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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Samstag, 6. September 1902.

Evftes Blatt.

44. Jahrgang. — 208

Erscheinttäglich Sormtags ausgeuommen. Preis mit Familienblätteru mvnatlich bv Psg. in's Haus gebracht, dei dcr Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Psg. Durch die Post be-

zoge« vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

A nzetgenpreis: 20 Pfg. für dle Ispaltige Petitzeile oder deren Raum, Reklamezciie 40 Pfg. Für hicsige Geschäfts- und Privatanzeigen ermätzigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebenen Tagen wird keine Brrantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate aus den Plakattafeln der Heidclberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Rr. 82

Kaisertage in Uosen.

Poien. 4. Gept. Die Rvde des K-aiisers im
ProvitiZiakstäNdc.hause, so telegraphiert nmn der „Köln.
Zeitung", Meisellos der Höhepunkt der Kaisertage, ist
hesonders deLhalh bedeutsam, weil sie nach dem Em-
Psang des Erzlnschoss Stablewski gehalten wurde, der
sicherlich versncht haben wirü, den Kaiser sür eine Aen-
derung der Pvlonpolitik zu gewinnen. Jm Zusainmen-
hang nnt den gestrigen Reden zerstört sie jeden Zweisel,
dasz die preustische nnd die russische Polenpolitik in Zu-
kunst sich nicht dnrchkreuzen, soudern gleichsam ergänzen
wird. Das astentative Fernbleiben der polnischen Zn-
te'lligenz (üem heutigen Essen für die Provinz wohnten
Zwar die polnischen Hofwürdenträger bei) hat äutzerlich
nicht üen geringsten Eindrnck gemacht; gerade iu der in-
transigenten Haltnng der Polnischen Presse zu den Kai-
sertagen ist es zu danken, daß das Deutschtum aus seiner
Jndotenz ausgerüttelt worden ist. Politische Kreise legen
den Aeutzernngen des Ltaisers über Kastengeist, ofsenbar
Reflexe des Faües Löhning, besondere Bedeutung bei,
weil man daraus berechtigte Hosfnung ersieht, daß daS
Uebel an der Wurzel angesaßt wird. Der Kaiser, der
rnit vielen Personen die Ostmark-Probleme hier erörterte,
überraschte durch sein scharfes, den Kern der «ache er-
fassenües Ikrteil und seine Entschlossenheit, sein hcute in
glücklichster Fqssung genau umschriebenes PrograiMn
durchznsühren. Die Deutschen in den Ostmarken sind
hoch befriedigt, nnd gerade die national zuverlässigsten
nnd besten Elemente sind zumeist überzeugt, daß es jetzt
besser wird, da Ungewißheit nnd Zweifel über etwaiges
Schwanken nnn nndgültig deseitigt sind. Als besonders
bedeutungsvoll gilt, wie der gestrige Hinweis auf die
alten Krieger, die heutige Anerkennung der d.eutschen
-Külinrarbeit, da, im Zusammenhange mit dem Besuche
im Stadthanse, darin gleichsam die Legalisierung der
Vedeutung rrnd des Wertes des deutschen Bürgertnms in
der Provinz zu nberblicken ist. Nach Äer heutigen Fest-
tafel hielten bie Wajoftäten in überaus leutseliger Weise
Eercle. Nach 'der Rückkehr ins Generalkommando waren
das Kaiscrpnar nnd der Kronprinz wiederholt Gegen-
stand lebhafter Hnldigungen, ebenso der Kronprinz anf
dem Wege und nach seiner Ankunft im nahen Absteige-
puartier.

P o s e ii, 5. September. Der K' aiser Hatte
gestern Abend rine Besprechung mit dem 'Reichs-
kanzler vor dessen Abreise. Heute Vormittag hörte
'oer Kaiser den Vortrag des Ministers Budüe und hatte
nachher eine Besprechnng mit dem Oberbürgermeister
Witting. Die Kaiserin besnchte heute Vormittag die
Arbeiterwohnungshäuser.

P o s e n, 5. September. Ueber 'den B e s u ch der
K aiseri n in der katholischen Krankenanstalt. der
Barmherzigen Schwestern wird noch- bokannt: Erzbischof
Wr. v. Stablewski begrüßte die Kaiserin am Ein-
gange des Hauses und geleitete sie mit der aus Knlm
^ngetroffcnen Generaloberin in den Saal. Der Erz-
wschof sprach hicr seinen Dank aus für den Besuch der
Kaiserin, die in hingebender Liebe für alle Landeskinder
Ein Vorhjih im Dienste des Heilcmdes sei und deren
'f-hätigkeit von allen mit tiefstem Danke empfunden
anrden müßte. Als die Kaiserin nach längerem Aufent-

haltiL das Krankenhaus verließ, verabschiedete 'sich der
Erzbischof mit Worten des Dankes.

Posen, 5. September. Knrz nach 12 Uhr be-
gvben sich der K a i s e r , die K a i s e r i n, der K r o n-
p rinz usw. mit den Damen und Herren der Umgebung
nach dem Bahnhos, nm mit Sonderzug nach dem
Nsnen Palais zu fahren, wo das kaiserliche Paar die
Nacht zuzubringen gedenkt. Anf den Straßen hatte
sich eine gewaltige Menschenmenge aufgestellt, cbenso
war die große Tribüne am Berliner Thor dicht bcsetzt.
Der Kaiser und die Kaiserin wurden allenthalben stür-
misch begrüßt.

Ueber dis Ubreise des Kaiserpaares wird
noch gemeldet: Die Abfahrt des Kaiserpaares zum Bahn-
hof erfolgte um 11.50 Uhr. Auf dem Bahnhof waren an-
wesend der kommandierende General von Stnlpnagel mit
der gesamten Generalität, der Oberpräsident Dr. von
Bitter, Oberbürgermeister Witting und Polizeipräsident
v. Hellmann. Der Kaiser zog den Oberp r ü side n-
t e n ins Gespräch und unterhielt sich längere Zeit anss
h n l d v o I l st e mit dem Oberbürgermeister, dem er
für den warmen Empfang seitens der Bevölkernng seinen
Dank aussprach. Als-dann wandte sich der Kaiser an
den Oberpräsidenten, dem er seine Bcsriedignng über üie
getroffenen Anordnungcn anssprach. Unter jnbelnden
Hurrayrnfen der Anwescnden setzte sich der Zng nm 12
Uhr langscim in Bewegnng.

Deutsches Reich.

— Folgende Er innern n g e n giebt gelcgentlich
der Posener Kaisertage der Berliner Berichterstatter der
„Neuen Zürcher Zeitung" zum besten:

Der alte Bismarck war znr Zeit einmal sehr dasür,
daß die Könige von Preußen polnisch lernten, nm mit
ihren polnischen Staatsbürgern in deren Mnttersprache
reden zn können. Er suchte den Kaiser Friedrich, als
jener noch Kronprinz war, für diese Ansicht zu gelvinnen
und schlug vor, da Kronprinz Friedrich Wilhelm selbst
schon zn alt war, doch dessen künftigen Erben, also den
jetzigen Kaiser, Polnisch lernen zu lassen. Aber der spä-
terc Kaiser Friedrich mo-chte nichts davon wissen. Der
König von Preußen habe auch mit seinen Polen deutsch
zu reden, war seine Meinung. Diese hätten sich nach
ihm zu richten und nicht umgekehrt. Bismarcks Eniwurtz
wie populär sich die Hohenzollern bei dem kleineren
volnischen Mann, vornehmlich auch bei den polnischen
Soldaten im preußischen Heere machen würden, fiel da-
mit zn Voden.

— Wie die „Germania" nntteilt, ist die Zen-
t r u m s s r a k t i o n des R eichstages von ihrem
Vorsitzenden znm 16. September, vormittags 10 Uhr,
nach Berlin einberufcn worden, um an diesen und den
blgenden Tagen die Berichte der Zentrumsmitglieder der
Zolltarifkomnnssion entgegcnzunehmen, und deren Hal-
tnng für die zweite Lesung des Zolltarifs nebst Zube-
hör, die bekanntlich am 22. ds. beginnen soll, zu bestim-
men.

— Eine Eingabe an den P c^.
sammlnng der Polen Moabi
schlossen. Die Moabiter Polen verle^
rnng der Polnischen Andachten. Da^-

Moabiter Geistlichkeit noch bei dem Fürstbischof Kopp mit
ihren Forderungen durchdrangen, wollen sie sich jetzt
direkt nach Rom wenden.

Aus der Karlsruher Zeitung.

— Reallehrcr Zakob Müller an dcr Höheren Bürger-
sthnle in Buchen wurde in gleicher Eigenschaft an die Realschule
in Brettcn bcrsetzt.

Ausland.

Amerika.

N e-w y o r k, 5. Septcmber. Großfürst Boris wurde
vom Präsidenten Roosevelt in Oyster Bai empfangen,
nachdem Fran Roosevelt kurz vorher weggegangen war,
und zwar, wie „World" erklärt, um ihn nicht empfan-
gen zu müssen. Dies soll aus Wunsch der christlichen
Temperenzvereinigung geschehen sein, weil Boris Cham-
pagner aus dem Pantossel einer Theaterdame getrunken
habcn soll.

Eine ausführliche Mltteiluug übcr dicse eigenartige An-
gelegenheit erzrihlt: Frau Roosevelt weigerte sich, den Groß-
fürsten Boris zu empfaugeu, weil berichtet wordcn war, er
habe aus Schuhen von Choristinncn Weiu getrunkeu und
zu den Blondinen gesagt, er werde sich erst in Ncw-Aork
das Vergnügen machen, mit den Briinetten zn soupieren.
Der Großfürst bestritt diese Geschichte bei seincr Anknnft m
New-Iork, doch als er auf das telephonische Gesnch ciner
Choristin das eine Theater besuchte an Stelle eines andcrn
mid so daranf erpicht ivar, den Chor zu sehen, daß er behauptete,
zu beschäftigt zu sein, um den Gouverneur des Staates New-
Aork zu empfangen, da nahm man sein Dementi nicht ernst.
Mitglieder des Frauen-Temperenz-Verbandes schrieben nun
dem Präsidenten, er möge den Großfürsten nicht cmpfangen.
Roosevelt konnte abcr einem Vetter des Zaren, der vom
russischen Botschafter begleitet ankomnit, den Empfang nicht
verweigern. Fmu Roosevelt begab sich zu cinem Onkel
RooseveltS, ehe der Großfürst Boris in der Wohnung des
Präsidenten an der Oyster Bay crschien, und kehrte zurück,
nachdem der Großsürst abgereist war. Der Großfürst
dejeunierte bei Roosevelt und kehrte nach zweistnndigem
Anfenthalte nach N e w p o r t zurück, wo er sehr gefeiert
wird.

Aus Stadt und Land.

Heidelberg, 6. Septembcr.

-p Aus dem Stadtrat. Jn der gestrigen Stadtratssitzung
ivurden unter anderem solgende Gegenstände zur Kenntnis,
bezw. Erledigung gebracht:

1. Die hiesig« Ortskrankenkasse zählte auf den 1. ds.
6427 männliche und 1707 weibliche Mitgliedcr.

2. Der Chef der kürzlich' dahier einquarticrt gewcsenen

3. Eskadron des Königlich 3. Cheveauxlegers-Regiments hat
'ür die gastliche und cntgegcnkommende Aufnahme, welche die

^Aadron in den Mauern HeiLelbergs gesun-
öradrrar sowie der gcsamtcn Bürgcrschast
ank ausgesprochen.

is der mn 21. vorigen Monats vorgenom-
g des Ovst- und Ohmed-Ertragcs von den
Griiiidsriickrn dcr Eradtgcmeinde auf der

Maudereien vom Schtoßöerg.

(?) Heidelöerg, 6. Sept.

- „Srit ich Totengräber geworden bin, will kein Mensch mehr
b'-benl" klagte der unzufricdene Totengräber eines zum
streise Heidelberg gehörigcn Städtchens seinem Borgänger
^ Amte, der altershalber dasselbe niedergelegt hatte.

„--Nur Gedüldl" tröstete ihn dieser, „jetzt kommen bald die
hrpätjahrsneöel, diese werdcn schon ausräumen und es wird

Avb

peit in HLlle und Fülle gebenl"

.^..Es Ivird wohl wenige Menschen geben, die den Toten-
M-Kbev wegen seines schlechten Verdienstes bemitleiden. Jm-
.-,-sthin sieht man auch da wieder, datz es in allen Eriverbs-
^stntzen, ja sogar in allen Volksklassen Unzufriedene giebt, Leute,
nnzufrieden sind mit dem Ertrag ihres Geschäftes, mit
fwen Einkommensverhältnissen in ihren amtlichen und sonsti-
r-,p .Berufsstellungen oder unzufrieden in polittscher oder
"igiöstr Beziehung, von Unzufriedenen in familiärer Hinsicht
^ ^ M redenl

q-,. dei mie vielen ist die Unzufriedenheit eine berechtigte?

^ oiele find wohl selbst schuld Äarmr, daß fie in eine Lage
^ owmcn sind, die ihnen Ursache zur Unzufriedenheit giebt?
bo, Fragen sind schwer zu beantworten. Greifen wir

hx.? Unzufriedenen im Gewerbestcmde einmal die Metzger
. Dre Klagen und Lamentationen derselben, daß die
Viehpreise nicht mchr in einem richtigen Berhältnisse
den Verkaufspreisen für Fleisch- und Wurstwaren stän-
( Übh gerade keine neuen. Und doch kann man, wie aller-
Unz i" anch hier- die Beobachtung machen, datz die tüchtigen
Zen tz^^ösamcn Meister dieses Handwerks, welche fest beim
ari,P blciben, weit ehcr als Angehörige vieler anderer Berufs-
inh^ angestrebte und ersehnte Jdeal jedes Geschäfts-
erreichen: nach Ansammlung bon Kapitalien in den
."cr Rentner, Privatiers oder wie man diese gewichtigen
Wnst „tich nenncn mag, zu gelangen.

^em sällt bei den Klagen der Metzger nicht Nadlers Ge-

dicht über die unzufriedenen Bäcker einl
nannten sind „abgezehrt" auf cin Km
Pfund. Es ist deshalb auch nicht zu v
wenn einmal Rentner geworden, gewöhn'
ihre Wohnsitze auf der Höhe aufzuschlagen
heit zu Bergwcmderungen zu haben. P
höhe aus' mit Verachllmg auf das niedere
hinabblicken zu können, ein solcher Zustai
souders wcnn man nichts cmderes zu thun
blätter zu studieren und allenfalls noch
schneiden. Und anch diese Arbeit kann n
kunst noch erleichtern. Jn Ncckargemün
Schlossermcister für den lehtgenannten s
erfunden haben, ähnlich einer Futterschneii
glaublich knrzer Zeit eine Menge von Konp
löst.

Bei der großen Zentrumsversammlur
in Mannlheim stattfand, gaben viele Teil
sriedenheit auf politischcm nnd religiöseri
Wie man hörcn und lesen konnte, haber
rhre Aufnahme in Mannheim nicht zu bek
heimer Ernwohner verstehen als geborene
Zeitgeist. Wenn es Gelegenheit zum E
sind sie tolercmt bis zum Aeußersten, rn
Geldstück in Mannheim geblieben sein.
Mannheimer Festgäste kam auch nach Hei
natürlich auch auf den Schlotzberg. V
man beobachten, deren Körper auch nach
der Mehgcrmcister „abgezehrt" war. A
ging es lebhaft her. „Wenn rch wieder
ins Pfälzische Land mache, nehme ich mehr
einer der geistlichen Herren zu einer Postkc
ihm beim Cmkauf von Postkattcn noch ei
sichten von Heidelberg zum Preise von ni
bot. Dabei zergte cr anf scin Portcmon
sehr zusammcngcschmolzcn w'ar.

O

V. O

S- O

Die heutige Nummer umfccht drei VlättiD,

o

w

^her meist Unzusttedenheitsänßerungen an-
damit nicht der Schllutz gemacht werden. ES
1 noch Zufriedene.

einmal ctwas erlebt, das mir in-meincm
richt vorgekommen ist," erzählte kürzlich ein
ein Schwager in Bammcnthal, von dem
ufttedene Aeutzerrmg in Bezug auf seine
bau gehört habe, erklärte, er sei mit serncr
sehr zuftteden l" Das genügtl

ItLeine Zeitung.

I, 5. September. Der „Lothr. Bürger--
Isudde Leutuant Lambeck, der kürz-.

der Frau eines Hauptmanns von Metz
^ossen m einem französischen Bade-

6. September. Auf seiner Villa in
'hcnte Nachmittag Baron Simon
hmann, Mitinhaber des hiesigen
sider Bethmann, dem er seit dem 1.

Teilhaber angehörte.

-iember. Der Selbstmord eines Ma-
)guartierten Feld-Artillerie-Regiments
> t bestätigt.

en Selbstgcfühl ist zum Fortkommcn rn
als ein Zentner Wisscn und Können.

Heinrich Seidel.
ht Salz in des Nächsten Wunden strcucn.
mherzigen die Sonne aufgeht, so gicbt
ern paar Strahlcn. — Wcnn dcs Nach-
hebe es auf. Sprichwörter.
 
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