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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 256-280 (01. November 1902 - 29. November 1902)
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Freitag, 7. November 1902. Gkftes Blatt. 44. Jahrgang. — M.

Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. Preis mit Familienblättern monatlich SO Pfg. in's Haus gebracht, bei 'der Expedition und den Zweiganstalten abgeholt 40 Pfg. Durch

die Post bczogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschlietzlich Zustellgebühr.

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an bestimmten Tagen wird keine Vcrantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelb. Zeitung und den städt. Anschl^gstellen. Fcrnsprecher 82.

ßHllMöerkain üver die Zukunft Südafrikas.

o n v o n, 6. Novembrr. Bei Berntnng drr Nor-
derung von acht BliUionon Pfnnb für Transvaal und die
Oranjekolonio im Untorbauv wnrde C h a m berl a i n,
als er das Wort nachui, iiin üie verfchiodenon Anfragen
zu beantworten, init anhaltendein Beifall begrüßt. Er
führle aus: Er frage, was durch eine derartige Befpre-
chung gewonnen werden folle. Er ivünsche ebenso wie
die Opposition, inöglichst ohne Voreingenoinineliheit, seine
Misfion anzntreten. Er gehe nach Südafrita rnit voller
Entschlossenheit, Alles zn hören, waS von einein einzel-
nen Vertreter oder einer Korperfchaft, die ein Recht be-
sitze, angehört zu werden, ihiu vorgetragen werde. Be-
züglich der Zurücksühruiig der auS Südafrika fortgeführ-
ten Gefangenen in das Vaterland beinerkte Chamberlain,
daß von 24 000 Gesangenen bereits 14 OOO znrückge-
bracht seien, weitere 7000 vor JahreSschlnß zurückgesührt
ivürden und der Rest in kürzester Zeit. Er gehe nach
Südasrika, nin sich selbst von der Lage des Landes zu
überzeugcn. Der Wert des GriindbesitzeS in Transvaal
und der Oranjekoloiiie sei seit dem Kriege gestiegen.
Wenn die bisher bewilligten ÄUttel nicht aiisreichten,
werde er nicht zögern, weitere Zwei Millionen für die
Loyalisten zu fordern. Die englische Regierung erklärt
sich bereit, üen Loyalisten in Natal Entschädigttiigen zn
gewähren nnd den loyalen llnterthanen der Kapkolonie,
die nnter dern ersten Einfall gelitten haben, Beihilfe zu
zahlen. Den Rebellen dagegen solle kein Pfennig Ent-
schädigung gewährt werden. (Beifall.) Chamberlain
schließt: Was wir unseren pjeinden gaben, gaben wir aus
Politik nnd Menschlichkeit. Es war eine gnte Politik,
daß diesen Leuten keiu Anlaß zur llnzufriedenheit ge-
geben werden follte, sie vielmehr in den Stand gesetzt
werden sollten, sich den srüheren Wohlstand wieder zu
erlangen. Bezüglich der Zukunft inuß man optimistisch
sein. Glauben wir an die Zukunft, sie wird den Er-
wartungen entsprechen. Die Ergebnisse der Maßnah-
men zur Wiedcrherstellung geordneter Zustände übertra-
fen meine lebhaftesten Erwartungen. Jch gehe nach Süd-
asrika mit dem ernsten Wunsche, alle Streitfragen zu
vergessen, mit dem einzigen Verlangen, das verwandte
Volk zu einer großen afrikanischen Nation unter
britischer Flagge zu vereinen. (Lauter Beifall.) C a m p-
Lell Bannerman spricht die Hoffnung aus,

Chamberlains Besuch in Südafrika möge von Er-
folg gekrönt sein. Bezüglich der von den Burengenera-
len ausgegebenen R e y u i s i t i o n s s ch e i n e meint
der Redner, sie würden von der Regierung anerkannt
werden. Cha m berl a i n erwidert, die vom Kriegs-
amt auSgestellten Requisitionsscheine würden voll bezahlt,
die von den Burengeneralen ausgestellten würden nicht
bezahlt, aber bei der Regelung der Forderungen als Be-
weis der Hilfsbedürftigkeit angefehen werden. Die ge-
forderten acht Millionen Pfund wurden schließlich vom
Haus e i n st i m mig b e w i I l i g t.

DeuLsKeH Reich.

— Ter deutsche Kaiser (sagt die Lonüoner
„Lt. Zames Gazette") ist gleich dem K ö u i g E d n a r d
ein großer Mnfiksreiind; aber der erstere zieht die leichtere
Acusik vor. Die letzten Wert'e des Bayreuther Alt-

meisters kann er nicht „verdauen", aber dariu unterschei-
det er sich von seinem köiüglichen Onkel, der ein großer
Verehrer des NibelungenringeS nnd geradezu ein sanati-
scher Liebhaber der „Meisterstnger" ist. Auch die Kö-
nigin Alerandra ist eine große Wagnerfreundin, und sie
schwärmt befonders für Wotans Abschied und den Feuer-
zanbcr der „Walküre".

tN. L. C. Die n a t i o n a I l i b e r a l e Frat'tion hat
an der Bahre Heinrich Rickerts eineu Kranz nieder-
legen lassen. __

Deulscher Weichstag.

Berlin, 6. Novembcr.

Weiter beratung des Zolltarifgesetzes bei
8 2, der von der Zollerhebnng nach dem Roh-, bezw.
Reingewicht handelt und von der Kommission unverändcrt
gelassen worden war. Nach der Vorlage sollcn bei Waren,
sür die dcr Zoll ll Nlk. für den Doppelzentner nicht über-
steigt, die Gewichtszölle nach dem Rohgewicht erhobcn wer-
den. Ein sozialistischer Antrag will statt 6 Bik. sctzen
10 Mk. nnd sür Doppelzentner 1000 Kilogramm.
Autzerdem stellen die Sozialdemokraten andere Anträge, die
sich ans einzelne Bestimmungen des Paragraphen beziehen.

?lbg. M o l k c n b u h r (Soz.) begründet eincn vou lhm
eiugcbrachten Antrag, in dcm Paragraphen überhaupt statt
Rohgewicht, Reingewicht zu setzen und die Disferenzierimg in
den Bcstimmungcn des Paragraph 2 ganz sallen zu lassen.

Uuterstaatss-ekretär v. Fischer und Abg. Dr. Spahn
(Zentr.) sprechen für dic Vorlage. Jn de» meisten Fällen ge-
nügten ihre Bestimmimgen.

Abg. Basserma n n (Natlib.) erklärt sich mit dem Teile
des sozialdemotratischen Antrages, datz dem Reichstage üie
Bestimmungeu des Bundesrates vorzulegen sind, eiiwerstan-
den.

Nach weitereu Bemerkungen der Abgeordncten Stolle
(Soz. j uud Broemel (Freis. Bg.) ziehr Abg. Singer den
sozialdemokratischen Ilntrag zu Gunsten des Zlntrags Broemel
zurück.

Abg. Dr. Spahu (Zentr.): Die Aunahmc des Antragcs
Broenicl heihe die Jnteressenten geradezu zu Beschwerdcn pro-
vozicren.

Abg. G o t h c i u (Freis. Vg.) hcbt hervor, daß die neue
Zolltarifvorlage böllig neue Verhältnisse schaffc, datz alfo die
bisherige Praxis nicht in Frage kommc.

Der Sliitrag Molkenbuhr wird abgclehnt. Der sozlaldemo-
kratische Antrag auf Slreichimg der in dem Paragraph 2 vor-
geschlagenen Buiidesratsbefugnis brzüglich der Hinzurechnung
des Gewichts der Umschlietzuug wird mit 177 gegen 62 Stim-
men abgelehnt. Auch über den Slntrag Broemel ivird nnment-
lich abgestimmt; er wird mit 132 gegen 114 Stimmen abge-
lehnt.

Der ganze Paragraph 2 Ivird gemäh dcm Kommissionsbe-
schlntz unverändert angenommen.

Der von der Kommission unverändeit gclasscne Paragraph
I des Zolltarifgcsetzes betrifft Zollalbfertigung der Wm:en, de-
ren Zollüntersuchung mit bosonderer Schwierigkeit verbunden
ist. Nach Ablehmmg cines ?lntrages des Abg. Gothein, wonach
die Bimdesrats'bestimmimgen der Zustimmung des Rcichstags ß
bcdürsen, wird der Ilntrag angenommen.

Paragraph 4 Lefreit von der Verzollung postalisch ein-
gehender Warensendimg bis 280 Gramm, fowie die der Ge-
wichtsverzollimg nnterliegenden Waren in Mengen unter 60
Gramm. Zollbeträge unter 6 Pfcnnig sollen nberhanpt nicht
erho'ben iverden. Der Bundesrat soll befugt sein, in vorgedach-
tcn Beziehungen Beschrüichungen anzuordneu.

Die Sozialdemokraten beantragen, statt 6 Pfcnnig zu setzen
20 Pfennig, und in erster Linie die Bun'desrat'sbefugnis zu

streichen, eventuell sie von der Zustimmuug des Reichstags
l abhängig zu macheu.

Abg. Fischcr (Soz.) begründet die sozialdcmokratischen
Anträge.

Hicrauf bemitrageu die Tlbgeordneteu Gamp (Reichsp.)«
Rettich (kons.) und Dr.»spahn (Zentr.) Schlutz dev
D e b a t t c.

Der S ch t u tz a n t r a g ivird in der vom Abg. Müllcr-
Meiningen (Fr. Vp.) beantragtcn namentlichen Ilbstimmung
mit 169 gegen 71 Stimmen bei 2 Enthaltungen a n g e-
n o m m e n.

Sodcmn wird der sozialüemokratische Ilntrag, statt 5
20 Pfennig zu setzeu, iu cinfacher l'lbstimmung abgelehnt. lleber
den Nntrag auf Streichimg der Bundesratsbefugnisse wird
namentlich abgestimmt.

Dcr Nntrag wird mit 169 gegen 83 Stimmen abgelehnt.

Paragraph 4 wird iu Kommissionsfassung unvcrändert an-
genommen.

Zu Paragraph 8, der in 14 Nummern die Gegenständc auf-
zählt, die zollfrci bleiben, liegt eine Reihe sozialdcnwkratifcher
llnteranträge vor.

Abg. Singer (Soz,) teilt mit, datz weitere sozialdcmo-
^ kratische Anträge sich im Druck befinden und wünfcht gesonderts
: Beratuug der cinzelnen Nummern.

Präsidcnt Graf B a l l e st r e m schlägt vor, den ganzen
! Paragraph 6 zusammcn zu erörtern.

Abg. Singer (Soz.) begründet den Ilntrag auf gesmr-
i derte Beratuug der Nummcrn, zu deneu Anträge vorliegen.

Nach lebhafker Debatte wird der Antrag Singer auf ge-
svnderte Beratung iu uamentlichrr Abstimmung mit 176 gegen
69 Stimmeu bci einer Siimmenthaltimg abgelehnt.

^ Morgen 12 Uhr Werterberatimg.

Batzern.

München, 6. Nov. Al8 Ergebnis der Besprechnngen
zwischen dem preußischen Verkehrsminister Budde
und dem bayerischen Ministerpräsidenten stcllt
die „Allg. Ztg." die erneute Bestätigung der Thatsache fest,
daß die preußisch-hessische Eisenbahngemeinschaft gewillt sei,
mit den süddeutschen Eisenbahnverwaltungen die gleichen
guten Beziehungen zu pflegen wie seinerzeit Minister v.
Thielen und daß volles Vertcauen zu den Jntentionen und
der Amtsführung des Ministers Budde gehegt werde. Der
Umstand, daß dieser von hier nach Stuttgart gehe, sei
in keiner Weise ein Argument dafür, daß über Nacht die
Reichseisenbahngemeinschaft wenn nicht anders so mit
wirtschaftlichen Gewaltmitteln seitens Preußens herbeigeführt
werden solle. Die pfälzische Bahn sei nebenbei erwähnt
worden, für diese gebe es nur zwei Möglichkeiten, nämlich,
daß sie entweder Privatbahn bleibe wie bisher, oder vom
bayrischen Staat übernommen werde. Bezüglich der Main-
kanalisation von Offenbach nach Aschaffenburg besteht
erfreulicher Weise Hoffnung, daß die Verhandlungen, die
nicht geruht haben, sondern nur durch die Amtsniederlegu ig
des Minipers v. Thielen unterbrochen wurden, bald wieder
aufgenommen und hoffentlich bald erfolgreich beendet werden.
Auch die „Münch. Neuest. Nachr." erfahrcn. daß es wegen
der Mainkanalisierung zu keinerlei bestimmten Abmachungen
gekommen sei. Der bayrische Ministerpräsident habe abcr
aus der Unterredung die Ueberzeugung gewonnen, daß die
beiden Regierungen sich schlietzlich auf einer annehmbaren
Mittcllinie zusammenfinden werden.

— Die Mitteilung, daß der preußische Eisenbahn-
minister Budde in München mit dem bayerischen Minister»

Liederaöend vsn Arau Krika Wedekind.

O Heidelberg, 7. November.
.Jnncrhalb wenigrr Tage war es uns vergönnt, zwei Ge-
fcuigs'grötzen ersteu Ranges bci uns zu 'begrützcn, am Samstag
Frau «chumann - Hcink und gestern Frau Wcdekind, Kgl.
Sächfische Kammersnngerin aus Dresden, was um so
Nireressauter war, da beidc Ltünstlerinnen glcich bcdeutend sind,
stch aber nach jeder Richtung von dcr verschiedenstcn Eigeiiart
öeigcn. Läht schon dre äuhere Erscheinung der Frau Schu-
Wann-Heint auf einc wnchtige Altstimme und Bevorzugung des
Hochdramatlschen schließen, so deutet die zierliche, geschmcidige
^estalt 'der Frau Wedekind auf cinen hohen, leichtbeschwingten,
lliehr dem Zicrlicheu, Neckischen, Glänzenden zugeneigten So-
bran lstn. ?luf ihrem weniger ticfen und umfassenden Ge-
Rete ist aber Frau Wcdckmd eine grotze Meistcrin. Was zu-
ijächst dic ihr zu Gebote stehenden Mittel betrifft, so braucht sie
?en Vcrgleich mit kciner lebenden Koloratnrsängerin zn
icheuen. Die Stimme ist nach Höhe nnd Tiefc von cinem g-anz
Mgewöhnlichen Umfange, von krystallheller Klarheii und dabei
Mst i» der höchsten Region von entzückender Weichheit nnd
Echönheit, so datz cs kaum in Betracht kommt, datz man in
mittleren Lage cin imd dcn cmdern etwas flach klingenden
Hvn zu hören bekommt. Diest goldene Stimme steht aber
4^ Dienstc eincr hohen Gesangskunst. Wie unendlich sclten
7(!-'rden Staccati, chromatische und sonstige Läufe, Triller nnd
Me Artcn von Verzicrungen mit solcher fpielenden Leichtigkeit
PK perlx^tzx^ Klarhcit mühelos, glcichsam selbstvcrständlich zu
bhör gcbrachtl Wir ivurden oft an die beste Zeit unferer
wnchi erinncrt; wcnn be! dicser die höchsten Töne vielleicht
etlvas wcicher imd sützer klangen, so befitzt Frau Wcdekind
Nür eine kräftigcre nnd wohllantendere Mittellage nnd vor
ist ihrc Stimme frei von dcm bei der Bianchi so sehr
E,P'enden Tremolo; die Schülung der Stimme abcr steht bei
Ewen auf der gleichen Höhe der Bollcndung. Eimge kleine

Jntonationsschwankungen ivarcn sicher nur anf eine augen-
blickliche Jndisposition znrückzuführen, denn wir haben Fran
Wedekind wiederholt anf der Bühne rmd im Konzertsaale ge-
hört, ohne derartige Wahrnehmnngen zu machen. Datz die
Sängerin zwei Opernarien znm Vortrag brachte, welche ihr
besonders' gnnstige Ge'legenheit boten, ihre Gesangskunst »ach
allen Seitrn in hellstem Lichte erstrahlen zu lafsen, ist be-
greiflich, weim auch die bekamite Szene der Fran Flnth ans
Nicolai's lustigen Weibcrn von Windsor nnbcdingt die Bi'chne
erfordert, nm zur vollen Wirknng zn gelangen, ivährend Gou-
nod's Walzerarie aus „Mireille" fchon mehr konzertmätzigcn
Zuschnitt hat. Sehr gnt gewählt ivaren die drei ersten Lieder,
Schuberts „Forelle", Schumaiins „Aufträge" und Brahms
„Vergeüliches Ständchen", da sie alle dem stimmlichen imd ?luf-
fassimgsvermögen der Künstlerin autzerordentlich cntgegcnkom-
men. Uebrigens zeigt die liebenswürdige Sängerin in dem
schmerzlichen Liede „llntren" von Corneliüs, datz, wenu anch
tiefer Ernst imd grotze Jnnigkeit nicht gerade ihre stärkste Seite
ist, sie doch auch in dieser Richtung die meisten Koloratursänge-
riimen weit überragt. Seit mehr als einem Menschenalter ge-
hört Alabieffs „Nachtigall" zum stehen'den Repertoire aller auf
Geläufigkeit Anspruch machenden Sängerinnen. Zuletzt haben
wir dieses Lied aus dem vorjührigen Mozart-Mufikfcste in
Salzburg von Fran Wcdckind selbst singen hörcn, auch heute
bildete es den Schlnß ihrer Vorträgc. Wir wollen mit ihr da-
rüber nicht rechten, wcniger begreiflich war e's aber, datz sie fnr
die stürmischen Hervorrufe des den Harmoniesaal vollständig
füllenden Publikums nicht mit eincm andern Liede dankte,
denn es fchwächl selbst bei bedeutenderen Gesängen den Cindrnck
stets sehr, wenn sie zweimal nacheinander zu Gehör gebracht
werden.

Wir haben so lange bei dem Stern des Ilbends vcrwcilt,
datz wir nur noch mit ivenigen Wortcn bei ihrcm Partner, dem
Cellisten Herrn Hofmusiker P o h l von Mamcheim, verweilcn
können. Gewöhnlich wird der von Gefangsgrötzen zngezogene
Jnstrumentalist als eme Art Lückenbntzer angesehen, wenn cr

nicht glcichfalls der Träger eines berühmten Ramens ist.
Herrn Pohl gelang es indessen mit Recht, den Beifall des
Publikums von Nummer zu Nnmmer in immer grötzerem Matzs
zn crwerben, dcim er erwies sich als ein sehr tüchtiger Ver-
treter seines schwierigen Jnstruments. Zeigte er in den ge-
tragenen Stücken, namentlich in der Elegie von Musso einen
nicht allzu grotzen, abcr klang'vollen und warmbeseelten Ton»
so koimte er in der Popperschen „Tarantella" seine hochgradig
cntwickelte Technik zur Geltnng bringrn.

Die Beglcitung sämtlicher gefanglichen imd instrumentalen
Vorträgc führte Herr Sienold mit Vcrständnis und Ausdauer
dnrch, nur hätten wir im Gegensatz zu dem Begleiter den
Fran Schnmann-Heink zuweilen etwas größere Zartheit und
mchr llnterordnung gcwünscht; wir crinnern nur daran, wis
hart und aufdrmglich die nmmterbrochen sich wiederholends
Beglcitungsfigur in Saint-Saöns „Le Cygne sich aus-
nahm. —

Kleine Zeitung.

— Metz, 6, Nov. Heute wurden in das Proviant-
amt bei dem Fort „Steinmetz" eingebrochen und
der Geldschrank mit einem Jnhalt von mehr als 8000 Mk.
gestohlen.

— Leipzig, 6. Nov. Heute begann vor dem ver-
einigten zweiten und dritten Strafsenat dcs Reichsgerichts
der Prozeß gegen den Schachtmeister Leo Beck, den Kontro-
leur Anton Bai und dessen Ehefrau Maria Bai, sowie
gegen den Erdarbeiter H. Proserzion wegen Verrat
militärischer Geheimnisse an Frankreich. Die
Angeklagten sind sämtlich italienische Staatsangehörige.
Der Verrat bezieht sich auf die Festung Metz. 18 Zeugm
sind gcladen.
 
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