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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150-176 (01. Juli 1902 - 31. Juli 1902)
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SMlstag. 26. JM 1902

M^stes Bltttt.

172.

44. Jahcglttlg.





Trscheint täglich Sonntags ansgenommen. Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gcbracht, bei dcr Expedition und den Zweigstcllcn abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be>

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

Anzeigenpreis: L0 Pfg. für dle Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschästs- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Ausnahmc von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattaseln der Heidelberger Zeitung nnd den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Aie Zufßeöung der Kongregationsschuren
in Irankreich.

Paris, 25. Juli. Entsprcchevd den vom Ministerrat
gebilligten Ausführungen dcs Premierministers Combes
(siehe 2. Blatt) hat dieser ein Rundschreiben an die Prä-
fekten gerichtct, das die Maßregeln gegen die kongregani-
stischen Niedcrlassungen begründet. Es empfichlt den Prä-
sekten, solche Niederlassuugcn nicht zu schltcßen, die den
Charukter vonHospizien haben oder der Pflege der Wohlthätig-
keit gewidmet sind. Dahin gehören Waisenhäuser, Greisen-
heime, Kinderbewahranstalten. Ebenso sollen solche Nieder-
lassungen nicht geschlossen werden, die im guten Glauben
stnd, die Erlaubnis zum Weiterbestehen zu haben, die

Schutzbriefe haben oder ermächtigt sind, Geschenke anzu-
nehmcn; cndlich diejenigen öffentlichen kongreganistischcn
Schulen, die von der im Gesetz vorgesehencn Erlaubnis
Gebrauch machen, sich binnen sechs Jahren in eine welt«
liche Schule umzuwandeln. Das Dekrct welches zunächst
16 Schulen im Scinedepartemcnt schließt, wird morgen im
Amtsblatt erscheinen und sofort in Kraft treten. Aehnliche
Dekrete, die sich auf solche Niederlassungen in den Depart -
ments beziehen, die nicht im Einklang mit dcm Gesctze

stehen, werden später nach Maßgabe der von den Präfekten
eingehenden Berichten erlassen werden. Als der Polizei-
kommissar des Quartier d'Ambroise heute Vormittag fcst-
stellen wollte, ob die Schulschwestern einer Schule in der
Rue de Maure dem Gesetze Genüge geleistet haben, ver-
weigerten die Schwestern ihm dcn Eintritt. Auch in

cüier anderen Schule in der Rue de Haies erklärten

die Schwestern dem Kommissar, daß sie bis zum
Aenßciften Wicderstand leisten würdcn. Sonstige Kund-
gebungen sivd !n Paris nicht vorgekommen. Dagegen
wurden aus vcrschicdenen Gcmeinden der Brctagnc Kund-
gebungen gcgen dle Schließuvg dcr Ordensschulen gemeldet.
Jn Guimper bewarfen die Ordensfreunde den republi-
kanischen Abgeordncten de Bain mit Steinen und verwun-
deten einen Gendarmen. Jn verschiedenen anderen bretonischen
Gemeinden haben stch die Schulschwestern in ihre Anstalten
eingeschlossen und werden von Bauern bewacht. Jn
Tourcoing kam es bei einer ordensfreundlichen Kundgebung
zu Zusammenstößen mit Gegnern, wobei cs einige blaue
Flecke auf beiden Seiten absetzte. Jn Rouen ließen die
Schwestern nach der Preisverteilung zumZeichen ihres Ab-
zuges die Glocken läuten. Bei der dabei entstehenden An-
sammlung von Menschcn nahm die Polizei einige Ver-
haftungen vor. Wenn die Regierung fest bleibt, dann
wird stch die Durchführung der Maßnahmen gegen die
nicht autorisierten Congregationen ohue wescntliche Stö-
rungen erledigen.

Der Pariser Korrespondent der „Allg. Zt.g" meint,
daß Combes im Gegensatz zu seinem Vorgänger
Waldeck-Rousseau kein staatsmännisches Talent besitzt. Er
sei gar zu hastig und gar zu intranstgent vorgegangen.
Jn wenigen Tagen» ausgangs dieses Monats, fangen
in Frankreich die großen, mehr als zwei Monate dauernden
Schulferien an. Wenn Herr Combes einen Teil der Kon-
gregatwnSschulen odcr selbst alle, ohne Aufseyen zu erregen,

ohne Widerstand hervorzurufen, schlicßen wollte, so hotte er
nur nötig, bis zum 1. August zu wartcn. Statt dessen
aber ist er beigegangen und hat ausgerechnct die Tage der
seierlichen Preisverteilungen in den Schulcn, die dem Schluß
desSchuljahres vorausgehen, benutzt, umseinTekretzu verlassen,
das mit einem Federzug gegen 2700Kongregationsschulen ver-
bietet, das momcntan über 150 000 Schüler auf die Straße
setzt, und nach ungefährer Schätzung, mehreren Zehntausenden
dieser Schüler den freien Unterricht, verbunden mit freier
Station während dcr Schulzeit, nimmt. Sonderlich tragisch
seien die Straßcnkrawalle nicht zu nehmen, aber sie seien
immerhin eine unangenehme Unterbrechung der öffentlichen
Ruhe und Ordnung, wie man sie seit Jahren nicht mehr
gewöhnt war. Wenn das so weitcr gehe werde die Zeit
nicht sern sein, wo sich die friedliebende Bevölkerung Frank-
reichs und seiner Hauptstadt dringend nach Herrn Waldeck
und nach seiner zugleich klugen und energischen Herr-
schaft zurücksehnen werde.

Deutsches Reich

Baden.

— Zur Ernennung zweier Polizei direktoren schreibt
die „Karlsr. Ztg.": Die Aufgabe der Polizeiverwaltung
in den beiden größtcn Städten des Landes, Mannheim
und Karlsruhe, ist allmählich eine so bedeutende gewor-
den und setzt zu ihrer erfolgreichen Erfüllung ein solches
Maß gereifter Erfahrung und Vertrautheit mit den per-
sönlichen und örtlichen Verhältnissen voraus, daß es dring-
end geboten erscheint, die mit ihrer Leitung zunächst be-
trauten zweiten Beamten diescr beiden Bezirksämter längere
Zeit in ihrer Stellung zu crhalten und einen häufigeren
Wechsel in diesen Stellen zu vermeiden. Nachdem eine
diesen Absichten durch eine finaiizielle Besserstellung dieser
Beamten Rechnung tragende Anforderung im Budgct dcs
Ministeriums des Jnnern für 1902/03 die verfassungs-
mäßige Genehmigung der Landstände erfahren hat, ist nun-
mehr durch höchste Entschließung bei den Bezirksämtern
Mannheim und Karlsruhe je ein mit der Leitung dcr
Polizeiabteilung des Bezirksamts betrauter zweiter Beamter
mit den Bezügen eineS Amtsvorstands angestellt werden.
Die Polizeiabteilung, deren Leitung diesem Beamten,
vorbehaltlich der dem Amtsvorstand zustehenden Ober-
leitungsbefugnisse, zukommt, ist durch Zusammenfassung der
seither bereits mit der Bearbeitnng der Angelegenhelten der
Sicherhcits-, Sitten- und Ordnungspolizei nebst den damit
zusammenhängenden Zweigen der Ortspolizei befaßien
Unterabteilungen des Bezirksamts gebildet worden; bei ihrer
einheitlichen Ausgestaltung wurde den besonderen Verhält-
nissen thunlichst Rcchnung getragen. Zu ihrer Unter-
scheidung von den andern neben ihr bestehen bleiben-
den Unterabteilungen des Bezirksamts führt sie den Namen
„Polizeidirektion"; dem Leiter dieser Polizei-
abteilung ist durch höchste Entschließung Seiner Königlichen
Hoheit des Großherzogs, wie an anderer Stelle bereits
veröffentlicht wurde, der Titel „Polizeidirektor" verliehen
worden.

Prcußc«.

Posen, 23. Juli. Das Aktienkapital der hiesigcn
Polenbank Ziemski soll auf 15 Millionen erhöht
werden, da sie nicht nur Parzellierun gen, sondern
auch gewerbliche polnische Unternehmungen
sördern will.

Aus der Karlsruher Zeitung.

— «eine iiünigliche Hoheri öer Großhergog hnüeii
verliehenl. vom Llrüen vom Zähringer Hüiven: n) üaä litom-
mandenrtreuz ersier illasse: dem ViAeprüsiöenien des Zeniral-
tomilccs der Zuüiläum»-Kunsraussieltung, Prvfessor Hans
Lhoma, Direkior der ilnnphaUe in Karlsruhe, soivie öen
Liiiglicderu des Zeniraltomirees Professor Ferdiuand K c l-
ler und Professor Gusräv Lchöuleber dasewst; b) Las
Rirtcrtreuz ersrer Klasse mit Eichenlaub dcm Mitglicd des ge-
nanuten Äomilees, Professor Vikror ltü e i s h a u p r in jlarls-
ruhc und öcm Hanoclsrammerprüsidenreu ü'raneis ilunbel ür
Paris; c) das Rirrertreuz erster Klasse öem Mirglied Lcs
Zenrraltomriees der Iuüiläuinskunsrausstelluiig, Prvfesfor Max

ä u g e r iu itarlSruhe, dem Lraarstommis>är Audrä S a g-
l i o in Paris, dem Malcr Emile V a u t h i e r - C o r b i c r e
iu Brüssel, dem Bildhauer Iules Lagae dase'lbft uud dem
Nialer Professvr Georg Lauter in London; ä) das Rirrer-
krcuz zwciter Klassc mir Eichenlauü: dcm ä. Schriflführer Les
Zcntralkomitees der Iubilüums-KuusraussreUung, Professor
Karl Widmer in Karlsruhe; e) das Rirrertreuz zmeüer:
Klasse dem Maler Z. M hrlon - M ichalsti iu Paris
uud dcm Kaufmanu Zosef Mommen in Brüssel; 2. die
silberne Medaillc für Äunft uud Wissenschafr am Baude dcs
Zühriuger Lüivcnordens: der Frau Lucie Waedemvn iir
Brüsscl.

— Scine Königliche Hohcit dcr Großherzog habcir
dem Lcgarionsrat Dr. Wilhclm Hcintzc beim Ministcrium
des Grotzh. Hauses und dcr auswärtigcu Angclegcnheitcn die
Erlaubnis zur Ännahme und zum Tragen des ihm von dem
Llaiser von Rutzland verliehcncn Ordens vom heiligen Stanis-
laus 3. Klasse erteilt, dcm Malcr Hans Richard von V o I k-
m ann in Karlsruhe den Tirel „Profcssor" verliehen und den
Revidcnten Gustav Raab bcim Bczirksamt Ettlingen zum
Rcvisor crnannt.

— Seinc Künigliehe Hoheit der Grotzherzog haben
bei dcr Grotzh. Gencraldiretrion dcr Staatseiscnbahncn er-
nännt Ai Revisoren die Betriebssekrerärc Ludwig Stäble,
Hermaun R a ck l e , Albert K aisc r, Hcinrich O e ch s n e r,
Lcopold W a l d m a n n, August Wirt h, Auton H a n a u e r,
Ludwig B r o tz m c r, Karl M c i c r, Emil Sicgele; zu
Obcrbuchhalreru die Bclriebssckrctäre Karl Lang, Franz
H afertorn , Karl Friedrich Wcber und Felix F i g l e-
st ahle r.

— Dic Aktuare Karl K auf m a n n beim Bezirksamt
Wiesloch, Karl S ch midt beim Bezirksamt Bonndorf, Karl
Mutzler beim Bezirtsamt Taubcrbischofsheim Ivurdcn zu
Amtsrevideuten ernaunr.

— Postpraktikant Hermann Eggers aus Hannovcr
wurde als solcher etatmätzig angestellt.

Ausland.

Frankreich.

Paris, 24. Juli. Der nächste Kongreß vom Roten
Kreuz wird in Tokio abgehalien werden. Die Ein-
ladung des Kaisers von Japan ist bereitS ergangen.

Aus Stadt und Land.

Heidelberg, 26. Juli.

X Ueber „Tns Bolt der Tcnker in der Zwangsjackc" sprach
gestern in der geräumigcn nnd bis auf Len letzten Platz mit

Aom Weustadter Iieröandsschießm.

Brief eines Schl achtc nbumm lers an nnseren
P l a n d e r e r.

Mein iicber Plaudcrerl D-u wirst mit Ungeduld den vcr-
sprochenen Bericht über das Ncustadter Fcst crwarten und
denksr wohl im Stillen: „Jst dcnn der Kcrl immer Mch nicht
öu sjch gekommcn? odcr ist cr am En'de mit Mitz Polly in die
Lüfte gesahrcn und von ihr auf irgend einer Wolkeninsel
^bgesetzr wotdcn?" Zu 1 hast bu gcwissermatzen recht. Allein:
grotzc Ercignisse iverfen ihre Schattcn nicht nur voraus, sondern
ll'irken auch cinigermatzen nach. So ,ging es hier. Erst jetzt
d-erdc ich dcn mir in „der" Neustadi (wie es i» der Pfalz heitzt)
geholrcn geiftigen un-d körperlichen Tatterich los und kann daran
gehen, dcine Neugicrde zu befriedigcn. Zu 2 bist du „letz".
Wmrum, wirst du später hörcn.

. Also — so fängt doch jc'dcr zünftige Bericht an — wir
suhren in stattlichcr Anzahl am Feftsonntage früh in heitcrster
^rimmung nach der fröhlichen Psalz, harrend der'Dinge, die
.a kommcn solltcn. Unserc Erwartungen, wie das Neu-
vadter Fcst gegenübcr dem unseren im Vorjahre ausfallen
juürdc, warei/ aufs höchste gcspannt. Als ivir uns der Fcst-
Uadr nähcrtcn, ficl nns auf, datz vvn einer solchen äutzerlich
ößnächst nichts zn bcmerken war. Nach uNd nach entdcckte man
^uigc Fähnlein. Jn die richtige Feststimmung kamen wir erst,
uw uns bcim Einlaufcn des Zuges die Kapelle der Achtzehner
stus Landau mir eincm schncidigen Marsch empfing. Krrrz
varanf trafcn im Schncllzuge aus dcr Hinterpfalz in mit
«'.ränzcn und Stcrncnbannern geschmücktcm Wagcu dic „Ame-
rskaner" ein, cine Anzahl alrer pfälzcr Landslente, die ans

^achrc ich eincn Rrmdgang dnrch dic Stadt, die um jenc Zeit

nvch nicht überfüllt war und harre Mutzc, mir dic geschmückten
Häuser und Srratzen anzrrsehen.

Besvnders die altcn, engen Gassen mit dcn übergebautcn
altcrrümlichcn Hüusern nahmen sich hübsch aus; irgcnd ctloas
vriginlles ist mir nicht aufgefallen. (Eine Wciiihandluiig
harre cine grotzc Anzahl leercr Füsser undFätzchcn aufgestapclt.)
Mit geivohnter Pünktlichkeit nahm üann der Heidelberger
Schützcnverein an 'dem ihm angewiesenen Platze Aufsrellniig
zum Festzuge. Es dauerre aber noch zicmlich lang, vis sich
dieser in Bewegnng sctzte. Nach etwa drciviertclstündigcm
Warten in glühciider Hitze nnd nachdem ein Streit um dcn
Vvrrang zwischen Karlsruhc, das sich nach der alten Fahne
scines Vereins Carlsrnhe schreibt, nnd der andcren Hauptstädt
Bädeus, Maimheim, zu grmsten der letzteren Stadt als dcs
Vvrortes glücklich entschieden ivar, ging die Sache los. Unser
Verein fiel — wie das ja eigcntlich von Hcidelberg nicht
andcrs zu erivarten ist — allgcmein auf. Wrr warcn nicht nur
vom Badische» Landcsschützcnvercin, sondern anch von dcn
andcren Verbänden der stärkstc Vcrein; auch konnten wir stolz
sein anf unsereu stattlichen Fahncnträgcr niid seine Bcgleiter,
zu welch letzteren, wohl in zarter Anfmerksamkeit gegcn die
Städt dcs Weines, zwei Weinhändler erkürt wordcn ivarcn.

Vom Festzug selbst kaim ich dir nicht vicl crzählen, crstens
habe ich nichts gesehen, 'da dazu keinc Möglichkeit war, zweitciis
gab's auch nichts zu scheu, cs war eben ein Umzug dcr
Schützeiwereine. Mau hattc sich's in dieser Beziehung in
Ncustadt schr leicht gemacht; eine Winzergruppe, dic, wic mau
vor dcm Feste hörte, den Zug vcrschönern sollte, hat nicmand
gesehcn. Auch über die Anfnahme dcs Zuges scitens der
Neustadter warcn wir etwas stark cnttänscht. Zwar schautcn
aus Thür und Haus freundkichc Pfälzerinnen, aus dercn
Hand sich der glückliche Schütze Blnmen erhaschen konnte —
nicht allc hattcn ihr Sträutzchcn, wic dies in cincm Fallc gc-
schah, gleich dcm Köder an der Angel festgebnnden! — doch ver-
mitztcn wir, was uns nach dcr Ocrtlichkeii sclbstvcrständlich
schien und was hier in Heidclbcrg, obwohl für die Bevölkc-

rimg eiue derarrige Festlichkeir etwas ganz neues ivar, in
überreichem Aiatze geboren wurde, nümlich, datz Erfrischun-
gcn, die den Schützen beim Znge gereicht wurdcn, sozusagcir
in Strömcn flossen. Die ivvhlgemeintc Warnung unscrcs
Oberschützenmeisrers Vvr dcm Feste, ivir solltcii uns recht iir
Acht nehmen und uns nicht allzu gürlich rhun, da aus jedein
Hause Wein gespendet werde, erwies sich als ganz überflüssig.
Erst gegen Ende des Umganges, als unser Durst aufs Höchste
gestiegen war rmd mein Nachüar gcrade den Vorschlag machtc,
ivir wollten uns ein Viertcl käuflich crstchcn, fand sich ciir
edler Mensch, der uns einige Humpen cines ganz vvrzüglichcn
Tropfcns darbvt. Das wicderholre sich nvch zwcimal, bis dcr
Zug an scinem Ziele anlangte.

Die Lage des Festplatzcs war eine landschaftkich hcrrliche.
Am Waldsaum gelegen, breiretc sich das Gelände stnfenförmig
aus. Zu untcrst kamen die uiwcrmeidlichen Schietz-, Glücks-,
Waffel- und Photographenüudeii, i» dcnen man manch altcir
Bekanntcn wicdcrtraf, besondcrs anheimclnd trafen das
Schützcnohr dic redncrischen Krafrleistimgen der Photographen-
ausrnser mit ihrem „Aber, aberl" oder „Sie werden ja so
ä schönl" usw. Nach ciner kleinen Bergüesteigung gelangre
man zu eincr grohen Freitreppe, die zur Festhalle führtc.
Dicse schien nns Heidclbergern „gar bcsreundet", ivar es doch
dic nämliche Halle, in der sich beim hresigen Vcrbandsschiehen
dic fenchtsröhlichcii Stnnden abgcspiclt hartcii. Aeuherlich sah
sie ctwas bescheidener aus; statt der Türme und Tür-nrchcn,
die hicr angebracht waren, hatte man dort die Halle burg-
ähnlich herausgeputzt und dadurch mir bescheidencn Mitteln
eine ganz hübsche Wirkrmg erziclt. Das Jnncre sah ähnlich
aus wie hicr, an der einen Wand war eine Schweizer Land-
schaft mit Alpcnglühcn sichrbar. Tic viclen Wimpcln an der
Decke veranlatztcn einen klcinen Hcidclberger zu dem Nusruf:
„Mama, ba ist ja Wäsche cmfgehängtl"

Nacbdem tvir uns cin Plätzcben eroberi haiteri, ging's an
das Fcstesscn oder Festbankcrt gcnaimt. Da ging's mm hoch
 
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