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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 229-255 (01. Oktober 1902 - 31. Oktober 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23861#0723

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Mittwoch, 15. Oktober 1W2

Crstes Blatt

44. Jahrgang. — 241

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Erschciut r ä g l i ch, Sonntags ausgenommen. Preis mit Familienblättern monatlich 50 Psg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweiganstalten abgeholt 40 Pfg. Durch

die Post bezogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschlietzlich Zustellgebühr.

n z e i g c n p r e i s: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermätzigt. — Für die Aufnahme von Anzeigcn
an bcstimmten Tagen wird keine Vcrantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelb. Zeitung mrd den städt. Anschl^gstellen. Fernsprecher 82.

Aügemeimr Aelegiertentag der nationat-
liöeral'en H'artei.

E i s e n a ch , 12. Oktober.

Abg. Dr. Panschc nbcr Wirtschafts- nnd Handclspolitik

Geh. Reg.-Rat Prof. Tr. P a a s ch e erstaltete heute
sein Referat nber W i r t s ch a f t s- nnd H a n d e t s-
P o liti t. Wir sinb eine liberale Partei nnd wolten
die liberalen Gcsichtspnnt'te danernd weiter versotgen
und sogar noch mehr betonen, atS es bisher wenigstens
nach außen geschehen. Daraus ergiebt sich noch lange nicht
die Richtschnur siir die Wirtschafts-, noä, weniger sür die
Handelspolitit'. Wir wollen freiheitliche Grundlage sür
das wirtschastliche Tasein, das; der freie Baner ans'freier
Lchoüe der Erde abringt, was möglich ist, datz im gewerb-
tichen, industrielten u. kommerAiellen Peben ein Ieder un-
gehemint dnrch mittelalterliche Fesseln seine l,!räste ein-
seyen kann. Tas sinü üie liberaten Grnndlagen dcr
Wirtschaslspolitik. Darüber hinaus können wir kanm
etwas Festes ansstellen. Wirtschafttiche Freiheit heisst
nicht wirtschastliche Willkür. Wir sind nicht weniger
tiberat, wenn wir der gewcrblichen stinder- nnd F-rauen-
arbeit Lchranken auserlegen, die oft ins Leben ües Ein-
zetnen eingreisen. Die ganze Gewerbe-, Handels- nnü
Soziatpolitik macht eine Rückwärtsrevidiernng durch, an
dem gul liberaten Gedanken heraus, den Lchwachen zu
schützen, die einseitige Ausbentung dnrch Mißbrauch der
Macht zn verhindern. Es ist dnrchauS nicht nnsere Auf-
gabe, alS liberale MLnner F-reihändter zu sein und unS
den im Fnteresse des Ganzen nötigen Schrant'en zn wider-
setzen. Es ist kein prinzipielles Moment, wenn in einer
großen Partei, die Stadt nnd Land' vertritt, die Gegen-
sätze auseinander ptatzen, das, waS im Osten ats berech-
tigt, im Westen als schädtich erscheint, und wir da nicht so
einmütig sind wie in den großen nationalen Gesichts-
Piutkten. Tie wirtschafttichen Interessen der einzetnen
Stände und Gegenden sind eben verschieden. Aber auch
hier gitt es, das Woht der Gesamtheit nicht zn vergessen.
Redner geht nun auf die große aktnelle Frage der Z o t t-
uud H a n d e l s P o li t i k ein nnd wirst auf sie zunächst
einen historischen Rückbtick. Was solt nun jetzt auS der
Zotl- nnd Hnndetspolitik werden? Jn dem fast einstim-
rnigen Beschtuß des Zentralvorstandes von 1896 wurde
ausdrücklich die Notwendigkeit eines wirksamen
S ch utzes der L a n d w i r t s ch a f t und l a n g f r i-
stige H a n d e l s v e r t r ä g e als Grnndlage nnseres
wirtschaftlichen Lebens ansgesprochen. Der Regie -
r ungsentwnrf nun ist so grü n d Iich dnr ch -
gearbeitet, wie kanm je ein Gesetzentwurf. Gleich-
wohl wnrde er nicht mit Freuden begrüßt. Die Regie-
rnng hatte es versäumt, Fühtnng mit den Parteien zn
suchen. Tie Chancen waren deshalb von Anfang an
wenig günstig. Erste Pflicht der Regierung ist es, daß
kein tontraktloser Zustand eintritt, die handelspolitischen
Beziehnngen zum Ausland nicht untetbrochen werden.
Wir dürfen m ihren Verstand, so wenig wir sonst ihre
straft rühmen tönnen (Sehr Ivahr!), das Vertrauen
setzen, daß sie nicht, wie man vielfach annimmt, die Ver-
träge kündigen, nicht das schmntzige Wasser weggießen
wird, ehe sie anderes hat. Die letzten Verträge waren
Ichtecht vorbereitet. Wir begannen mit 'dem alten Tarif
bon 1818 die Verhandlungen, während andere Länder
lich neue Wassen verschafft hatten. Deshalb wurde der
Neue Tarif auf die technische Höhe gebracht als Waffe
gcgen das Ausland. Vergleichen wir unseren Zolltarif
wit denen, die rund uin nns errichtet ssttd, so zeigen sich
oiese protektionistisch, der unsere bleibt weit dahinter zu-
Wick, er beträgt lwchstens 10—12 Prozent. Wenn wir
llach sreihändlerifchem Rezept nnsere Zölle herabsetzen,
>vie soltten wir dann überhaupt zu Konzessionen und
Gegenkonzessionen, zu Handelsverträgen koinmen. Red-
wr gedenkt dann 'der schweren Arbeit in der „Schwätzer-
Ginnnsson", die nach den 10 Ptenarsitzungen ihrerseits
111 Sitznngen abhielt, in der von der Opposition geredet
wnrde, nur um zn reden und nichts zu stande kommen
3u tassen, die Fuhrer des Buudes der Landwirte so weit-
stehende Forderungen aufstellten, -daß sie schließtich ganz
stoliert und ihre Anträge iu zweiter Lesung nicht einmal
jbehr zur Diskussion gestellt wnrden; setbst von ihren
wnservativen Frennden wurden sie iin Stich gelassen
Md scharf vernrteilt. Diese Politik hat sich selbst ge-
^chtest und daß man sür die Bersagnng extremer Forde-
Z'ngen bei den Jndustriezöllen Nevanche nahm, schlug
stu Faß den Boden aus. Die Soziatdemokratie hatte
einfaches Rezept, sie verlangte säintliche 946 Posi-
wnen zollfrei; nur bei anständischen Orden wollte sie
>nen Zoll von 1000 Mk., wahrscheinlich, darnit der
d-arif nicht gleich Null werde. (Heiterkeit.) Da'bei for-
stWW sie z. B. ats die Getreidezölle schon beschtossen waren,
Meihcjt sür Mehl, als ob die Müller den Zoll allein aus
yrer Tasche zahlen würden.^Aehnlichen tlnsinn machten
Ist' bei Seide u. s. w. Die Sozialdemokratie fordert den
b'beihandel nur aus Agitationsbe'dürfnis, besonders we-
«w des Brotwuchergeschreis. Jch glanbe immer noch,
nnsere Arbeiter verständig genug sein werden, auch
Gegxngrün'de zu hören. Das Zentrmn ist in der
bwmission merkwürdig agrarisch geworden, Herold

hat die Führnng übernoinmen nnd mit einem Takt und
einer Meisterschast operiert, die ma.n einein einsachen
Landwirt kanm ^ugetrant hat. Er verstand es, seine
Partei zusainmen zu halten, sodaß sie zu Posadowsky
sagen konnte: Auf dieser Grundlage wird der Tarif nie
zu Stande kommen. So hat das Zentrnm sich nach agra-
rischer Weise sestgelegt in einer Weise, die vielleicht Vielen
nnbequem werden wird. Was u n s e r e e i g e n e S t e l-
lung btrisft, so verlangen wir langsristige Handets-
verträge nnd Schntz üer Landwirtschaft vor Not nnd
Gesahr. Wir können mit gutem. Gewissen in dcn Wahl-
kampf gehen. Wenn wit sür besseren Schntz der Lan'd-
Ivittschaft eintreten, so thun wir es nicht, um die Armen
anszuplündern, sondern nm der Landwirtschaft die Stel-
lung zn erhalten, die sie in nnserein wirtschaftstchen Le-
ben haben muß. (Sehr richtig!) Wenn man sagt, daß
wir die Getreidepreise steigern wollen, so ist das einfach
falsch. Wir wollen nur das Sinten verhindern. Soll
die Landwirtschast verschwinden? Keiner von nns wird
das wünschen. (Sehr wahr!) Wir wollen nicht nur
Fndustriestaat sein, sondern neben einer blühenden In-
dnstrie eine blühende Landmirtschaft. Wir müssen den
Weltmart't, aber auch den inneren Mart't nns erhalten.
mit einer vcrständigen Weltpolitik eine verständige Hci-
matpolitik verbinden. Wir haben der Jndnstrie viele
Wünsche nnterstntzt, aber nie inaßlose, haben stets äbge-
wogen, ob ein Ausgleich niöglich blieb. Die Anträge,
die wir nnterstntzten, gingen znin Teil über die Regie-
timgsvotlage hinans. Deshalb sind in unserer Reso-
lntion die Worte „im Wesentlichen" eingesügt. Auch bei
den Getteidezöllen hnben wir den Standpunkt gewährt,
daß mir einen erhöhten Schutz sür die Landwirtschaft
wollten. Das Kompromiß haben wir nicht initgemacht.
Wir wollen nicht 'die Lchwierigkeiten der Regierung ver-
mehren: wir bedauern, daß von lipks alles geschieht, um
den Tarif zn Falle zn bringen, daß man rechts sesthält an
Fotdernngen, deren Aussichtslosigkeit man selbst einsieht.
Wir bet' oininen nie eine Regie r n ng no ch
ein P a r l a m e n t, die weiter zn gehen fü r
die L a n d m i r t s ch a s t gewillt w ä r e n. Wir
helfen denen, die Hilfe 'brauchen, treiben aber keinen Brot-
wucher. Tarnm hält unjere Resolntion fest an der Re-
gierungsvorlage. Jch weiß, daß wir 'darin nicht alle einig
sind; in wirtschaftlichen Tingen ist eben die absolnte Ein-
heit nicht zu erhofsen. Die Frage der Verabschiednng des
.arifs ist abei: nicht nnr eine wirtschaftliche, sondcrn eine
.wlitische ersten Ranges, eine politische und wirtschastliche
Notwendigkeit geworden. (Vielseitige Znstimmnng.)
Wenn wir ans der schweren wirtschaftlichen Krisis nicht
herauskommen können, so liegt das im Wesentlichen init
an der allgemeinen llnücherheit. Jhr ein Ende zu machen,
ist eine wirtschaftliche Icotwendigkeit im Jnteresse der Jn-
dnstrie wie der Landwirtschaft. Eine politische Notwen-
digkeit ist es, daß die Regierung, nachdem sie mit aller
Kraft Jahre lang an der Vorlage gearbeitet, mit ihr nicht
scheitert, daß der Reichstag sich nicht nnsähig erweist, aus
dein wichtigsten Gebiet für die nächsten 12 Fahre dic Di-
rektiven zu geben. Ei: ivürde selbst den Parlamentaris-
inus nnterwühlen, sein Ansehen so untergraben, daß er
s nicht wieder hersteüen könnte. Des'halb müssen wir
arbeiten, daß die Vorlage zn Stande kommt in einer
Form, die allen Klassen gerecht wird.

Dr. I o h a n n e s konslatiert seine Uebereinstiminttng
mit dem Vorredner in allen wesentlichen Pnnkten und
spricht gegen den Antrag Augsbnrg; dieser Antrag wünscht
die Streichimg der Stelle, wonach die Partei keinesfalls
über die Mnidestzölle der Regiernng hincinsgehen soll.

Jn der nnn solgenden Debatte begründet Herr W a g-
n e r-Angsburg zunächst seinen Antrag. Die Frage des
Zolltarifs werde erst eine Politische in dem Augenblick,
wo der Abschluß von Handelsverträgen auf seiner Grund-
lage nicht mehr möglich sei. Ob Gerste 80 Pfg. mehr
'Zoll habe, sei keine politische Frage. (Semler: Aha!)
Gehe die Regiernng nicht höher, so wiirden wir nns da-
mit begnügen müssen.

Dr. K a u f f m a n n-Wüstegiersdorf si'chrt im Na-
inen der nationalliberalen Niederschlesier ans, daß diese
sich nicht mit der Regierungsvorlage befreunden könn-
ten infolge der zu hoch angesetzten landwirtschaftlichen
Zölle, z. B. für Haser. Noch iveniger sei die Verdoppe-
lung bezw. Verdreifachung der Zölle anf Vieh nnd Flcisch
zu verstehen, da die Viehzucht im allgemeinen keinerlei
Not letde. Die schlesischen Wähler seien für langfristige
Handelsverträge ohne namhafte Erhöhung der Lebens-
mittelzölle. (Unruhe.) Redner will aber dem Antrag
des Zentralvorstandes zustimmen.

Abg. Dr. S emler - Hamburg begrüßt den einigen
Beschluß des Zentralvorstandes mit Frenden, nicht nnr
in 'der Form, sondern auch in der Sache.

Dr. D einh a r d t-Deidesheim tritt für den An-
trag Wagner ein und erklärt: Wir halbieren nicht mit!

Dr. K rause - Berlin vertritt nicht die Ansicht der
beiden Anträge, stellt aher das allgemeine Woh'l voran
nnd fordert Wagner nnd Genossen auf, das anch zu thun.

sei höchste Zeit, eine bestimmte Grenze zu stecken, das
thue der Antrag des Zentralvorstandes.

Dr. H o tz f e l d - Römhild stellt eine ersreuliche
Einigkeit fest in dem Wunsche, die baldige Verabschie-

dung des Zolltatifgesetzes zu erreichen.' Der Zentral-
Vorstand sei aber nnt seinem Antrage nicht anf dem
richtigen Wege. Die Resolnlion oerlasse den Boden der
Politik der iLammlung. (Oho!) Wie stehe die Partei
da, wenn die Regierung doch noch weiter hinausgehe
über i'hre jetzige Vorlage? (Grotz!) Nein, das Qpser
wcrde nur dcr Regierung gebracht. Die Fraktion dürfe
nicht festgelegt werden. Deshalb nnterstütze Redner den
Antrag Wagner.

Abg. Wa m hof - Schledehausen: Es sei zn begrüßen,
daß der Antrag des Zentralvorstandes einstirnmig von
ihm angenoinmen worden sei, nnn müsse die Stiminung
der Delegierten festgestellt werden. Praktische Politik,
kein sortwährendes Hin- iund HerschwttNken! LaNd-
wirtschast und Indnstrie müßten den ihnen nötigen
Schutz haben. Redner bittet, für den Antrag deS Zen-
tralvorstandes zu stimmen.

Herr Dr. Lotz - München spricht sich für Beibehal-
tnng des Zolles von 3,50 Mark aus.

Herr Dr. H n m m e r s -ch m i d t - Speycr unterstützt:
den Antrag Wagner: es sei stets der Grnndsatz der Na--
tionalliberalen in Bayern nnd der Psalz gewesen, der
Landwirtschaft soweit Zollschutz zu gewähren, wie noch
Handetsverträge möglich seien. Durch die letzten Sätze
im Nntrage des Zentralvorstandes seien die Abgeordne-
ten festgelegt nnd ihr Mandat würde dadnrch zu einem
iinperativen gcmacht. (Widerspruch.) Nehmen Sie den
Antrag Wagner an.

Herr Dr. Vogel - Dresden tritt warm sür
den Antrag des Zentralvorstandes ein und fordert klare
nnd feste Stelliingnahme.

Die Diskussion zieht sich noch eine Weile fort, dann
wird die Abstinnnung über den Antrag des Zentralvor-
standes mit der Abänderung des Antrages Wagner vor-
genommen nnd zwar zuerst über die drei Absätze ein-
zeln.

Der Antrag des ZentraIvorstandes
hatte solgenden Wortlant:

Der Delegiertentag der nationalliberalen Parter
erachtet die Verabschiednng eines nenen Zolltarifge-
setzes nnd Zotltnrifs, sowie das Zustandekommen gün-
stiger langfristiger Handelsverträge für eine wirtschaft-
li-che und politische Notwendigkeit.

Er bedanert, daß dnrch Versagung des ersorder-
lichen Zollschutzes für die Landwirtschaft von radikaler
Seite, dnrch Aufstellnng übertriebener, das Allgemein-
. wohl schädigender Fordernngen im einseitigen Jn-
teresse eines Berufsstandes von agrarischer Seite das
Znstandekommen der Vorlage ers-chwert oder gefährdet
wird.

Der Delegiertentag erwartet, daß die Reichstags-
fraktion sich im Wesentlichen aus den Boden der Regie-
rungsvorlage stellt, daß ste keinesfalls über die in der
R-egierungsvorlage enthaltenen Mindestzölle hinaus-
geht nnd daß sie weitere Mindestzölle ablehnt.

Das Ergebnis der Abstimmung war:

Absatz 1 wnrde einstimmig angenommen.

Absatz 2 gegen vier Stimmen.

Für den zn Absatz 3 eingebrachten Abänderungs-
antrag Wagner, der die Partei in Bezug auf die Mindest-
zölle nicht binden will, erhoben sich 81 Delegierte. Dann
fand die Gesamtabstiminung über die ganze Resolution
mit dcm Ergebnis statt, daß der Delegiertentag gegen
eine Minderheit von 48 Stimmen den Antrag nnver-
ändert annah m.

Deutsches Reich.

— Zur Angelcgcnheit der Burengenerale wird
offiziös aus Bcrlin noch geschrieben: Die Thatsache, daß.
die Generale von Kaiser Wilhelm nicht unter seiner,
sondern unter ihrer Bedingung empfangen sein wollcn,
steht fest, und dies macht den Empfang unmöglich. Dic
Bedingung der Generale ist, daß der Kaiser den Wunsch
ausdrücke, sie zu sehen. Diese Forderung ist erst nach.
träglich aufgestellt worden. Die Generale können nicht in
Abrede stellen, daß ste durch den lediglich auf Bezeichnung
des richtigen Weges für die Audienz gerichteten deutschen
Jnitiativschritt sehr befriedigt waren und sich bereit er-
klärten, diesen Weg zu betretcn. Die amtlichen deutschen
Stellen waren hiernach zu der Erwartung bcrechtigt, daß
ihnen die Abgabe des burischen Gesuches an den britischen
Botschaster angezeigt werden würde. Statt dessen wurden
sie durch eine Mitteilung überrascht, welche die Erfüllung
der durch den Kaiser vorgeschriebenen und durch die Buren-
führer schon angenommenen Empfangsbedingungen von
einer weiteren Kaiserlichen Willensäußerung abhängig
macht, d. h. die Generale suchen England gegen-
über Deckung hinter dem Kaiser und wollen an
die britische Vermittelungsstelle nicht ohne gleichsam ent-
schuldigenden Hinweis auf einen von deutscher Seite aus-
geübten Druck herantreten. Ein solches Drängen aber lag
von vornherein außerhalb der deutschen Absichten.
 
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