sür die unabhängige Ord-
nung ihrer staatlichen Angelegenheiten Zugeständnisse
zu erlangen, die sie in besseren Zeiten freiwillig nicht
erhalten hätten. Das treibende Motiv bei dem engeren
Zusammenschlutz der Kolonien war nicht der Gedanke
einer grötzeren Unabhängigkeit von England, sondern
der doppelte Wunsch, sich einmal durch Beseitigung der
Zollschranken zwischen den einzelnen Kolonien bessere
Bedingungen für ihr wirtschaftliches Gedeihen zu ver-
schasfen, und sodann durch die Einrichtung einer gemein-
samen Regierung freie Bahn für die Bildung einer
australischen Nation zu gewinnen. Bei diesen Bestrebun-
gen haben sie nicht die Gegnerschaft, sondern die Sym-
Pathien und die aufrichtige Mitwirkung der englischen
Staatsmänner und der englischen Regierung gesunden,
deren klares Jnteresse dahin geht, datz die einzelnen
Mitglieder der über die ganze Welt verbreiteten engli-
schen Völkerfamilie sich kräftig cntwickeln, und, ohne das
Gefühl der Zusammengehörigkeit mit allen daraus ent-
springenden Rechten und Pslichten zu verlieren, auf
eigenen Fützen stehen, nm das Familienhanpt von der
direkten Verantwortlichkeit für ihr Fortkommen und
ihren Schutz möglichst zu entlasten. Ein geeinigtes
Australien kann ein nützlicher und mächtiger Bundesge-
nosse sür England werden, ein uneiniges, in hadernde
und eifersüchtige Staaten gespaltenes Australien kann es
nicht. Die englische Regierung hat das Beispiel Kana-
das vor sich, dessen im Jahre 1847 erfolgte Konstituie-
rung zu einem Bundesstaate keineswegs, wie damals von
dielen Seiten prophezeit Wurde, zu einer Entfremdung
don dem Mutterlande führte, sondern im Gegenteil, trotz
der anscheinenden Lockerung des staatsrechtlichen Ver-
hältnisses, zur Foge hatte, datz die Beziehungen Kanadas
zu England sich intimer und vertrauensvoller gestalteten
als früher. Es liegen keine Gründe vor, anzunehmen,
datz die Entwickelung der englisch-australischen Bezieh-
ungen in den nächsten 60 Jahren ein anderes Bild zei-

gen wird. Nicht die staatsrechtlichen Jnsütutionen und
Formen sind das Entscheidende, sondern die Gemein-
samkeit der Gefühle und der Jnteressen der stammver-
wandten Völker. Der australische Bundesstaat ist nicht
für kriegerische Zwecke geschaffen und ins Leben getreten,
er soll es vielmehr den in ihm vereinten Kolonien er-
möglichen, mit gesteigerten nationalen Empfindungen,
„für den Frieden, die Ordnung und die gute Regierung"
ihres Gemeinwesens zu sorgen und besser gerüstet an dem
friedlichen Wettkampf teilzunehmen, der heute auf dem
Gebiete des internationalen Handels nnd Verkehrs ge-
führt wird. Von diesem Gesichtspunkte aus erscheint
Australien unter dem Schutze seiner jetzigen Versassung
befähigt, ein gefährlicher Rivale für die anderen handel-
treibenden Völker und, auch ohne die zweischneidige
Waffe gegenseitiger differentieller Zollbstzünsügungen,
ein wertvoller Bundesgenosse für England zu werden.
Wenn je der imperialistische Traum eines „Grötzeren
Britanniens" greifbare Gestalt annehmen und ein festge-
fügter Bau, gleich haltbar in Zeiten des Friedens und
des Krieges, alle überseeischen Besitzungen Englands mit
dem Nkutterlande vereinen sollte, dann kann die australi-
sche Commonweath eine dcr stärksten Säulen werden,
welche die Riesenkuppel des britischen Weltreiches tragen.

Uariser Wohnungsverhättniste.

(8. R.) Paris macht rnit seinen hohen Häusern eincn
ästheüsch viel ansprechenderen Eindruck auf den Be-
schauer als London mit seinen endlosen gleichförmigen
Backsteinklötzen. Die französische Hauptstadt verfügt iiber
reiche Vorräte schönen Sandsteins, weshalb die schmucken
Sandsteinbauten dort sehr zahlreich sind. Hellgelben
Backstein mit bunten Emailverzierungen hat man in letz-
ter Zeit auch verwendet, doch mehr zu Schul- als zu
Wohnbauten. Die Fronten der modernen Häuser sind
meist mit gefälligen, aber anspruchslosen Zierraten ver-
sehen, von dem verschnörkelten Jugendstil, von der Be-
malung, der Stucküberladung, der Vererkerung ist Paris
bisher verschont geblieben. Die Proportionen der Häu-
ser sind durchweg kleinere nnd zierlichere, als z. B. in
Berün, auch die modernen Pariser Wohnstätten machen
von der Stratze her einen gediegenen, hiibschen Eindruck.

Eine Kategorie für sich bilden die alten Pariser
Häuser, die dem 17. und 18. Jahrhundert entstam-
men. Teilweise haben sie den Charakter der Wohnstätten
gewahrt. Die einen blieben in ihrem fürstlichen oder
Patrizischen Luxus erhalten, die anderen wurden zu klei-
nen Wohnstätten oder gar zu Fabriken ausgeschlachtet.

Jn allen sind Wasserleitung nnd Kanalisaüon erst
mühsam und oft unzureichend hergestellt. Und hiermit
berühren wir einen der grötzten Nachteile des Pariser
Wohnungswesens.

Die Pariser Häuser sind flach gebaut, ein Teil der
Zimmer liegt nach der Straßc, der andere mit Küche und
Nsbengelaß nach dem Hofe und der Vorranm, der oft-
mals wohl enge ist, verbindet beide Wohnungshälften in
der Mitte. Jede Pariser Wohnung bietet, ganz typisch:
Salon, Eßzimmcr und die „Chambres" genannten
Schlafzimmer. Eine Wohnung von sünf „Chambres"
bietet also 6 S ch l a f - Zimmer, die Existenz von Sa-
lon- und Eßzimmer gilt als so selbstverständlich, daß
man sie gar nicht mehr erwähnt. Die Zahl der „Cham-

bres" bedingt auch den Preis. — Der Salon enthält
über dem Kamin stets einen in die Wand gclassenen Spie-
gel und das Eßzimmer ist fast durchweg bis zu der Höhe
mit Holz getäfelt. Salon und Eßzimmer, nach vorn
gelegen, sind die Staatsräume. Die Schlafzimmer kom-
men je nach der Lage des Hauses, in Bezug auf Luft
und Licht mehr oder weniger gut fort. Oft sehr gut,
wenn sie in den neuen Stadtteilen oder auf breite Stra-
ßen, in den alten auf Kloster- oder öffentliche Gärten
münden.

Eine sehr angenehme Besonderheit Ler Pariser
Schlafzimmer sind endlich die Toilettenkabinete, die dem
Pariser Kultnrmenschen gestatten, in gänzlicher Abge-
schiedenheit dem Gotte der Reinlichkeit zu dienen. Eine
sehr schätzbare Veigabe sind außerdem, besonders in den
älteren Häusern, die eingemauerten Wandschränke.

Die Pariser Küchen freilich sind in den kleineren
Wohnungen ganz ungemein im Raum beschränkt.und man
darf die armen Dienstmädchen, welche in diesen Käfi-
gen, zwischen Gußstein und Herd ihr Leben verbringen,
aufrichtig beklagen.

Noch schlimmer ist es in kleineren nnd älteren Woh-
nungen um die von den Engländern schamhast nls
„IV. 6." bezeichneten Oertlichkeiten bestellt. Jn dem
alten Paris und selbst in Häusern, die vor dem letzten
Jahrzehnt und in nicht absolut vornehmen Gegenden
entstanden, giebt er nnr „0" ohne jedes „IV". Mst an-
deren Worten, Paris ist zum großen Teil noch eine kana-
lisationslose, eine auf dem widerwärtigen und unhygieni-
schen Abfuhrsystem beruhende Stadt, einer der schlimm-
sten Mißstände, die man sich denken kann.

Die Gemeindeverwaltung hat wohl versucht, die
widerstrebenden Hausbesitzer zur Einführung der Kana-
lisation und zum Anschluß an schon bestehende Mfluß-
einrichtungen zu zwingen, ist aber in ihrem Bemühen von
den Gerichten nicht unterstützt worden. Nur die vor-
nehmen Stadtviertel und die ganz neuen Häuser auch an-
derer Ouarüere sind von vornherein mit Spülleitnng
versehen. Jn den übrigen über ist es oft „fürchterlich".
Ganze Häuser, mehrere Etagen benutzen in Arbeitergegen-
den Las gleich wasserlose Refugium, dessen Geruch den
Treppenflur verpestet.

Pariser Wohnungen sind ungeachtet dieser Mißständs
sehr teuer. Natürlich giebt es ihrer in allen Preislagen.
Ein armer Teufel, der ein Dachkämmerchen der inneren
Stadt bewohnt, zahlt dafür jährlich 150—160 Francs.
Eine junge Näherin, die in der Nähe ihres Arbeitsplatzes,
der Oper, der Boulevards im Garni wohnen will, hat
monatlich 26 Francs zu erlegen (bei einem Verdienst von
monatlich 48 Francs!). Es giebt kleine Wohnungen, meist
Hofgelasse, von 2—3 Zimmern und Küche, die für 400,
600 Francs vermietet werden. Diese kleinen Wohnun-
gen bieten den Vorzug, daß sie nicht besteuert werden.

Wohnungen von 3 Zimmern und Zubehör in an-
ständiger, jedoch nicht feiner Gegend kosten 700 Francs
im 6. Stock und verteuern sich gemeinhin mit jeder tiefe-
ren Etage um 100 Francs. Eine Ausnahme davon macht
der sogenannte „Entresol", das Hochparterre, welches,
da die Zimmer wie in unseren „Hängeetagen" ziemlich
niedrig sind, nur so viel kostet, wie der 3. Stock und dazu
dient, den Mietern vorzuspiegeln, daß sie nur im 5.
Stocke wohnen, wenn sie auch 6 Treppen steigen müssen.

Jn feinerer Gegend, in Häufern mit teppichbelegter
Treppe, zahlt man für 3 Zimmer und Zubehör im 5.


Eine Geldheirat.

Roman von L Haidheim.

(Nachdruck verboten.)

„Jst es wirtlich Jhr Ernst, Herr Oberregierungsrat, Sie
d>ollen Jhren Abschied nehmen?"

Dcr mit verschiedenen Orden gesckimückte ältliche. Herr
^lachte ein etwas melancholisches Gesicht, erwiderte aber
energisch:

„Ja, Exzellenz, meine Arbeitskraft ist nicht mehr die alte
^jnd, ehrlich gestanden, ich freue mich auf die Freiheit wie ein
^Unge auf die Schulferien."

„Hml Von wcitem schen sich die Dinge meist ganz anders
?u, lteber Burghausen! Ein paar Jahre wäre es am Ende
^vch noch gegangen. Wir werden Sie selhr vermissen, ich ganz
^sonders."

». »Excellcnz sagen mir da ein schr liebes Wort!" rief der
e-berregierungsral Burghauscn mit leuchtenden Augcn, dann
ntzre er hochaufatmcnd hinzu: „Wenn ein egoistisches Ge-

mir gesagt haben sollte: Geh', so lange du iwch vermitzt
wkfden wirst, so habe ich doch auch bedacht, datz jüngere
lstäste Raum brauchen. Jch schcide mit tiefer Dankbarkeit
'Ur Ew Ercellenz, der mir stets —"

Er swckte vor tiefer Bewegung.

»So wünschc ich Jhnen noch cine ganzc Reihe glücklicher
^fEwe, lieber Burghauscn. Jch hörte, Sie hätten gcerbt. Ken-
das Gütchen?"

-^er Obcrregierungsrat zuckte lächelnd die Achseln.
sck> ", .fln," sagte cr. „Wenn's nur nicht ein Danaerge-
döll' Excellenz l Ein altes, ganz verfallenes Haus in einem

ivod Garten; beides hat seit zwanzig Jahren unbe-

stvnd^ *"^d von meinem schwager völlig vernachlässigt ge-
^oen. Die kleine Besitzung stammt von Seiten unserer
H^^llsrcltern, aber, wie gesagt, sie ist völlig verwahrlost.

Vermögcn ist so mähig, daß ich nicht viel darauf
kann."

-Wo stegt «s denn?" . 4 „ . .... . ..., .

„Bei dem Städtchen Haselberg; so heitzt das kleine Besitz-
tum auch: Haus Haselberg."

„Ah! Jch war gestern bei dem Geheimen Kommerzienrat
Wolzin zu Tische. Da war auch von Haselberg die Rede.
Wolzin hat dort eine Villa. Wenn Sie wünschen, mache
ich Sie beide miteinandcr bekannt —"

„Sehr gütig, Excellenzl Aber meine bescheidenen Ver-
hältnisse würden einen Verkehr mit einem unserer bcdeutend-
sten Geldfürsten doch wohl kaum —."

„Nun, wie Sie mcinen! Fedenfalls liegt doch Jhrc ncue
Heimat so nahe, datz wir uns mal wiedersehcn — ich wcrde
mich stets darüber freuen! Lebcn Sie wohl, liebcr Burg-
hausen."

Der Oberregierungsrat stcmd auf der Straße und starrte
gedankenlos in das Leben derselben hinein. Jhm war eigen
zu Mute. „So, das wäre gethan!" murmelte er vor sich
hin, aber der frohe Eifer, der ihn hergeführt, „sich persön-
lich die Freiheit von seinem Vorgesetzten zu holen", hatte
plötzlich einer gewissen Ernüchtcrung und Leere Platz gemacht.
Es war ihm, als fehle ihm jetzt irgend etwas, als fröstele ihn
ums Herz herum.

„Die Lebensarbeit nicderlegcn" — das ist doch immcr ein
Schritt ans dem Leben heraus.

Plötzlich rafste er sich zusammen. Ein Bekannter in elegan-
ter Besuchstoilette trat mit feierlicher Mene auf ihn zu und
begann:

„Jch wollte soeben zu Jhnen, Herr Oberregicrungsrat, in
einer mir sehr —"

„Schön, schön, lieber Kollege, begleiten Sie mich alsol
Jch habe socben Excellenz mein Abschiedsgcsuch persönlich Lbcr-
rcicht!"

Burghausen war so mit sich und seinen Jnteressen beschäftigt,
datz er weder auf die Kleidung noch das Aussehen seines jün-
geren Kollegen des Regierungsrats Rodach Acht gegeben hatte.
Jetzt plötzlich bemerste er die erregte und etwas verlegene
Miene desselben und ein Licht ging ihm auf.

„Ja," sagte Rodach, der Burghauscns Gedanken in deffen I

Augen las, „ja, Sie verstehen mich schon ohne Worte, Herr
Oberregierungsrat. Sie müssen ja auch längst bemerst haben,
wie sehr ich — Fräulein Ülla verehre l"

„Mein lieber Kollege, ich habe allcrdings bemerst, datz
Sie und Ulla gern mitcinander scherzten, Sie spielten auch so
hübsch Klavier zusammcn — aber weiß Gott — an Heirats-
absichten Jhrerseits dachte ich nie; bis jetzt —- wo Sie, jeder
Zoll der richtige Freiersmann, vor mir stehen!"

„Scherzen Sie nicht, Herr Oberregierungsrat! Mir ist
wahrhaftig nicht znm Lachcn zu Mutc. Jch habe versucht»
Fräulein Ulla meine redlichen Absichten —"

„Aber das alles können wir doch unmöglich hier besprcchcn,"'
mahnte Burghausen, ganz verlegen werdend, denn jetzt erst
fiel ihm ein, datz seine Tochter doch allzu unbefangen mit dem
Fünfundvicrzigjährigen vcrkehrt hatte, als datz man bei ihr
an Liebe glauben stmnte.

„Ach, bittc, nein, nicht in Jhr Hausl Es scheint mir'wie
cin Wink der Vorsehung, datz ich Sie hier treffc, Herr Ober--
rcgierungsrat. Sie gestatten — da sind wir am Eingang zum
Schlotzgarten. Jch möchte Fhnen meine, Gott sei Dank, ja
recht sorgenloscn Verhältnisse schildern, und dann — darf ich
hosfen, datz Sie bei Fräulein Ulla mein gütigcr Fürsprccher
scin wollen?"

„Gewiß, lieber Rodach, das werde ich von Herzen gern sein,
dcnn wem könnte ich mein einziges Kind beruhigter in die
Arme legen, als Jhnen?"

„O, Sie machen mich glüMch!"

„Aber, Rodach, berzeihen Sie eine Frage. Glauben Sie
wirklich — mcinen Sie, dah Ulla Sie liebt? —- Ein jedcs
Mädchen könnte sich ja glücklich schätzen, von Jhnen gcwählt
zu werden — nur —"

„Nur, Herr Oberregierungsrat?"

„Ein bischen viel Liebe, Rodach — gehört doch zum Hci-
ratenl"

„Dic hab' ich, die hab' ich! Und bei Ulla würde sie schon
kommen."

(Fortsetzung folgt.)
 
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