Montag, 25. Aiigiist 1902. Grstes Blatt. 44. Jahrgang. — .M197.
Grsckeint täalich Sonntags ausgenommcn. Preis mit Familienblättern monatlich 5<> Pfg. in's Haus gcbracht, bei der Expedition und den Zweigsiellen abgeholt 4V Pfg. Durch die Post be»
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschlietzlich Zustellgebühr.
Nnzeigcnpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- uud Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgefchriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82
>
>
Für den Monat
September
nehmen sämtliche Postanstalten und
Postbotcn Bestellungen auf die
„Heidelberger Zeituvg" schon
jctzt cntgcgen. Die „Heidelberger
Zeitung" kostet, durch die Post be-
zogen, nur
4? Ltennig pro Monal.
>
>
Die Stichwaht in Korchheim-Kutmbach.
Außerordeutliche Anstrengungcn sind von den bcidcn in
die Ltichwahl gelangten Parteien gemacht worden, nm den
Sieg zu erringen. Das Zentruui wollte den Kreis nnter
allen Unistniiden behaupten, die Nationallibernlen
festen alles daran, ihn dem Zentruin abzunehinen
und dieseS ist allem Anschein nach gelungen.
Die Agitation von klerikaler Seite wurde bis znr letzten
Stnnde in maßloser und eincr bisher in dem WahlkrciS
noch nicht dagewesenen Weise ansgeübt, die selbst die wildeste
sozialdemokratische Wühlerei in den Schatten stellte. Ein
Beweis dafür ist unter anderem die Tatsachc, daß selbst in
dem Knlmbacher Bezirk mit vorwiegend protestantischer Be-
völkerung die Stimmenmehrheit für den Zentrumskandidaten
war. So wurden nach der „Allg. Ztg." in Pretzfeld, der
sreisinnigen Heimat und dem früheren Wahlbezirk des Land-
tagsabgeordneten Kleophas Schniid, bei der Wahl am
13. Angust für Faber 3, sür Zöllner 41 Stimmen, dies-
mal für Faber 8, für Zölluer 122 Stimmen abgegeben.
Tem gegenüber beweisen jedoch, wie schon angedeutet, andere
Resnltate, daß auch die vereinigten liberalen Wähler ihrer
Pflicht vollauf nachgekommen sind. So erhielt Faber bei
der Hauptwahl in Thurnau bci Knlmbach 153, bei der
Stichwahl 241 Stimmen, in Kascndors bei der Haupt-
wahl 16, bei der Stichwahl 92, in Heubach
bei dcr Hauptwahl 1, bei der Stichwahl 25, in
Trebgast bei der Hauptwahl 46, bei der Stichwahl, 118,
in Forstklam bei der Hanptwahl 13, bei der Stichwahl
124, in Kreußen bei der Hauptwahl 53, bei der Stichwahl
120, in Muckendorf bei der Hauptwahl 100, bei der Stich-
wahl 196, in Pegnitz bei der Hanptwahl 176, bei der
Stichwahl 291 , in der Stadt Forchheim bei dcr Hanpt-
wahl 289, bei der Stichwahl 450, in der Stadt Külm-
bach bei der Hanptwahl 685, bci der Stichwahl 1482
Stimmen.
Mit fieberhaster Spannnng wurde der Einlauf der
Wahlresultate erwartet. Zu'erst hattc der nationalliberale
Kandidat einen bedeutenden Vorsprnng, weil die Resnltate
aus den Städten am frühesten bekannt zu werden pflegcn
nnd er dort seine Hanptstütze hatte. Dann rückten aber
die Berichte aus dcn Landorten nach nnd damit hob sich
die Ziffcr dcs Zentriimskandidaten. Einmal war er ihm
ganz nahe, dann wnrde der Unterschied wieder größer. Die
letzte Nachricht lantet wie folgt:
Nürnberg, 23. Aug. Bei der Rcichstagswahl im
Wahlkreise Forchheim-Knlmbach wurdcn bis 10 Uhr abends
gezählt sür Faber (natl.) 9298, sür Zöllncr (Zentrum)
8159 Stimmen. Sieben Orte niit etwa 800 Wahlbercch-
tigten stehen noch aus.
Sonach darf man, ohne voreilig zn sein, sagen, daß
die N atio n a l li b era l en dem Zeiitrum diesen
Reichstagswahlkreisabgenommenhaben. Möge
dieser Sieg von Vorbedeutung für die Znkunst sein!
Bei der ersten Wahl hatte erhalten Z öl lner (Zentr.)
6099, Faber (natl.) 3946, Weilebrök (Bnnd der Land-
wirte) 3520, Deinhardt (Soz.) 1766, Wölfel (Bayr. B.)
306 Stimmcii. Man sollte meinen, daß der Bnnd
der Landwirte bei der Stichwahl sür den Nationalliberalcn
gestimmt hat. Nach der „Allg. Ztg." wäre dies jedoch
nicht der Fall, vielmehr hätte die Mehrheit des Bnndes
für das Zentrum gestimmt. Die Sozialdemokraten haben
sich der Abstimniung enthalten, sodaß der nationalliberale
Sieg den liberalcn Reserven zu verdanken ist.
Deutsches Reich.
— Nach dcr „Staatsbürger-Zeituiig" ist Ah l-
w a r d von den Antisemiten des Neustctti-
ii e r Kreises einstimiiiig als Reichstagskandidat aufge-
stellt worden.
— Die „Post" erhält von Geheimrat L ö h n i n g
eine Znschrift, daß er von dem Berichterstatter des „Ber-
liner Lokalanzeigers" einfach iiberfalleri worden ist uiid
dem betrefsenden Herrn gesagt habe, daß er es ablehnen
müsse, überhanpt mit der Presse in Verbindung zn !
treten. Er habe ihn nur auf sein vor Wochen bekannt i
gewordenes Exposee verwiesen: seine von dem Blatt
wiedergegebenen Aeußernngen seien teils ersunden, teils
niißverständlich und irrig erzählt. (Siehe dagegen Neuestes.)
Homburg, 23. Angust. Der Kaiser enrpfing
gestcrn Nachmittag den Oberbürgermeister Ritter von
Marx, den Kurdirektor Freiherr von ONaltzahn nnd Ban-
rat Iaeobi. Später nnternahmen die INajestäten einen
Ausflug nach Dreiinühlborn. Hente Morgen iinter-
nahm der Kaiser einen Ausritt nnd hatte dann im Kur-
Park eine Besprechung mit dem Oberbürgermeister Ritter
von Marx, dem Knrdirektor Freiherrn oon Maltzahn,
dem Bildhauer Professor Gerth und Baurath Jacobi.
Später hörte der Kaiser den Vortrag des Chefs des
Militärkabinets, General Grafen Hülsen-Häseler. — Jn
einer außerordentlichen Sitzung beschlossen heute Vor-
mittag der Magistrat nnd die Sadtvcrordneten der Stadt
Hombnrg, eine Adre s s e an Seine Majestät den K a i-
s e r zn senden, in welcher es heißt: „Ew. Majestät bitten
wir auf Beschluß der städtischen Körperschaften ^vom !
hentigen Tage unterthänigst sür den der getreuen Stadt !
Hoinbnrg erneut bekundeten huldvollen Gnadenbeweis !
nnseren ehrfurchtsvollen Dank gnädig eiitgegenzunehmen. '
Ew. Majestät hochherziger Pietätvoller Entschluß, dem
erlanchten ruhmreichen Geschlecht der Landesgrafen von
Hessen in Homburg ein Denkmal zu errichten, hat dis
Herzen der Bürgerschaft ans das sreudigste bewegt."
H o m burg , 23. Augnst. Der Kaiser, die Kaiserin,
der Kronprinz, Prinz Joachim und Prinzessin Viktoria
Lonise sind uni 7 llhr 30 Minuten mit Sonderzng von
hier abgc r e i st.
Baden.
L.O. Karlsruhe, 24. Aug. Die „Bad. Corresp."
schreibt: Wir haben schon berichtet, daß zu den wichtigsten
Versammlungen des Katholikentags, in denen die
inneren Angelegcnheiten des Zentrums besprochen werdcn,
nur die Berichterstatter der Zentrumspresse zngelassen stnd.
Die liberalen Journalisten haben lediglich zu den öffent-
lichm Vcrsammlungen, den politisch gänzlich bedeutungs-
losen Paradeschaustücken Zutritt. Ja, der Oberzensor der
Preßkommtssion, Redakleur Feige vom Mannheimer Volks-
blatt, hat sogar cinzelne, ihm anscheinend besonders
mißliebige Organc einfach ausgeschlossen, indem er z. B.
der „Bad. Correspondenz" trotz wiederholten Ansuchens keine
Zutrittskarte übermittelte, ja nicht einmal zwei höfliche
Anfragen einer Antwort würdigte. Diese Taktlosigkeit
richtet sich von selbst und wir hätten uns auch gar nicht
weiter darüber aufgehalten, wenn nicht eben dieser Herr
Feige in seinem „Festgruß an die kathol. Männer
Deutschlands" damit renommierte, daß diepolitischen Gegner
auf den Katholikenversammlungen nie etwas Tadelnswertes
zu hören bckommcn. Wozu dann die geheimen Konventikel
und die Scheu vor der gegnerischen Presse?
— Die Professoren - Adresse gegen die M änuer-
klöster ist dem „Beob." so unaugenehm, daß er au der
Vollwertigkeit der Ilnterzeichner als badische Bürger heruin-
mäkelt. Er hat herausgefunden, daß von den 124 nur
verhältnismäßig wenige in Baden geboren sind und da
möchtc er sie als nicht recht legitimiert sür eine solche
Adresse hiiistellen. Schließlich muß er aber sclbst zugeben:
„Natürlich sind sie nunmehr in den badischen Staatsver-
band aiifgeiiommen nnd haben daniit selbstverständlich die
Rechte badischer Staatsbürger, die ihnen auch iingeschmälert
zum Gebrauche zustehen sollen". Nnn also! Wer das
zugiebt, der schlägt sich selbst auf den Mnnd, wenn er
hinterher doch noch versncht die Rechte dicscr badischen
Staatsbürger zu bekritteln. Für solche Engherzigkeit und Klein-
lichkeit ist in Baden tein Platz. Die katholische Theologie-
prosessoren in Freiburg werden von den Anslassungen des
„Beob." nicht sehr erbaut sein, denn auch unter ihnen
sind solche, deren Wiege nicht in Baden stand. Was der
„Beob." da im Allgemeinen von den Professoren sagt,
würde anch sie treffcn.
Elsaß-Lothringcn.
Straßbiirg, 23. Augiist. Die klerikaten Reichs-
tagsabgeordneten Delsor-Ersteiii, Haiiß-Straßburg-Land,
Küchly-Saarburg, Merot-Bolchen-Diedenhofeu, Pierson-
Metz, Röllinger-Gebweiler, Dr. Vonderscheer-Schlett-
stadt veröffentlichen in klerikalen Blättern folgende
Erklär u n g: Die nnterzeichneten katholischen Äbge-
ordneten der elsaß-lothringischen GruPPe im Reichstag
legen energisch Verwahrnng ein gegen die Vernnglimpf-
Die Wädchen aus den Kariöischen Inseln.
L o n d o n, 20. August.
In der „Newyorker Tribüne" schildert jemand die
Kreolinncn und Mnlattirmen der Karibischen Jnseln als
die anmiitigsten, graziösesten Franen der Welt. Dabei
ahmen diese Frauen dem stärkeren Geschlecht jener Zo-
nen keineswegs in der von diesen Herren der Schöpfung
kultivierten Fauiheit nach, sondern sie verrichten die
schwerste Arbeit, tragen Lasten, besorgen die Feldarbeit,
arbeiten in den Zuckermühten sowie im Hanse, widmen
sich ihren meist sehr zahtreichen Familien nnd sind dabei
doch ebenso znfrieden und gnter Dinge, wie ihre Schwe-
stern in anderen Ländern, die 'bei allem Luxus unö aller
Begnemlichkeit des Lebens doch nicht zur Zufriedenheit
gelangen. Zu ihren Pftichten gehört es unter anderem.
die Mitilärstraßen und die Straßen in den Städten in
Ordnung zu halten nnd auszubessern. SNan kann sie
an der 22 Meiken langen Regierimgsstratze von Kngs-
town nach Georgetown überall damit beschäftigt sehen,
Derliefungen auszufüllen, die Straße zn ebnen nnd von
Ftuten beschädigte Brücken ansznbessern. Gewöhntich
arbeiten sie gemeinsam mit Männern, das heißt die
Männer spielen sich als die Aufseher auf, statt bei der
Arbeit mit Hand anznlegen. Auf den Feldern bcsorgen
die Männer das Pslügen, die Franen das Säen nnd
Hacken. Bei der Ernte des Zuckerrohrs verdienen die
Francn sür nnunterbrochene Ar'beit von sonnenaufgang
bis Sonnenuntergang 30 bis 60 Psennige, mehr nur
in Ansnahmefällen. Am Lamstagc, dem dNarkttage,
ziehen diese Frauen zn Fuß von St. Vineent aus in ihrem
besien Ltaat nach Kingstown oder Georgetown. Jhre
Gatten begteiten sie, aber die Lasten werden von den
Frauen getragen, während der Herr Gemahl vergnügt
sein Bambusrohv' schwingt. Tsie iFrauen jin lhrcn
tadellos weißen Gewändern, die aufgeschürzt bis zum
Knie reichen, während lästtgcs Schuhwerk die Füße nicht
einzwängt, ersreuen, wie sie so schnell — ohne doch
scheinbar in Eile zn sein — dahinwandern, durch ihre
natürliche Grazie jedes künstlerische Ange. Mit dem
Maultier hält die Fran «schritt, ohne zu ermüden nnd
vergnügt ptaudert sie mit den anderen znm Markte Zieh-
enden. Dic alten Frauen sind meist eifrige Händlerin-
nen. Jhre kleinen Kramläden auf den Straßen sind sür
westindisches Jnselleben charakteristisch. Sie belagern
in ihren Booten die Schiffe und die Reisenden sogar in
den Hotets, indeni sie meist tropische Früchte nnd Kurio-
sitäten feilbieten. Fast alle Mädchen 'besitzen eine gute,
wenn anch knabenhafte, so doch zarte und wohllautende
Stimme, die sich besonders znm Vortrag von Chorälen
vortrefflich eignet.
Kleine Zeitung.
— Der Roland von Berlin. Nicht nur einen im-
posanten, sondern zugleich auch bedeutungsvollen Abschluß
der Denkmäler in der Sicgesallee in Berlin wird fortan
der nach jahrhundertlanger Vergessenheit wieder auferstandene
Roland von Berlin bilden, dessen Hülle in den nächsten
Tagen fallen wird.
— Potsdam, 23. Aug. Heute Vormsttag wurde die
verwitwete Frau Ju stizrat Anna Jßmer in ihrer hiesigen
Villa ermordet au fgefunden. Es wird angenommen,
daß ein Raubmord vorliegl, der bereilS am Donnerstag
verübt ist. Der Polizeipräsident von Potsdam setzte eine
Belohnung von 500 Mark für die Ermittelung des
Mörders der Frau Justizrat Jßmer aus. (Ueber die Ver-
haftung des mutmaßlichen Mörders siehe Neuestes.)
— Lienz, 23. Aug. Auf dem Großglockner sind
gestern drei Touristen verunglückt. Nähere Nachrichten
fehlen noch.
— Bern, 23. August. tleber die Kata st r ophe
am W e t t e r h o r ii wird fotgendes Nähere berichtet:
Zwei Eispickel sand man anf der Wetterhornspitze in den
Schnee eingesteckt, einer war vom Btitze hatb verbrannt.
Die Leichen von Fearson und Branwand waren vom
Btitz geschwärzt, der Schädel von Brawand eingeschtagen,
sein Picket war vom Btitz angeschmolzen, der Schaft halb
gespatten. Das llngtück ereignete sich während eines
starken Gewitters am Bkittwoch Vvrmittag. 9Nan gtanbt,
dcr Brnder Fearsons sowie der Führer Bohren seien
über die himmelhohe lltordwand hiiiausgeschtendert wor-
den; man hofft, diese zwei Leichen am Fuße der Fetsen
sin Lawinenschnee zii finden. Hente wird nach ihnen
gesorscht. Brawand und Bohren hinterlassen Frauen
nnd Kinder. Brawand war Genieindekassierer in
Grindetwatd. Jm Hotel Schoenegg weilen seit einiger
Zeit Vater, Mntter, drei Brüder nnd zwei Schwestern
der Dernngtückten zwei Brüder Fearson.
— Fivuini» (Wallis), 23. August. Der Konservator
des archäotogischen dNrisenms in Genf, Emil Duna n t,
der den 37Ö0 Metcr hohen Mont Pleureux altein be-
stiegen hat, ist abgestürzt.
— Um Präsidcnt.Krügcrs Lebenscrinncriingcn, dis
Grsckeint täalich Sonntags ausgenommcn. Preis mit Familienblättern monatlich 5<> Pfg. in's Haus gcbracht, bei der Expedition und den Zweigsiellen abgeholt 4V Pfg. Durch die Post be»
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschlietzlich Zustellgebühr.
Nnzeigcnpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- uud Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgefchriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82
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Für den Monat
September
nehmen sämtliche Postanstalten und
Postbotcn Bestellungen auf die
„Heidelberger Zeituvg" schon
jctzt cntgcgen. Die „Heidelberger
Zeitung" kostet, durch die Post be-
zogen, nur
4? Ltennig pro Monal.
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Die Stichwaht in Korchheim-Kutmbach.
Außerordeutliche Anstrengungcn sind von den bcidcn in
die Ltichwahl gelangten Parteien gemacht worden, nm den
Sieg zu erringen. Das Zentruui wollte den Kreis nnter
allen Unistniiden behaupten, die Nationallibernlen
festen alles daran, ihn dem Zentruin abzunehinen
und dieseS ist allem Anschein nach gelungen.
Die Agitation von klerikaler Seite wurde bis znr letzten
Stnnde in maßloser und eincr bisher in dem WahlkrciS
noch nicht dagewesenen Weise ansgeübt, die selbst die wildeste
sozialdemokratische Wühlerei in den Schatten stellte. Ein
Beweis dafür ist unter anderem die Tatsachc, daß selbst in
dem Knlmbacher Bezirk mit vorwiegend protestantischer Be-
völkerung die Stimmenmehrheit für den Zentrumskandidaten
war. So wurden nach der „Allg. Ztg." in Pretzfeld, der
sreisinnigen Heimat und dem früheren Wahlbezirk des Land-
tagsabgeordneten Kleophas Schniid, bei der Wahl am
13. Angust für Faber 3, sür Zöllner 41 Stimmen, dies-
mal für Faber 8, für Zölluer 122 Stimmen abgegeben.
Tem gegenüber beweisen jedoch, wie schon angedeutet, andere
Resnltate, daß auch die vereinigten liberalen Wähler ihrer
Pflicht vollauf nachgekommen sind. So erhielt Faber bei
der Hauptwahl in Thurnau bci Knlmbach 153, bei der
Stichwahl 241 Stimmen, in Kascndors bei der Haupt-
wahl 16, bei der Stichwahl 92, in Heubach
bei dcr Hauptwahl 1, bei der Stichwahl 25, in
Trebgast bei der Hauptwahl 46, bei der Stichwahl, 118,
in Forstklam bei der Hanptwahl 13, bei der Stichwahl
124, in Kreußen bei der Hauptwahl 53, bei der Stichwahl
120, in Muckendorf bei der Hauptwahl 100, bei der Stich-
wahl 196, in Pegnitz bei der Hanptwahl 176, bei der
Stichwahl 291 , in der Stadt Forchheim bei dcr Hanpt-
wahl 289, bei der Stichwahl 450, in der Stadt Külm-
bach bei der Hanptwahl 685, bci der Stichwahl 1482
Stimmen.
Mit fieberhaster Spannnng wurde der Einlauf der
Wahlresultate erwartet. Zu'erst hattc der nationalliberale
Kandidat einen bedeutenden Vorsprnng, weil die Resnltate
aus den Städten am frühesten bekannt zu werden pflegcn
nnd er dort seine Hanptstütze hatte. Dann rückten aber
die Berichte aus dcn Landorten nach nnd damit hob sich
die Ziffcr dcs Zentriimskandidaten. Einmal war er ihm
ganz nahe, dann wnrde der Unterschied wieder größer. Die
letzte Nachricht lantet wie folgt:
Nürnberg, 23. Aug. Bei der Rcichstagswahl im
Wahlkreise Forchheim-Knlmbach wurdcn bis 10 Uhr abends
gezählt sür Faber (natl.) 9298, sür Zöllncr (Zentrum)
8159 Stimmen. Sieben Orte niit etwa 800 Wahlbercch-
tigten stehen noch aus.
Sonach darf man, ohne voreilig zn sein, sagen, daß
die N atio n a l li b era l en dem Zeiitrum diesen
Reichstagswahlkreisabgenommenhaben. Möge
dieser Sieg von Vorbedeutung für die Znkunst sein!
Bei der ersten Wahl hatte erhalten Z öl lner (Zentr.)
6099, Faber (natl.) 3946, Weilebrök (Bnnd der Land-
wirte) 3520, Deinhardt (Soz.) 1766, Wölfel (Bayr. B.)
306 Stimmcii. Man sollte meinen, daß der Bnnd
der Landwirte bei der Stichwahl sür den Nationalliberalcn
gestimmt hat. Nach der „Allg. Ztg." wäre dies jedoch
nicht der Fall, vielmehr hätte die Mehrheit des Bnndes
für das Zentrum gestimmt. Die Sozialdemokraten haben
sich der Abstimniung enthalten, sodaß der nationalliberale
Sieg den liberalcn Reserven zu verdanken ist.
Deutsches Reich.
— Nach dcr „Staatsbürger-Zeituiig" ist Ah l-
w a r d von den Antisemiten des Neustctti-
ii e r Kreises einstimiiiig als Reichstagskandidat aufge-
stellt worden.
— Die „Post" erhält von Geheimrat L ö h n i n g
eine Znschrift, daß er von dem Berichterstatter des „Ber-
liner Lokalanzeigers" einfach iiberfalleri worden ist uiid
dem betrefsenden Herrn gesagt habe, daß er es ablehnen
müsse, überhanpt mit der Presse in Verbindung zn !
treten. Er habe ihn nur auf sein vor Wochen bekannt i
gewordenes Exposee verwiesen: seine von dem Blatt
wiedergegebenen Aeußernngen seien teils ersunden, teils
niißverständlich und irrig erzählt. (Siehe dagegen Neuestes.)
Homburg, 23. Angust. Der Kaiser enrpfing
gestcrn Nachmittag den Oberbürgermeister Ritter von
Marx, den Kurdirektor Freiherr von ONaltzahn nnd Ban-
rat Iaeobi. Später nnternahmen die INajestäten einen
Ausflug nach Dreiinühlborn. Hente Morgen iinter-
nahm der Kaiser einen Ausritt nnd hatte dann im Kur-
Park eine Besprechung mit dem Oberbürgermeister Ritter
von Marx, dem Knrdirektor Freiherrn oon Maltzahn,
dem Bildhauer Professor Gerth und Baurath Jacobi.
Später hörte der Kaiser den Vortrag des Chefs des
Militärkabinets, General Grafen Hülsen-Häseler. — Jn
einer außerordentlichen Sitzung beschlossen heute Vor-
mittag der Magistrat nnd die Sadtvcrordneten der Stadt
Hombnrg, eine Adre s s e an Seine Majestät den K a i-
s e r zn senden, in welcher es heißt: „Ew. Majestät bitten
wir auf Beschluß der städtischen Körperschaften ^vom !
hentigen Tage unterthänigst sür den der getreuen Stadt !
Hoinbnrg erneut bekundeten huldvollen Gnadenbeweis !
nnseren ehrfurchtsvollen Dank gnädig eiitgegenzunehmen. '
Ew. Majestät hochherziger Pietätvoller Entschluß, dem
erlanchten ruhmreichen Geschlecht der Landesgrafen von
Hessen in Homburg ein Denkmal zu errichten, hat dis
Herzen der Bürgerschaft ans das sreudigste bewegt."
H o m burg , 23. Augnst. Der Kaiser, die Kaiserin,
der Kronprinz, Prinz Joachim und Prinzessin Viktoria
Lonise sind uni 7 llhr 30 Minuten mit Sonderzng von
hier abgc r e i st.
Baden.
L.O. Karlsruhe, 24. Aug. Die „Bad. Corresp."
schreibt: Wir haben schon berichtet, daß zu den wichtigsten
Versammlungen des Katholikentags, in denen die
inneren Angelegcnheiten des Zentrums besprochen werdcn,
nur die Berichterstatter der Zentrumspresse zngelassen stnd.
Die liberalen Journalisten haben lediglich zu den öffent-
lichm Vcrsammlungen, den politisch gänzlich bedeutungs-
losen Paradeschaustücken Zutritt. Ja, der Oberzensor der
Preßkommtssion, Redakleur Feige vom Mannheimer Volks-
blatt, hat sogar cinzelne, ihm anscheinend besonders
mißliebige Organc einfach ausgeschlossen, indem er z. B.
der „Bad. Correspondenz" trotz wiederholten Ansuchens keine
Zutrittskarte übermittelte, ja nicht einmal zwei höfliche
Anfragen einer Antwort würdigte. Diese Taktlosigkeit
richtet sich von selbst und wir hätten uns auch gar nicht
weiter darüber aufgehalten, wenn nicht eben dieser Herr
Feige in seinem „Festgruß an die kathol. Männer
Deutschlands" damit renommierte, daß diepolitischen Gegner
auf den Katholikenversammlungen nie etwas Tadelnswertes
zu hören bckommcn. Wozu dann die geheimen Konventikel
und die Scheu vor der gegnerischen Presse?
— Die Professoren - Adresse gegen die M änuer-
klöster ist dem „Beob." so unaugenehm, daß er au der
Vollwertigkeit der Ilnterzeichner als badische Bürger heruin-
mäkelt. Er hat herausgefunden, daß von den 124 nur
verhältnismäßig wenige in Baden geboren sind und da
möchtc er sie als nicht recht legitimiert sür eine solche
Adresse hiiistellen. Schließlich muß er aber sclbst zugeben:
„Natürlich sind sie nunmehr in den badischen Staatsver-
band aiifgeiiommen nnd haben daniit selbstverständlich die
Rechte badischer Staatsbürger, die ihnen auch iingeschmälert
zum Gebrauche zustehen sollen". Nnn also! Wer das
zugiebt, der schlägt sich selbst auf den Mnnd, wenn er
hinterher doch noch versncht die Rechte dicscr badischen
Staatsbürger zu bekritteln. Für solche Engherzigkeit und Klein-
lichkeit ist in Baden tein Platz. Die katholische Theologie-
prosessoren in Freiburg werden von den Anslassungen des
„Beob." nicht sehr erbaut sein, denn auch unter ihnen
sind solche, deren Wiege nicht in Baden stand. Was der
„Beob." da im Allgemeinen von den Professoren sagt,
würde anch sie treffcn.
Elsaß-Lothringcn.
Straßbiirg, 23. Augiist. Die klerikaten Reichs-
tagsabgeordneten Delsor-Ersteiii, Haiiß-Straßburg-Land,
Küchly-Saarburg, Merot-Bolchen-Diedenhofeu, Pierson-
Metz, Röllinger-Gebweiler, Dr. Vonderscheer-Schlett-
stadt veröffentlichen in klerikalen Blättern folgende
Erklär u n g: Die nnterzeichneten katholischen Äbge-
ordneten der elsaß-lothringischen GruPPe im Reichstag
legen energisch Verwahrnng ein gegen die Vernnglimpf-
Die Wädchen aus den Kariöischen Inseln.
L o n d o n, 20. August.
In der „Newyorker Tribüne" schildert jemand die
Kreolinncn und Mnlattirmen der Karibischen Jnseln als
die anmiitigsten, graziösesten Franen der Welt. Dabei
ahmen diese Frauen dem stärkeren Geschlecht jener Zo-
nen keineswegs in der von diesen Herren der Schöpfung
kultivierten Fauiheit nach, sondern sie verrichten die
schwerste Arbeit, tragen Lasten, besorgen die Feldarbeit,
arbeiten in den Zuckermühten sowie im Hanse, widmen
sich ihren meist sehr zahtreichen Familien nnd sind dabei
doch ebenso znfrieden und gnter Dinge, wie ihre Schwe-
stern in anderen Ländern, die 'bei allem Luxus unö aller
Begnemlichkeit des Lebens doch nicht zur Zufriedenheit
gelangen. Zu ihren Pftichten gehört es unter anderem.
die Mitilärstraßen und die Straßen in den Städten in
Ordnung zu halten nnd auszubessern. SNan kann sie
an der 22 Meiken langen Regierimgsstratze von Kngs-
town nach Georgetown überall damit beschäftigt sehen,
Derliefungen auszufüllen, die Straße zn ebnen nnd von
Ftuten beschädigte Brücken ansznbessern. Gewöhntich
arbeiten sie gemeinsam mit Männern, das heißt die
Männer spielen sich als die Aufseher auf, statt bei der
Arbeit mit Hand anznlegen. Auf den Feldern bcsorgen
die Männer das Pslügen, die Franen das Säen nnd
Hacken. Bei der Ernte des Zuckerrohrs verdienen die
Francn sür nnunterbrochene Ar'beit von sonnenaufgang
bis Sonnenuntergang 30 bis 60 Psennige, mehr nur
in Ansnahmefällen. Am Lamstagc, dem dNarkttage,
ziehen diese Frauen zn Fuß von St. Vineent aus in ihrem
besien Ltaat nach Kingstown oder Georgetown. Jhre
Gatten begteiten sie, aber die Lasten werden von den
Frauen getragen, während der Herr Gemahl vergnügt
sein Bambusrohv' schwingt. Tsie iFrauen jin lhrcn
tadellos weißen Gewändern, die aufgeschürzt bis zum
Knie reichen, während lästtgcs Schuhwerk die Füße nicht
einzwängt, ersreuen, wie sie so schnell — ohne doch
scheinbar in Eile zn sein — dahinwandern, durch ihre
natürliche Grazie jedes künstlerische Ange. Mit dem
Maultier hält die Fran «schritt, ohne zu ermüden nnd
vergnügt ptaudert sie mit den anderen znm Markte Zieh-
enden. Dic alten Frauen sind meist eifrige Händlerin-
nen. Jhre kleinen Kramläden auf den Straßen sind sür
westindisches Jnselleben charakteristisch. Sie belagern
in ihren Booten die Schiffe und die Reisenden sogar in
den Hotets, indeni sie meist tropische Früchte nnd Kurio-
sitäten feilbieten. Fast alle Mädchen 'besitzen eine gute,
wenn anch knabenhafte, so doch zarte und wohllautende
Stimme, die sich besonders znm Vortrag von Chorälen
vortrefflich eignet.
Kleine Zeitung.
— Der Roland von Berlin. Nicht nur einen im-
posanten, sondern zugleich auch bedeutungsvollen Abschluß
der Denkmäler in der Sicgesallee in Berlin wird fortan
der nach jahrhundertlanger Vergessenheit wieder auferstandene
Roland von Berlin bilden, dessen Hülle in den nächsten
Tagen fallen wird.
— Potsdam, 23. Aug. Heute Vormsttag wurde die
verwitwete Frau Ju stizrat Anna Jßmer in ihrer hiesigen
Villa ermordet au fgefunden. Es wird angenommen,
daß ein Raubmord vorliegl, der bereilS am Donnerstag
verübt ist. Der Polizeipräsident von Potsdam setzte eine
Belohnung von 500 Mark für die Ermittelung des
Mörders der Frau Justizrat Jßmer aus. (Ueber die Ver-
haftung des mutmaßlichen Mörders siehe Neuestes.)
— Lienz, 23. Aug. Auf dem Großglockner sind
gestern drei Touristen verunglückt. Nähere Nachrichten
fehlen noch.
— Bern, 23. August. tleber die Kata st r ophe
am W e t t e r h o r ii wird fotgendes Nähere berichtet:
Zwei Eispickel sand man anf der Wetterhornspitze in den
Schnee eingesteckt, einer war vom Btitze hatb verbrannt.
Die Leichen von Fearson und Branwand waren vom
Btitz geschwärzt, der Schädel von Brawand eingeschtagen,
sein Picket war vom Btitz angeschmolzen, der Schaft halb
gespatten. Das llngtück ereignete sich während eines
starken Gewitters am Bkittwoch Vvrmittag. 9Nan gtanbt,
dcr Brnder Fearsons sowie der Führer Bohren seien
über die himmelhohe lltordwand hiiiausgeschtendert wor-
den; man hofft, diese zwei Leichen am Fuße der Fetsen
sin Lawinenschnee zii finden. Hente wird nach ihnen
gesorscht. Brawand und Bohren hinterlassen Frauen
nnd Kinder. Brawand war Genieindekassierer in
Grindetwatd. Jm Hotel Schoenegg weilen seit einiger
Zeit Vater, Mntter, drei Brüder nnd zwei Schwestern
der Dernngtückten zwei Brüder Fearson.
— Fivuini» (Wallis), 23. August. Der Konservator
des archäotogischen dNrisenms in Genf, Emil Duna n t,
der den 37Ö0 Metcr hohen Mont Pleureux altein be-
stiegen hat, ist abgestürzt.
— Um Präsidcnt.Krügcrs Lebenscrinncriingcn, dis