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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 256-280 (01. November 1902 - 29. November 1902)
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Millwoch, 12. Novcmber M2._GrAes Blatt. 44. Jahigang. — .4L 265

Lrscheint täglich, Sonntags ausgenonnnen. PreiS mit Familienblättern monatlich SO Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweiganstalten abgeholr 40 Pfg. Durch

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an bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelb. Zeitung und den ftädt. Anschlqgstellen. Fernsprecher 82.

Sie ALschiedsfeier zn KHren des Krb-
großyerzogs von Muden.

.Ä a b l e n z, 10. November.

UnstwLui Äoricht iidcr öie ,steier trageii mir, nach üem
„Maimti. .i>ünrn." öen Wvrtlnnt der drei Reden nach,
die der Enbgiwß'herzog bei derselben gehalten hat.

Am Eingange der Aesthalle ivnrde der E r b g r o jz -
herzog van dein Oberpräsidenten tstasse nnd dem Lan-
deshauptniann Tr. Ulein empsangen. Beim Eintritt in
dcn Laal begriißte er eine Anzahl ihm persönlich bekann»
ter Herrcn. Alsdann begann das ricstmahl, zn dein das
PhiÜ).armonische Orchester die Mnsit stellte. Fn sinniger
Weise war alo erstes Stiick der Grotzherzog Friedrich von
Badl'irPkarsch von Friedmann gewählt. Tie erste Rede
hielt der E r b g r o s; h e r z o g. Ter Wortlant war
folgender:

„Hochgcehrt durch die Amvcseiiheil der crsrcu Vertrcicr der
fm«lichcu, tirchlichen, Selbstverwaltuiigs- und stüdrischen Be-
hördcn und von überaus zahlreichen Angchörigen aus allen
Äreiscn und Berufsständcu, ergrcife ich heute das Wort an
üerselbcn Stcllc, von dcr aus ich wiedcrholt den Vorzug hatte,
das Wohl Sciuer Majestät dcs Kaiscrs und Königs Uinen vor-
zufchlagcn, um Sie hcute uochmals um dasselbc zu bitten.
Seine.Majesrät dcr Kaiser hat im Laufc der letzten Monarc die
Rhcinprovinz durch wiederholtc Bcsuchc ausgezcichnct, sei es,
datz.cr au dcm Garnisonsjubiläum cincs rheiuischen Rcgiments
Icilnahm, sci cs, datz er bei studentischcn Jubiläen wcilte, sei
cs, dntz cr in die alte Kaiserstadi Aachen einzog, sci es, datz
er dic alten preutzischen Stammlande mn Niederrheiu mit sei-
nem Besuche beehrte odcr fich von dcm grotzartigen Anivachsen
uwd van dem Aufschwunge des Handels und dcr Jndustrie
längs 1>es Rheinstromes überzeugte. llnd schlictzlich hai Seine
Majcsiät dcm bcdentenden llnternehmcn dcr Düsseldorfer Aus-
stellung sein Hntercsse zugcwandt und hat auch auf dcm Rück-
wege, nachdem er schon an >Ort und Stelle Allerhöchst Seine
Anerkennung ausgcsprochen hatte, mir gegeniiber sich in den
Ansdrücken der lcbhaftestcn Be'wunderung übcr das schöne
Unternehmen geäutzert. Ein wcitcres Zeichen seines Ver-
rraucns hat cr gcgebcu dadurch, datz cr dcr Fricdrich Wilhelms-
llniversitär seincn zweiten Sohn zuführtc, nachdcm Seine
Kaiserlichc Hoheit dcr Kronprinz zu den akadcmischen Bürgern
dicfcr Hochschule gehörte. Dies allcs ruft lebhaft das Dank-
gcfuhl hcrvor, an dem auch ich lebhaften Antcil nehme. War
cs doch durch das Vertrauen dcs Kaiscrs mir vcrgönnt, hrer
an hcrvorragender Stellc dicser Provinz wirken zu dürfen,
und dieses Dankgefiihl löst sich ganz bcsonders hier in der
Rhcinprovinz, wo ich Baterlandslicbe und Königstrcuc schätzen
gclcrnt habc, in den Wunsch, dem wir Ausdruck geben, indem
ich Sic bitte, mit mir zu rufen: Seine Majestät Kaiser Wil-
helm der Zweite lebe hochl hochl hochl

Es solgte oine Ansprache des Oberpräsidenten Nasse,
worans Ler E r b g r o ß h e r z o g erwiderte:

„Eucr Exccllcnz dankc ich tiefbewcgt für die herzlichcn
Worle dcs Abschiedes, die Sie an mich zu richten dic Güte
haiten. Jch danke Jhnen, mcine Herren, für den warmen
Widcrhall, dcn diefe Worte bei Jhncn gefunden haben. Es
ist zu viel an Freundlichkeit, die mir zuteil wird. Jch finde
nicht den richtigen Ausdruck, um Jhnen zu danken. Wenn
ich zurückblickc, so dcnke ich daran, datz ich damals nicht als
Fremder zu Jhnen kam. Meine Mutter pflegte die Jugend-
erinncrungen an Jhre Stadt, die Bandc, welchc die hochselige
Majestät, die Kaiserin Augusta mit dcr Rheinprovinz verknüpf-
ten, führtcn mich bei Zhnen ein. Und nun kamcn glückliche
Und bcfricdigende Jahre crfrenlicher Thätigkeit. Und da habe
>ch auch in dicser Richtung Dank ailszusprechen für die Art
Und Wcisc, wie mir mcine Dhätigkeit crleichtert worden ist.
Zm Verlaufe dieser Zeit ist cs mir möglich gewordcn, durch

Stadtttzeater.

Heidelberg, 12. Novcinüer.
„Wilhelm Tell". Schauspiel bon Schiller.

Das Thcater war zum gröhten Teil mit unscrer Jugend
Nefüllt, dcr von Schnlwegen die Telldichtung als kostbarer
ihdelstein im Horte nnserer nationalcn Dichtung gepriesen
ipird. Werden die jungen Leute dann älter, und schlagen
sie die Revucn auf, aus dene» dic erwachsenen Angehörigen
shrc ästhetische Auregung schöpfen, so bcgegnen sie wohl Ur-
'eilen übcr Schiller, die fie stutzen machen. So hat vor kurzem
ndolf Bartels, der allzu geschäftigc Litteraturrichter des
>'Kimstwart", imternommen, folgendes Urteil über Schiller in
Re Welt zu setzen: „Unzweifelhaft, er lebt noch, obglcich er
iOnen Rang als Nationaldichter längst an Goethe hat abtreten
^iifsen, aber für die ästhetisch Gebildeten ist er jetzt durchaus
^>ie historische Persönlichkeit und zwar eine, an dessen Wescn
!'Nd Schaffcn man sich ni'cht mehr mit vollcm Behagen hingeben
^>iii, da gewisse Anforderungen, die mcm an die Poesie stellt
stelli-n muß, nicht erfüllt sind." (Seitc 478 sciucr „Ge-
'Aichte der dcutschen Litteratur", Band 1.) Jn diesem Geiste
Nst xs hei diesem Littcraturweisen noch cin paar Scitcn fort.
Ukr einen Genius, dcr hoch über dem Oualm dcr Städtc, hoch
U?r all nnserer Geschästigcit dahinschreitct, hohcn Mntes
<'nd ticfer Weisheit voll. die all unsre klcincn Nötc imd Be-
IsNkeu wohl kcnnt, wer diesen Gcnius nicht zu begreifcn ver-
"'ug, dxm ist eben nicht zu helfen.

Die Tbearcidirekiorcn kleinerer Bühnen schcinen mit diescn
^fnstcichtcrn an cmcm Strangc zu ziehcn. Wenn auch nicht
Ueiwillig. Bringcn sie Rmnal Schiller auf dic Bühne, einmal
Zahrc, so ofsenbarcn sich ineist allc Unziiläiiglichkciicn dcr

iiiir

Vcifiiabaren Kräfte in crschreckendcr Wcise.

-arstellimg

Was die gestrige Darstellung hicr mrbetrifft, so will ich
DMeigen, will anch kein Aufhebcns von dcr Parrici-aszene
^chen. datz aber die Szene in der hohlen Gasse durch Zu-

meincn Dicnst imd auch autzerhalb dcssclben Land uud Leute
temieu zu lcrnen, und mich zu freucn an der Pflege der Wissen-
schafleu, und bewundcrnd aufzuschauen zu dcm regcn Geiste,
dcr m Handel nnb Jndustrie herrschi, zu dem regcn Fleitze, dcr
im ganzcn Lande im Gewerbe herrscht und nicht zum minde-
stcu zu dcm frcien und fröhlichen Sinn, der nberall sich tünd-
thut, und der mich so angemutet hat. So habe ich dic Rhein-
landc kenucn gelernt und sie sind mir licb und ivert gcworden,
und ich kann sagen: Jch war hier glücklich gewesen, imd habe
mich bci Jhnen heimisch gefühlt. Um so schwcrer wird mir das
Losreitzen vou dicsen Verhülinisseii, imd wenn anch höhere
Aufgaben mich in meine Heimat zurückrufen, so dürfcn Sie
glanben, dah ich die Jahre, die ich hier Zngebracht habe,
in dankbarstem Andenken und glücklichster Erinncrung behal-
tcn werde. Weine Herren, alle srenndlichen und gnten Wünsche,
dic. ich hege, habc ich sür die Rheinprovinz. Gott segne und
schütze sie für alle Zukunft. Das ist mein iMiigstcr Herzens-
'wunschl Sic aber bitle ich, mit mir einzustinunen in dcn Ruf:
Die schöncn R'heinlandc, dic hcrrlichc R'heiuprovinz, sic lebcu
hochl hochl hochl

Die herzlichc Ausprache hinterlictz ciucn tiefcn Eiudruck
bci den Zuhürern.

Nach einiger Zeit ergrisf Bürgermeister O r t »t a n n
da§ Wort, nm der Erbgroßherzogin zn gedenkcn.

Sogleich erhob sich der Er'bgroßherzog zu solgcnder
Anbwort:

„Mein lieber Herr Bürgermeister Ortmanul Für die
freimdlichen Worte, mit denen Sie der Erbgrotzherzogin ge-
dacht haben, danke ich Jhnen herzlichst. Leider war sie nicht
in der Lage, mit nach Coblenz zu kommen, allein es wird mir
cine Frcude sein, ihr zu berichten, welche waimc Ausnahme
Jhre Worte hier gefimden haben. Sie hat mich beaustragt,
Jhncn ausznsprechen, wie dankbar sie der Zeit gedenkt, die
sic in Cobleuz verlebt hat, wie wohl sie sich hier gefühli hat,
imd wic glücklich sic war, so Herzerfrcuendes hier zu crleben
imd besonders, wie sie sich auf dem Gebiete dcs WohlthunS
i bcthätigen dnrfte. Sie konnte sich selbst übcrzeugen, in wekch
hohcr Stufc sich in dieser Provinz die Werke der Wohlthätigkeit
entfaltet habcn, und wie hier in unerreichtem Matze edle
Händc für dicsen Zweck offen sind, wenn es gilt, Grohcs und
! Schöncs zn erfüllcn. Jch bin heute hier als Gast dcr Sadt
Coblenz, imd es ist mir ein Bedürfnis und Vergnügcn, heute
noch einmal der Stadt Coblenz danken zu können. Jch möchte
Jhnen vorschlägen, auch ihrer zu gedenken. Fch selbst habe den
Wunsch, noch cinmal für alles zu danken, was ich mit meiner
Fran hier gcnosscn habe, solange wir in Coblenz waren. Wir
wcrden stcts gern diescr Jahre gedenken, und ich möchtc Jhncn
dio Vcrsicherinig gebcn, daß wir diese glücklichen Jahre stets in
dankbarer Crinnermig behalten werden. Jch bitte Sie, Jhr
Glas auf dic Siadt Eoblenz zn leeren. Sie lebe hoch! hoch!
hoch I"

Kin „Wund der dentschen Kröeilgevcc"

Fn dec letztm Zeit sind in der Tcigespresse Nachrichtm
darüber aufgetaucht, daß die Arbcitgeber Teutschkands
gesonnen seien, sich zu einem „Bnnd der Arbeitgeber" zu
organisieren. Die letzte Nnmmer der „Deutschen Arbeit-
geber-Zeitung" führt nnn an leitender Stelle aus, daß
ihre Gründnng tchatsächlich als erster Schritt znr Dnrch-
führung dieser Gesamtorganisation des dentschen Ilnter-
nehmertnms erfolgte. Berlin, Hambnrg und München
seien die Städte, deren zentralisierte Arbeitgeberorgani-
satiomm berufen seien, dem geptanten B n n d d c r
Arbeitgebe r als Grmtdlage zn dienen. Man gehe
hiebei bon dem Grundiatz aus, daß der geschlossenen
Arbeiterorganisation eine ebenfolchc der Arbeitgeber
gegenüber stehen müsse.

Ienlscher Weichslag.

Bcrlin, ll. Novcmbcr.

Zollvorlage.

Der Reichsrag bccudigic heute die Äbstimmuug ichcr Para-
graph ö des Zollrarifgcsetzes, der unveräuderl augcuo m-
m e n wird, und ging dauu zu Paragraph 0 über.

Dcr Paragraph, dcr dic Behandlung dcr weder im Tarif,
noch im Gcsctz crwähurcn Waren regclr, wurde rrach kurzcr
Dcbatre imveräudcrr, den Kommissionsbeschlüsscn eurfprechcn-
augcnommeu. Eiu dazu gestellrer Antrag Pachnicke
wurde mir 79 gcgeu 70 <2timmeu abgclehnt. Paragraph 7
wurdc unvcrändcrt a u g c n o m m e n. Ein vou der Kom-
mission cingeschaltetcr Paragraph 7a führt die Urspruugszeug-
iiisse an. Gegen diese Urspruugs'zeugmsse liegeu mehrere An-
rräge vor. Dirckror im Reichsamt des Jnnerir Wermuth
birtct iu der Debnttc, dcn Paragraphcn ganz zu strcichcn oder
wcuigsteus zu mildcrn. Er wibd aber schlietzlich unvcräiidcrt:
a n g e n o m m e n.

Ju dcr Dcbattc übcr Paragraph 8 veriagt sich das
Haus. Dic Liukc vcrlangt, datz morgen Schwerinstag sein
soll, Die Mehrheir abcr beschlictzt dic Fortsctzung dcr Zoll-
rarisberatung.

Es warcu hcutc 260 bis 260 Mitglicder rnr Hausc, der
Rcichstag also rccht gur bcschlutzfähig.

Baden.

80. Psorzhcim, 10. Novembcr. Dic Privarllage,
wclche Professor Böhtlingk gegen das „Städt. Tagblatt" ange--
srrengt hatre, eudigre mit eincm Vergleich, demzufolge dcr Be-
klagte folgeudc Erklärung abgab:

„Da ich mir habc zuschul'deu kommen lasscn, mciiic in dev
Rummer 170 des „Pforzh. Städt. Tagblatt" vom Freitag»
25. Juli 1902 gcgeuüber Hcrrn Professor Böhtlingk abgegcbcne
Ehrenerklärrmg, am folgenden Tage durch erneute Belcidigun-
geu gegen Prof. Böhtliugk hinfällig zu machen, bitte ich hier-
mit dcn Herrn Professor Böhtliugk wegen der ihm angcthanen
Beleidigrmgen wiedcrholt um Entschuldigung. Gleichzeitig er-
kläre ich, datz im Bericht des „Psorzh. Städt. Tagblatt" über
die am 21. Juli d. I. in Pforzheim abgehaltene Protestver-
sammlung gegen Zulassung von Männerklöstern aus Mihver-
ständnis Sätze als augebliche Aeutzerungen des Herrn Prof.
Böhtliugk übergegaugen sind, wie sie derselbe iu der Dhat in
seinem Referat uicht gcbraucht hat, was zur Folge gehäbt hat.
daß dieselben in ungczählte andere Blätter übergingen, wodurch
dcm Herrn Professor Böhtliugk allerhand llngelegenheiten be-
reitet worden sind."

Fritz Oppe, Redakteur des „Pforzh. Srädt. Tagbl."'

Wer mag den brntalen Artikel m den
„M ünchner Ne n esten Nachrichte n" gefchrie-
ben haben? so lautet die Frage in 'der gesamten badischen
Presse. Wie wir erfahren, ist der Autor in der Redaktion
der „Münchner Neuesten Nachrichten" setbst zn snchen.
Der Hcrr habe einige Zeit in Baden gelebt.

Bavcrn.

Würzb u r g , 9. November. In der gestern Nach-
mittag im saale des Platzschen Gartens hier abgehal«
tenen, stark besnchten Generalversammlung des bayeri«
schen Bauernbundes hielt, nach einem Bericht der „Köln.
Ztg." der Reichstagsabgeordnete Hahn, Direktor des
Landbundes, eine längere Rede, die nichts Neues bot.
Dann zog der Bauernführer und Redakteur Anton Mem«
minger die Person der deutschen Kaisersin der
taktlosesten Weise in der Debatte; der Mann verstieg sich
zu der schamlosen Behauptung, der deutsche Kaiser sei
der bestgehaßte M ann in Deutschland. „Die unsinnige
Chinapolitik, die Politik der Handelsverträge nnd die

smnmeutrcffcn verschicdcncr llmständc beinähc eincn schr lau-
ten Heiterkeitscrfolg gehabt hättc, das durste doch nichi kom-
mcu.

Am bestcu gefielci, mir die Darstcllungen des Attiiighauseii,
Stauffacher, dcs Melchthal imd des Tell. All dicsc Spielcr
wuhten dic Sprache richtig zu haridhaben und schufen lebens-
volle Gestalten. Hätte sich alles Uebrige auf diescr Höhe gc-
halten, so hätte man von einer würdigen Darstellrmg des
Dramas redcn können. Attinghausen war Herr F e l d n c r.
Besonders dic Sterbeszcnc gelang durch seine Mitwirkrmg
se'hr grrt. Auf dem Rütli hat durch lebhaftc -ciudringliche
Rede Stauffacher eine Hauptausgabe. Sie lag bei Herrn
Sigl. Er wußte die andereu mitzurcitzen, datz die ganze
Szcire die bestgelungcne des Abends wurdc. Herr Eckhof
(Melchthal) zeigte, daß ein rechter Schillerdarsteller in ihm
stcckt. Scin Spicl hatte einige Hiirtcu, gleichwohl bot cs des
Erfrculichcu soviel, datz man vom Gauzcn bcfricdigt sein
konnte. Hcrr H o l st e i n (Tell) war ein Held, heiter, harm-
los, sicher, seiner Selbst gewih; alles bowies, datz er die Ge-
stalt in sicheren Ziigen augelegt hattc; über manche Einzel-
herten der Auffassung kann mari anderer Meinuiig sein als der
Darstcller, im Ganzcn wurde man von seiner Art angcnchm
berührt. Mit der Darstellung bes Gehler war Herr Brandt
nicht sehr glücklich. Gcrtrud und Hedwig ivaren angcmesscn
besetzt durch die Damen Hohenau und V o g c l. Fräuleiii
Milde war ein frischer Walter Tell. k<- IV.

Kleine Zeitung.

— Gchciztc Ttrastcnbahnwagcn. Die Heizversnche,
welchfi die Große Berliner Straßenbahn mit Heizkörpern
der Deutschen Glühstoff-Gesellschaft in Dresden mis-
iührt hat, haben zu einem so befriedigenden Ergebnis ge-
führt, daß die genannte Heizungsart nunmehr zur cill-

gemeinen Einführung gekangen soll. Tie Einrichtungen
dazu sind ziemlich einfach; unter den Sitzbänken werden
lange eiserne Röhren angebracht, 'die zur Aufnahme der
Heizkörper in Form von Brikets dienen. Ein Wagen
mit 22 Sitzplätzen verbraucht bet sechzehnstündiger Fahrt
täglich elf Brikets im Gewicht von zwei Kilogramm;
dabei kostet ein Kilogramm 4st^ Pfennig.

— Die Titclwnt. In der „Kölnischen Bolkszeitung"
lesen wir: Vor längerer Zeit ging als eine gnte Illu-
stration zu der in Süddeutschland vielsach bedenklich gras-
sierenden Titelwut die Standesbezeichnung durch die
Blätter, mit der sich eine biedere Nürn'berger Schonheit
in einem Badeorte als „Ochsenmansalatsabrikantentoch-
ter" angab. Hente können wir einige hüdschc Gegenstucke
dazn in Titekn finden, die wir den standesamtlichen
Nachrichten in Nr. 235 nnd 238 des „Wurzburger Gene-
ralanzeigers" entnehinen. Wir sinden daselbst neben
einem „Maschinenhansgehilfenkind" und einem „Wagen-
aufschreiberskind" außer vielen anderen noch einen
„Grnndbuchanlegnngskommissar", eine „Agenturvor-
standswitwe" nnd einen „Bürgerspitalamtmann". Ganz
besonders imponiert uns a'ber eine „Wurstwarengeschäft-
inhabersfran" nnd schließlich ein „Wohlthätigkeitsadmi-
nistrationsdiener".

— Bostvn, 11. November. Blascagni ist auf Anord-
nung des Obergerichts nach Hinterlegung einer Bürg-
schaft von 4000 Dollars, dis er selbst beibrachte, M
Freiheit gesetzt worden. Sosort nach der Haftentlassmm
belangte Mascagni seinen Gescbästsführer gerichtlich anf
Zahlnng von 50 000 Tollars wegen seiner nnbegrnndetcrl
Verhaftnng.
 
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