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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 256-280 (01. November 1902 - 29. November 1902)
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MillwM, 26. No»cmbcr IW2. Nrftes Blatt. 44. Iadiaano. — ckN' 277

ftrscheint iäglich, Lonntags auSzenommen. Prei» mit Fwnilienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweiganstalten abgeholt 40 Pfg. Durch

die Post bezogen vierteljährlich 1.85 Mk- ausschließlich Zustellgebühr.

8 n z e i g e n p r e i s: 2V Pfg. f»r die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezcile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfrs- und Privatanzcigen ermätzigt. — Für die Aufnahme von Anzeigcn
«ii bestimmien Lagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelb. Zeitung und den städt. Anschlagstellcn. Fcrnsprecher 82.

, die ältaurer, Zlllimerer, Dachdecker, L-chlosser, Tischler,
Die Steuer Na«H dem gemeinen Wert in der , Tapezierer, lurz, alle Handwerker, die an reger Bau-

. ! tüätigt'eit ihren Verdienst haben, und schließlich alle

NruL'tS. j MiLstw, fär die anf dem billiger gewor.denen Boden nun

Äcit der Ularheit eines Lchutbeispiets hat sich in
'L pand a u die Wirknng der bodenresormerischen Ge-
stattnng der G r u n d- und Gebä u d e st euer ge-
zeigt. Ijach langen .tlämpfen ist dort am t. April d. I.
üie Steuer nach, öem geineinen Wert eingesührt worden.
Welches war die Wirkung? Einzelne Besitzer größerer
Terrains mußten sehr viel mehr Steuern bezahlen alS
vorhcr. Der größte Bodeneigentümer, dessen Terrains
den Wert von mehreren Millionen Mark habeu, bezahlte
Dorher noch nicht 100 Mk. Steuer von diesem Besitz.
tstach dcr Reform muß er jährli-ch 14 000 Mark Grnnd-
wertsreuer bezahlen. Die Besitzer von mittleren Häusern
in dieser Stadt bezahlten nach der Reform dasselbe wie
vor dcr Reform. Die Besttzer von kleinen Häusern
t'onnten sogar etwas in der Steuer entlastet merden. Die
Zuschläge zur Einkoinmensteuer hatten im Iahre 1901
200 Prozent betrageni das Jahr schloß aber init einem
Fehlbetrag ab. Es war ein größerer Stenerbetrag er-
torderlich und es hätten nach dem bisherigen Stener-
modus die Zuschläge zur Einkommensteuer im Jahre
1902 annähernd 229 Prozent betragen müssen. Durch
die Einführnng der Grundwertsteuer aber war es mög-
lich, -ie Zuschiage zur Eint'oinniensteuer nicht nur nicht
zu erhöhen, sondern sogar zu ermäßigen. Trotzdem
mehr Geid nötig war, t'onnten für 1902-03 die Dätze zur
Eint'ommensteuer auf 185 Prozent herabgesetzt werden.

Und die weiteren Wirkungen? Wir wollen das ttrteil
der „Bcrliner Morgenpost" darüber hiehersetzen:

„Eine unerwartete Folge der von den Terrainbe-
fitzern so gehaßten (Zrundwertsteucr ist hier zutage ge-
treten. Die Gruudbesitzer hatten gefiirchtet, daß die
neue steuer auswärtige Spekulanten von Spandau
t'ünftighin fernhalteu Iviirde, so daß kein Landverkauf
mehr zu Ltande k'äme. Nun ist aber gerade das Gegen-
teil eingetroffen. In der t'urzen Zeit seit Einsührnng
der Grundwertsteuer, seit 1. April, sind in Spandau so
viel Terrainverkäufe abgeschlossen worden, wie seit Jah-
ren nicht; und die Nachfrage ist noch immer sehr rege.
Erleichtert werden die Geschäfte allerdings durch den
Ilmstand, daß berschiedene Spandauer Eigentiimer ihre
nnbebauten Ländereien jetzt tieber verk'aufen als früher,
nur nin die Grundwertsteuer nicht bezahlen zu brauchen.
Sie sind auch mit ihren Preisforderungen etwas herunter-
gegangen, während sie vordem durch allzu hohe Preise
von vornherein meist jedes Geschäft unmöglich machten.

-— Die Bauthätigkeit ist deshalb hier auch eine recht rege
geworden."

Iassen wir also zusammen:

Einen Nachteil von der bodenresormerischen Re-
gelung der Grund- und Gebäudesteuer hatten die
G r u n d s p e k u l a n t e n, die nun viel mehr Steuer
zahlen müssen und ihre Grundstücke billiger loszuschlagen
gezwungen sind, als vorher.

Einen Vo r t e i l von der Reform habcn die Vesitzer
von Häusern mit kleineren Wohnungen, denen die Ge-
bäudesteuer erleichtert werden kann: ferner alle Ein-
ivohner, die Einkominensteuer bezahlen, denn ein jeder
spart (229—185 —) 44 Prozent Steuerzuschlag; weiter

preiswerte Wohnungeu möglich werden. —

Man siHt hier, daß die bodenreformerische Gestal-
tuiig der Grundbesteuerung thatsächlich in der Lage ist,
Nngerechtigkeiten auszugleichen. In Preußeu häben be-
reits 76 Gemeinden die Steuer na-ch dem gemeinen Wert
eingesührt nnd noch nirgends hat man von Nachteilen
derselben gehört.

Deutsches Reich.

- Das Zent r u m hat sich nach mehreren Z-rak-
tionssitzungen darüber geeinigt, die Erhöhnng des Zolles
für B r a u g e r st e auf Blark 4.— ais Vasis der Ver-
! ständigung über den Zolltarif anzunehmen.

— Um S o l d a t e n ni i ß h a n d l u n g e n vorzu-
beugen, hat der kommandierende General des 18. Armee-
korps, General der Infanterie v. Lindeguist, Blät-
termeldungen zufolge, neuerdings eine Verfügung er-
lassen, die besonders für die Ausbildung der Nekruten
>n Betracht kommt. In dieser Verfügung wird ansdrück-
lich darauf hingewiesen, daß die zur Äusbildung kom-
mandierten Nnteroffiziere während des Dienstes sich drei
Schrittevon de u M a n n schafte n fLrnzuhalten
j haben. Der die Aufsicht führende Offizier hat streng
anf die Befolgung dieser Bestimmung zu achten.

- -- Der für die Wahl des Zweiten Bürge r-

m e i st e r s in B e r l i n eingesetzte Ausschuß der Stadt-
verordneten hat sich in seiner Mehrheit, wie das „Tage-
> blatt" meldet, auf den ehemaligen Konstftorialrat Reicke
geeinigt. Reicke hat wegen seiner litterarischen Be-
thätigung iind seiner Teilnahme am Goethebund vor
einigen Iahren die Stelle als Jnstitiar beim Konsistorium
anfgegeben und ist vom Meichskanzler ins Reichsversiche-
rungsamt übernommen worden.

— Die dem Zentralverband deutscher Jndustrieller
nahestehenden „Berl. Pol. Nachr." machen zum Hinscheiden
Krupps folgende Ausführungen: Wir wollen nicht
vor dem noch offenen Grabe uns eingehender mit denen
befaffen, die seit einer längeren Rcihe von
Iahrenden Dahingeschiedenen zum Zielpunkt rücksich ts-
toser Angriffe gemacht haben. Der Zeitpunkt, auch
ihrer zu gedenken, wird noch kommen; aber aussprechen
wollen wir es, daß die Angriffe, welche seine Person
und seine Geschäftsehre zum Zielpnnkt hatten, die
Katastrophe vorbereitet haben. Die letzten vier Jahre
waren für F. A. Krupp Jahre schwerster Seelen- und
Herzenskämpfe, die wohl durch d e zahlreichen Beweise
Kaiserlicher Gnade gemeldert, aber doch nicht ausgeglichen
werden konnten. Die Neider und polstischen Partcigänger
sollten doch nicht den Sozialdemokraten allein dic Schuld
zuschieben, daß dieser Mann viel zu früh fürs Vaterland
seinem Leiden erlegen ist.

Deutschcr Hteichstag.

Berlin, 25. Nooember.

Zolltarifgesctz.

Dic ycutc wiederholtc A b sr i m m u n g über den s o z i a l-

Stadttyeater.

Hcidelberg, 26. November.
„H c d d a Gable r". Ichauspiel von Hcnrik Ibse n.
Gastspiel d-er Frau Allvine W i c ck e vom Schillertheater in
Berlin.

Alle, die es nicht verstehen, warmn Hedda ein wertvolles
Dcanuskript, an dcm des Einzigen, den sie lieben k'an», Zu-
luirst hängt, mit verbrecherischer Absicht ins Feuett wirft, ver-
Bssen nnter lebhaften Klagen, wie man nur so gequälte Sachen
w die Welt briiigen tann, das Theater. Wer gelernt hat,
die Knnst zu verfolgen, mit dcr cine tomplizierte Fabel in ein
jvunderoolles Auf und Ab des Dialogs zerlegt ist, in dcm
lcdes Wort in reichen Beziehnngen strahlt, wer in Hedda mehr
Itz sehen vermag, als „das überspannte Frauenzimmcr", in dem
ä'ird die Darstcllnng der Frau Alwine Wiecke noch lange
^achklingen. Manche sehen nur das Typische im Schicksal der
Hedda Gabler, daß sie wie Nora einen Tropf zum Manne
Wiederholt hai man darauf hingewiesen, ja man ist wei-
«Ä gegangen zu der Behauptung, hier liege die Tragödie der
^iesalliance vor: General Gablers Tochter berheiratet mit dem
^andidaten Jörgen Tesman, dem Sohn des seligen Jochum.

sei besondcrs die Scheu, diesem philiströsen Manne ein
Ä>nd zur Welt zu bringen, die Hedda in den Tod treibe. Jn
That wird ihr Schicksal durch anderes entschieden. Nicht
riefe Gegcnsatz zwischen ihr nnd Tesman; „man sollte
doch nie ins Abenteuerland wagenl" ruft er einmal; sie
^chzt nach allem, was von Kraft und Willen zeugt und worüber
.^chönheit liegt; nicht der Gcgensatz zu Tesman allein treibt

ste

w den Tod, sondern ihre Beziehung zu Brack nnd Lövborg.

T Geliebt hat Hedda immer nur den einen, mit dem Dämonen
Zr treiben, der sich nicht zu zähmen wutzte und dem

Schaffen und Lieben zerrann. Wenn Lövborg nachmittags
^Mi alten Gabler hinaufkani, imd der General da hinten
Fenster saß und die Zeitnngen las nnd den beiden anf dem

Ecksopha den Rücken zukehrte und sie dasaßcn, immer das-
selbe illustrierte Blatt vor sich, wie dann Hedda aus Lüstern-
heit immer mehr bon dem Lebcn junger K'avaliere zu crfahren,
an Lövborg ihre Fragen stellte, da fing es an. Jn einer Stunde
voll heimlicher Glnt mnßte sich Hedda ües Mannes mit der
Pistole in der Hand zu erwehren. Wie war ich damals feig,
sagt sie spüter, nachdcm sie das Leben au der Seite Jörgen
Tesmans kcnneii gelernt hat, von diesem Moment. Eylert
Lövborg versank damals in dem wildcn Leben, Hedda musterte
die Schar ihrer Anbeter und wählte die Versorgung: Tcs-
man. Brack, der ewige Junggesellc, spekuliert auf den be-
qucmen Sessel am Thsetisch der Frau Hedda, er muß ihr
die Zeit vcrtrciben helfen, im Grund haßt sie scine kalte krie-
cherische Art: „der widerliche Gerichtsrat" nennt sie ihn.

Tesmans Tante Jule sagt einmal: „Jch brauche so not-
wendig jcmand, für den ich leben kann", Hedda kcnnt dies
seelische Bedürfnis nicht; aber herrschen Lber ein Herz, Macht
haben über einen Menschen, dem die Pulse feurig schlageu,
der Mut zu jedem Abentener hat und dessen Sehnsucht nach
allen Dingen von Kraft iind Glanz nicht versiegt, das will
sie.

Lövborg hatte sich, an seiner Seele versehrt, auf das Land
zurückgezogen und dort in kleiner und großer Arbeit unter
der berständnisvollen herzlichen Mithilfe einer Frau sich ein
neues Leben gezimmert. Nun kommt er nnt einem Mcmu-
skript in die Stadt, das noch mehr Aufsehen erregen wird, als
das Buch, das er inzwischen hat erscheinen lassen. DreZ
Manuskript ist sein und jener Frau „Kind". Sie hat ihm
geholfen, sich wieder zu finden und zu sammeln. „Dic kleme
Närrin hat die Finger an einem Menschenschichal gehabt ,
sagt Hedda, als sie es erfährt. Glühende Eifersucht crfaßt
sic. Eylert soll die Erneuerung seines Dasems nicht den HLn-
den dieser kleinen zarten Frau verdanken. Jhr gönnt ihn
Hedda Gabler nicht: Die eigentliche Verkörperimg des Lebens-
mntes. Eylert Lövborg nnd dies Püppchcn! Sie will nicht dul-
den, daß ihr Held, dnrch eine andere gehegt nnd betreut, der

d e m o t r a t i s ch e n Antrsag, aus den Zollüberschüssen
100 Millionen ücn Einzelstaaien zur Hebung des Bolksschul-
wcscns zu überweisen, ergicbt dessen Ablehnung mit 211
gegcn 59 Stimmcii bei 5 Enthaltungcn.

Hierauf begründet Abg. R o s e u o iv (TozZ cineu wei-
tercn sozialdemokratischen Amrag, als Paragraph 11c üie
Bestimmnng einzufügen, datz aus deu Zotterträgnissen alljähr-
lich 49 Millionen znr Erleichterimg der Abgabcn von Salz
zu verwenden seieu.

Nachdem Abg. Noseuow geeudet, erfolgt sofort die Abstim-
mung, die cine namentlichc ist; der Antrag wird mit 190
gcgen 64 Stimmen bei 4 Enthaliungen a b g e l e h n t.

Nnnmehr begründet Abgj Bernstein t(Soz. jeinen
sozialdcmokratischen Ankrag, einen Paragraph 11 ä einzu-
fügen, daß aus den Zollerrrägnissen 100 Millionen zur Er-
lcichtcrung der Abschaffnng der Zuckerstener zu verwenden sind.
Nedner wird üei seinen wcitschweifigen Ausführungen wieder-
holi von dem Präsidenten mit dem Ersuchen unterbrochen, nicht
auf die allgemeinL Erörtcrnng über den Zolltarif zurückzu-
kommen. Rcdner behauptet, dic sozialdemokratischen Anträge
seien kcine Obstruktion, und wenn sie es wären, wiirde dadurch
von der Minderheit nur ihr Rccht ausgeübt.

Abg. R i ch t e r (freis. Vp.) : Seine Partei stimme für
den Antrag; alle diese Versuche, eine Entlastung der Ver--
brauchsabgaüen herbeiznführen, betrachte jcr gcwissermaßcn
als Fühler, ob die Mchrheit dafür zu haben sei.

Der sozialdemotratische Antrag wird mit 158 gcgen 98
Srimmcn bei 3 Enthaltungen a b g e l e h n t.

Sodann begründer Abg, Wurm (Soz.) unrcr grotzer
ttnruhe dcs Hauses cineu neuen sozialdemokratischen Antrag
auf Eiiischiebuug des Paragraph 11 e, wonach von deu Zoll-
erträgcn 43 Millioircn für die Aufhebung der Brauntwein-
vcrbrauchsäbgabcn verwendet werden sollen. Redner macht
schr äussührliche, oft abschweifendc Ausführungen zn seinem
Antrag. Das Ende seiner Rcde wird mit Bravorufen aufge-
nommen. Dcr Antrag wird hierauf in namentlicher Abstim--
mimg mit 203 gegcn 42 Siimmen ibei 4 Enthaltungen
n b g e I e h n t.

Nachdem dcr Prüsident mitgeteilt hat, daß ein neucr sozial-
demokratischer Antrag auf Einschiebung eines Paragraph 11k
eingegangen ist, vertagt sich das Haus auf morgen 12 tthr.

Baden.

LL K a x l s r utze , 24. (icovember. Der zehute
R e i chs t c> g S w ahlkre i S K arlsrutze - B r u ch-
s a t lenkt heute schon die Ausmerksamkeit der Politiker
aller Parteien iu hohem Maße auf stch. Die Wahrschein-
tichkeit, daß sünrtliche Parteien mit eigenen Kandrdaten
auf den Plan treten, wird nämlich mit jedem Tage
größer. Wenu auch vom Zentrum bis jetzt keine offi-
zielle Parteikundgebuug bortiegt, fo darf man doch aus
den Aeußerungen der nltramontanen Presse schließen,
daß es höchst wahrfcheintich diesmal selbständig vorgeht.
Dadurch würden fich die Ansjichten des demokratischen
Kandidaten, in die Stichwahl zu gelangen, ganz bedeu«
tend verminderii. Bei der Wahl von 1898 wurden
9031 sozialdemokratische, 7007 nationalliberale, 6370
Zentriims- iind demokratische, 1604 konseroative und>
874 antisemitische Stimmen abgegeben. Jn der Stich-
Wahl zwischen der Sozialdemokratie und den National-
liberalen fiegte Geck (Soz.) mit 12 821 gegen 12 602
Stimmen. Auch bei der nächsten Wahl dürfte der Ent-
scheidungskampf zwischen den Kandidaten der national-
liberalen Partei nitd der Sozialdemokratie ausgefochten
werden.

Karlsruhe, 25. Nov. Prinz und Prinzessilk
Maximilian von Baden sind mit der neugeborenen

Arbeit imd dem Ruhm wieder gegeben sei. Jn eincr lustigen
mit Brack und Tesman auf einem Junggesellenabend ver-
brachten Stunde, nach schweren seelischen Erregungen, verfällt
Lövborg dem alten Laster. Jn der Trunkenheit verliert er
sein Manuskript. Dnrch einen Zufall gelangt Hedda in seinen
Besitz. Völlig verzweifelt meldet ihr Eylert den Berlust, sis
aüer hat keinen Trost für ihn; sie giebt ihm eiue ihrer Pistolen,
das sei das Beste für ihn. Das Manufkript wirft sic ins
Feuer. „Jetzt verbrenue ich das Kind."

Lövborg wird gefunden. Er ift tat. Hedda Gablers Pistols
hat Gerichtsrat Brack erkannt. Es muß einen Skandal geben,
wenn er nicht schweigt. Er aber wird schweigcn, denn damit
hat er ein Machtmittel in der Hand, mit dem cc Hedda zun
Willführigkeit zwingen kami. „Jch bin also in Jhrer Macht?"'

— „Liebste Hedda, (ck werde diese Stellung mcht mißbrauchenl"

— „Nichtsdestoweniger in ihrer Macht. Abhängig von Jhrem
Wunsch und Willen. ttnfrei. ttnfrei also. Nem, den Gedanker,
crtragc ich nicht. Nimmermehr."

Bis zu diesem Höhepunkt rhrer Darftellung Frau Wiecke
zu folgen, war ein reiner, großer Genuß. Ging sie wie eine
kranke Löwin in dcm Tesmanschen Käfig auf und aü, so konnts
ste mit Brack raffmiert spielen und die kleiuc Thea Elbstcd
bestrickeu und durch Liebenswürdigkeit zum Sprechen briugen'.
Jn dcr Familie Jorgen und der Tante gegenüber völlige Gleich-
glltigkeit zeigend, kält und abweisend, schuf die Darstellerin
durch eine Verbindung von Tönen der Resignation und dc«
Cmpörung eine mächtige, ganz eigentümliche Stimmung. Wte
sich an jedes Wort cine Schar von Nebengedanken hier Yängt,
so hing ein reichcs Gespinnst von Sinn und Seele au jedem
Laut, an jeder Geste, die Frau Wiecke zur Erscheinung brachte.
So soll man Jbsen spielen, so soll man übcrhaupt spiclen.

Von nnsercn Heidelbcrger Kräften gefiel am besten Hcrr
Cckhof als Lövborg. Er sah vorzüglich aus und hielt fich
bis auf einen Moment sehr wacker. Fräulein Hartmann
hatte die Rolle der Thea fpät übernommen. Die Darstellung
gelcmg ihr überraschend gut. Tesman hat solch Anssehen,
 
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