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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281 - 305 (01. Dezember 1902 - 31. Dezember 1902)
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MontW, Dezember


IatzrMNit. 44. — 293

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Lrscheint täglich. Sonntags ausgenom'nen. Preis mit FamilienLlättern monatlich 60 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweiganstalten abgeholt 40 Pfg. Durch

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Antricks Wede

Am Samstag bci dcr dritten Lesung des ZaUtarif-
gesctzes ini Reichstag hat der sozialdcmokratische Abgeordnetc
Antrick, ein BerUner Zigarrenfabrikant, sich das
Vergnügen gemacht, einc achtstündige Daucrrcde
zu halten. Jrgend einen praktischen Wert hatte die Rede
allcrdings nicht! Sie ivurdc nur dazu gehalten, nm die
Beratung zn hemmcn. Jm absichtlichen Hinzögern und
Verschleppen dcr Verhandlnngcii haben die Sozialdeiiiokraten
sehr gesündigt. Eugen Richter hat ihnen das i» geeigneten
Worten vorgehalten nud manchc Eeiiossen selbcr inachen kein
Hehl daraus, daß solchcs Spicl nichl nur kindisch, sondern
auch sehr bedenklich sci. Nnn hat Antrick, gleichsam um
das Siegcl nntcr das ZengniS übcr das Benehmen dcr
^ozialdemokraten zu drücken, diesc Daucrrede nnmittelbar
vor der Abstimmuiig über das ganze Gesetz gehalten. Es
ist, als hätte der böse Geist die Sozialdemokratic getrieben,
noch einmal und eindringlich vor dem ganzcii Lande knnd-
zugcben, wie sehr sie sich bcmüht habe, die Erledignug
der Geschäfte aufznhalten. Jn ernsthnsten Zcitcn imd mit
ernsthaften Dingen soll man keinen Fastiiachtsnlk lreiben,
wie die Sozialdemokratie dies bei dem Zolltarifgesetz bis
zum letzten Augenblick ja geflissentlich gethan hat.

Sieht man von Ort imd Umstäiiden ab, so ivar die
Rede Antricks immcrhin eine Leistung.

Ats Antrick um halb fnnf Uhr begann, hieß es, er
wolle eine Stnnde rcden, aber um halb elf Uhr be-
ariindete Herr Antrick innner noch und man mcrtte seiner
Stimmc keinerlei Ermüdung an. Der Vvrtrag war
fließend, sachlich nnd ausdrncksvoll wie zn Anfang.

Mit Ergebenheit, so erzählt eiu ansthaulichcr Bericht der
„Frankf. Ztg.", satz der Reichstanzkcr auf seinem Platze unb
neben ihm mit dcr Miene des stillen Duldcrs Gras Posa-
dowsch. Der Gefahr, dah das elektrische Licht crlöschen uad
damit Herrn Antrick Gelegenheit gegeben wcrde, seinc Redc am
Montag mit frischen Kräften fortzusctzcn, wnrdc rechtzcrttg
borgebeugt. Eine elektrische Lampe nach der andern wurde
aus ihrer luftigen Höhe hcruntergelasscn und die Kohlenstifte
erneuert. Ein iiiteressaines Schauspiel, das die BolkÄer-
treter mehr zu fesseln schien, als die Ausführungen des Herrn
Antrick. Graf LimLurg-Stirnm scheint den Redncr für ein
Naturwunder zu halten und stellt sich auf die Treppe, die zur
fllednertribüne führt, um sich deir Redaer näher cmzusehen.
Aber das Rnnterl der Geuosscn, i» das sich auch der Präsident
Mit semer Klingel mischt, scheucht ihn in dcn Saal zurück.
Hin und wieder tönt auch cin Ruf zur Sachel, aber dcr Prä-
fident mutz ihn ignorieren, deim wer zum Zolltarif redet, redet
iirnner zur Sache. So wird es halb 12 Uhr und anf der
Tribüne vcrbreitet fich das Gerücht, dcm Grafen Posadowskb
lei inzwischen der Bart durch den Tisch gewachsen. Gott sei
Dank, cs ist nur ein Gcrücht, aber wer den Grafen Posa-
dowsky so ernst und unbeweglich auf den Tisch Llicken sieht, kann
es für mögltch halten.

Der Sitzungssaal gleicht einem Taubenschlag. Die Herren
bon der Mehrheit langweilen sich nnd vertrciben sich die Zeit,
lo gut es geht. Mcrn plaudert in zwanglvsen Grnppen imd
bertritt sich die vom langen Sitzen steif gewordenen Beine.
wan geht in das Restaurant und vom Restaurmit in den Saal,
dom Speisesaal in die Wandelhalle, steckt den Kopf durch. den
Eihungssaal und ist entsetzt, den ausdauernden Redner immer
fwch auf der Lribüne zu sehen. Auch auf den Tribünen stellt
flch, angelockt durch den Schein der drautzcn brennenden elek-
irischen Lampcn, immer noch neues Publikum cin, das dcr
weiieren Entwicklung mit gespcmnten Mtenen entgegensieht.

llm elf Uhr wird es Herrn Trimborn zu viel iniü er sieht deni
Redner nengicrig über die Schulter, wie lveit das Material
noch langt. Um zwölf Uhr füllt sich der Saal und es tvird
unruhig. Lärmende Ruse auf der Rechten, die dcn Redner
auffordern, lautcr zu sprechen und ein entrüstetes Echo aus der
äutzersten Linken nötigen den Präsidenten, Ruhe hüben und
drübcn zu heischen. Stunden dauert die Redc schon nnd
kundige Leute suchcn Schrecken mit der Mitteilung zu verbrei-
ten, batz Antrick-Zigarren 10 Stnndcn kohlen. Die Unruhe
! wird stärker >md der Präsident mahnt vcrgeblich zur Rnhe.
Es sei seine Pflicht, seht er wie zur Entschuldigimg hinzu.
Ein Ordnungsruf, der den Rcdner hin und wieder ercilt, giebt
crfreuliche .Kunde von dcr unausgesetzten Wachsamkeit des
j Präsidenten, die sich auch durch einen Ruf zur Sache bethätigt,
als der Redner sich auf das Koalitionsrecht der Arbeiter mis-
sührlich einzugeheu Miene macht. Um halb 1 Uhr, nach a ch t-
st ü ndig c r R e d e, endlich schlietzt der Redner untcr Hänlde-
'klatschen der Gendssen und Herr Spähn kann seinen Schlutz-
anirag stellen.

Deutsches Reich.

— Dem Vorsitzeiiden der Reichstagsfraktioii, Abg.
Ba sserman n, stnd eine solchc Menge von Zustimmungs-
! Erkläriiugeu wegeu der Haltuug der Fraktion gegcuüber
! dem Antrag v. Kardorff zugegangen, daß derselbe außer
i Stande ist, den Parteifreuudeu im Lande zu dauken. Abg.
! Bafsermanu spricht durch dic natiouallib. Correspoudenz
! sciueu würmsten Dank an die Parteifreuude aus.

— Da und dort ist mau im u atio u all iber aleu
Lager mit dem Vorgeheu der Fraktion uicht einverstaudeu;
so haben in Leer (Ostfrieslaud) die Vorstandsmitglieder
dcs uat.-lib. Vereius ihrc Aemter ntedergelegt und bean-
tragcu Auflösung des Vereius. Geht man der Sache auf
deu Gruiid, so zeigt stch, daß es dic in der Partei noch
spärlich porhandeuen Freihüudler siud, die Unmut zeigen.
Das wird vorübergehen.

AeuLscher Weichstag.

Berlin, 13. Dezember.

Z o l lt a r i f g e s c tz.

Reichskanzler Graf B ül o w erklärt: Beim Eintritt iu
die dritte Lefung der Tarifovrlage glcmbe ich die Stellung
darlegen zu sollen, welche die verbündsten Regierungeu zu den
Bcschlüsscn des Reichstages in der zweiten Lesung einnehmen.
Obwohl der Bundesrat verfassungsmätzig sich erst dann zn den
Beschlüssen des Reichstages endgiltig zu entscheiden hat, wenn
sie fertig vorliegcn, kann ich schoni jetzt erlärcn, datz die
Regierungen dem Zolltaris in der nun-
mehr vorliegenden Fassnng zuzustimmeu
bereit s i n d. Jch kann gleichzeitig aussprechen, datz die
Aend-erungen, ivelchc im Eniwnrf des Tarifgesetzes vorge-
nommen sind, das Einverstänbnis des Bnndesrates finden mit
alleinigcr Ansnahme dcr zmn zweiten Absatz des ß 1
gefatzten Beschlüsse. Jnsbesondere darf ich voraussetzen, dah
die verbündcten Regierungen die ernsten Besorgnisse, zu wel-
chcn die zu 8 10 a bcschlossene Cinschränknng des B esteue -
rnngsrechts der Gemeinden mit Rücksicht auf die
ohnehin schwierige finanzielle Lage eines grotzen Teiles der-
sclben Anlatz giebt, zurücktreten lassen werden, nachdcm der
Zeitpunkt 'für das Fnkrafttreten dieser Bestimmung bis 1910
hinausg-esckiobcn worden ist. Ebenso kcmn ich in Aussicht
stellen, dag die Regievungen im Jnteresse der verbesserten uud
gesicherten Fürsorge für die Hinterbliebeueu der arbeitcnden
K'lassen der im Paragraph 11 n beschlossenen späteren Eintuh-
rung der Witwen- nnd Waiserbersichernng zuftimmen. Den

einzigen Diffcrenzpnnlt zwischen den Regiernngen und den Be-
schlüffen der zweiten Lcsung (Erhühung und Erweiterung der
Mindestzölle nach Paragraph 1, Absatz 2 des Zolltarifgesetzes).
will der Antrag Herold beseitigen. Rach diesem An-
trNg sollcn die Aiindestzöllc sür Pferde, Vich und Fleisch nicht
festgcsetzt, die Mindeftzölle sür Roggen, Weizen und Hafev
anf die in dcr Regierungsvorlage vorgeschlagenen Sätze zu-
rückgesührt, cndlich ein Mindestzoll von 4 Mark für Malz -
gerstc nnter Wegfall der Mindestzölle für andere Gerste
eingeführt wcrden. Nainens der verbünöeten Regierungen
tann ich jetzi schon ihr Einverständnis mit dem Antrag erklären.
Damit setzt sich dic Regiernng nicht in Widerspruch mit ihren
frühcren Erkläruugen, dic sich auf Gerstc im allgemeinen be-
zogen. (Lachen bei dcn Lozialdemokraten. Glocke des Präsi-
denten.) Jch pflege Sie immer sehr ruhig anzuhören; Herr
Bebcl selbst wird nicht bestreiten können, datz ich mich während
scincr vorgcstrigcn langen und hier und dcr stürmisch-polemischen
Rede cines ganz ruhigen und anständigcn Verhaltens be-
fleihigt haüc. (Lachcn bci dcn Sozialdemokraten.) Jch würde
Jhnen dcmkbar sein, ivcnn Sie diesclbc Haltung einnehmen
wolltcn. Was dem einen recht ist, ist dem andercn billig.
Fch habe ebcnso gut ein Recht darauf, gehört zu werdcn, wie
Sic. (Lebhaster Beifall bci den Mehrheitsparteien, Lärm
links.)

Präsidcnt Gras B a l l e st r e m : Jch bitte dringend, den,
Reichskanzler nicht zu unterürcchcn. (Zurufe der Sozialdemo-
kraten: Wir unterbrechen nicht, wir lachen nur.)

Graf Bülow fährt fort: Die Malzgerste ist eiiw
ausgewählte, wertvollere Ware wie die Futtergerste. Der
wcrtvollcren Malzgerste einen höheren Zoll zu geben, scheint
deshalb durchaus gerechtfcrtigt. Was die Perzollung der
Iuttergcrste betrifft, so wird bei den Vcrtragsberhandlungen
dcn berechttgten Jnteressen der Landwirtschaft Rechnung ge-
tragcn werden. Die Rcgierung giebt sich d'er Hoffnung hin,
daß der Reichstag durch die Beschlüsse der dritten Lesung volle
Einigung zwischen Reichstag imd Bundesrat herbeiführen und
damit dem grotzen Werk der Tarifreform zum Segen des
Vaterlandes (Widerspruch links, Redner mit erhobener
Stimme) zuni Segen des Vaterlmides seine Vollendung unH
seinen Abschlnß sichern wird. (Stürmischer Beifall bei der
Mehrheit.) ^

Abg. Freiherr v. Wangenheim ' (Bund" der Land-
wirte) spricht sich gegen das Kompromiß ans; seine Freunde
machten so ettvas nicht mit.

Abg. Richter (freis. Vp.): Es rst ein geiwalttger Jrr-
tum, wenn nian glaube, dah durch öiese Vorlage Handel und
Jndustrie endlich Ruhe bekonnncn. Redner polemtsiert gang
besonders gegen die Erklärung des Reichskanzlers, bezüglich deS
Terstenzolls und weist auf 'dre Schwierigkeit hin, sich mit
Oesterreich über Len Gerstenzoll zu verständigen. Beiin Zoll-
tarif sinden die Beamten und Handwerker keine Berücksichti-
gung. Man bezeichne die Zolltariffrage als eine nationale.
Aber das geschehe immer, wenn man die Frage nicht durch-
schlagend begründen könne. Die Unnahme der Vorlage sei
eine iinheilvolle, keine rettende That. (Lebhafter Beifall bei der
Frersinnigen Volkspartei.)

Wg. Gamp (Rp.) verliest namens seiner Partei dis
Crklärnng, datz sie wegen der Obstruktion der Sozialdemokraten
eimnütig dem Kompromitzantrag zustimme, obwohl er genügen--
den Schutz der Landlvirtschaft nicht biete.

Abg. Molkenbuhr (Soz.) legt ausführlich den Stand--
pimkt der Sozialdemokraten gegenüber dcm Zolltarif dar, der
nichts sei als ein Gesetz zur künstlichen Züchtung des Groß-
kapitals und zur Schüruug des Klassenhasses. Redner erörtert
Lcsonders die Zollpolitik des Zenkrums, die dnrch den Tarif
die grotzindustriellen Ilnternehmungen schütze und die kleinerr
Fabrikcmtcn bem Ausland preisgcbe.

Mg. Graf Hompesch (Zentr.) bcrliest eine Erklärung
des Zcittrums, datz dasselbe mit Rücksicht auf die Erklärung
deni Koinpromitzamrag zustinime und die anderen Anträge ab-
lehnc. Bestimmend sci die Erwägnng, dah man dic erreich-

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Stadlthealer.

Heidelberg, 16. Dezembcr.
„Martha", Oper von Fr. b. Flotow.

Nach dem bemericnstverten Anfschwung, den imsere Opcr
Aii der vortresflichen Aufsührnng des „Bajazzo" genonimen,
^bar man gestern wieder ins altgewohnte Fahrwaffer znrück-
Kekehrt und hatte aus' der Numpelkmnmer alten Opcrnkrames
Ae „Martha" hervorgeholt, bei der man sich immcr tvieder
ftägt, ob wohl das nnsagbar platte Libretto odcr die bis auf
ftnige Nummern unendlich flache, schrecklich triviale Mnsik das
steinere Uebel des Flotowschen Werkes sei. Diese Oper ersor-
Tsvt, um auch für den weniger naiben Dheatevbesucher einiger-
Patzen genießbar zu werden, hervorragendc Gesangs- wie
^Pielkräste und mutz insbesonderc die Titelpartie eine Ver-
fteterin finden, welche dcn grotzen Schwicrigkeiten derselben
^wachsen ist. Frl. B r a u n quälte sich und das Publiknm
^it dem sruchtlosen Bemühen, der schweren Aiifgabe gerecht
werden, welche jedoch ihrc Kräste anch nicht aimähernd er-
ftichen. Jst es denn absolnt notwendig, diese junge Sängerin
?bmer mit derartigen komplizierten Particn vor das Publikum
^ stellen? Als Nany zeigte Frl. K alte n b a ch, die bisher
in kleinen Rollen sich angenehm bemerkbar gemacht hatte,
Nß sie anch größere Aufgaben mit Glück zu lösen vemiag.
e'ir zeichnete sich gestern durch munteres, ungekünsteltes Spiel
-ch'd durch musikalische Sicherheit aus. Jhre Stimmc, der es
^ch etwas an Klangschönheit mangelt, bedarf noch weiterer
^chulung, wodurch besonders grötzere Leichtigkeit nnd Geläu-
LÜkeit (tm Triller ü. s. w.) erreicht werdcn känn. Herr
^ynf wie immer aus dem Plumkeü eine sym-
kjAhische Fjgur, auch gesanglich erfreute er durch seine Rou-
eine üüle Angewohnheit ist sein häufiges Deklmnieren in
Z Zuschauerranm. Den unglaublich sentimentalen Jüngling
ItzffPwl spielte Herr Mark leider fast nvch trostloser als nottg,

spielte Herr

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k chkim ihm gut zu liegen, doch konnte er denselben infolge von

-Zdirrch diese Fignr dirckt komisch wird- Der gesangliche Deil

starker Jndisposition nur wenig zur Geltung bringen. Herr
Feldner stattete den Tristan mit schwrkcher Komik aus, die
übrigen kleinen Particen (auch die der einzelnen Mägde) warcu
gnt besetzt. Sehr zu loben war die musikalisch ungemein
korrekte nnd graziöse Gcsamtwiedergabe der Oper (Dir. R a -
dig). Auch die Jnszeniening war gitt, sollte sich aber der allzu
possenhaften Uebertreibimg einzelner komischer Szenen enthal-
ten. _ O. 8.

Kleine Zeitung.

— Hochschulnachrichten. Die juristis ch e F a kultät
der neuen Unibersität Münster wird, wie b e-
reits crwähnt, nicht bloß zum Or. zuris promo-
vieren, sondern daneben auch für die Staatswissenschaften
(Nationalökonomie u. s. w.) den äootor roruin xoIitioa.rurli
verleihen. Die Universität Münster folgt in der Verleihnng
des äootor roruiw poUtioiirum dem Beispiele der rechts-
und staatswissenschaftlichcn Fakultät der Universität Straß-
bnrg. Nach der Reinisch Westfälischen Zeitnng dürfte diese
Einrrchtnng deninächst auf glle juristischen Fakultäten
Preußens ausgedehnt werden.

— Ueber den Mörder des Uiiterofsiziers Biedritzki
in Athen, den Matrosen Kohler vom Stationsschiff „Lo-
reley", wird aus Athen noch geschrieben: Kohler bat im
Polizeigefängnis des Piräus in der Nacht, die feiner
Auslieferung au die „Loreley" vorausgmg, die Gendar-
meu, ihm Tinte uud Feder zu reicheu. Der Wunsch
wurde bereitwilliq erfüllt, da die Gendarmen vermute-
ten, Kohler wolle an seine Eltern schveiben. Man kann
sich aber ihr Erstaunen denken, als der Gefangene nach
und nach acht Bilder entwarf, die eine auch uicht das

kleinste Detail auslassende Darstellung des Verüreckseus
gabeu. Die Liuien wnren mit fester, geschickter Hand ge-
zogeu, die charakteristischen Züge tresseüd hervorgehoben
uud bei seiueni Selbstporträt vergaß Kohler nie seinen
Kinnbart. Der Verhastete hat die unzweiselhaft Talent
bekundenden Skizzen an sich genommen, als er den deut-
schen Behörden übergeben wurde. Beim Betreten der
Fallreepstreppe der „Lorely" wnrde Kohler fast ohn-
mächtig. Er ist seitdem in einen Zustand völliger Apa-
thie geraten, weist jede Nahrung von sich, selbst den
Kafsee, dem er in dem Polizeigebäude noch stark zusprach.
Dem Jäger, dem die Verbaftnng Kohlers gegliuckt isch
sind 2000 Drachmen von der Regierung und 100 Francs
von der Bank von Athen zuerkannt wor'den. Das kleins
Kapital bleibt jedoch anf der Bank liegen, bis der Jäger,
der übrigens anch znm Gefreiten befördert wurde, seine
drei Jahre abgedient hat.

— Ter Schah von Pcrsien hat eine geradezn revo-
lntionäre tlmwälzung in seinem Haushalte vorgeiiom-
men. Er hat die Zalst seiner Frauen, iiber 1700, auf
60 reduziert. Die entlassenen 1640 Franen werden an
verdiente Beamte verteilt. Die Finanzen des Schahs wer-
den jetzt wieder besser werden.

— Juqendliches Aussehen. „Gott, was schen S« aber
gut aus, Herr Jnspettorl Sie werden wa-hrhastig jeden Tag
jüngerl" — „Fa, wenn das so fortgeht, werde ich mir auch
uächsteiis meine Windeln hervorsuchen lassen.

_Vorsichtig. „Aber Herr Baron, warum kommen Sie

benn im Schlafrock zur Tasel?" — „Wissen's lieber Freind,
hoat Arzt nieiniges gesoagt, is sik Rheumattsmus im Anzugel'
 
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